Kündigungsschutzklage



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Transkript:

Kündigungsschutzklage Gabi Hanreich TK Lexikon Arbeitsrecht 12. Januar 2015 Kündigungsschutzklage HI660871 Zusammenfassung LI1099131 Begriff Mit einer Kündigungsschutzklage kann ein Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses überprüfen und ggf. feststellen lassen. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Arbeitsrecht: Die Grundlagen der Kündigungsschutzklage sind im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) enthalten. Arbeitsrecht 1 Klagefrist HI727072 HI663314 Die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung i. S. d. Kündigungsschutzgesetzes [ 1 ] kann nur in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Wichtig Klagefrist beachten Erhebt der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage gegen den Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht, so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam. [ 2 ] Die Klagefrist von 3 Wochen gilt für alle Arbeitgeberkündigungen unabhängig von der Art des Unwirksamkeitsgrunds und auch unabhängig davon, ob das Kündigungsschutzgesetz im Übrigen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. 4 Satz 1 KSchG gilt nicht für die arbeitnehmerseitige "Eigen"-Kündigung. Auch wenn der Arbeitnehmer geltend machen will, dass die Befristung seines Arbeitsvertrags unwirksam ist, muss er innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage erheben. [ 3 ] Entscheidend für den Beginn der Drei-Wochen-Frist ist bei einer Kündigung nicht der Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist endet, sondern der Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung. Kündigt der Arbeitgeber in Kenntnis der Erforderlichkeit einer behördlichen Zustimmung, ohne diese zuvor eingeholt zu haben, so läuft die dreiwöchige Klagefrist allerdings nicht an. Der Arbeitnehmer kann die Unwirksamkeit der Kündigung in derartigen Fällen bis zur Grenze der Verwirkung gerichtlich geltend machen. Nach 4 Satz 4 KSchG beginnt dann die dreiwöchige Klagefrist erst ab der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer.

Die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist bei einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung muss der Arbeitnehmer innerhalb der fristgebundenen Klage nach 4 Satz 1 KSchG geltend machen. Erhebt er binnen 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung keine Kündigungsschutzklage, hat die Kündigung zum "falschen" Termin Bestand. Die Klagefrist des 4 KSchG ist auch einzuhalten, wenn die ordentliche Kündigung gegen das Kündigungsverbot des 15 Abs. 3 TzBfG verstößt, weil der befristete Vertrag weder die Möglichkeit vorsieht, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen noch die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags vereinbart ist, der ein solches Kündigungsrecht enthält. Innerhalb der Drei-Wochen-Frist muss die Klage beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Ausnahmsweise kann die Klage auch nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist vom Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitnehmers noch zugelassen werden, wenn der Arbeitnehmer trotz aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig einzureichen. [ 4 ] Die Unkenntnis der Drei-Wochen-Frist ist in der Regel kein Entschuldigungsgrund. Auch eine Beschwerde beim Betriebsrat entbindet nicht von der Einhaltung der Drei-Wochen-Frist. Ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an einer verspäteten Klageerhebung steht einer verschuldeten Fristversäumnis des Arbeitnehmers gleich. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer seine Gewerkschaft mit der Vertretung beauftragt. Wegen des Antrags auf Zulassung einer verspäteten Klage. [ 5 ] 2 Neuer Arbeitsvertrag während des Prozesses HI2062230 Trotz Erhebung der Kündigungsschutzklage muss der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfristen in der Regel den Betrieb verlassen. Er kann sich dann bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden, er kann aber auch einen neuen Arbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber abschließen. Daran ist er durch den Kündigungsschutzprozess nicht gehindert. Der Abschluss des neuen Arbeitsvertrags hindert ihn auch nicht an der Fortsetzung seines Prozesses. Gewinnt