Aktuelle Entwicklungen in der europäischen Fusionskontrolle

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Transkript:

Aktuelle Entwicklungen in der europäischen Fusionskontrolle Julia Brockhoff Stellvertretende Referatsleiterin Koordinierung der Fälle und Politik im Bereich der Fusionskontrolle FIW Brüssel, 12. November 2015 Die vertretenen Standpunkte geben die Ansichten der Referentin wieder und stellen keinesfalls den offiziellen Standpunkt der Europäischen Kommission dar.

Übersicht 1. Einführung und Statistik 2. Trends der Fallpraxis Fusionskontrolle und Innovation Weitere Konsolidierung im Telekommunikationssektor 3. Zusagen 4. Weißbuch zur Reform der FKVO 5. Ausblick 2

Anmeldungen 3

Interventionen Zusagen in Phase 1 und 2, Untersagungen, Aufgabe des Vorhabens in Phase 2 16% 14% %Interventionsrate 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% remedies I+II over total decisions prohibitions over total decisions interventions over total decisions withdrawals second phase over total decisions Jahr 4

Wichtige Fälle 2014/2015 Art. 8 Abs. 2 (Bedingungen und Auflagen) Art. 6 Abs. 2 (Bedingungen und Auflagen) M.6905 INEOS / SOLVAY / JV (2014) M.6992 HUTCHISON 3G UK / TELEFONICA IRELAND (2014) M.7018 TELEFONICA DEUTSCHLAND / E-PLUS (2014) M.7061 HUNTSMAN CORPORATION / EQUITY INTERESTS HELD BY ROCKWOOD HOLDINGS (2014) M.7000 LIBERTY GLOBAL / ZIGGO (2014) M.7194 LIBERTY GLOBAL / CORELIO / W&W / DE VIJVER MEDIA (2015) M.7265 ZIMMER / BIOMET (2015) M:7265 DEMB / MONDELEZ / CHARGER OPCO (2015) M:6800 PRSFM / STIM / GEMA / JV (2015) M.7408 CARGILL / ADM CHOCOLATE BUSINESS (2015) M.7421 ORANGE / JAZZTEL (2015) M.7278 GENERAL ELECTRIC / ALSTOM (2015) Aufgabe des Vorhabens in Phase 2 M.7419 TELIASONERA / TELENOR / JV Art. 8 Abs. 1 M.7009 HOLCIM / CEMEX WEST (2014) M.7054 CEMEX / HOLCIM ASSETS (2014) Art. 14 Abs. 2 M.7104 CROWN HOLDINGS / MIVISA (2014) M.7115 KURARAY / GLSV BUSINESS (2014) M.7155 SSAB / RAUTARUUKKI (2014) M.7174 FEDERAL-MOGUL CORPORATION / HONEYWELL FRICTION MATERIALS (2014) M.7220 CHIQUITA BRANDS INTERNATIONAL / FYFFES (2014) M.7252 HOLCIM / LAFARGE (2014) M.7268 CSAV / HGV / KÜHNE MARITIME / HAPAG-LLOYD AG (2014) M.7326 MEDTRONIC / COVIDIEN (2014) M.7333 ALITALIA / ETIHAD (2014) M.7337 IMS HEALTH / CEGEDIM BUSINESS (2014) M.7353 AIRBUS / SAFRAN / JV (2014) M.7387 BP / STATOIL FUEL AND RETAIL AVIATION (2014) M.7275 NOVARTIS / GLAXOSMITHKLINE ONCOLOGY BUSINESS (2015) M.7276 GLAXOSMITHKLINE / NOVARTIS VACCINES BUSINESS (EXCL. INFLUENZA) / NOVARTIS CONSUMER HEALTH BUSINESS (2015) M.7379 MYLAN / ABBOTT EPD-DM (2015) M.7420 ZF / TRW (2015) M.7499 ALTICE / PT PORTUGAL (2015) M.7449 SNCF MOBILITIES / EUROSTAR INTERNATIONAL (2015) M.7435 MERCK / SIGMA-ALDRICH (2015) M.7541 IAG / AER LINGUS (2015) M.7559 PFIZER / HOSPIRA (2015) M.7585 NXP SEMICONDUCTORS / FREESCALE SEMICONDUCTOR M.7184 MARINE HARVEST / MORPOL (2014)

