AbfallwirtschaftsFakten 19



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Transkript:

AbfallwirtschaftsFakten 19 Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim Zentrale Unterstützungsstelle Abfallwirtschaft, Gentechnik und Gerätesicherheit (ZUS AGG) Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Hildesheim, Januar 2010 Deponieentgasung bei rückläufigen Deponiegasmengen Bräcker, W. Die Abfallwirtschaft unterliegt einer ständigen Weiterentwicklung. Um die Informationen über die Entwicklungen möglichst rasch an die mit Abfallentsorgung befassten Stellen zu bringen, geben das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim - Zentrale Unterstützungsstelle Abfallwirtschaft, Gentechnik und Gerätesicherheit (ZUS AGG) - und das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), je nach Thema in Zusammenarbeit mit weiteren Fachleuten, ein entsprechendes Informationsblatt mit dem Titel "AbfallwirtschaftsFakten" heraus. 1 Einleitung Mit zunehmendem Alter von stillgelegten Deponien, auf denen Hausmüll, hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, Klärschlämme und andere Abfälle mit hohem organischem Anteil abgelagert worden sind, geht die Deponiegasproduktion zurück. Bei diesen Deponien kann nach Unterschreiten einer bestimmten Gasbildungsrate das Deponiegas nicht mehr wirtschaftlich später auch technisch nicht mehr über die für die Verwertung von Deponiegas gebräuchlichen Blockheizkraftwerke genutzt Gerade mit Blick auf die erkannte Klimarelevanz der Deponiegasemissionen muss aber bei rückläufiger Gasbildung auch künftig dafür Sorge getragen werden, dass das im Deponiegas enthaltene Methan in weniger schädliche Gase umgewandelt und die darin enthaltene Restenergie soweit wie technisch, ökologisch und wirtschaftlich möglich genutzt wird. der Betreiber einer Deponie der Klasse I, II oder III dieses Deponiegas schon in der Ablagerungsphase zu fassen und zu behandeln, nach Möglichkeit energetisch zu verwerten. Deponiegaserfassung, -behandlung und -verwertung sind nach dem Stand der Technik durchzuführen. Abweichend von Satz 1 kann der Deponiebetreiber mit Zustimmung der zuständigen Behörde auf die Fassung geringer Restemissionen an Deponiegas verzichten. In diesem Fall hat er gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen, dass das im Deponiegas enthaltene Methan vor Austritt in die Atmosphäre weitestgehend oxidiert wird. Zur Untersuchung von Quantität und Qualität des Deponiegases wird in der DepV auf die Nummer 2.4 in der Tabelle in Anhang 5 verwiesen. Aus den genannten Vorgaben ergeben sich für die Praxis folgende Fragestellungen: Was sind relevante Mengen und geringe Restemissionen an Deponiegas und was heißt weitestgehend oxidiert ( Entgasungsziele )? Die nachfolgenden Ausführungen sollen aufzeigen, dass Verfahren zur Verfügung stehen, Deponien auch bei rückläufiger Deponiegasproduktion ordnungsgemäß entgasen zu können. Wie sind die Möglichkeiten einer energetischen Verwertung zu definieren und was ist Stand der Technik der Deponiegaserfassung, -behandlung und -verwertung? 2 Anforderungen Die Deponieverordnung (DepV) [1] beinhaltet im Anhang 5 folgende grundsätzliche Anforderungen an den Umgang mit Deponiegas: 7. Deponiegas Entsteht auf einer Deponie auf Grund biologischer Abbauprozesse Deponiegas in relevanten Mengen, hat 3 Deponiegasmenge und Methangehalt Deponiegas entsteht durch den biologischen Abbau organischer Substanz im Deponiekörper. Die Menge an Deponiegas ist abhängig von der Abfallmenge, dem Gehalt an biologisch abbaubarer Substanz und den Milieubedingungen im Deponiekörper. Im Idealfall In diesem Fall mit Frau Urban-Kiss, Ingenieurgruppe RUK, Stuttgart 1