der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess, so kann er sich innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Urteils entscheiden, ob er das alte Arbeitsverhältnis fortsetzen oder das neue aufrechterhalten will. Will er das neue Arbeitsverhältnis aufrechterhalten, so muss er dem alten Arbeitgeber erklären, dass er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei ihm ablehne. Dieses Arbeitsverhältnis erlischt dann. [ 6 ] Ersatz des Lohnausfalls kann der Arbeitnehmer dann nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses verlangen. Dieses Sonderkündigungsrecht steht dem Arbeitnehmer jedoch nicht zu, wenn er sich während des Kündigungsschutzprozesses selbstständig gemacht hat. In diesem Fall ist die Erklärung nach 12 KSchG regelmäßig in eine ordentliche Kündigung zum nächst zulässigen Termin umzudeuten. Entscheidet sich der Arbeitnehmer dagegen für die Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses, so muss er das neue so bald wie möglich entsprechend den bestehenden Kündigungsfristen kündigen und nach Ablauf der Kündigungsfrist die Arbeit im alten Betrieb wieder aufnehmen. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer sein Wahlrecht nicht innerhalb einer Woche ausübt. Wegen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs während des Prozesses siehe unten. 3 Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess HI2062231 Beruft sich der Arbeitnehmer auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung nach dem KSchG, so muss er zunächst im Prozess darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des KSchG gegeben sind. Dazu muss er darlegen und beweisen, dass die nach 23 Abs. 1 KSchG erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht ist. Seiner Darlegungslast ist bereits dann Genüge geleistet, wenn er die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass kein Kleinbetrieb vorliegt. Der Arbeitgeber muss sich daraufhin vollständig zur Anzahl der Beschäftigten erklären. Bleibt auch nach Beweiserhebung unklar, ob die für den Kündigungsschutz erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht ist, geht dieser Zweifel zulasten des Arbeitnehmers. Steht die Anwendbarkeit des KSchG fest, muss der Arbeitgeber die Tatsachen beweisen, die die Kündigung bedingen [ 7 ], d. h. ihm obliegt die Beweislast für den Kündigungsgrund. Dagegen trägt der Arbeitnehmer die Beweislast dafür, dass eine betriebsbedingte Kündigung wegen einer fehlerhaften

Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt ist. [ 8 ] Er muss also beweisen, dass bei der Auswahl der zu Kündigenden die 4 sozialen Gesichtspunkte (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) nicht oder nicht ausreichend beachtet worden sind, wenn der Arbeitgeber der ihm hinsichtlich seiner Auswahlüberlegungen obliegenden Darlegungspflicht vollständig nachgekommen ist. Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die 4 sozialen Gesichtspunkte im Verhältnis zueinander zu bewerten sind (sog. Punkteschemata), so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. [ 9 ] Sind bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich namentlich bezeichnet, so besteht die gesetzliche Vermutung, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Auch dann kann die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. [ 10 ] Dies gilt auch für Änderungskündigungen. Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung hat das Gericht voll nachzuprüfen, ob die vom Arbeitgeber behaupteten inner- oder außerbetrieblichen Gründe für die Kündigung tatsächlich vorliegen und ob sie sich im betrieblichen Bereich dahin auswirken, dass für die Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers kein Bedürfnis mehr besteht. Dagegen darf die unternehmerische Entscheidung selbst, also die Bestimmung der der Geschäftsführung zugrunde liegenden Unternehmenspolitik, grundsätzlich vom Gericht nicht auf ihre Erforderlichkeit oder wirtschaftliche Zweckmäßigkeit nachgeprüft werden. Vielmehr unterliegen organisatorische, technische und wirtschaftliche Unternehmerentscheidungen, die sich konkret nachteilig auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken, nur einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle dahin, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich sind. Der Arbeitgeber kann ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung