A. Anspruch der Waltraute gegen Wahnfried auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung aus 894



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Transkript:

Fall 15 (nach BGHZ 59, 343): Am 15. Dezember 1989 wurde zwischen drei Geschwistern, nämlich der Waltraute H., dem kinderlosen Gastwirt Wilhelm H. und dem Bäckermeister Walter H., dem Vater des Wahnfried H., ein notarieller Erbvertrag abgeschlossen. In diesem Vertrag hatte Wilhelm die Waltraute zu 3 4 und Walter zu 1 4 als Erben eines ihm gehörenden Grundstücks, auf dem sich eine Gastwirtschaft befand, eingesetzt. Der Erbvertrag vom 15. Februar 1949 wurde im Zusammenhang mit einem Auseinandersetzungsvertrag der drei Geschwister über das elterliche Vermögen abgeschlossen. Waltraute willigte in diese Auseinandersetzung, die den Bruder Wilhelm (Erblasser) erheblich begünstigte, nur unter der Voraussetzung ein, dass Wilhelm sie für den Fall seiner Kinderlosigkeit zu 3 4 des Grundstücks mit der Gastwirtschaft durch Erbvertrag als Erben einsetzt. Entsprechend ließ sich der Bruder Walter versprechen, zu 1 4 als Erbe eingesetzt zu werden. Das Grundstück und die Gastwirtschaft sollten danach im Einverständnis der drei Geschwister in dem vorgesehenen Verteilungsverhältnis der Waltraute und dem Bruder Walter zufallen. Am 20. Dezember 1994 schloss Wilhelm mit dem damals zwölf Jahre alten Wahnfried dieser vertreten durch seinen Vater Walter einen notariellen Vertrag, durch den Wilhelm das Grundstück, das bereits Gegenstand des Erbvertrages war, inklusive Gastwirtschaft auf Wahnfried schenkweise übertrug. Als Grund für diese Maßnahme ist in dem Vertrag angegeben: Zu dieser Maßnahme hat Herr Wilhelm H. sich entschlossen, weil es ihm sehr am Herzen liegt, dass die Besitzung in der Familie H. bleibt und dass insbesondere der Name H. mit dieser Besitzung verbunden bleibt. Aufgrund des vorbezeichneten Vertrages, der die Auflassung enthielt, wurde Wahnfried als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Wilhelm verstarb am 28. Oktober 1999, nachdem seine Ehefrau und sein Bruder Walter vor ihm verstorben waren. Waltraute möchte den inzwischen volljährigen Wahnfried dazu bewegen, dass er zustimmt, dass sie als Eigentümerin des besagten Grundstücks im Grundbuch eingetragen wird. Sie behauptet, der Erblasser Wilhelm habe den Vertrag vom 20. Dezember 1994 in der Absicht geschlossen, den Erbvertrag vom 15. Dezember 1989 zunichte zu machen und sie als seine Vertragserbin zu benachteiligen. Infolge des Todes des Walter H. sei ihr dessen 1 4 Erbanteil angewachsen. Lösung zu Fall 15: A. Anspruch der Waltraute gegen Wahnfried auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung aus 894 I. Unrichtigkeit des Grundbuchs Ausweislich des Grundbuchs ist Wahnfried Eigentümer des Grundstücks. Die materielle Rechtslage steht nicht im Einklang mit dem Inhalt des Grundbuchs, wenn Wahnfried nicht Eigentümer des Grundstücks ist. Waltraute ist aktivlegitimiert, wenn ihr Recht nicht richtig eingetragen ist, d.h., wenn sie durch den Erbfall Eigentümerin geworden ist. 1. Eigentumserwerb des Wahnfried gem. 873, 925 1

