Für eine angemessene Finanzierung der Offenen Ganztagsschule in der Stadt Neuss. I. OGS nach Neusser Modell. Faktencheck in Neuss

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Transkript:

Diakoniewerk Neuss-Süd e.v. Betreuung in Schule e.v Förderverein Rosellen Für eine angemessene Finanzierung der Offenen Ganztagsschule in der Stadt Neuss I. OGS nach Neusser Modell II. III. IV. Faktencheck in Neuss Gesellschaftliche Folgen: Weniger zahlen kostet mehr OGS auf den Punkt gebracht

Vorwort Was heißt denn angemessen? Angemessen ist eine Finanzierung nicht, wenn sie keine jährlichen Steigerungen vorsieht, so dass Tariferhöhungen nicht umgesetzt werden können. wenn sie über ein Zwangsteilzeit-Konzept dazu führt, dass prekäre Arbeitsverhältnisse geschaffen werden. wenn das mögliche Angebot nicht mehr dem Betreuungsbedarf der Eltern entspricht. wenn sie keine Grundlage dafür bietet, bedarfsgerecht Plätze vorzuhalten. Angemessen ist eine Finanzierung hingegen, wenn damit ein inklusives Angebot bereitgestellt werden kann. wenn damit die Fachlichkeit bezahlt werden kann, die ein OGS-Angebot benötigt, um dem Bedarf an jeder einzelnen Schule gerecht werden zu können. wenn damit ein Angebot geschaffen werden kann, das unabhängig von der Herkunft der Kinder Chancengleichheit gewährleistet. wenn sie die bereits bestehende gute Infrastruktur weiter trägt und nicht zerschlägt. 2

I. OGS nach Neusser Modell Basierend auf dem Runderlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW vom 12.02.2003 zur Offenen Ganztagsschule im Primarbereich (OGS) wurde in der Stadt Neuss die OGS durch Beschluss des Rates vom 19.12.2003 zum Schuljahr 2004/2005 eingeführt. Bis dahin wurden die Kinder überwiegend in Horten betreut. Mit Einführung der OGS und dem damit verbundenen Wegfall von Landesförderungen für Horte musste nun der Bedarf gemäß 5 des Kinderbildungsgesetzes NRW schrittweise über die Bereitstellung von außerunterrichtlichen Angeboten an Schulen gedeckt werden. Das bedingte aber auch, dass die OGS-Angebote in Zusammenarbeit mit den freien Trägern in Kooperation mit der öffentlichen Jugendhilfe organisiert werden sollten. Die Stadt verpflichtete sich, entsprechende Räumlichkeiten und Infrastruktur zu schaffen und zu unterhalten. Die freien Träger der Jugendhilfe sind für Personalführung und -verwaltung gem. Neusser Modell verantwortlich. Die Elternbeiträge werden durch die Stadt festgesetzt und von den freien Trägern der Jugendhilfe eingezogen und verwaltet. Basierend auf dem Rahmenkonzept Offene Ganztagsschule in der Stadt Neuss aus dem Jahr 2003, welches Bestandteil der pädagogischen Konzepte der Schulen ist, wurde das sogenannte. Neusser Modell konzipiert, in den Folgejahren ergänzt und im Jahr 2011/2012 fortgeschrieben. Grundlage des Neusser Modells war je Gruppe mit 25 Kindern der Einsatz einer päd. Fachkraft mit 25 Stunden und weiterer Ergänzungskräfte als Qualitätsmaßstab. Bezüglich der Personal- und Sachkosten wurde durch die Stadt Neuss in 2011 folgende Beispielrechnung für die Träger erstellt. Diese Vorgaben sind durch die Tariferhöhungen für die pädagogischen Fachkräfte der letzten fünf Jahre aktuell nicht mehr umsetzbar. Neusser Modell Beispielrechnung für eine OGS mit 75 Kindern (3 Gruppen) normale Förderung zum Schuljahr 2011/2012 W-Std. Personalkosten Kosten Kind Pädagogische Leitung 30 29.650,00 395,33 (Gruppenleitung ) Bezugsperson 1 TVöD SuE EG 9, Stufe 2 Gruppenleitung Bezugsperson 2 25 23.470,00 312,93 TVöD SuE EG 6, Stufe 2 Gruppenleitung Bezugsperson 3 20 18.780,00 250,40 TVöD SuE EG 6, Stufe 2 Ergänzungskräfte (4 Minijobkräfte) 40-48 25.828,00 344,37 Küchenkraft (Minijob) 12-15 6.457,00 86,09 Praktikantin FSJ/BFD u.ä. 25 7.200,00 96,00 6 Externe Angebote 6-9 5.250,00 70,00 /Projekte Kurse allgemeine Personalkosten 2.990,00 39,87 (Fortbildung, Vertretung, Personalverwaltung) Personalkosten 119.625,00 1.595,00 Verwaltungspauschale 2.250,00 30,00 (Einzug und Bewirtschaftung Elternbeiträge) Sachkosten (Betrieb Küche, 5.250,00 70,00 Spiel- Bastel-, Büromaterial, Ersatzbeschaffungen) Verwaltungs- und Sachkosten 7.500,00 100,00 Summen Fachkr. 75 Ekr. 90 127.125,00 1.695,00 3

