Volumen- und Elektrolytstörungen bei Darm- und Nierenerkrankungen



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Transkript:

Internist 2006 47:1110 1120 DOI 10.1007/s00108-006-1716-6 Online publiziert: 29. September 2006 Springer Medizin Verlag 2006 Schwerpunktherausgeber: M. Weber, Köln K. Werdan, Halle/Saale D. M. Alscher 1 K. Herrlinger 2 E. F. Stange 2 1 ZIM IV: Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie, Zentrum für Innere Medizin, Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart 2 ZIM I: Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Zentrum für Innere Medizin, Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart Volumen- und Elektrolytstörungen bei Darm- und Darm und Niere sind die wesentlichen Ausscheidungsorgane des Organismus, und Störungen der Funktion können zu erheblichen bis lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Pathophysiologie des Natriumund Wasserhaushalts Störungen des Natriumhaushalts führen zu Störungen der Wasserbilanz (. Abb. 1). Diese Verknüpfung ist auch Folge der Regulation der Serumosmolarität, die möglichst konstant gehalten wird. Sie kann anhand der Serumnatriumkonzentration geschätzt werden (Serumosm olarität 2 Serumnatriumkonzentration) und wird durch die Niere, die Hypophyse und das Renin-Angiotensin- und Aldosteronsystem (RAA) reguliert [9]. Für die Volumenregulation spielt der Darm nur bei pathologischen Zuständen eine wesentliche Rolle. Der Darminhalt ist im Regelfall isoosmotisch [14]. Eine osmotische Lücke ( osmotic gap, OG) kann in Analogie zu den Serumbestimmungen auch in den Fäzes berechnet werden und zur Abgrenzung einer sekretorischen (OG <50 mosmol/l) von einer osmotischen Diarrhö genutzt werden (OG >50 mosmol/l) [8] (. Infobox) Infobox Niere Die glomeruläre Filtration (GFR) beträgt 130 180 l/tag. Dies entspricht dem 60-fachen Plasmavolumen. Um zu überleben, muss der Organismus die überwiegende Menge des filtrierten Wassers und Natriums tubulär resorbieren (. Tab. 1) [4]. Es werden täglich 26.100 mmol Natrium filtriert und >99% renal rückresorbiert. Wasser folgt Natrium. Jedes einzelne der etwa 1 Mio. Nephrone einer Niere funktioniert dabei autark (Single-nephron-Theorie). Bei glomerulären Vernarbungen etwa als Folge einer Glomerulonephritis, einer diabetischen Nephropathie oder einer Hypertonie fallen die sklerosierten Glomeruli und die dazugehörigen Nephrone aus und können sich nicht mehr am Filtrations- und Rückresorptionsprozess beteiligen. Die verbliebenen gesunden Nephrone dagegen funktionieren nach dieser Theorie noch. So wird die Filtratmenge bei 50% sklerosierten Glomeruli nicht mehr bei 180 l/tag, sondern nur noch bei 90 l liegen. Die verbliebenen Nephrone werden den Primärharn dann aber 1:100 konzentrieren, sodass lediglich ein Urinvolumen von 0,9 l/tag entsteht. Probleme in der Ausscheidung von Natrium und Wasser sind die Folge, was sich klinisch OG faeces = 290 - (2 x Na faeces + 2 x K faeces ) (Norm: < 50mOsmol/l als Volumenhypertonie oder Ödeme in frühen Krankheitsphasen äußert. Umgekehrt verhält es sich bei interstitiellen Nephritiden (z. B. Analgetikaniere). Hier erschwert die interstitielle Entzündungsreaktion mit Ödem und Zellinfiltraten den Transport von Sauerstoff und Glukose an die Tubuluszellen. Die Folgen sind ATP-Mangel, Ausfall der Na + -K + -Transporter und mangelhafte Natrium-Wasser-Rückresorption. Theoretisch könnte bei einem Ausfall von 99% der Nephronenmasse sogar noch eine Urinmenge von 1,8 l/tag produziert werden (reiner Primärharn). Dies macht deutlich, dass interstitielle erst bei weit fortgeschrittener Niereninsuffizienz eine unzureichende Natrium- und Wasserausscheidung aufweisen. Klinisch bedeutet dies: keine Hypertonie und Auftreten von Ödemen erst in fortgeschrittenen Phasen der Insuffizienz (Diuretikabedarf erst bei hohem Kreatinin). Die Feineinstellung der Urinosmolarität erfolgt im Sammelrohr über die Aquaporine. Diese werden unter dem Einfluss von ADH (antidiuretisches Hormon) vermehrt in die luminale Seite eingebaut und führen zur isolierten Absorption von Wasser. Darm Unter physiologischen Bedingungen werden über den Stuhl nur 100 200 ml 1110 Der Internist 11 2006

