Gefahrstoffe wieder einmal neu. Dr. Norbert Graf; BG RCI, Branchenprävention Chemie



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Transkript:

Gefahrstoffe wieder einmal neu Dr. Norbert Graf; BG RCI, Branchenprävention Chemie

GefStoffV 2005 Nachbesserungen zur Umsetzung von EU-RL notwendig gewesen - Erweitertes Sicherheitsdatenblatt - Schwerpunkt Gefährdungsbeurteilung incl. Ex-Schutz - neues Grenzwertekonzept - Schutzstufen - Fachkunde - Neukonzeption Vorsorgeuntersuchungen (Pflicht- und Angebotsuntersuchungen; Anhang V Nr. 1-Stoffe)

Entwicklung im Gefahrstoffrecht: CLP-Verordnung Stoffe 01/2009 01.12.2010 01.06.2015 Gemische

Umsetzung in GefStoffV 2010 vollständige Umsetzung erst nach Ablauf der Übergangsfristen der CLP-VO GefStoffV basiert bis zum 01.06.2015 auf der Einstufung nach dem alten System Definition des Begriffs gefährlich über die alten Gefährlichkeitsmerkmale Verzicht auf Bezüge zu CLP-Gefährlichkeitsklassen innerbetriebliche Kennzeichnung nach CLP bereits erlaubt

Neuerungen Kennzeichnung als Information für die Gefährdungsbeurteilung (bisher: Kennzeichnung bestimmte die Schutzstufe) Gefährdungsbeurteilung als Grundlage für Maßnahmen (bisher Maßnahmen aufgrund der Schutzstufe vorgegeben; Gefährdungsbeurteilung als Möglichkeit der Abweichung) Auch für giftige / cmr-stoffe ist eine geringe Gefährdung möglich Zurück zum gesunden Menschenverstand

Neuerungen Regelungen zu Explosivstoffen, pyrotechnischen Gegenständen und organischen Peroxiden ( 12) Einführung entsprechender TRGS zum Sprengstoffbereich Keine Regelungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge Grund: ArbMedVV

Neuerungen Streichung des Anhangs IV Herstellungs- und Verwendungsverbote Grund: Im Anhang XVII REACH-VO EU-weit rechtsverbindliche, unmittelbar geltende Beschränkungen Streichung des Anhangs II Besondere Vorschriften zur Information, Kennzeichnung und Verpackung Grund: In EG-GHS geregelt

Neuerungen Neuer Anhang II Herstellungs- und Verwendungsverbote Grund: Zukünftig rein nationale Regelungen Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4 Nr. 5 Nr. 6 Asbest 2-Naphthylamin, 4-Aminobiphenyl, Benzidin, 4-Nitrobiphenyl Pentachlorphenol und seine Verbindungen Kühlschmierstoffe und Korrossionsschutzmittel Biopersistente Fasern Besonders gefährliche cmr-stoffe

GefStoffV 2005 / 2010 Schutzstufenkonzept 4 CMR F -Stoffe Kategorie 1+2 3 2 1 geringe Menge, niedrige Exposition

6 Gefährdungsbeurteilung Festlegung von Maßnahmen Stoffe / Gemische erfassen Ermittlung der gefährlichen Eigenschaften (toxisch und physikalisch-chemisch) Expositionsermittlung (inhalativ und dermal) Substitutionsprüfung Fremdfirmenkoordination Überprüfen Grenzwerteinhaltung Technische Organisatorische Personenbezogene Informationsermittlung Wirksamkeitskontrolle

Wesentliche 6 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung Zentraler der Verordnung Berücksichtigung von - Substitutionsmöglichkeiten - physikalischen und chemischen Gefährdungen - inhalativer und Hautgefährdung - Expositionsmöglichkeiten - AGW-Einhaltung

6 Gefährdungsbeurteilung - Wirksamkeitsprüfung der umgesetzten Maßnahmen - Dokumentationspflicht bzw. Begründung für Verzicht der Dokumentation bei geringer Gefährdung - Fachkunde - Führen eines Gefahrstoffverzeichnisses (Bezeichnung des Stoffs, Einstufung, verwendeten Mengen, Benennung der Arbeitsbereiche mit möglicher Exposition) - Definition geringe Gefährdung mit Erleichterungen (auch Totenkopfstoffe möglich

6 Gefährdungsbeurteilung Dokumentationspflicht (incl. Gefahrstoffkataster) Aber: keine Dokumentenflut Fachkunde

Maßnahmen Bisher: Schutzmaßnahmenpakete je nach Schutzstufe ( 8 11) Künftig: - Grundpflichten ( 7) - Allgemeine Schutzmaßnahmen ( 8) - Zusätzliche Schutzmaßnahmen ( 9) - Besondere Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit cmr-stoffen ( 10) - Besondere Schutzmaßnahmen gegen p/c-gefährdungen (Brand/Ex) ( 11)