Für die Bildungs- und Erziehungsangebote im Rahmen des Neusser Modells gelten folgende Grundsätze. Danach sollen sie 1. die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, 2. die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, 3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander zu vereinbaren. Qualität und Quantität ohne Dynamisierung nicht haltbar Vor diesem Hintergrund sind die Träger verpflichtet, ein qualitativ und quantitativ entsprechend ausgelegtes OGS -Angebot zu organisieren. Da die vorgehaltenen Fachkräfte in der Regel nach tariflichen Maßstäben entlohnt werden, war absehbar, dass eine Finanzierung ohne Dynamisierung entsprechend den tariflichen Steigerungen zu einer Unterfinanzierung führen wird. Aufgrund dieser Erkenntnis haben die Träger bereits vor sechs Jahren begonnen, sich für eine angemessene Finanzierung der OGS und eine jährlichen Anpassung des Budgets der OGS einzusetzen. In Gesprächen mit der Stadt und der Politik wurde auf die Unterfinanzierung in Hinblick auf die jährliche Personalkostensteigerung durch Tariferhöhungen hingewiesen. Dabei haben die Träger klar formuliert, dass das bestehende Angebot mit dem zur Verfügung stehenden Budget nicht zu halten ist. Im Juni 2014 haben die Neusser Träger erneut die Forderung aufgestellt, dass eine Erhöhung des Budgets sowie eine jährliche Steigerung des OGS-Budgets erforderlich sind. Nach einer Erhöhung im Jahr 2013 erfolgte im Februar 2015 durch das Land NRW eine weitere erhöhte Förderung des Landesanteils. Die Fördersummen für die OGS werden in zwei Schritten angehoben: 3% im Februar 2015 und dann zukünftig eine 1,5%ige jährliche Dynamisierung. Die Stadt Neuss hat ihren Anteil für das 2. Schulhalbjahr 2014/15 ebenfalls um 1,5 erhöht. Weitere Zusagen zu einer jährlichen Steigerung des OGS Budgets um 1,5% erfolgten bisher jedoch nicht. Offen bleibt damit weiterhin, wie die qualitative und quantitative Leistung der Offenen Ganztagsschule in Zukunft aussehen wird. Denn die für die Weiterführung des ursprünglichen Neusser Modells erforderlichen Mittel stehen nicht mehr zur Verfügung (siehe Tabelle Finanzierungsbedarf 2015/2016). 4