Antinatriurese Gegenregulation Niere Nahrung: 2-3l/Tag + Magensekretion: 2l/Tag = 4-5l/Tag Aktivierung Volumensensoren + Galle-/ Pankreassekret: 1,5l/Tag = 5,5-6,5l/Tag Volumenkontraktion + Dünndarmsekretion: 3-4l/Tag = 8,5-10,5l/Tag Normales Extrazellulärvolumen Volumenexpansion = 3-6l/Tag = 1,1-2,2l/Tag - 3-6l/Tag: Resorption Jejunum - 2-4l/Tag: Resorption Ileum Aktivierung Volumensensoren Gegenregulation Niere Stuhl: 0,1-0,2l/Tag - 1-2l/Tag: Resorption Kolon Abb. 2 9 Flüssigkeitsmengen in den jeweiligen Darmabschnitten Natriurese Abb. 1 8 Verknüpfung von Natrium- und Wasserhaushalt Hypovolämie Euvolämie Hypervolämie Urin Na > 20 Urin Na < 10 Urin Na > 20 Urin Na > 20 Urin Na < 10 Renale Verluste: Diuretika Aldosteronmangel Salzverlust bei Nephritis Bikarbonaturie (renal-tubuläre Azidose, metabolische Alkalose) Ketonurie Osmotische Diurese Extrarenale Verluste: Erbrechen Durchfall Salzverlust bei Nephritis Verlust in den,,dritten Raum'' bsp. bei Verbrennungen, Pankreatitis, Trauma, etc. Hypokortisolismus Hypothyroidismus SIADH Medikamentös Akutes oder chronisches Nierenversagen Der Natriumgehalt des Urins (Urin Na ) kann in einer kleinen Urinportion bestimmt werden (mmol/l) =,,spot-urine" Nephrotisches Syndrom Leberzirrhose Herzinsuffizienz Abb. 3 9 Diagnostisches Vorgehen bei Hyponatriämien Wasser ausgeschieden, wobei die aufgenommenen, resorbierten und sezernierten Flüssigkeitsmengen im Literbereich liegen und bei pathologischen Zuständen Mengen von >20 l/ in 24 h beschrieben sind (. Abb. 2) [8]. ADH, RAA-System, Sympathikus Die Sekretion von ADH erfolgt bei einem Anstieg der Serumosmolarität und/oder einem Abfall des effektiven Blutvolumens [15]. Parallel zur Sekretion wird ein starkes Durstgefühl ausgelöst. E Unter physiologischen Bedingungen können keine größeren Hypo- oder Hyperosmolaritäten auftreten und damit keine größeren Hypo- oder Hypernatriämien. Die Füllung des arteriellen Gefäßbetts ist abhängig vom Volumenstatus, der Pump- 1112 Der Internist 11 2006

Zusammenfassung Abstract funktion des Herzens, den Serumeiweißen (onkotischer Druck) und den arteriellen Wiederstandsgefäßen. Damit können bei Herz-, Nieren- oder Lebererkrankungen Abnahmen des effektiven Blutvolumens eintreten (häufig trotz vermehrtem Flüssigkeitsvolumen im Gesamtkörper), welche einerseits zu Ödemen und andererseits zu Störungen der Serumosmolarität und der Serumnatriumkonzentration führen können [15]. > Die das Blutvolumen regulierenden 3 Systeme werden durch Renin, Noradrenalin und ADH (RNA) repräsentiert Das RAA und der Sympathikus werden zum Erhalt des Volumens zusätzlich aktiviert. Fasst man die Gegenregulationsmechanismen bei einer Verminderung des effektiven Blutvolumens zusammen, kann memotechnisch vereinfacht eine Aktivierung der 3 Systeme repräsentiert durch jeweils ein Hormon gemerkt werden: Renin, Noradrenalin und ADH (RNA). Hyponatriämien bei Darm- und SIADH Das Syndrom der inappropriaten ADH- Sekretion (SIADH) ist zunächst eine Ausschlussdiagnose. Bei Euvolämie müssen eine Hypothyreose und ein Hypokortisolismus ausgeschlossen werden, ebenso auch Ödemkrankheiten, die zu einer Abnahme des effektiven Blutvolumens führen, beispielsweise Herzinsuffizienz und Leberzirrhose. Ist dies erfolgt, kann bei einer verminderten Plasmaosmolarität, Hyponatriämie, Hypokaliämie