Das aktuelle Urteil des EUGH schafft Rechtssicherheit

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Transkript:

SVHC in Erzeugnissen Das aktuelle Urteil des EUGH schafft Rechtssicherheit Ökopol Institut für Ökologie und Politik, Dr. Olaf Wirth Hamburg Handelskammer, 15. April 2016

der Auslöser REACH Artikel 7 und 33 verlangen von Produzenten oder Importeuren (Art. 7) Lieferanten (Art 33) von Erzeugnissen, eine Informationsweitergabe. Notifizierung der ECHA (Art. 7) Information gewerblicher Abnehmer (Art 33 (1) ohne Nebenbedingung) Information von Verbrauchern (Art 33 (2) nach Anfrage) zu Stoffen in Erzeugnissen, die gemäß Artikel 57 identifiziert wurden und anschließend auf die Liste gemäß 59 aufgenommen wurden, wenn Zu mehr als 0,1% (w/w) in einem Erzeugnis enthalten sind (weitere Nebenbedingungen in Art 7, aber ohne Relevanz für den Streitfall)

der Auslöser für die Informationsübermittlung Zu mehr als 0,1% (w/w) in einem Erzeugnis enthalten sind Artikel 7 fordert zusätzlich, dass die Menge des Stoffs in allen Erzeugnissen > 1tpa und Akteur sein muss) bezogen auf geliefertes/ produziertes/ importiertes Gesamterzeugnis bezogen auf Teilerzeugnisse

Fragen zu Begin des Prozess Gibt die REACH-VO eine Basis die 0.1% auf etwas anderes zu beziehen als auf das hergestellte/importierte Erzeugnis? Bezieht sich der Begriff Erzeugnis im Artikel 7(2) nur auf das ganze, komplexe Erzeugnis oder kann es sich auch auf Komponenten oder homogene Teile von Erzeugnissen beziehen? Darüber hinaus wird angefragt ob die EU COM den Artikel 7(8) nutzen kann, um Definitionen für den Begriff Erzeugnis und homogene Teile abzuleiten. Wie ist also die Regelung anzuwenden?

Konzept der Once-always Interpretation Basierend auf einer Ökopol-Studie im Auftrag des Nordic Council Rechtlich: Artikel 3 definiert das Erzeugnis Weitere Begrifflichkeiten im Sinne komplexes Erzeugnis, Homogenes Teil(- Erzeugnis) gibt es nicht in REACH REACH fordert, dass entweder Stoff, Gemisch oder Erzeugnis vorliegt Ein Ende der Erzeugniseigenschaft wird nur außerhalb von REACH definiert AbfallRRL definiert das Ende der Erzeugniseigenschaft (in Kombination mit Artikel 2 REACH, welcher definiert das Abfall weder Stoff, Gemisch oder Erzeugnis ist

Zentrale weitere Fragen Hören Erzeugnisse auf Erzeugnisse zu sein, wenn sie zu einem größeren Produkt zusammengefügt werden? Komponenten haben keine autonome Funktion wenn sie zu einem komplexen Erzeugnis zusammengefügt werden Die beabsichtigte Funktion des finalen Produkts wird durch komplexe Erzeugnis repräsentiert Die Kommission schließt das Teilerzeugnis mit der Begründung aus, dass es sonst explizit gesagt worden wäre (analog z.b. Annex XVII Einträge) Aber: finales Produkt, komplexes Erzeugnis nicht in REACH definiert Autonome Funktion ist auch nicht definiert Lediglich: Funktion wird durch Form mehr als durch chemische Zusammensetzung bestimmt (- gilt für alle (Teil) Erzeugnisse)

Das Urteil Bestätigt im wesentlichen alle Sichtweisen des ONCE ALWAYS Ansatz Erzeugnis im Sinne der REACH-Verordnung Der Begriff Erzeugnis bezieht sich ausschließlich auf Gegenstände, die ein Herstellungsverfahren durchlaufen haben. Gegenstand erhält durch dieses Herstellungsverfahren abgesehen von sonstigen, insbesondere physikalischen oder chemischen Eigenschaften eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt. Form, Oberfläche oder Gestalt die Funktion des Gegenstands in größerem Maß bestimmen als die chemische Zusammensetzung. Es fehlen Anforderungen für komplexe Erzeugnisse (etc.) Keine Unterscheidung zwischen Erzeugnisse, die als Bestandteil eines komplexen Produkts beigefügt sind, und der Situation der Erzeugnisse, die isoliert vorliegen Nur abhängig von Prüfung der Definition in Artikel 3 Herstellungsverfahren ist nicht das bloße Zusammenfügen