Das Grundstück wurde von dem Berechtigten Wilhelm an Wahnfried aufgelassen; Wahnfried wurde aufgrund der Auflassung in das Grundbuch eingetragen. Nach 873, 925 vollzieht sich hierdurch der Eigentumswechsel. 2. Wirksamkeit der Verfügung a. Unwirksamkeit der Verfügung nach 2289 Abs. 1 S. 2 Die Verfügung an Wahnfried stellt keine Verfügung von Todes wegen dar, so dass 2289 Abs. 1 S. 2 nicht eingreift. b. Nichtigkeit nach 134 Der BGH hat früher die Umgehung des 2289 Abs. 1 S. 2 (i.r.d. gemeinsamen Testaments auch des 2271 Abs. 1 S. 2) geprüft, die zur Vertragsnichtigkeit nach 134 wegen Testamentsaushöhlung führen konnte (z.b. BGHZ 26, 274; BGH NJW 1960, 524; 1961, 111; 1964, 547; NJW 1968, 2052; 1971, 188; FamRZ 1971, 641). Diese Rechtsprechung führte zu erheblicher Rechtsunsicherheit, insbesondere weil sie nicht immer einheitlich war. Sie wurde durch BGHZ 59, 343 aufgegeben. Der durch einen Erbvertrag gebundene Erblasser kann nach der ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift des 2286 über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden verfügen. Diese Vorschrift macht keinen Unterschied, welcher Absicht die Verfügung dient und in welchem Umfang das Vermögen von ihr betroffen wird. Angesichts der klaren Abgrenzung des Gesetzes, das lebzeitige Verfügungen zulässt und nur Verfügungen von Todes wegen die Wirkung versagt, ist daher der Gesichtspunkt der Umgehung nicht geeignet, solche Geschäfte unter Anwendung des 134 als nichtig zu erklären. c. Sittenwidrigkeit nach 138 Die Sittenwidrigkeit könnte sich aus dem Verstoß gegen die Ehe- und Familienordnung durch die Zurücksetzung von Angehörigen durch Verfügungen von Todes wegen ergeben. Aber auch hier spricht die ausdrückliche gesetzliche Entscheidung in 2286 gegen die Annahme der Sittenwidrigkeit. Sittenwidrig ist nach dem BGH ein Vertrag unter Lebenden, der eine Verfügung von Todes wegen beeinträchtigt, vielmehr nur dann, wenn beide Parteien in anstößiger Weise zusammenwirken, um die in einem entgeltlichen Erbvertrag übernommene Bindung im Ergebnis wirkungslos zu machen und einen Dritten zu bereichern (BGHZ 59, 343, 348). Hier wird durch die Verfügung an Wahnfried die inhaltlich ausgewogene Regelung des Erbvertrags, der im Zusammenhang mit dem Auseinandersetzungsvertrag entstanden ist, abgeändert. Für ein anstößiges Zusammenwirken bietet der Sachverhalt jedoch nicht genügend Anhaltspunkte (a.a. vertretbar). II. Ergebnis Ein Anspruch aus 894 besteht nicht. 2

B. Schadensersatzanspruch der Waltraute aus 280 Abs. 1, 283 Wilhelm müsste eine nicht im Synallagma stehende Leistung nachträglich unmöglich geworden sein. Nach 241 S. 2 kann eine schuldrechtliche Leistung auch in einem Unterlassen bestehen. Zu prüfen ist daher, ob Wilhelm verpflichtet war, die schenkweise Übertragung des erbvertragsgegenständlichen Grundstücks inklusive Gastwirtschaft zu unterlassen. I. Grundsätzlich besteht nur eine Bindung von Todes wegen Die Verfügungen von Todes wegen sind im Regelfall des normalen Testaments frei widerruflich ( 2253). In den Ausnahmefällen des gemeinschaftlichen Testaments (unter besonderen Voraussetzungen) und des Erbvertrags sind sie bindend ( 2271 Abs. 2, 2289 Abs. 1 S. 2). Diese Bindung bedeutet jedoch grundsätzlich nur eine Bindung von Todes wegen, nicht auch unter Lebenden ( 2286). Nur für den Fall der absichtlichen Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Erben oder Vermächtnisnehmers gibt das Gesetz dem bindend Bedachten in gewissem Umfang schuldrechtliche Ausgleichsansprüche gegen den Erben oder den Zweitbedachten ( 2287, 2288). Von diesem Ausnahmefall abgesehen ist also nach dem Grundgedanken des Gesetzgebers die Bindung einer Verfügung von Todes wegen gegenständlich auf dasjenige Vermögen beschränkt, das der Erblasser bei seinem Tod hinterlässt; in welchem Umfang er Vermögen hinterlässt, darüber hat er, solange er lebt, trotz der bindenden Verfügung von Todes wegen volle Entschließungsfreiheit. II. Zusätzliche Bindung unter Lebenden, 137 S. 2 1. Grundsätzliche Möglichkeit Es ist jedoch auch möglich, dass sich der Erblasser nicht nur (erbvertraglich) von Todes wegen, sondern außerdem auch noch unter Lebenden bindet. Er kann durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zwar nicht mit dinglicher Wirkung seine Befugnis zur Verfügung unter Lebenden beschränken ( 137 Satz 1), aber sich schuldrechtlich verpflichten, eine Verfügung unter Lebenden zu unterlassen ( 137 S. 2). Die schuldhafte Verletzung einer solchen Pflicht kann nach allgemeinen Grundsätzen des Schuldrechts einen Schadensersatzanspruch bereits gegen den Erblasser begründen. 2. Anforderungen Zu einer solchen schuldrechtlichen Verpflichtung bedarf es eines Vertrags ( 311), der normalerweise keine Form benötigt und daher auch stillschweigend abgeschlossen werden kann. a. Formvorschriften? Allerdings hatte es sich hierbei um eine Verpflichtung gehandelt, ein Grundstück nicht zu veräußern. Fraglich ist, ob insoweit die Formvorschrift des 311b Abs. 1 zu beachten gewesen wäre in dem Erbvertragstext, der der Form entsprochen hätte, stehen keine Anhaltspunkte hinsichtlich der Verpflichtung, so dass sich die notarielle Form des Erbvertrages nicht auf die schuldrechtliche Verpflichtung hätte erstrecken können. Der Wortlaut des 311b Abs. 1 S. 1 betrifft die Verpflichtung, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, jedoch nicht 3