und Hypochloridämie bei einer Urinosmolarität >100 mosmol/l bei Euvolämie ein SIADH diagnostiziert werden, welches durch eine inadäquate ADH-Sekretion charakterisiert ist (. Abb. 3) [1]. Internist 2006 47:1110 1120 DOI 10.1007/s00108-006-1716-6 Springer Medizin Verlag 2006 D. M. Alscher K. Herrlinger E. F. Stange Volumen- und Elektrolytstörungen bei Darm- und Zusammenfassung Darm und Niere sind die wesentlichen Ausscheidungsorgane des Organismus. Beide spielen in der Homöostase des Wasser- und Elektrolythaushalts eine wichtige Rolle, und Störungen der Funktion können mit erheblichen bis lebensbedrohlichen Komplikationen einhergehen. Darmerkrankungen führen häufig zu einer Diarrhö, die teilweise mit Flüssigkeitsverlusten von bis zu 20 l/tag verbunden sein kann. Die begleitenden Elektrolytstörungen können als Hypo- oder Hypernatriämie, verbunden mit Hypokaliämie, auftreten. Die adäquate Therapie ist in der Regel Disturbances in volume and electrolytes with intestinal and kidney diseases Abstract The intestines and kidney are the most important excretion organs. Both organ systems are key players in keeping the homeostatic balance regarding hydration and electrolytes. Disturbances of function can lead to enormous and sometimes life-threatening complications. Intestinal diseases lead often to diarrhoea, which can be associated with fluid loss of up to 20 l per day. The accompanying electrolyte disturbances can be hypo- or hypernatremia in combination with hypokalemia. The therapy is substitution guided by die Substitution unter Berücksichtigung der Pathophysiologie. führen in Abhängigkeit vom zugrunde liegenden molekularen Defekt und/oder der Pathologie häufig zu Plusbilanzen für Volumen und Elektrolyte, Minusbilanzen sind seltener. Störungen des Kalzium- und Phosphathaushalts finden sich regelhaft ab einer Einschränkung der Nierenfunktion auf 30 50% der Gesamtfunktion. Schlüsselwörter Elektrolyte Niere Darm Diarrhö Natrium knowledge of the pathophysiology. Kidney diseases lead to excessive volume and electrolyte balances, depending on the underlying molecular or pathological defect, but deficiencies can also be found. In case of kidney impairment with 30 50% total loss of function, calcium and phosphate metabolism is impaired. Keywords Electrolytes Kidney Intestine Diarrhoea Sodium Hyponatriämien bei Ödemkrankheiten Eine Wasserretention bei Hyponatriämie findet sich, wenn gleichzeitig eine Störung der renalen Wasserexkretion bzw. die Aktivierung der Regulationsmechanismen zum Erhalt des effektiven Blutvo- Der Internist 11 2006 1113

Tab. 1 Tubuläre Rückresorption von Natrium Tubulussegment Anteil an der Na + - Absorption [%] Transporter Proximaler Tubulus Kotransporter mit Glukose, Aminosäuren, Phosphat, organischen Substanzen Henle-Schleife 35 40 Na + -K + -2 Cl -Kotransporter lumens vorliegen bzw. aktiviert sind. Damit können alle generalisierten Ödemkrankheiten und damit auch hypoproteinämische Ödembildung bei z. B. nephrotischem Syndrom oder exsudativer Enteropathie, insbesondere bei unkontrollierter Zufuhr von freiem Wasser, zur Hyponatriämie führen [15]. Hypernatriämien bei Darm- und Durchfallerkrankungen sind häufig. Beispielsweise findet sich bei 5% der Bevölkerung innerhalb eines Jahres eine Durchfallepisode über länger als 4 Wochen [14]. Die Ursachen sind in. Tab. 2 aufgeführt. Definiert ist eine Durchfallerkrankung als 3 und mehr Stuhlentleerungen pro Tag mit einem Stuhlgewicht >200 g/24 h. Im Regelfall ist ein intestinaler Wasserverlust die Ursache. Wird die Wasserrückresorption nur um 1% beeinträchtigt, resultiert als Folge der intestinal quantitativ bedeutsamen Wassertransportvorgänge eine Diarrhö (. Abb. 2). Wasser wird im Regelfall nicht aktiv