7 Grundpflichten Immer von allen - Durchführung der Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeit - Substitutionsprüfung - Rangfolge Schutzmaßnahmen - geeignete Verfahren (emissionsfrei); Realisieren Stand der Technik - kollektive Maßnahmen (Be- und Entlüftung; organisator. Maßnahmen) - individuelle Maßnahmen (z. B. PSA) - Verpflichtung zur PSA-Benutzung - PSA muss in ordnungsgemäßem Zustand sein (AG-Verantwortung) - Nachweis AGW-Einhaltung (Messung und theoretische Betrachtungen)

8 Allgemeine Schutzmaßnahmen Immer von allen - Geeignete Arbeitsplatzgestaltung, geeignete Arbeitsmethoden - Begrenzung Exposition (Dauer, Höhe) und Zahl der Exponierten - angemessene Hygienemaßnahmen - Mengenbegrenzung an Gefahrstoffen am Arbeitsplatz - Kennzeichnung der verwendeten Stoffe - Ess-/Trinkverbot bei Umgang mit Gefahrstoffen - geeignete Lagerung - Lagerung von giftigen, sehr giftigen, cmr-stoffen unter Verschluss bzw. Fachkunde

9 Zusätzliche Schutzmaßnahmen Wenn die allgemeinen Schutzmaßnahmen nach 8 nicht ausreichen - insbesondere wenn AGW nicht eingehalten - geschlossenes System, wenn Substitution nicht möglich ist und eine erhöhte Gefährdung vorliegt - bei Überschreitung AGW Prüfen der Gefährdungsbeurteilung - unverzüglich PSA, wenn Hautgefährdung durch hautresorptive, hautoder augenschädigende Stoffe vorliegt - getrennte Aufbewahrung Straßen- / Arbeitskleidung - bei Alleinarbeit ggfs. zusätzliche Schutzmaßnahmen (Bewertung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung)

10 Besondere Schutzmaßnahmen bei Umgang mit cmr-stoffen Kategorie 1 und 2 Wenn AGW existiert und eingehalten bzw. Arbeiten nach VSK: alles i.o. Ansonsten - Exposition ermitteln (Bewerten evtl. erhöhter Expositionen): Messen - Abgrenzen der Gefahrenbereiche mit Kennzeichnung ( Zutritt für Unbefugte verboten ) Weiter - keine Luftrückführung in Arbeitsräume bzw. zugelassene Verfahren

12 Tätigkeiten mit Explosivstoffen, pyrotechnischen Gegenständen und organischen Peroxiden Festelegung geeigneter Schutzmaßnahmen, auch bauliche Maßnahmen unter Beachtung der jeweiligen Gefahrgruppe Forderung nach qualifiziertem Personal

14 Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten - Schriftliche Betriebsanweisung - Aktualisieren der Betriebsanweisung bei Veränderungen - Beschäftigte müssen Zugang zu den Betriebsanweisungen haben - Schulungen zu sicherheitsrelevanten Methoden und Verfahren - Durchführen von Unterweisungen (mündlich) - Unterrichtung der Beschäftigten bei erhöhter Exposition (cmr-stoffe) - arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung (cmr-stoffe) - Verzeichnis mit den Beschäftigten, falls Gefährdung durch cmr- Stoffe

Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten bei Tätigkeit mit cmr-stoffen 40jährige Aufbewahrungsfrist des Verzeichnisses der exponierten Beschäftigten Aushändigung eines Auszugs an den Beschäftigten bei Beschäftigungsende

Bitte nicht vergessen! Tätigkeiten wie z. B. Störungsbeseitigung Reinigung Abfallentsorgung Hygienemaßnahmen Erste-Hilfe und Notfallmaßnahmen Arbeitsmedizinische Vorsorge (Regelungen in ArbMedVV)

Betriebliche Aktivitäten Sofort - Kennzeichnung von Stoffen beim Inverkehrbringen nach CLP - Anpassung im Sicherheitsdatenblatt - Überprüfen der Gefährdungsbeurteilung - Informieren der Beschäftigten zur Thematik Kennzeichnung Sukzessive Anpassung an die neuen Regelungen bis 06/2015 möglich - Kennzeichnung von Gemischen - Innerbetriebliche Kennzeichnung - Betriebsanweisungen + regelmäßige Unterweisungen

Ausblick 06/2015 Wieder eine neue GefStoffV! Einführen der Begrifflichkeiten der CLP-Verordnung Elimination sämtlicher Bezüge zur Stoffrichtlinie (67/548/EWG) und Zubereitungsrichtlinie (1999/45/EG), die zum 01.06.2015 außer Kraft treten Implementieren des Risikokonzepts für cmr-stoffe