II. Faktencheck in Neuss 1. Steigende Personalkosten durch Tariferhöhungen Neusser Modell Beispielrechnung für eine OGS mit 75 Kindern (3 Gruppen) Finanzierungsbedarf Schuljahr 2015/2016 W-Std. Personalkosten Kosten Kind Pädagogische Leitung (Gruppenleitung ) Bezugsperson 1 30 42.323,55 564,31 TVöD SuE EG 9, Stufe 4 (gültig bis 29.02.16) Gruppenleitung Bezugsperson 2 25 32.282,27 430,43 TVöD SuE EG 6, Stufe 4 (gültig bis 29.02.16) Gruppenleitung Bezugsperson 3 20 25.825,83 344,34 TVöD SuE EG 6, Stufe 4 (gültig bis 29.02.16) Ergänzungskräfte (4 Minijobkräfte á 450,00 ) 40-48 30.780,00 410,40 Küchenkraft 15 9.301,50 124,02 Praktikantin FSJ/BFD u.ä. 25 7.200,00 96,00 Externe Angebote/Projekte Kurse 5.250,00 70,00 Summe Personalkosten 152.963,15 2.039,51 Verwaltungspauschale 75 x 34 2.550,00 34,00 (Einzug und Bewirtschaftung Elternbeiträge) Sachkosten (Betrieb Küche, Spiel- Bastel-, Büromaterial) 5.250,00 70,00 Summe Sachkosten 7.800,00 104,00 Summen 160.763,15 2.143,51 2. Einsparung der Stadt Neuss durch Erhöhung der Elternbeiträge Die Stadt Neuss hat ab Schuljahr 2013/14 ihren Eigenanteil insgesamt um ca. 500.000 reduziert. Somit verdoppelte sich durch die Erhöhung der Elternbeiträge die Einsparung der Stadt entgegen der ursprünglichen Schätzung. Durchschnittlich trug die Stadt somit einen Anteil von rund 270 je OGS-Platz, während Eltern 730 und das Land 935 Euro dazu beisteuerten. 5

Beiträge pro Platz und Jahr Der Elternbeitrag für die OGS wird von den Trägern der OGS eingezogen. Für die Stadt bedeutet dies Einsparungen bei sonst anfallenden Personalkosten. Für die Träger ist damit jedoch ein hoher Personal- und Verwaltungsaufwand verbunden. Auch dieser ist zurzeit noch immer nicht ausreichend gegenfinanziert. Elternbeitragsregelung für die offenen Ganztagsschulen der Stadt Neuss ab dem Schuljahr 2013/2014 - Staffelung gem. Neusser Modell 1. Kind 2. Kind weitere Kinder Regelbeitrag 100,-- 45,-- 0,-- die Eltern/Erziehungsberechtigten erhalten 40,-- 0,-- 0,-- Wohngeld (sonst keine weiteren Ermäßigungen) die Eltern/Erziehungsberechtigten erhalten 20,-- 0,-- 0,-- Leistungen nach dem SGB II oder XII (Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe), dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Kindergeldzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz Wird für ein weiteres Kind gleichzeitig ein durch die Jugendbehörde (Jugendamt) festgelegter Elternbeitrag für den Besuch einer Kindertagseinrichtung bzw. für Tagespflege entrichtet, gelten Kinder in der offenen Ganztagsschule als 2. bzw. weitere Kinder. Besuchen Kinder aus einer Familie verschiedene offene Ganztagsschulen, so gilt das ältere Kind als 1. Kind. Es gibt nur eine Sache auf der Welt, die teurer ist als Bildung - keine Bildung. John F. Kennedy 6

3. Finanzbedarf OGS in der Stadt Neuss Landesbeitrag Schuljahr 2015/2016 965,00 Elternbeitrag durchschnittlich 720,00 Kommunaler Beitrag durchschnittlich 166,00 Summe Schuljahr pro Kind 1.851,00 Fehlbetrag zurzeit (abgerundet) 292,00 Finanzierungsbedarf zurzeit (abgerundet) 2.143,00 Gesamter kommunaler Zuschuss 2015/2016 498.000,00 Gesamtsumme Elternbeiträge 2015/2016 2.160.000,00 Gesamtsumme Landesbeitrag 2015/2016 2.895.000,00 Zusätzliche notwendige Mittel 2015/2016 876.000,00 Gesamtzahl der OGS Plätze ca. 3000 Ohne eine Aufstockung des kommunalen Anteils und die weitere Dynamisierung sind Qualität und Quantität nicht haltbar. Wir fordern, dass die Stadt Neuss weiterhin den ursprünglichen Neusser Anteil für die Absicherung von Bildung und Betreuung in den OGS erbringt, um die Qualität im Sinne des Neusser Modells dauerhaft zu gewährleisten. Da die Personalkosten durch Tariferhöhungen immer weiter steigen, fordern wir die Aufstockung des kommunalen Anteils pro Regelkind für das Schuljahr 2015/16 um 292,00 und die Einführung einer jährlichen Steigerung der OGS-Budgets durch die Stadt Neuss analog KIBIZ um 1,5%. 7