EU-Fusionskontrolle und Innovation SIEC-Test und Leitlinien berücksichtigen Innovation als Wettbewerbsparameter (Vgl. etwa Horizontale Leitlinien, Tz. 38, und Nicht-horizontale Leitlinien, Tz. 26) Einfluss der Fusion auf Innovation: 1) Einfluss auf Innovationswettbewerb zwischen Fusionsparteien: Schwierigkeit der Bewertung zukünftiger Innovationen (Pharmazeutika/Medizintechnik: z.b. Medtronic/Coviden, Novartis/GSK, IT: z.b. Western Digital/Hitachi) 2) Einfluss auf Innovation von Drittparteien: Abschottung von Wettbewerbern auf nach-/vorgelagerten Märkten (z.b. Intel/McAfee) 3) Innovation als Effizienz (z.b. TomTom/TeleAtlas) 4) Erhaltung von Innovationspotenzial durch Veräußerungszusagen (z.b. Medtronic/Covidien, Novartis/GSK, GE/Alstom) 6

Medtronic/Covidien (2014): Fusion mit Pipeline-Produkt in später Entwicklungsphase Übernahme des irischen Medizinprodukteherstellers Covidien durch US-Konkurrent Medtronic Überschneidung in den Märkten für periphäre Gefäßkatheter und elektrochirurgische Instrumente Wettbewerbsbedenken im Markt für medikamentenbeschichtete Ballonkatheter: Medtronic: Marktführer; geringer Wettbewerbsdruck durch aktuelle Wettbewerber Covidien würde Verhaltensspielraum von Medtronic in naher Zukunft durch sein Produkt Stellarex begrenzen Vielversprechende erste Ergebnisse der klinischen Prüfung Die Übernahme hätte einen ernstzunehmenden Wettbewerber ausgeschaltet und Innovationen gehemmt Fusion mit Zusagen freigegeben (in Phase I) Veräußerung des Stellarex-Geschäfts mit allen erforderlichen Vermögenswerten 7

Novartis/GSK Oncology (2015): Fusion von Pipeline-Produkten in verschiedenen Entwicklungsphasen Erwerb der Krebs-Sparte von GSK durch Novartis Wettbewerbsbedenken: Reduzierung der Zahl der Unternehmen, die B-Raf- und MEK-Hemmer für Hautkrebs entwickeln/ vermarkten, von 3 auf 2 Beeinträchtigung von Innovation: Abbruch des klinischen Studienprogramms von Novartis für LGX 818 und MEK 162 Phase-I Freigabe mit Zusagen Rückübertragung der Rechte an MEK 162 an dessen Entwickler/Lizenzgeber Array Veräußerung der Rechte an LGX 818 an Array 8

General Electric/Alstom (2015): Erhaltung von Innovationspotenzial in einem ausgereiften Markt durch Zusagen Übernahme der Energiesparte von Alstom durch GE Freigabe unter der Bedingung der Veräußerung von Kernelementen der Hochleistungs- Gasturbinensparte von Alstom an Ansaldo Zusagen erhalten Innovationspotenzial bei Schlüsseltechnologie für sauberste und klimafreundlichste Form der fossilen Energieerzeugung 9

GE/Alstom: Wettbewerbsbedenken Fusion von 2 der 3 engsten Wettbewerber im Markt für Hochleistungs-Gasturbinen (HDGT) im EWR Marktanteil über 50% Verbleibender Hauptwettbewerber: Siemens Mitsubishi Hitachi Power Systems (MHPS): enfernterer Konkurrent (anderer technologischer und geografischer Schwerpunkt) Ansaldo: Nr. 5 mit begrenzter F&E-Kapazität, kleinerer Produktpalette, geringerer Reichweite Wegfall einer wichtigen Quelle von Innovationen HDGT-Sparte von Alstom: fortschrittliche und saubere Technologie entspricht Anforderungen europäischer Kunden Gefahr der Einstellung bestimmter Turbinenmodelle Keine Markteinführung des fortschrittlichsten Modells (GT 36) 10