die Verpflichtung, ein Grundstück nicht zu übertragen. Auch die anerkannten Schutzzwecke des 311b besagen nichts anderes. Es bedarf keiner Warnung davor, ein Grundstück zu behalten; ebenso wenig einer sachkundigen Beratung. Die schuldrechtliche Verpflichtung, das Grundstück nicht zu veräußern, bedarf daher nicht der Form des 311b. b. Verpflichtungswille Ob neben der erbvertraglichen Bindung auch ein derartiges Verpflichtungsgeschäft unter Lebenden abgeschlossen wurde, bedarf aber in jedem Einzelfall sorgfältiger Prüfung. Insbesondere ist zu fragen, ob die Parteien des Erbvertrags, auch wenn sie zu Lebzeiten des Erblassers dessen Partner noch kein positives Recht auf den Zuwendungsgegenstand einräumen wollten (sonst wäre es kein Erbvertrag), doch wenigstens eine negative Bindung dahin zu begründen wünschten, dass der Erblasser auch schon zu seinen Lebzeiten über den Zuwendungsgegenstand nicht anderweitig zu verfügen sich verpflichtete. Ein solcher (zusätzlicher) Verpflichtungswille kann beim Abschluss des Erbvertrags etwa dann vorliegen, wenn die erbvertragliche Zuwendung den Bedachten nach der Vorstellung der Vertragsparteien während der künftigen Lebenszeit des Erblassers zu irgendeinem für diesen günstigen Verhalten veranlassen soll. Hier war der Erbvertrag im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen Geschwistern geschlossen worden. Zwar wurde nach dem mitgeteilten Sachverhalt der Wilhelm durch diese Auseinandersetzung wesentlich begünstigt. Dies allein ist für die Annahme eines Verpflichtungswillens nicht ausreichend. C. Anspruch der Waltraute aus 2287 Abs. 1 auf Herausgabe des Geschenks I. Beeinträchtigungsabsicht Der Anwendungsbereich des 2287 Abs. 1 war vor der Entscheidung BGHZ 59, 343 von der Rechtsprechung erheblich eingeengt worden, mit der Folge, dass die Vorschrift in der Rechtspraxis weitgehend ins Leere lief. Die Rechtsprechung forderte durchweg, dass der Wille, den Vertragserben zu beeinträchtigen, der»treibende«oder»eigentlich leitende«beweggrund der Schenkung gewesen sein müsse. Das widerspricht dem Schutzzweck des 2287, der bestimmt wann und in welcher Weise der Vertragserbe gegenüber lebzeitigen Verfügungen des Erblassers, die seine Erberwartung schmälern, geschützt wird. Eine Beeinträchtigungsabsicht liegt unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift vor, wenn kein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers erkennbar ist, die Verfügung vielmehr ersichtlich darauf angelegt ist, dass anstelle des Vertragserben ein anderer sein wesentliches Vermögen ohne angemessenes Äquivalent erhält. 4