nimmt sie in der Ablagerungsphase der Deponie kontinuierlich zu, erreicht kurz nach dem Ablagerungsende ihr Maximum und geht dann wieder zurück. Die theoretisch produzierbare Deponiegasmenge lässt sich z. B. berechnen über Formeln nach Dr. Weber oder Prof. Rettenberger (z. B. in [11]). Das Berechnungsverfahren nach Dr. Weber hat sich insbesondere für nicht abgedeckte Deponien bewährt. Für abgedeckte Deponien kann die Gasmenge mit der Formel von Prof. Rettenberger ermittelt Die errechneten Werte müssen jedoch noch mit einem Faktor für den Erfassungsgrad, der je nach Art der Abdeckung der Deponie unterschiedlich ist, multipliziert Typische Verläufe der rechnerisch produzierbaren und der erfassbaren Gasmengen sind in Abbildung 1 dargestellt. Deponiegas [m³/h] 1800,0 1600,0 1400,0 1200,0 1000,0 800,0 600,0 400,0 200,0 0,0 1989 1994 1999 2004 2009 2014 2019 2024 2029 2034 2039 Produzierte Gasmenge (in m3/h) Erfaßbare Gasmenge (in m3/h) Abbildung 1: Zeitlicher Verlauf der rechnerisch produzierbaren und erfassbaren Gasmengen (nach der Formel von Rettenberger) Deponiegas setzt sich in der Regel aus rd. 55 % Methan und rd. 45 % Kohlendioxid zusammen. Spurengase sind in der Größenordnung von ca. 1 % enthalten. Diese Zusammensetzung verändert sich über den zeitlichen Verlauf der Ablagerung (s. Abbildung 2). beeinflusst Übersteigt beispielsweise die abgesaugte Deponiegasmenge kontinuierlich die Deponiegasproduktion, sinkt der Methangehalt im Deponiegas zugunsten der Gase aus der abgesaugten Luft, insbesondere Stickstoff und Sauerstoff, ab. Für weitere Informationen zur Entstehung von Deponiegas wird auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen. 4 Entgasungsziele Ziele der Entgasung sind einerseits, die Deponiegasemissionen aufgrund der besonderen Klimarelevanz des darin enthaltenen Methans und möglicher Geruchsimmissionen sowie Brand- und Explosionsgefahren gering zu halten und andererseits die im Deponiegas enthaltene Energie zu nutzen. Des weiteren sollen auch Vegetationsschäden durch Gasmigration im Deponieumfeld vermieden Gemäß Forschungsbericht Deponienachsorge Handlungsoptionen, Dauer, Kosten und quantitative Kriterien für die Entlassung aus der Nachsorge [9] wird eine aktive Entgasung für erforderlich gehalten, so lange das Methanvolumen aus der Deponiegasproduktion für den gesamten Deponiestandort mindestens 25 m³ CH 4/h oder flächenbezogen mind. 5 m³ CH 4 / (h ha) beträgt. Eine Umstellung auf passive Restgasbehandlung z. B. über Methanoxidation in der Rekultivierungsschicht ist gemäß dem genannten Forschungsbericht dann möglich, wenn trotz Umstellung auf passive Entgasung weniger als 0,5 l CH 4 / (m² h) in die Rekultivierungsschicht eindringt und weniger als 25 ppm an mittels FID ermittelter Kohlenwasserstoffverbindungen (hauptsächlich Methan) aus der Rekultivierungsschicht in die Atmosphäre austritt. Da in der Fachwelt bereits Emissionswerte zwischen 25 und 100 ppm als ausreichend und die Reproduzierbarkeit solcher