allerdings nicht allein damit begründen, dass er vorträgt, wegen eines Umsatzrückgangs in bestimmter Höhe sei eine "einschneidende Rationalisierungsmaßnahme" mit einer Verringerung des Personalbestands erforderlich. Er muss vielmehr im Einzelnen darlegen, ob sich unmittelbar durch den Umsatzrückgang oder durch eine Rationalisierungsmaßnahme der Arbeitsanfall und der Bedarf an Arbeitskräften verringert haben, und wie sich die betriebliche Veränderung auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trifft den Arbeitgeber die Darlegungslast dafür, dass eine Kündigung wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, ohne dass eine andere Beschäftigung möglich oder zumutbar wäre. Der Umfang der Darlegungslast ist jedoch davon abhängig, wie sich der Arbeitnehmer auf die Begründung der Kündigung vor Gericht einlässt. Bestreitet er nur den Wegfall des Arbeitsplatzes, so genügt der allgemeine Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeit sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Es obliegt dann dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Erst dann muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich gewesen wäre. Dieser Vortrag ist eine Konkretisierung des Kündigungsgrunds und kein Nachschieben eines neuen Kündigungssachverhalts. [ 11 ] Stützt der Arbeitnehmer die Sozialwidrigkeit darauf, dass der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat [ 12 ], so muss er beweisen, dass der Widerspruch form- und fristgerecht erfolgt ist. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass kein Widerspruchsgrund (Verstoß gegen eine Auswahlrichtlinie, Weiterbeschäftigungsmöglichkeit) vorlag. 4 Weiterbeschäftigungsanspruch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses HI2062232 Das Bundesarbeitsgericht hat dem gekündigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf vertragsgemäße Weiterbeschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses immer dann zugestanden, wenn die Kündigung von vornherein offensichtlich unwirksam oder rechtsmissbräuchlich ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Weiterbeschäftigung nicht entgegenstehen. Hat der Arbeitnehmer in erster Instanz obsiegt, kann die Ungewissheit des weiteren Prozessausgangs bei eingelegter Berufung für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen. Hinzukommen müssen

dann vielmehr zusätzliche Umstände, sonst hat der Arbeitnehmer auch hier einen Weiterbeschäftigungsanspruch. Die Grundsätze des Großen Senats verursachen in der Praxis dann beträchtliche Schwierigkeiten, wenn der Arbeitnehmer nach einem obsiegenden Urteil im Kündigungsschutzprozess weiterbeschäftigt wird, später aber in zweiter oder dritter Instanz rechtskräftig festgestellt wird, dass die Kündigung doch von Anfang an wirksam war. Hier ist zu unterscheiden, 1. ob der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber während des Fortgangs des Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigt wurde (was selten sein wird) oder 2. ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur weiterbeschäftigte, weil er dazu durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der ersten (ggf. auch der zweiten) Instanz verurteilt worden ist (was die Regel sein wird). Im ersten Fall hat das BAG entschieden, dass bei Wirksamkeit der Kündigung die Rechtsbeziehungen der Parteien nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses abzuwickeln oder als durch die rechtkräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis zu beurteilen sind. Im zweiten Fall hat das BAG entschieden: Ansprüche aus einem faktischen Arbeitsverhältnis scheiden aus, weil dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung in diesem Fall gegen seinen Willen vom Gericht aufgezwungen worden war. Der Arbeitnehmer hat vielmehr nur Anspruch auf Wertersatz für die geleistete Arbeit nach den Bestimmungen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. [ 13 ] Darüber, was als Wert der Arbeitsleistung in der Zeit der erzwungenen Weiterbeschäftigung anzusehen ist, bestehen innerhalb des Bundesarbeitsgerichts Meinungsverschiedenheiten. Während der 8. und der 6. Senat den Tariflohn als Wert der Arbeitsleistung ansehen, hat der 5. Senat entschieden: Der Wert der Arbeitsleistung bestimme sich nach der dafür üblichen Vergütung. Diese sei nicht immer