III. Gesellschaftliche Folgen: Weniger zahlen kostet mehr! Ohne die angemessene Fortschreibung auf der Grundlage des ursprünglichen Neusser Modells, wird es zwangsläufig zu einer Minderung der Betreuungs-Qualität und -Quantität kommen. Eine Entscheidung über Kürzungen der Betreuungszeiten sowie der pädagogischen Standards im Offenen Ganztag (z.b. weitere Personalstundenkürzungen zulasten des Betreuungsverhältnisses und/oder der Ferienbetreuung) sollte nicht gefällt werden, ohne dass eine Prüfung darüber erfolgt, welche neuen Ansprüche von Sozialleistungen darüber womöglich generiert werden. 1. Bei einer Kürzung der Betreuungszeiten, (z.b. keine Ferienbetreuung im Rahmen der OGS), müssen wir davon ausgehen, dass bestimmte Elternteile nur noch reduziert arbeiten können und weniger verdienen. 2. Wenn Elternteile nur noch reduziert arbeiten können bzw. in den Ferien keine Möglichkeit der verlässlichen Betreuung ihrer Kinder haben, müssen wir davon ausgehen, dass sie auch ihren Job verlieren könnten. 3. Fängt die Jugendhilfe aufgrund verminderter Standards familiäre Situationen mit erhöhtem Hilfebedarf nicht mehr im Rahmen von OGS auf, müssen wir davon ausgehen, dass für mehr Kinder Hilfen zur Erziehung beantragt werden müssen. 4. Erzieher/Innen haben in der OGS ohnehin Teilzeitstellen (20-25 Std./Woche} und das Gehalt liegt nicht weit über der Grenze, Transferleistungen beantragen zu müssen/ können. 5. Wenn Erzieher/Innen, die in der OGS nur reduziert arbeiten können und deshalb ihren Job aufgeben, weil es keinen finanziellen Unterschied macht, ob sie arbeiten oder nicht (zunächst ALG 1, dann weitere ergänzende Hilfen zum Leben), entstehen weitere Kosten. 6. Wenn die in der OGS tätigen pädagogischen Fachkräfte aufgrund der oben beschriebenen Situation in den Bereich der Kita wechseln, mindert dies die Qualität der OGS bzw. sind die vorgegebenen Standards nicht haltbar. Die OGS-Träger der Stadt Neuss kommen zu der Einschätzung, dass die Folgekosten aus oben beschriebenen Entwicklungen doppelt so hoch sein werden wie eine Investition in eine angemessene Ausstattung der OGS. 8

IV. Auf den Punkt gebracht Die Arbeit der Offenen Ganztagsschulen ist aktuell gefährdet durch Unterfinanzierung. Wenn die Erhöhung der Pauschalen nicht stattfindet, können die Träger nicht mit den vor 10 Jahren festgelegten Standards weiter arbeiten. Die Gehälter der Mitarbeitenden sind seit Festlegung der Pauschale von ursprünglich 1.620,00 (2004/2005) um 22% (ohne Berücksichtigung von Einstufungen) gestiegen. Im Jahr 2015/2016 beträgt die Pauschale 1.851,00 /Regelkind. Das ist eine Steigerung der Pauschale von 14,3 %, die ausschließlich durch die Erhöhung der Landesmittel (17%) getragen wird, während der kommunale Anteil sich durch die Elternbeitragserhöhungen um ca. 130 reduziert hat. Werden die Pauschalen nicht erhöht, müssen die Träger der OGS ihre Kosten reduzieren. Das kann nur geschehen, indem Personalkosten reduziert werden. In der Praxis bedeutet dies: Reduzierung der Betreuungszeiten und des Stundenumfangs der Arbeitsverträge. Damit müssen die Mitarbeitenden auf Einkommen verzichten. Durch die Kürzung der Arbeitszeiten und das geringere Einkommen, das Mitarbeitende dann erzielen, werden die Stellen unattraktiver und die Träger finden weniger (Fach-) Personal. OGS bedeutet Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern. Nicht Kinderverwahrung. Die Betreuung von Kindern ist eine qualifizierte Tätigkeit. Für diese Tätigkeit ist ein Schlüssel von 1:25 nötig. 25 Kinder werden von einer Fachkraft betreut. Darüber hinaus sind mindestens 15-20 Wochenstunden an zusätzlichem Personal (Ergänzungs-, Honorarkräfte) notwendig. Die Möglichkeiten der Kinderbetreuung mit Betreuungszeiten bis 16:00 Uhr sind eine wichtige Voraussetzung für die Berufstätigkeit der Eltern. Kinderbetreuungsangebote sind also auch ein wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft in Neuss. Es ist gut und richtig, wenn die Träger ihre Mitarbeitenden tariflich bezahlen. Dies ist auch bei der Stadt Neuss so üblich. Die Kosten der Träger müssen aber gedeckt werden. 9