Messwerte als problematisch angesehen werden, wurden die im Forschungsbericht genannten Werte nicht durch Übernahme in die DepV [1] rechtsverbindlich festgelegt. Gleichwohl können diese Werte bei der Bewertung von Deponiegasemissionen als geeignete Orientierungswerte herangezogen Abbildung 2: Verlauf der Deponiegaszusammensetzung über die Zeit nach [5] aus [8] Durch ungünstige Milieubedingungen im Deponiekörper, z. B. bei zu geringer Feuchtigkeit des Abfalls, kann die Deponiegasbildung gehemmt ablaufen. Darüber hinaus kann die Gaszusammensetzung aber auch durch den Betrieb der Entgasungsanlage maßgeblich 2

5 Entgasungstechnik bei rückläufiger Gasmenge und abnehmendem Methangehalt 5.1 Gaserfassung Grundsätzlich können die vorhandenen Gasbrunnen und horizontalen Gasdränagen auch bei abnehmender Deponiegasproduktion weiter verwendet Es hat sich aber bewährt, gerade in dieser Phase das System der Gaserfassungs- und Ableitungseinrichtungen einer Wirksamkeitsprüfung zu unterziehen. Daraus kann sich der Bedarf zur Nachrüstung mit zusätzlichen oder tiefengestaffelt verfilterten Gasbrunnen ergeben. Die zu fördernden Gasmengen an den einzelnen Dränagen und Brunnen müssen bei abnehmender Gasproduktion genauer regelbar sein. Da dies über Klappen nur bedingt möglich ist, kann es erforderlich werden, diese gegen Schieber auszutauschen. Die Leistung der Gasfördereinrichtung muss an die abnehmende Gasproduktion und die nachgeschaltete Verwertungs- und Behandlungstechnik angepasst Abgesehen von den Sonderfällen der industriellen Nutzung und der Einspeisung ins öffentliche Gasnetz definieren nach der Nutzung von Deponiegas in BHKW s die Zündstrahlmotoren die Einsatzgrenzen einer Deponiegasverwertung. 5.3 Gasbehandlung 5.3.1 Hochtemperaturverbrennung Für Ausfallzeiten der Gasverwertung oder zur Behandlung von Deponiegas mit erhöhten Schadstoffanteilen ( Schlechtgas ) sind auf Deponien in der Regel Hochtemperaturfackeln (HT-Fackeln) vorhanden. Diese werden in einem weiten Leistungsspektrum von 15 bis 3000 m³ Deponiegas/h angeboten. Bei einer für die jeweilige Baugröße zu geringen Gasmenge oder zu geringem Heizwert des Gases können mit diesen die Anforderungen der TA Luft [2] nicht mehr eingehalten In diesem Fall können große Fackeln gegen kleinere Fackeln ausgetauscht Die Fackel kann aber auch umgebaut, insbesondere der Brennraum verkleinert Diese modifizierten HT- Fackeln können dann noch bis zu einem Durchsatz von 10 % des ursprünglichen Fackeldurchsatzes unter Einhaltung der Anforderungen der TA Luft weiter betrieben 5.2 Gasverwertung Neben Einzelfällen, in denen das Deponiegas aufgrund günstiger Standortbedingungen in industriellen Feuerungsanlagen genutzt oder nach einer Gasaufbereitung in das öffentliche Gasnetz eingespeist wird, findet eine Deponiegasverwertung insbesondere über Blockheizkraftwerke statt. Sobald die Gasmenge bei einem CH 4-Gehalt von 40 % unter ca. 50 m³/h oder der Heizwert unter ca. 4,5 kwh/m³ sinken, können Blockheizkraftwerke (BHKW) jedoch nicht mehr wirtschaftlich betrieben Für den Betrieb von Zündstrahlmotoren reicht noch eine Methankonzentration von mindestens 10 Vol-% CH 4 aus. Bei geringer Deponiegasbildung können Zündstrahlmotoren ohne Saugzuggebläse auskommen. Der geringe Unterdruck von 10 bis 15 mbar erleichtert die Volumenstromregelung der Gaserfassungseinrichtungen. Erfahrungen mit Zündstrahlmotoren in Süddeutschland [5] belegen, dass diese trotz der erforderlichen Zufuhr eines Zündbrennstoffs noch bis zu einer Deponiegasmenge von 20 m³/h wirtschaftlich betrieben werden können. Abgasturbinen und Microgasturbinen können bei einer Mindestmethankonzentration von 30 Vol.