transportiert, sondern folgt Gradienten, gebildet durch osmotisch wirksame Teile. Ist ein gestörter Elektrolyttransport Ursache, spricht man von sekretorischer Diarrhö. Im Gegensatz dazu ist die osmotische Diarrhö durch schlecht resorbierbare Osmolyte charakterisiert. Für 1 mosmol eines osmotisch wirksamen Moleküls (z. B. Phosphat, Sulfat) werden 3,5 ml Wasser benötigt, um die Isoosmolarität der Fäzes aufrechtzuerhalten [14]. Zur Unterscheidung sekretorisch vs. osmotisch kann der Fastentest durchgeführt werden: Die osmotische Diarrhö sistiert, die sekretorische nicht. Regulationsmechanismen 50 55 Na + -H + -Antiporter Angiotensin II Noradrenalin GFR Tubulärer Fluss Normalerweise bildet das intestinale Epithel eine Barriere für den Wasserdurchtritt. Sowohl renal als auch intestinal finden sich transzellulär Wasserkanäle (Aquaporine). Bedeutsamer sind jedoch kleine Poren, parazelluläre Durchtrittsstellen durch Lockerung der Schlussleisten, die intestinal für die wesentlichen Wasserverschiebungen verantwortlich sind [17]. Eine Zunahme von kleinen Poren führt zu Permeabilitätsstörungen [14]. Bei den sekretorischen Diarrhöen finden sich häufig eine Resorptionsstörung für Natrium (Hemmung des Na + -H + - Austausches) und/oder eine gesteigerte Chloridsekretion [5, 25]. Eine hypotone Diarrhö ist eine der häufigsten Ursachen für eine Hypernatriämie. Sie findet sich bei zahlreichen infektiösen Durchfallerkrankungen. Der addierte Natrium-Kalium-Gehalt liegt dabei zwischen 40 und 100 mmol/l (Serum 145 150 mmol/l). Begleitendes Fieber führt über Schwitzen zu einem weiteren Wasserverlust (. Abb. 4). Pathophysiologie des Kaliumhaushalts Blockade durch Diuretika Azetazolamid (ACE-Hemmer) Schleifendiuretika Distaler Tubulus 5 8 Na + -Cl -Kotransporter Tubulärer Fluss Thiaziddiuretika Sammelrohre 2 3 Na + -Kanäle Aldosteron ANP Spironolakton Eplerenon Kalium ist das Hauptkation des intrazellulären Raums. Es ist für die intrazellulären Enzymfunktionen und die neuromuskulären und kardiovaskulären Erregungsvorgänge wesentlich. Störungen im Sinne einer ausgeprägten Hypo- oder Hyperkaliämie führen zum Tod. Die Zufuhr von Kalium erfolgt oral (. Abb. 5). Bei einer GFR von 180 l/tag und einer Kaliumkonzentration im Serum von 4,5 mmol/l werden täglich 810 mmol Kalium in den Primärharn filtriert. Da letztendlich nur 10% davon ausgeschieden werden, muss die Niere 90% resorbieren. Renale Transportmechanismen 50 60% des filtrierten Kaliums werden im proximalen Tubulus resorbiert. Im dicken Teil der Henle-Schleife erfolgt der Transport durch den furosemidempfindlichen Na + -K + -2 Cl Transporter und durch den Kaliumkanal (ROMK), sodass nachfolgend nur noch 10 15% des filtrierten Kaliums vorhanden sind. Im Sammelrohr erfolgt die Sekretion von Kalium durch Kaliumkanäle, wobei die elektrogene Natriumrückresorption den Hauptantrieb für die Kalium- und Protonensekretion bildet. Aldosteron wirkt direkt auf diese Natriumkanäle. Intestinale Transportmechanismen Die intestinale Aufnahme von Kalium erfolgt passiv überwiegend im Dünndarm. Dagegen finden sich im Sigma und Rektum auch aktive Sekretionsmechanismen. Bei Hyperaldosteronismus steigt die intestinale Kaliumausscheidung um 4 mmol/ Tag an. Durch Austauschharze können intestinal 40 mmol/tag Kalium entfernt werden. Der Verlust von Kalium bei Diarrhö erfolgt in Form des begleitenden Kations bei intestinalem Bikarbonatverlust [2]. Hypokaliämien bei Darm- und Das Bartter- und das Gitelman-Syndrom führen beide zu einer hypokalämischen und hypochlorämischen Alkalose, einer hohen Ausscheidung von Na +, K + und Cl im Urin, einer Aktivierung des RAA und einer Hyperplasie des juxtaglomerulären Apparats (. Tab. 3). Der Blutdruck bleibt normotensiv. Unterschieden werden können die Krankheitsbilder durch eine Hyperkalzurie und Hypokalzämie beim Bartter- und eine Hypokalzurie und Hyperkalzämie beim Gitelman-Syndrom. Außerdem besteht bei Letzterem häufig eine ausgeprägte Hypomagnesiämie [10, 19, 20, 21, 22]. Das Bartter-Syndrom (BS) basiert auf verschiedenen genetischen Defekten an unterschiedlichen Transportern, die in einer 1114 Der Internist 11 2006