Ein lebzeitiges Eigeninteresse in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn nach dem Urteil eines objektiven Beobachters die Verfügung in Anbetracht der gegebenen Umstände auch unter Berücksichtigung der erbvertraglichen Bindung als billigenswert und gerechtfertigt erscheint. Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers ist etwa anzuerkennen, wenn es diesem darum ging, seine Altersversorgung zu sichern oder zu verbessern; es könnte auch in der Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung liegen, so etwa wenn der Erblasser mit dem Geschenk einer Person, die ihm in besonderem Maße geholfen hat, seinen Dank abstatten wollte. Dagegen ist der spezifische Anwendungsbereich des 2287 BGB gegeben, wenn die Verfügung des Erblassers ihrem Gehalt nach auf eine Korrektur des Erbvertrages oder des gemeinschaftlichen Testaments angelegt war. Das ist sie, wenn der Erblasser ohne Änderung der bei Abschluss des Vertrages gegebenen Umstände allein wegen eines auf eine Korrektur der Verfügung von Todes wegen gerichteten Sinneswandels anstelle der bedachten einer anderen Person wesentliche Vermögenswerte ohne Gegenleistung zuwendet, nur weil sie ihm genehmer ist. Ein lebzeitiges Eigeninteresse liegt nach dem BGH auch dann nicht vor, wenn der Erblasser durch lebzeitige Verfügungen eine Gleichstellung der Abkömmlinge erreichen möchte, vgl. BGH NJW-RR 2005, 1462-1463; BGH ZEV 2006, 312. Als Motiv der Schenkung ist in dem Vertrag mit Wahnfried lediglich ausgeführt, es liege dem Erblasser sehr am Herzen, dass die Besitzung in der Familie H. und mit ihrem Namen verbunden bleibe. Im Hinblick auf die vorher von Wilhelm eingegangene erbvertragliche Bindung konnte ein solches Anliegen allein keinen anzuerkennenden Grund für seine Maßnahme abgeben. Zumindest waren bei ihm der Begünstigungswunsch und die Beeinträchtigungsabsicht in gleichem Maße untrennbar miteinander verbunden. Es fehlte daher an einem beachtenswerten Eigeninteresse des Erblassers. II. Keine Einwilligung der Waltraute i.s.v. 2290, 2291 oder 2292 Nach Ansicht des BGH ist die formlose Einwilligung des vertragsmäßig bedachten Vertragspartners in eine seine Rechte beeinträchtigende Verfügung von Todes wegen nicht geeignet, den Erblasser von seiner Bindung zu befreien und weitere Verfügungen von Todes wegen im Rahmen der Einwilligung trotz 2289 Abs. 1 wirksam werden zu lassen. Ebenso wenig würde eine formlose Einwilligung des Vertragserben in eine ihn benachteiligende Schenkung unter Lebenden im Sinne von 2287 ihm stets den Schutz nach dieser Vorschrift nehmen. Zwar kann der Vertragserbe auf den Schutz des 2287 auch vor dem Erbfall verzichten. Jedoch gebietet es die Nähe eines solchen Verzichts zum Erbverzicht ( 2348, 2352), insoweit auf die Einhaltung der Form des 2348 abzustellen. Sowohl im Interesse der Rechtsklarheit als auch des Schutzes des (angeblich) Verzichtenden vor unüberlegten Äußerungen bedarf es hierzu der notariellen Form. Ausnahmsweise kann dem Bedachten, der sich auf den Erbvertrag beruft, seine Zustimmung zu der ihn beeinträchtigenden späteren Verfügung in Einzelfällen unter dem Gesichtspunkt des Arglisteinwandes entgegengehalten werden. 5

Vorliegend wurde von Wahnfried auch nicht vorgetragen, dass Waltraute in die Schenkung an ihn eingewilligt hätte. D. Ergebnis Waltraute kann von Wahnfried die Herausgabe des Grundstücks inklusive Gastwirtschaft nach 2287, 818 ff verlangen. 6