Stellungnahme zu den Empfehlungen der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Bundesverband der Systemgastronomie e.v. (BdS) 16. April 2015
I. Vorbemerkung zum Verband und der Branche Der Bundesverband der Systemgastronomie e.v. (BdS) ist als Wirtschafts- und Arbeitgeberverband die umfassende Branchenvertretung der Systemgastronomie Deutschlands. Seine Mitglieder, zu denen u.a. die Marken Burger King, coa, KFC, Maxi Autohöfe, McDonald s, Nordsee, Pizza Hut, Starbucks und Vapiano zählen, erwirtschafteten im Jahr 2014 in über 2.700 Restaurants mit mehr als 100.000 Beschäftigten einen Umsatz von rd. fünf Milliarden Euro. Trotz der bekannten Markennamen steht die Systemgastronomie mit den vielen Franchisesystemen für den Mittelstand in Deutschland und damit für über 750 Mitgliedsunternehmen. Wir begrüßen die Novelle zur Änderung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb, insbesondere da damit eine Rechtsangleichung mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) erreicht wird. Im Wesentlichen schließen wir uns den Vorschlägen der Bundesregierung an und verweisen auf die hierzu erfolgte Stellungnahme des Zentralverbandes der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW). In dieser Stellungnahme möchten wir uns daher auf einen für unsere Branche besonders relevanten Aspekt bei 5a UWG beschränken und auf eine sinnvolle Klarstellung hinweisen. II. Reformbedarf des aktuellen 5a Abs. 2 UWG 2008 Richtigerweise ist geplant, 5a Abs. 2 UWG anzupassen, der im Jahr 2008 eingefügt wurde, um Art. 7 Abs. 1-3 der Richtlinie umzusetzen, Die Rechtsprechung hat, aufgrund der unzulänglichen Umsetzung, die Norm vielfach so angewendet, dass jedes Vorenthalten einer wesentlichen Information als irreführend verboten wurde. Im Widerspruch zu den Vorgaben und Zielen der Richtlinie wurde faktisch ein Per-se-Verbot geschaffen. Leidtragende waren insbesondere im Franchisesystem oder über Konzernstrukturen betriebene Marken und Unternehmen, die Gemeinschaftswerbung für ihre Unternehmen schalteten. 1. Der Änderungsvorschlag der Bundesregierung Der Entwurf der Bundesregierung, der sich viel enger an Art. 7 Abs. 1-3 der Richtlinie anlehnt, ist zu begrüßen. Insbesondere wird darin das Verbot der Vorenthaltung wesentlicher Informationen in 5a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 RegE davon abhängig gemacht, ob der Verbraucher diese nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Versäumt wurde jedoch die zwingend gebotene Einarbeitung notwendiger Klarstellungen inwieweit informiert werden muss. Dies ist für die Systemgastronomie von enormer praktischer Relevanz. Insbesondere für Franchisesysteme ist die korrekte Rechtsanwendung des UWG aktuell weder rechtlich noch tatsächlich möglich. Dem Verbraucher wäre mit der Überflutung von Adressen- und Rechtsformangaben nicht gedient. Vielmehr muss der
Hinweis auf eine Internetseite, die die entsprechenden Informationen enthält, genügen. Hierauf hatte der EuGH 1 bereits hingewiesen. 2. Stellungnahme zum Regierungsentwurf 5 a Abs. 2 S.1 Nr. RegE entspricht nach Auffassung des BdS nicht den Vorgaben des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie, der lautet: Unlauter im Sinne des 3 Absatz 1 handelt, wer dem Verbraucher eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände wesentlich ist. Die Bundesregierung berücksichtigt nicht, dass der Passus im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums sich nicht auf die Wesentlichkeit einer Information, sondern auf deren Vorenthalten bezieht. 2 Demgegenüber legt der Bundesgerichtshof 3 5a Abs. 2 UWG 2008 unter Rückgriff auf eine Entscheidung des EuGH 4 richtlinienkonform aus: ( ) Das dort geregelte Erfordernis der Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels betrifft ( ) die Bewertung der Vorenthaltung dieser Information als unlauter. 3. Änderungsvorschlag zum 5 a Abs. 2 S.1 Nr. RegE In Übereinstimmung mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie könnte die Neufassung wie folgt lauten: Unlauter im Sinne des 3 Absatz 1 handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmittels dem Verbraucher eine Information vorenthält, die wesentlich ist. Nahtlos hierzu schließt sich die Präzisierung des Tatbestandsmerkmals des Vorenthaltens an, die vollständig den Vorgaben des Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie entspricht. Damit wäre gewährleistet, dass ein Vorenthalten wesentlicher Informationen, wie beispielsweise der Impressumsangaben, nicht ohne Weiteres ein Verbot rechtfertigt, sondern stets die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Beispiel: Ein Verbraucher bestellt im Internet beworbene Ware bei einem Händler. Um die etwaigen Risiken seines Kaufs abschätzen zu können (Durchsetzung von 1 EuGH, GRUR 2011, 930 Rn. 51, 56, 59 Ving Sverige. 2 Das geht insbesondere auch aus der englischen und französischen Fassung des Art. 7 der Richtlinie hervor. Engl.: if, in its factual context, taking account of all its features an circumstances and the limitations of the communication medium, it omits material information ; frz.: si, ans son context factual, compte tenu des tout ses elle omet une information substantielle. 3 BGH WRP 2014, 1459 Rn. 16 Brandneu von der IFA; vgl. auch Köhler WRP 2013, 1419. 4 EuGH GRUR 2011, 930 Rn. 55 ff. Ving Sverige.