Tab. 2 Ursachen einer Diarrhö I. Akute Diarrhö Infektion: Bakteriell Viral Protozoen Mehrzellige Parasiten Lebensmittelvergiftungen Nahrungsmittelallergien Bestrahlung Erstmanifestation einer chronischen Diarrhö II. Chronische Diarrhö IIa. Wässrige Diarrhö Osmotische Diarrhö Osmotisch wirksame Laxanzien (Mg 2+, PhO 3 4, SO 2 4 ) Kohlenhydratmalabsorption Sekretorische Diarrhö Kongenital (z. B. kongenitale Chloriddiarrhö) Bakterielle Toxine Gallensäuremalabsorption Entzündliche Darmerkrankungen Morbus Crohn Colitis ulcerosa Mikroskopische Kolitis Lymphozytische Kolitis Kollagene Kolitis Divertikulitis Vaskulitis Medikamentös Laxanzien (Stimulanzien) Motilitätsstörungen Postvagotomie Postsympathektomie Autonome, diabetische Neuropathie Colon irritabile Endokrine Diarrhö Hyperthyreose Morbus Addison Gastrinom VIPoma Somatostatinoma Karzinoidsyndrom Medulläres Schilddrüsenkarzinom Mastozytose Phäochromozytom Weitere Tumoren Kolonkarzinom Lymphome Villöses Adenom Idiopathisch-sekretorische Diarrhö Epidemisch (Brainerd) Sporadisch, sekretorische Diarrhö Fortsetzung Tab. 2 siehe Seite 1117 1116 Der Internist 11 2006

Tab. 2 Ursachen einer Diarrhö (Fortsetzung) IIb. Entzündliche Diarrhö Entzündliche Darmerkrankungen Morbus Crohn Colitis ulcerosa Infektiöse Diarrhö Pseudomembranöse Kolitis Invasive, bakterielle Infektionen Ulzerierende, virale Infektionen (CMV, HSV usw.) Invasive Parasiteninfektionen (Amöben) Ischämische Kolitis Strahlenkolitis Tumoren Kolonkarzinom Lymphome IIc. Fettige Diarrhö Malabsorptionssyndrome Mukosale Erkrankungen (Whipple, Sprue) Kurzdarmsyndrom Mesenterialischämie Maldigestion Pankreasinsuffizienz Mangel an Gallensäuren ähnlichen phänotypischen Ausprägung resultieren: F BS Typ I: Na + -K + -2 Cl -Kotransporter (NKCC2) F BS Typ II: ATP-sensitiver Kaliumkanal (ROMK) F BS Typ III: basolateraler Chloridkanal (CLC-KB und BS CLC-KB und CLC- KA). > Die Symptome des Gitelman- Syndroms sind denen nach Thiaziddiuretikum vergleichbar Das Gitelman-Syndrom wird durch einen Funktionsverlust am Na + -Cl -Kotransporter verursacht (NCCT). Hyperkaliämien bei Darm- und Anhaltende Hyperkaliämien finden sich nur bei renalen Erkrankungen. Ursache ist im Regelfall eine gestörte renale Kaliumausscheidung [13, 26] (. Tab. 4). Pathophysiologie des Kalziumund Phosphathaushalts Vitamin D Für den Gesamtbestand an Kalzium und Phosphat ist Vitamin D von entscheidender Bedeutung: Es wird aus Vorstufen gebildet, welche unter UV-Einwirkung zu den entsprechenden Vitaminen führen. Unter physiologischen Bedingungen ist die Haut Hauptbildungsstätte (etwa 90%) für Vitamin D. Diätetisch zugeführtes Vitamin D ist bei fehlender UV-Exposition die Hauptquelle der Vitamin-D-Versorgung. In der Leber und in den proximalen Tubulusepithelien wird Cholekalziferol durch Hydroxylasen in Position 1 und 25 hydroxyliert [24]. Das entstehende Kalzitriol [1,25(OH 2 )Cholekalziferol] stimuliert im Dünndarm die Kalzium- und Phosphataufnahme. Phosphathomöostase Die Aufnahme von Phosphat erfolgt intestinal und wird durch 1,25(OH) 2 D 3 (Kalzitriol) gefördert. Bei einer durchschnittlichen oralen Aufnahme von 1400 mg werden etwa 1120 mg absorbiert, 490 mg mit dem Stuhl ausgeschieden inklusive 210 mg aus Verdauungssäften und letztendlich 910 mg/tag renal entfernt. Diese relativ hohe fraktionelle Phosphatabsorption in Verbindung mit dem hohen renalen Anteil an der Exkretion erklärt die häufige Hyperphosphatämie bei eingeschränkter Nierenfunktion. Hyperkalzämie Ihre Hauptmechanismen sind klinisch eine intestinale Hyperabsorption von Kalzium und eine vermehrte Knochenresorption. 