-% CH 4 und einer Deponiegasmenge zwischen 20 und 110 m³ Deponiegas/h eingesetzt Microgasturbinen haben einen hohen Eigenenergieverbrauch und einen niedrigen elektrischen Wirkungsgrad. Sie wurden daher bisher nur selten auf Deponien eingesetzt. 5.3.2 Schwachgasbehandlung Der Begriff Schwachgas ist nicht einheitlich definiert. Er wird beispielsweise in [8] am Methangehalt (< ca. 15 Vol-% CH 4) oder in wikipedia.org am Heizwert (< 8,5 MJ/Nm³) festgemacht. Er kann aber auch allgemein in Anlehnung an [7] definiert werden als ein Deponiegas, das aufgrund seiner Menge oder Zusammensetzung herkömmlich weder verwertet (z. B. im BHKW) noch behandelt (z. B. über HT-Fackel) werden kann, das aber weiterhin gefasst und behandelt werden muss. Für die Schwachgasbehandlung werden verschiedene Verfahren angeboten u. a.: die Schwachgasfackel, der Kohlenwasserstoff-Converter (CHC) die autotherme Oxidation über einem Festbett und die stationäre Wirbelschichtfeuerung. In Schwachgasfackeln wird das Gas teilweise in Wärmetauschern mit dem Abgas der Fackel vorgewärmt. So können diese Fackeln bis zu Methankonzentrationen oberhalb von 10 Vol-% ohne Stützfeuerung betrieben Sie werden von verschiedenen Herstellern angeboten und sind Stand der Technik der Schwachgasbehandlung. Bei der autothermen Oxidation wird das Deponiegas auf einem heißen Festbett oxidiert. Nach diesem Prinzip arbeitet beispielsweise die VocsiBox. Das Deponie- 3

gas hat in diesem Fall einen Methangehalt, der unterhalb der unteren Explosionsgrenze liegt. Bei höheren Methangehalten wird durch Verdünnung mit Luft eine entsprechend niedrige Methankonzentration eingestellt. Der Oxidationsprozess läuft bereits ab einer Methankonzentration von 0,3 Vol% CH 4 autotherm ab. In der Praxis hat sich die Vocsi-Box in verschieden Anwendungen bewährt. Als weiteres, nach diesem Prinzip arbeitendes Produkt wird der Depotherm Thermoreaktor auf dem Markt angeboten. Die Verbrennung im Kohlenwasserstoff-Converter (CHC) findet oberhalb eines Metallgewebes statt. Die kleinste Anlage wird für einen Durchsatz von ca. 5 m³ CH 4/h angeboten. Der Methangehalt sollte mindestens 12 Vol-% betragen. Das Verfahren wurde 2007 erstmalig vorgestellt. Bereits bis 2008 wurden 6 Anlagen in Betrieb genommen [4]. In der stationären Wirbelschichtfeuerung werden die Gasinhaltsstoffe auf der Oberfläche von heißen mineralischen Partikeln oxidiert, die sich in einem Wirbelbett bewegen. Der Methangehalt muss oberhalb 11 Vol-% liegen. Bei Vorwärmung des Deponiegases kann der Methangehalt noch auf ca. 6 Vol-% reduziert Das Verfahren ist eine Neuentwicklung. Es liegen Erfahrungen bisher aus einer konkreten Anwendung im Deponiebereich vor (z. B. in [10]). 