Liefer- und Gewährleistungsansprüchen; Insolvenzrisiko etc.), benötigt er tatsächlich Information über die Adresse und die Rechtsform des Händlers. Beispiel: Eine systemgastronomische Marke X inseriert in einer Zeitung eine Gemeinschaftsanzeige für ein Frühstück zu einem bestimmten Preis. Im Zeitpunkt der Lektüre braucht der Verbraucher noch keine konkrete Information über Anschrift und Rechtsform der teilnehmenden Restaurants, um eine informierte Entscheidung über den Kauf der Waren zu treffen. Wenn ihn interessiert, welches Restaurant in seiner Nähe an der Aktion teilnimmt, erfährt er dies im Internet. Die eigentliche Kaufentscheidung trifft er erst an Ort und Stelle. Dort erfährt er auch die Rechtsform des Unternehmens. Von einem Vorenthalten einer wesentlichen Information in der Zeitungsannonce kann daher im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmittels keine Rede sein. Ein aktuelles Beispiel aus der Praxis bietet das Verbot einer Gemeinschaftswerbung von McDonalds-Restaurants durch das OLG München 5. Entgegen 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG 2008 wurde in der Werbung nicht die Adresse und Rechtsform der teilnehmenden Restaurants angegeben. Ohne Zweifel ist es bei mehreren Hundert teilnehmenden Restaurants weder technisch möglich noch finanziell zumutbar, in einer Print- oder Fernsehwerbung diese Vorgabe zu erfüllen. Die von uns vorgeschlagene Änderung dient dem Interesse der Verbraucher an nützlicher Information. Bei einer Gemeinschaftswerbung für Sonderangebote in Ladenlokalen interessiert die Verbraucher in erster Linie der Preis. Der Hinweis des OLG Düsseldorf 6, Unternehmer, die der Impressumspflicht nicht genügen, müssten sich in Printmedien mit einer reinen Aufmerksamkeitswerbung begnügen, geht an der Realität vorbei. III. Sinnvolle Klarstellung bei 5a Abs. 2 S. 2 Nr. 4 RegE Neben der unter II. dargestellten notwendigen Änderung halten wir auch folgende Klarstellung für sinnvoll: Der Regierungsentwurf zu 5a Abs. 2 S. 2 Nr. 4 RegE lautet: Als Vorenthalten gilt auch 4. Die Bereitstellung wesentlicher Informationen in einer Weise, die den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt. Dies widerspricht dem Wortlaut und Zweck des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie: Als irreführende Unterlassung gilt es auch, wenn ein Gewerbetreibender. den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht. 5 Urteil vom 15. Mai 2014, 6 U 3500/13. 6 Urteil vom 05.August 2014, AZ I-20 U 140/11.
Das Nichtkenntlichmachen kommerzieller Zwecke ist eine selbständige Erscheinungsform der Irreführung durch Unterlassen. Die Änderung dient ebenfalls dem Interesse der Verbraucher, die vor einer Täuschung über die wahren Absichten eines Unternehmers bewahrt werden sollen, und damit mittelbar dem Interesse der seriösen Kaufleute. IV. Fazit Die geplanten gesetzlichen Änderungen sind zu begrüßen. Um die Handlungsspielräume der Abmahnindustrie nicht zu erweitern und neue Risiko- und Kostenbelastungen für Unternehmer zu verhindern, ist eine Konkretisierung der Informationspflichten unerlässlich. Nicht zuletzt liegt dies im Sinne des Verbrauchers, der dadurch vor einer Informationsflut verschont bleibt. ****