der Tariflohn, sondern sie könne auch darüber liegen. Die Unterschiede zwischen den beiden oben geschilderten Fällen sind nicht nur rechtstheoretischer Natur, sondern auch in der Praxis von Bedeutung: Besteht nur Anspruch auf Wertersatz für die geleistete Arbeit, so ist für Zeiten der Nichtleistung von Arbeit (z. B. Krankheit, Urlaub, Abwesenheit aus persönlichen Gründen), für die sonst der Lohn fortzuzahlen wäre, dem Arbeitgeber kein Wert zugewachsen, sodass der Arbeitnehmer auch keinen Gegenwert verlangen kann. Auch ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub steht in diesem Fall dem Arbeitnehmer nicht zu. 5 Entgeltfortzahlung nach unwirksamer Kündigung HI2062234 Im Fall einer unberechtigten Kündigung gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer im Fall einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist oder im Fall einer fristlosen Kündigung nach Zugang der Kündigung nicht weiterbeschäftigt. 6 Klageverzicht als Voraussetzung eines Abfindungsanspruchs HI2062233 Bei einer betriebsbedingten Kündigung kann der Arbeitnehmer nach 1a KSchG zwischen einer Kündigungsschutzklage oder der gesetzlichen Abfindung in Höhe von einem halben Monatsverdienst je Beschäftigungsjahr wählen. Dies setzt aber einen ausdrücklichen Hinweis des Arbeitgebers im Kündigungsschreiben voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird und der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Abfindung geltend machen kann, wenn er die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lässt. Zur Geltendmachung des Abfindungsanspruchs genügt es, wenn keine Klage gegen die Kündigung erhoben wird. Eine gesonderte Annahmeerklärung ist nicht erforderlich. Unzulässig ist hingegen, die Zahlung einer Sozialplanabfindung von dem Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. [ 14 ] Zu beachten ist ferner, dass nach 307 Abs. 1 Satz 1 BGB Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an eine

Arbeitgeberkündigung ohne Gegenleistung in einem ihm vom Arbeitgeber vorgelegten Formular auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Durch einen solchen Klageverzicht wird von der gesetzlichen Regelung des 4 Satz 1 KSchG abgewichen. Eine Klageverzichtsvereinbarung, die im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung getroffen wird und deren einziger Sinn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist, stellt einen Aufhebungsvertrag i. S. d. 623 BGB dar und bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. 7 Sonderfälle 7.1 Kündigungsschutz bei außerordentlicher Kündigung HI2330723 HI2062235 Arbeitnehmer können die Unwirksamkeit einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung genauso wie die Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Kündigung nur durch Klage vor dem Arbeitsgericht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung geltend machen. Hält der Arbeitnehmer diese Frist nicht ein, ist auch die außerordentliche Kündigung von Anfang an wirksam. Diese 3-Wochen-Frist gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die 2-Wochen-Frist zwischen Kenntniserlangung von den Gründen für die außerordentliche Kündigung und dem Zugang der Kündigungserklärung [ 15 ] nicht eingehalten hat. Die Regelungen über Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung gelten auch für die außerordentliche Kündigung, jedoch kann hier nicht der Arbeitgeber den Auflösungsantrag stellen, sondern nur der Arbeitnehmer. 7.2 Kündigungsschutz bei sonstigen Unwirksamkeitsgründen HI2062236 Zum 1.1.2004 wurde eine einheitliche Frist von 3 Wochen für die gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt musste nur die Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Kündigung oder einer Änderungskündigung sowie der Unbegründetheit einer außerordentlichen Kündigung innerhalb von 3 Wochen bei Gericht geltend gemacht werden. [ 1 ] S. Kündigungsschutz. [ 2 ] 4 KSchG, 7 KSchG. [ 3 ] 17 TzBfG. [ 4 ] 5 KSchG. [ 5 ] 5 KSchG. [ 6 ] 12 KSchG. [ 7 ] 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. [ 8 ] 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG. [ 9 ] 1 Abs. 4 KSchG. [ 10 ] 1 Abs. 5 KSchG. [ 11 ] S. Kündigungsgrund. [ 12 ] 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG. [ 13 ] 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, 818 BGB. [ 14 ] S. Sozialplan. [ 15 ] 626 Abs. 2 BGB.