80 90% aller Hyperkalzämien lassen sich auf einen primären Hyperparathyreoidismus oder eine Tumorerkrankung zurückführen. Eine schwere Hyperkalzämie (Serumkalzium >3,5 mmol/l) ist fast immer tumorbedingt [12]. Tumorerkrankungen. Maligne Tumoren mit und ohne Skelettmetastasen können eine Hyperkalzämie verursachen. Neben der direkten Osteolyse durch Metastasen kommen humorale Faktoren in Betracht. Von Patienten mit tumorassoziierter Hyperkalzämie bilden 80% ein Protein (PTHrP: PTH-related protein), das mit PTH-Rezeptoren reagiert und so zur Hyperkalzämie führt. Hypokalzämie und Hyperphosphatämie: sekundärer Hyperparathyreoidismus Ab einer Einschränkung der Nierenfunktion auf 30 50 ml/min Kreatininclearance findet sich zunehmend die Konstellation des sekundären Hyperparathyreoidismus. Einerseits führt der Mangel an Kalzitriol wegen der zunehmenden Beeinträchtigung der Hydroxylierung von 25-Hydroxy-Cholekalziferol zu einer Hypokalzämie, andererseits entsteht eine Hyperphosphatämie aufgrund reduzierter renaler Exkretion von Phosphat. Letztlich findet sich eine Komplexierung von Kalzium mit Phosphat, wenn das Löslichkeitsprodukt überschritten wird. All dies führt zu ei- Der Internist 11 2006 1117

Hypovolämie Euvolämie Hypervolämie Urin Na > 20 Urin Na < 10 Urin Na Var. Urin Na Var. Urin Na Urin Osm / Urin Osm Urin Osm Var. Urin Osm Urin Osm / Renale Verluste: Diuretika Osmotische Diurese Postobstruktiv Renale Erkrankungen Extrarenale Verluste: Schwitzen Durchfall Intestinale Fisteln Verbrennungen Renale Verluste: Diabetes insipidus Nephrogen Zentral Partiell Schwangerschaft Hypodipsie Extrarenale Verluste: Insensible Verluste Respiratorisch Dermal Kochsalzzufuhr: Primärer Hyperaldosteronismus Cushing NaCl-haltige Antibiotika (Penizillin,..) NaHCO3- Hypertone Dialyse Der Natriumgehalt des Urins (Urin Na ) und die Urin-Osmolarität (Urin Osm ) kann in einer kleinen Urinportion bestimmt werden (mmol/l) =,,spot-urine" Abb. 4 9 Diagnostisches Vorgehen bei Hypernatriämien EZR 56 mmol Zufuhr 80 mmol/tag Muskel 2100 mmol Gesamtbestand 3500 mmol Sonstige Gewebe 1300 mmol Renale Exkretion 72 mmol/tag Fäkale Exkretion 8 mmol/tag Abb. 5 9 Kaliumbilanz beim Gesunden ner vermehrten Stimulation von PTH [23]. Bei Fortbestehen dieser Störungen kann aus dem sekundären auch ein autonomer tertiärer Hyperparathyreoidismus werden Hypokalzämie und Hypophosphatämie: chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) Bei Morbus Crohn findet man in 30% der Fälle verminderte Serumwerte für Vitamin D (VitD) [18]. Die Folgen eines VitD-Mangels äußern sich klassisch als Osteomalazie [24]. Ursache des Mangels ist eine verminderte intestinale Resorption von VitD. Die häufig beobachtete Osteoporose bei CED dagegen ist multifaktoriell bedingt mit einerseits zwar den Folgen des VitD-Mangels, anderseits denen einer häufigen Steroidtherapie und einer intestinalen Resorptionsstörung für Kalzium [16]. Eine erhöhte Inzidenz von Kalziumoxalatsteinen bei CED ist pathophysiologisch ebenfalls multifaktoriell bedingt: Bei Steinträgern mit CED finden sich eine Hyperoxalurie, eine Hypozitraturie und ein vermindertes Urinvolumen als lithogene Faktoren [27]. Entsprechend können nicht ausschließlich Kalziumoxalatsteine, sondern auch Harnsäuresteine nachgewiesen werden, Letztere begünstigt durch intestinalen Bikarbonatverlust. Pathophysiologie des Magnesiumhaushalts Die Nieren spielen in der Magnesiumhomöostase eine wichtige Rolle. Störungen der Funktion des aufsteigenden Teils der Henle-Schleife (z. B. Bartter-Syndrom), aber auch die Hemmung von Transportern durch z. B. Diuretika gehen häufig mit renalem Magnesiumverlust einher [7]. Hypermagnesiämie Häufigste Ursache ist die chronische Niereninsuffizienz. Auch beim Nierengesunden wird gelegentlich eine ausgeprägte, klinisch nicht vermutete Hypermagnesiämie nach Einnahme von magnesiumhaltigen Laxanzien oder Antazida bei gastro- 1118 Der Internist 11 2006