GE/Alstom: Zusagen Zusagenpaket umfasst technologisch fortschrittlichste Bereiche von Alstoms HDGT-Sparte: Technologie für Turbinen GT 26 und GT 36 einschl. existierender und in Entwicklung befindlicher künftiger Upgrades F&E-Ingenieure und Testanlagen Wartungsverträge für 34 GT 26-Turbinen Upfront/Fix-it-first-Lösung: Verkauf an Ansaldo Käufer bereits im Markt tätig verfügt über Know-how und Produktionsanlagen für Gasturbinen und verwandte Kraftwerksbestandteile 11

Telekommunikationsmärkte - Trends Mobil-/Mobilnetz: z.b. Telefónica Deutschland/E-Plus (2014), Hutchison 3G/Telefónica Ireland (2014), TeliaSonera/Telenor (2015) Mobil-/Festnetz: z.b. Vodafone/Ono (2014); Vodafone/Kabel Deutschland (2013) Fest-/Festnetz: z.b. Liberty Global/Ziggo (2014); Orange/Jazztel (2015) Festnetz/Inhalte: z.b. Liberty Global/De Vijver Media (2015) Alle Transaktionen in einem Mitgliedstaat grenzüberschreitende Fusionen selten: z.b. Telenor/Globul/Germanos (2013) 12

Mobiltelefonie: Marktcharakteristika Nationale Märkte Keine grenzüberschreitenden Netzwerke Spektrum und Lizenzen auf nationaler Ebene vergeben Strategien und Preise der Anbieter national Trotz weniger europaweit agierender Gruppen Hoher Konzentrationsgrad Hohe Eintrittsbarrieren für Netzwerkbetreiber ("MNOs") Unterschiedliche Schwerpunkte: z.b. Fokussierung auf pre-paid oder post-paid voice/data Bündel Mobile Virtual Network Operators (MVNOs) Benötigen Zugang zu Netzen der MNOs Rolle im Wettbewerb stark vom Zugangsmodell abhängig (Wiederverkäufer vs MVNOs mit Core-Netzwerk) Sehr unterschiedliche Verbreitung in MS Unterschiedliche Verbreitung gemeinsamer Netznutzung 13

Rückblick: Mobilfunkfusionen in Irland und Deutschland (2014) Fälle Hutchison/o2 Ireland und Telefónica Deutschland/E-Plus Verengung von 4 zu 3 Mobilfunknetzbetreibern (MNO) Teilweise unterschiedliche Wettbewerbsverhältnisse in Irland und Deutschland Erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs (SIEC) ohne Einzelmarktbeherrschung Effizienzvorteile werden nicht an Verbraucher weitergegeben oder können auch ohne die Fusion erzielt werden Freigabe unter der Bedingung weitreichender Zusagen: Veräußerung einer festgelegten Kapazität an MVNO "upfront" 14

Fusion von Festnetzanbietern in Spanien: Orange/Jazztel (2015) Übernahme des spanischen Telekomanbieters Jazztel durch die französische Orange Beide Fusionsparteien sind in Spanien im Festnetz- und Mobilfunkmarkt tätig Festnetzdienste (Sprache und Internetzugang): Sowohl Orange als auch Jazztel nutzen die entbündelten Teilnehmeranschlüsse von Telefónica haben mit dem Ausbau eines eigenen Glasfasernetzes (FTTH) begonnen Mobilfunk: Orange betreibt ein eigenes Mobilfunknetz (MNO) Jazztel erbringt als virtueller Netzbetreiber (MVNO) über das Netz von Orange Mobilfunkdienste 15