5.3.3 Biologische Methanoxidation Biofilter sind in der Abluftbehandlung weit verbreitet. Für die Dimensionierung von Biofiltern existiert eine VDI-Richtlinie [3]. Diese Richtlinie behandelt aber die Reinigung von Abgas-/ Abluftströmen zur Reduktion von Geruchsstoffen. Um einen deutlichen Abbau von Methan zu erreichen, dürfen Biofilter nur mit einem Bruchteil des Volumenstroms beschickt werden, der zur Reduzierung von Geruchsstoffen ausreichend ist. Infolgedessen besitzen Biofilter, die zur Reduzierung von Methanemissionen beitragen sollen, einen erheblich größeren Flächenbedarf als Biofilter, die nach VDI 3477 dimensioniert Die maximale Flächenbeschickung eines Biofilters, der auch zum Methanabbau beitragen soll, sollte in der Größenordnung von unter 25 l CH 4 / (m² h) liegen. Biofilter werden auf Deponien daher vorrangig dann zum Einsatz kommen, wenn kleinräumig sehr geringe Mengen an Deponiegas mit geringen Methangehalten behandelt werden sollen. Der Organische Kohlenwasserstoff-Converter (OCHC) ist als Biofiltersystem zum biologischen Methanabbau konzipiert. Das Deponiegas durchströmt den Biofilter von unten nach oben. Auf verschiedenen Ebenen wird Luft eingeblasen, um die Methankonzentration des Deponiegases soweit zu verdünnen, dass die Bakterien optimal mit Sauerstoff versorgt sind. Nach Herstellerangaben kann mit dieser Anlage ein Deponiegasvolumenstrom von bis zu 50 m³/h mit einem Methangehalt von bis zu 20 Vol-% behandelt Die Abbauleistung wird mit bis zu rd. 75 l Methan/(m³ Filter * h) angegeben. Nach Nr. 2.3.1.2 Anhang 1 DepV kann die Rekultivierungsschicht der Deponie als Methanoxidationsschicht ausgebildet Sie wirkt dann wie ein über die gesamte Deponieoberfläche angeordneter Biofilter. Die Anforderungen an eine Methanoxidationsschicht widersprechen jedoch in einigen Punkten denen, die aus Sicht eines optimalen Wasserhaushaltes gestellt werden müssen. Die DepV weist auf dieses Problem ausdrücklich hin. Daher muss im Einzelfall eine ausgewogene Lösung gesucht werden, die beide Zielen entsprechend berücksichtigt. 5.3.4 Weitere Verfahren Im Rahmen dieser Veröffentlichung wurden sicher nicht alle auf dem Markt angebotenen Verfahren erwähnt. Dies hat seinen Grund insbesondere darin, dass sie sich noch in der Erprobung befinden oder keine aussagefähigen Praxisberichte vorlagen, um sie zum Einsatz auf Deponien empfehlen zu können. Daher wird an dieser Stelle ausdrücklich dazu aufgerufen, dem Verfasser weitere Informationen über Erfahrungen mit diesen Verfahren zukommen zu lassen. Diese AbfallwirtschaftsFakten können dann entsprechend fortgeschrieben Mitunter wird auch eine aerobe In-situ-Stabilisierung als Gasbehandlungsverfahren genannt. Im engeren Sinne handelt es sich aber nicht um ein Gasbehandlungsverfahren, sondern durch sie werden die Milieubedingungen im Deponiekörper so verändert, dass die anaeroben Prozesse in aerobe Prozesse überführt werden und kein methanhaltiges Deponiengas mehr anfällt. Deshalb sind die betreffenden Verfahren nicht Gegenstand dieser AbfallwirtschaftsFakten. 6 Dynamisches Entgasungskonzept Die Deponiegasproduktion ist ein dynamischer Prozess. Dem muss durch Einsatz der jeweils angemessenen Technik Rechnung getragen Es stehen Verfahren mit unterschiedlichen Ansprüchen an die Gasmenge und den Methangehalt zur Verfügung, so dass Deponiegas auch bei abnehmender Deponiegasproduktion kontinuierlich verwertet oder behandelt werden kann. Welche der in Nr. 5 genannten Verfahren im konkreten Einzelfall zum jeweiligen Zeitpunkt sinnvoll sind, sollte ein auf dem Gebiet der Deponieentgasung erfahrener Ingenieur beurteilen. Als Grundlage für konkrete Planungen und zur Absicherung von Investitionen sollte dieser unter Berücksichtigung der Deponiegasentwicklung ein dynamisches Entgasungskonzept der Entgasung für die jeweilige Deponie bis zum Ende der Nachsorgephase entwickeln. Dieses sollte Meilensteine für Entscheidungen zur Anpassung der Technik 4