Tab. 3 Interne Bilanz: Verteilungsstörungen Externe Bilanz: Gesamtkörperkalium Pathophysiologische Ursachen der Hypokaliämie Alkalämie Hypokaliämische, periodische Paralyse b 2 -Stimulation Vitamin B 12, Folsäure Insulingabe Bariumvergiftung Verlust aus dem Magen-Darm-Trakt Verlust über die Haut Renale Verluste Magensaft (kaliumarm, Erbrechen) Diarrhö Schweiß Verbrennungen A: Volumenexpansion, Mineralkortikoidexzess A1: Hypertonie, Renin, Aldosteron Nierenarterienstenose Akzelerierte Hypertonie Primärer Hyperreninismus A2: Hypertonie, Renin, Aldosteron Primärer Hyperaldosteronismus Nebennierenkarzinom A3: Hypertonie, Renin, Aldosteron Cushing-Syndrom Adrenale Enzymdefekte (11β- und 17α-Hydroxylase-Mangel) Liddle-Syndrom Carbenoxolon und Lakritz B: Volumenkontraktion + hohes distales Na + + Aldosteron B1: Verminderte renale Cl -Reabsorption Bartter-Syndrom Gitelman-Syndrom Chloruretische Diuretika B2: Verminderte renale Cl -Verfügbarkeit Erbrechen Drainage von Magensaft Kongenitale Chloriddiarrhö C: Verschiedene Syndrome mit renalem K + -Verlust, z. T. mit Hypomagnesiämie und strukturellen Nierenläsionen D: Renale tubuläre Azidosen Typ I und II (auch bei Fanconi-Syndrom) E: Nicht oder schlecht resorbierbare Anionen (Bikarbonat, Carbenicillin, Sulfat, Azetoazetat) F: Metabolische Alkalose und Azidose enterologischen Erkrankungen beobachtet, die zu relevanten neuromuskulären Symptomen führen kann [6]. Hypomagnesiämie Sie findet sich bei über 10% der hospitalisierten Patienten [11]. E Eine Hypomagnesiämie ist fast immer mit anderen Elektrolytstörungen verknüpft. Eine begleitende Hypokaliämie ist zum einen durch eine gemeinsame zugrunde liegende Störung (Diuretikatherapie, Diarrhö usw.) bedingt, zum anderen scheint es unter Magnesiummangel zu einem renalen Kaliumverlust zu kommen. Hypomagnesiämie bewirkt in erster Linie Symptome erhöhter neuromuskulärer Erregbarkeit [3]. Fazit für die Praxis Darm- und sind häufig mit Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts vergesellschaftet. Niere und Darm sind die wichtigsten Exkretionsorgane des Organismus, und zahlreiche Ätiologien führen zu unterschiedlichsten Mustern an Störungen. Allen gemeinsam ist, dass sie zu lebensbedrohlichen Situationen führen können. Unter Kenntnis der Pathophysiologie ist im Regelfall eine zügige Korrektur der begleitenden Volumen- und Elektrolytstörungen möglich. Korrespondierender Autor Priv.-Doz. Dr. D. M. Alscher ZIM IV: Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie, Zentrum für Innere Medizin, Robert-Bosch-Krankenhaus Auerbachstraße 110, 70376 Stuttgart dominik.alscher@rbk.de Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral. Der Internist 11 2006 1119

Tab. 4 Hyperkaliämieursachen (verminderte renale K + -Ausscheidung) Niereninsuffizienz (K/DOQI V) Morbus Addison Aldosteronmangel (Typ-IV-RTA) Tubuläre Defekte Medikamente Adrenogenitales Syndrom (21-Hydroxylase-Mangel, 3-β-Hydroxysteroid- Dehydrogenase-Mangel) Hyporeninämischer Hypoaldosteronismus Pseudohypoaldosteronismus Transportstörungen des epithelialen Na + -Kanals Erhöhte Cl -Resorption (Gordon-Syndrom) Sichelzellerkrankung Nierentransplantation Obstruktive Nephropathie Renin und/oder Aldosteron Cyclooxygenasehemmer β-adrenerge Antagonisten ACE-Hemmer und AT-II-Rezeptor-Antagonisten Heparin Hemmung der