Das Urteil Bestätigt im wesentlichen alle Sichtweisen des ONCE ALWAYS Ansatz Sie (REACH) enthält jedoch keine Vorschrift, die speziell den Fall eines komplexen Produkts regelt, das mehrere Erzeugnisse enthält. Folglich ist keine Unterscheidung zu treffen zwischen der Situation der Erzeugnisse, die als Bestandteile eines komplexen Produkts beigefügt sind, und der Situation der Erzeugnisse, die isoliert vorliegen Erzeugnisse verlieren nicht ihre Erzeugniseigenschaft, es sei denn sie werden Abfall

Das Urteil Artikel 7 unterscheidet in Produzent und Importeur: Unterschiedliche Anforderungen: Produzent hat eine Notifizierungspflicht nur für von ihm produzierte Erzeugnisse (wichtig ist hier die Verknüpfung zur den Herstellungsbedingungen nicht nur Zusammensetzten!!!) Importeur eine Notifizierungspflicht für alle von ihm importierten Erzeugnisse das betrifft dann alle Teile, die die Definition des Artikel 3 erfüllen Artikel 33 kennt nur Lieferanten: Folglich ist die Informationspflicht an alle Erzeugnisse geknüpft die geliefert werden und Artikel 3 entsprechen (unabhängig ob sie selber produziert wurden Gültigkeit also auch für Teilerzeugnisse) Gewerbetreibender = Immer Lieferant Informationsermittlung zwingen für alle Teilerzeugnisse nötig

REACH MECHANISMUS > 0,1 % I Importeur/ Händler Information Artikel 7 A ZULASSUNG Erzeugnisproduzent Erzeugnisproduzent BEHÖRDE (ECHA) 1. formt Fensterprofile, Zuschnitt Profile Scheiben etc. = gestaltgebender Produktionsprozess Bringschuld Mindestanforderung - Name des Stoffes Kandidatenliste 2. Fügt fertige Fensterteile zusammen = kein Produktionsprozess = Pflicht entfällt

> 0,1 % REACH MECHANISMUS > 0,1 % I Importeur/ Händler Kandidatenliste Erzeugnisproduzent Information Artikel 7 A ZULASSUNG BEHÖRDE (ECHA) I Informationspflicht für jedes Erzeugnis, das importiert wird Mindestanforderung - Name des Stoffes Importeur/ Händler Bringschuld Profile, Scheiben, Schaniere...

Kandidatenliste REACH MECHANISMUS > 0,1 % Lieferant Information Artikel 33 A ZULASSUNG Mindestanforderung - Name des Stoffes Zusätzlich: Hinweise zum sicheren Umgang > 0,1 % Erzeugnisproduzent Lieferant Bringschuld Lieferant Auskunftsrecht Anfrage Profile, Scheiben, Schaniere... > 0,1 % gewerblicher Kunde 45 Tage Frist Verbraucher

Referenzen Swedish interpretation (Swedish interpretation of the 0.1% limit for giving information according to Articles 7.2 and 33 ) Legal Service Opinion http://www.reachhamburg.de/fileadmin/user_upload/dokumentationen/materialien/opinionofthelegalser vice-article7and33reach_2_.pdf COM Update Interpretation 2011(Brussels, 4 February 2011,Doc. CA/26/2011) http://echa.europa.eu/documents/10162/13636/update_com_opinion_sia_en.pdf Nordic Council (Ökopol 2010 Studie) www.norden.org/en/publications/publications/2010-514?set_language=en Urteil EuGH http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=en&td=all&num=c-106/14 Presseerklärung EuGH (englisch) http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2015-09/cp150100en.pdf (deutsch) http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2015-09/cp150100de.pdf Hilfestellung Leitfaden der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin http://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/reach/erzeugnisse/erzeugnisse.html

Vielen Dank Olaf Wirth Ökopol Institut für Ökologie und Politik GmbH Nernstweg 32-34 D-22765 Hamburg Tel: +49(0)40-39 10 02-0 Fax: +49(0)40-39 10 02-33 E-Mail: wirth@oekopol.de www.oekopol.de