Orange/Jazztel: Wettbewerbsbedenken Markttrend: Paketangebote aus Festnetz-, Mobilfunkdiensten und/oder TV-Angeboten ("multiple play offers") Marktabgrenzung konnte offen bleiben, weil die Zusagen die Wettbewerbsbedenken in jedem denkbaren Markt ausräumten Fusion des dritt- und viertgrößten Anbieters von Festnetzdiensten Orange und Jazztel sind die derzeit dynamischsten Internetanbieter (Gewinn von Neukunden) Verbliebene Wettbewerber Telefónica und Vodafone würden eher vom geringeren Preisdruck profitieren als den fusionsbedingten Wegfall des Wettbewerbs zwischen den Parteien kompensieren Hohe Marktzutrittsschranken (Investitionen für Internetzugang) Effizienzvorteile: Erleichterung des Glasfasernetzausbaus (FTTH): nicht fusionsspezifisch Vermeidung doppelter Gewinnaufschläge (double marginalisation): Verifizierbar, fusionsspezifisch und kommt den Verbrauchern zugute Aber nicht ausreichend, um Wettbewerbsnachteile voll auszugleichen 16

Paket aus: Orange/Jazztel: Zusagen Veräußerung eines FTTH-Netzes 700 000-800 000 Anschlüsse 13 Gebiete in Madrid, Barcelona, Valencia, Sevilla und Málaga Zugangszusagen zugunsten des Erwerbers: Zugang zum nationalen ADSL-Netz von Jazztel für 8 Jahre Zugang zum Mobilfunknetz (incl. 4G-Diensten) von Orange» Ermöglicht dem Erwerber, Festnetz-Internetzugang im Paket mit Mobilfunk anzubieten ("multi-play offers") Das Zusagenpaket ermöglicht Markteintritt eines 4. Anbieters zum spanischen Markt für Internetzugang 17

Geplantes Mobilfunk-GU in Dänemark: TeliaSonera/Telenor (2015) Zusammenlegung der Mobilfunkbereiche von TeliaSonera (Schweden/Finnland) und Telenor (Norwegen) in Dänemark in einem GU Angebotene Zusagen nicht ausreichend, die schweren Wettbewerbsbedenken auszuräumen Aufgabe des Vorhabens durch die Parteien (September 2015) 18

Zusagen Arten von Zusagen 2011-15 (67 Fälle bis 19.10.2015) Marktzugangszusagen (einschl. Abtretung von Flughafenslots und Beseitigung von Ausschließlichkeitsbindungen ) 24% Auflösung von Verbindungen mit Wettbewerbern 7% Veräußerungen 70% Klassische Veräußerungen 36% Andere/komplexe Arten der Veräußerung 33% 19

Klassische Veräußerungszusagen Veräußerung eines selbständigen Geschäfts und vollständige Beseitigung der Marktanteilsüberschneidung Schnelle Lösung von Wettbewerbsproblemen in Phase 1 Beispiele: BP/Statoil (2014): Veräußerung der Flugbenzinaktivität von Statoil an 4 Flughäfen Mylan/Abbott (2015): Veräußerung des Generikageschäfts von Mylan in 5 Mitgliedstaaten, einschl. Vertriebszulassungen, Kundeninformation und Lieferverträge ZF/TRW (2015): Veräußerung des Fahrwerkkomponentengeschäfts von TRW Altice/PT Portugal (2015): Veräußerung der portugiesischen Tochtergesellschaften von Altice 20

Komplexe Veräußerungszusagen (1) In Phase 2, gelegentlich auch in Phase 1 Ausgleich der inhärenten Risiken durch "upfront-buyer"-lösung und/oder spezielle Anforderungen an den Erwerber Beispiele: Zimmer/Biomet (2015, Phase 2): Veräußerung mehrerer Sparten für Implantate "Upfront-buyer"-Lösung Veräußerungsgeschäft z.t. EWR-weit, z.t. national verbunden mit EWRweiter Lizenz Holcim/Lafarge (2015, Phase 2): Veräußerungspaket von noch nicht dagewesenem Umfang und mit innovativen Modalitäten Veräußerungsgeschäft: Aktivitäten beider Fusionsparteien in verschiedenen Mitgliedstaaten Alternativen: klassische M&A-Veräußerung der Aktiva oder "hybride" Veräußerung am Kapitalmarkt mit "Ankerinvestor" 21