renalen K + -Sekretion K + sparende Diuretika Trimethoprin Pentamidin Cyclosporin A Digitalisintoxikation Lithium 24. Walb D, Alscher DM (2003) Störungen des Mineralhaushaltes und des Vitamin-D-Stoffwechsels. In: Kuhlmann U, Luft F, Walb D (Hrsg) Nephrologie. Thieme, Stuttgart New York, S 274 305 25. Wang F, Butler T, Rabbani GH, Jones PK (1986) The acidosis of cholera. Contributions of hyperproteinemia, lactic acidemia, and hyperphosphatemia to an increased serum anion gap. N Engl J Med 315: 1591 1595 26. Weiner ID, Wingo CS (1998) Hypercalemia: a potential silent killer. J Am Soc Nephrol 9: 1535 1543 27. Worcester EM (2002) Stones from bowel disease. Endocrinol Metab Clin North Am 31: 979 999 Literatur 1. Adrogue HJ, Madias NE (2000) Hyponatremia. N Engl J Med 342: 1581 1589 2. Agarwal R, Afzalpurkar R, Fordtran JS (1994) Pathophysiology of potassium absorption and secretion by the human intestine. Gastroenterology 107: 548 571 3. Agus ZS, Morad M (1991) Modulation of cardiac ion channels by magnesium. Annu Rev Physiol 53: 299 307 4. Bleich M, Greger R (1997) Mechanism of action of diuretics. Kidney Int Suppl 59: S11 S15 5. Cieza J, Sovero Y, Estremadoyro L, Dumler F (1995) Electrolyte disturbances in elderly patients with severe diarrhea due to cholera. J Am Soc Nephrol 6: 1463 1467 6. Clark BA, Brown RS (1992) Unsuspected morbid hypermagnesemia in elderly patients. Am J Nephrol 12: 336 343 7. Dirks JH (1983) The kidney and magnesium regulation. Kidney Int 23: 771 777 8. Donowitz M, Kokke FT, Saidi R (1995) Evaluation of patients with chronic diarrhea. N Engl J Med 332: 725 729 9. Guyton AC (1991) Blood pressure control special role of the kidneys and body fluids. Science 252: 1813 1816 10. Jeck N, Konrad M, Peters M et al. (2000) Mutations in the chloride channel gene, CLCNKB, leading to a mixed Bartter-Gitelman phenotype. Pediatr Res 48: 754 758 11. Kobrin SM, Goldfarb S (1990) Magnesium deficiency. Semin Nephrol 10: 525 535 12. Marx SJ (2000) Hyperparathyroid and hypoparathyroid disorders. N Engl J Med 343: 1863 1875 13. Rimmer JM, Horn JF, Gennari FJ (1987) Hypercalemia as a complication of drug therapy. Arch Intern Med 147: 867 869 14. Schiller LR, Sellin JH (2002) Diarrhöa. In: Feldman M, Friedman LS, Sleisenger MH (eds) Gastrointestinal and liver disease. Saunders, Philadelphia, pp 131 138 15. Schrier RW (1992) An odyssey into the milieu interieur: pondering the enigmas. J Am Soc Nephrol 2: 1549 1559 16. Schulte CM (2004) Review article: bone disease in inflammatory bowel disease. Aliment Pharmacol Ther [Suppl 4] 20: 43 49 17. Siegenthaler W (2004) Klinische Pathophysiologie. Thieme, Stuttgart New York 18. Siffledeen JS, Siminoski K, Steinhart H et al. (2003) The frequency of vitamin D deficiency in adults with Crohn s disease. Can J Gastroenterol 17: 473 478 19. Simon DB, Lifton RP (1996) The molecular basis of inherited hypokalemic alkalosis: Bartter s and Gitelman s syndromes. Am J Physiol 271: F961 F966 20. Simon DB, Karet FE, Hamdan JM et al. (1996) Bartter s syndrome, hypokalaemic alkalosis with hypercalciuria, is caused by mutations in the Na-K- 2Cl cotransporter NKCC2. Nat Genet 13: 183 188 21. Simon DB, Karet FE, Rodriguez-Soriano J et al. (1996) Genetic heterogeneity of Bartter s syndrome revealed by mutations in the K + channel, ROMK. Nat Genet 14: 152 156 22. Simon DB, Nelson-Williams C, Bia MJ et al. (1996) Gitelman s variant of Bartter s syndrome, inherited hypocalaemic alkalosis, is caused by mutations in the thiazide-sensitive Na-Cl cotransporter. Nat Genet 12: 24 30 23. Slatopolsky E, Lopez-Hilker S, Delmez J et al. (1990) The parathyroid-calcitriol axis in health and chronic renal failure. Kidney Int Suppl 29: S41 S47 1120 Der Internist 11 2006