Neuss - präventive Strukturen gezielt gestärkt Die Stadt Neuss hat 2003 sehr richtig gehandelt, indem sie verbindliche Fachkraftstunden und weitere Standards im Neusser Modell definiert hat und das OGS-Budget seinerzeit deutlich höher als in vielen anderen Kommunen in NRW angelegt hat. Um diese Standards dauerhaft zu gewährleisten ist allerdings die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel kontinuierlich erforderlich. Die OGS ist mehr als nur eine Betreuungsveranstaltung im schulischen Kontext. Es gilt, ihre Bedeutung als Bestandteil der sozialräumlichen Jugendhilfe in der Stadt Neuss wertzuschätzen und mithilfe angemessener Ausstattung weiter zu entwickeln. Stagnierende finanzielle Ressourcen können nur durch Einschränkung, Kürzung von Personalstunden und Reduzierung von Aufgaben kompensiert werden gehen also zu Lasten der Unterstützungs- und Entwicklungsmöglichkeiten der durch die OGS erreichten Kinder in den verschiedenen Stadtteilen von Neuss. OGS als Schnittstelle der Jugendhilfe- Kommunale Gestaltungsaufgabe Es wäre falsch, diese Qualitätsstandards allein von der Kommune einzufordern. Ein gut ausgestatteter Ganztag ist genauso in der Verantwortung von Bund und Ländern. Dennoch ist der Ganztag kommunale Gestaltungsaufgabe und die Stadt Neuss hat 2003 im Rahmen des Neusser Modells die Weichen für ein Minimum an Qualität gestellt. Für eine Evaluierung der Wirksamkeit der Jugendhilfe im Offenen Ganztag und ihrer Wechselwirkungen mit anderen Jugendhilfeangeboten ist es noch zu früh, bedürfen Investitionen in Bildung schließlich 20 Jahre, bis wir etwas über die Auswirkungen sagen können. Dennoch ist eine angemessene finanzielle Ausstattung, d.h. die Anhebung und kontinuierliche jährliche Steigerung auch des kommunalen Anteils der OGS-Budgets in der Stadt Neuss unabdingbar, um die Bildungs- und Präventionsaufgaben und die vereinbarten Standards des Neusser Modells auch zukünftig noch umsetzen zu können. Nachbesserung erforderlich Ein Festhalten an der bisherigen Qualität ist nur über eine Nachbesserung der jährlichen OGS-Budgets möglich. Das Land hat an dieser Stelle ein Minimum nachgebessert: 2011 wurde die Landespauschale von 820 Euro auf 935 Euro angehoben, dies entspricht einer faktischen Erhöhung des Landesanteils um 14%. In 2015 folgten in zwei Schritten insgesamt noch einmal 3%, womit wir bei einer Erhöhung des Landesbeitrags um 17% liegen. Auf 12 Jahre gerechnet sind das knapp die 1,5%, die ab 2016 jährlich veranschlagt sind. Daher ist es erforderlich, dass die Stadt Neuss ihren ursprünglichen vorgesehenen Anteil am Neusser Modell erbringt und auch diesen kontinuierlich in diesem Maße steigert, um die Qualität dauerhaft abzusichern. 10

Kindern bestmögliche Bildungs- und Entfaltungschancen zu eröffnen, ist eine Aufgabe, die uns alle angeht. Ein Mangel an Bildung hat gravierende Konsequenzen für den einzelnen Menschen und die gesamte Gesellschaft. An der Bildung zu sparen, ist langfristig gesehen teuer. (Bertelsmann Stiftung) 11

Impressum Herausgeber: Arbeitskreis der OGS-Träger in Neuss c/o Thomas Isop-Sander (Sprecher) Katholische Jugendagentur Düsseldorf ggmbh Gertrudisstr. 12-14 40229 Düsseldorf Fotos: Verschiedene OGS-Träger der Stadt Neuss und fotolia.de Stand: Juli 2015