Komplexe Veräußerungszusagen (2) Beispiele (Forts.): Merck/Sigma-Aldrich (2015, Phase 1): Veräußerung des überwiegenden Teils von Sigmas Geschäft für Lösungsmittel und anorganische Stoffe im EWR "Upfront-buyer"-Veräußerung eines komplexen Pakets von Aktiva über die gesamte Wertschöpfungskette GE/Alstom (2015, Phase 2): Veräußerung des GT 26- und GT 36- Turbinengeschäfts von Alstom an Ansaldo "Fix-it-first"-Zusage Keine Übertragung von Produktionsanlagen komplexe Abgrenzungsfragen bei IPR und Wartungsverträgen 22

Verhaltenszusagen: Grundsätze Zusagenmitteilung (2008): Entscheidung von Fall zu Fall Verhaltenszusagen kommen vor allem bei nicht-horizontalen Wettbewerbsproblemen in Betracht Verhältnismäßigkeit Erhaltung fusionsbedingter Effizienzvorteile, die den Verbrauchern zugute kommen (z.b. Vermeidung von "double marginalisation") Veräußerung als "benchmark" für Wirksamkeit Vorzug für (quasi-strukturelle) Marktöffnungszusagen Zusagen künftigen Marktverhaltens nur ausnahmsweise (z.b. bei konglomeralen Problemen) wenn wirksame Überwachung gewährleistet ist wenn dadurch keine Wettbewerbsverzerrung bewirkt wird 23

Airbus/Safran (2015): Verhaltenszusagen: Beispiele Strukturelles Element: Ausgliederung der Sparte elektrische Satellitentriebwerke von Safran aus dem GU Lieferrahmenvertrag mit dem derzeitigen Hauptkunden von Safran für bestimmte Komponenten; Belieferung künftiger Großkunden mit diesen Komponenten zu FRAND-Bedingungen Liberty Global/De Vijver Media (2015): Input foreclosure: Verlängerung der Verträge für Vertrieb von TV- Kanälen; Lizenzierung der TV-Kanäle zu FRAND-Bedingungen Customer foreclosure: Verlängerung der Verträge mit anderen TV- Anbietern; Zusage, Angebot zur Verlängerung aufrechtzuerhalten 24

Weißbuch zur FKVO-Reform Eingegangene Stellungnahmen: Zustimmung zu den Vorschlägen zur Verfahrensvereinfachung (Verweisungen, außereuropäische GUs, unproblematische Fälle) Skepsis bezüglich Vorschlags zur Einführung eines "gezielten Transparenzsystems" zur Kontrolle von Minderheitsbeteiligung Kommissarin Vestager (12. März 2015): Mehr Zeit nötig, um sicherzustellen, dass eine etwaige Reform verhältnismäßig ist Wo wir stehen: Weitere Tatsachenermittlungen, Dialog mit interessierten Kreisen und Mitgliedstaaten Neue Themen: "European Merger Area", Zuständigkeitsschwellenwerte in der digitalen Wirtschaft Entscheidung über Gesetzgebungsvorschlag noch nicht getroffen 25

Ausblick Andauernde Herausforderungen Neue globale Fusionswelle Fortgesetzte Konsolidierung zahlreicher Branchen (Telekom, Pharma) Mehr und komplexere Fälle Das ausgereifte System der FKVO hat sich bewährt Die Kommission prüft die Umstände jedes einzelnen Falles ("no magic number") Zusagen bestes Mittel, Wettbewerbsprobleme auszuräumen Untersagung bleibt seltene Ausnahme Die Kommission ist bereit, auch komplexe Lösungen in Betracht zu ziehen Aber Verantwortung der Parteien, Angebote rechtzeitig mit der Kommission zu erörtern Notwendigkeit einer weiteren Reform der FKVO? 26