und Zielwerte unter Berücksichtigung der in Nr. 4 genannten Orientierungswerte enthalten. Es könnte dann auch eine der Grundlagen für die spätere Prüfung darstellen, ob die der Möglichkeit der Entlassung der Deponie aus der Nachsorge besteht. Um Planungssicherheit zu erhalten, sollte das Konzept frühzeitig mit der zuständigen Behörde abgestimmt 7 Literatur [1] Deponieverordnung (2009): Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung - DepV); Artikel 1 der Verordnung zur Vereinfachung des Deponierechts vom 27.04.2009; BGBl Teil I vom 29.04.2009, Seite 900 [2] TA Luft Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft TA Luft) Vom 24. Juli 2002; GMBl. Nr. 25 29; S. 511 [3] VDI 3477:2004-11 Biologische Abgasreinigung Biofilter ; Beuth Verlag GmbH [4] HAUBRICHS Veränderte Bedingungen Rückbau und Anpassungen von Gasanlagen auf Deponien, LAMBDA Gesellschaft für Gastechnik mbh, Wuppertal; http://www.lambda.de/aktuelles/dokumente/200 8_3_Vortrag_Dr.-Ing._Haubrichs.pdf [7] RETTENBERGER, URBAN-KISS Schwachgasnutzung und behandlung in der Nachsorge von Deponien, Hessischer Deponietag 2008, unveröffentlicht [8] STACHOWITZ Perspektive der Deponieschwachgasnutzung Technik und Wirtschaftlichkeit in 21. Kasseler Abfallforum und Bioenergieforum; 22. April 2009 [9] STEGMANN, HEYER, HUPE und WILLAND Deponienachsorge Handlungsoptionen, Dauer, Kosten und quantitative Kriterien für die Entlassung aus der Nachsorge ; Abschlussbereicht des F+E Vorhabens Förderkennzeichen (UFOPLAN) 204 34 327 im Auftrag des Umweltbundesamtes; März 2006 [10] STEINBRECHT UND VOLKER SPIEGELBERG Wirbelschichtfackel zur energetischen Nutzung von Deponieschwachgas, Müll und Abfall, Heft 11/2008, S. 562 ff [11] TABASARAN, RETTENBERGER Möglichkeiten zur Ermittlung des Gaspotenzials in Deponiegasnutzung Planungen, Erfahrungen und Entwicklungstendenzen; Bundesministerium für Forschung und Technologie; April 1984 [12] WEBER Minimierung von Emissionen der Deponie in Veröffentlichungen des Instituts für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universität Hannover; Heft 74; 1990 [5] MATTAS Deponiegasverwertung mit Zündstrahlmotoren bei rückläufigem Deponiegasanfall ; Deponiefachlehrgang am 15. und 16. Juni 2004 in Ingolstadt; unveröffentlicht [6] RETTENBERGER, MEZGER Langzeitphasen des Deponiegasgeschehens bei Altablagerungen; in: International Society für Environmental Protection (Hrsg.) "Industrial Waste Management", Envirotech-Proceedings, Wien, 1992 Herausgeber: Die AbfallwirtschaftsFakten erscheinen unregel- Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim mäßig. - Zentrale Unterstützungsstelle Abfall, Gentechnik Diese Schrift darf nicht verkauft werden; und Gerätesicherheit (ZUS AGG) Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers. Goslarsche Straße 3, 31134 Hildesheim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) Stilleweg 2, 30655 Hannover Anschrift des Verfassers Bezug: Dipl.-Ing. Wolfgang Bräcker (ZUS AGG) über Internet: Anschrift s. o. www.gewerbeaufsicht.niedersachsen.de 5