Klüger Wirtschaften!



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, M.S. (Stanford Univ./USA) Mitglied der Kommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen I:\2004\2004.05\Grüne, 28. Mai 2004, Erfurt, v1.1.doc Wiesbaden, 29. Mai 2005 v1.1 Klüger Wirtschaften! Wirtschaftspolitischer Kongress von B90 / Die GRÜNEN, 28./29. Mai 2004, Erfurt Steuerpolitik für Gerechtigkeit und wirtschaftliche Dynamik Gliederung 1 Haushaltsdefizite sind durch Regierung und Opposition verschuldet, nicht durch die "Konjunktur"...2 2 Nicht nur die Kleinen belasten: Intelligente Vermögenssteuer!...3 3 Steuerdumping durch alte und neue EU-Mitglieder...4 3.1 Warum sinken in Deutschland die Ertragssteuern, obwohl die Erträge insgesamt nicht sinken? 4 3.2 Keine Steuervergünstigungen für den Export von Arbeitsplätzen 4 4 Literaturhinweise...6 Wer soll das bezahlen? Wege zu einer fairen und sachgerechten Besteuerung 6 Geheimnisse der Unternehmenssteuern: Steigende Dividenden, sinkendes Steueraufkommen 7 University of Applied Sciences Wiesbaden International Business and Industrial Engineering Programme (IBIE) c/o Dudenstr. 33, D - 65193 Wiesbaden, T. 0611 / 54101804, Fax 0611 / 1885408 E-mail: MAIL@JARASS.com, homepage: http://www.jarass.com

1 Haushaltsdefizite sind durch Regierung und Opposition verschuldet, nicht durch die "Konjunktur" Bund und Länder mussten seit 2001 massiv zusätzliche Schulden machen, so dass die Europäische Kommission die Bundesrepublik Deutschland erneut abgemahnt hat und die anderen EU- Länder vor der deutschen Entwicklung warnen. Viele Gemeinden (die sich eigentlich nicht dauerhaft verschulden dürfen) mussten bereits ihr Tafelsilber verkaufen und - rechtswidrig - langfristige Schulden aufnehmen, um so die drohende Zahlungsunfähigkeit noch einige Jahre hinauszuschieben. Bund, Länder und Gemeinden müssen immer mehr Investitionen, u.a. für Infrastruktur und Bildung einschränken. Ausbau und Unterhalt der kommunalen Infrastruktur und damit die Qualität des Standorts Deutschland sind heute ernsthaft gefährdet. Beispiele aus aller Welt zeigen, dass dort, wo die Städte verrotten, kein Mensch mehr in Frieden leben und Einkommen erwirtschaften kann. Wenn die jetzige Rechtslage zu dem absurden Ergebnis führt, dass von allen in Deutschland wirtschaftlich Tätigen ausgerechnet die Konzerne, die in besonderem Maße auf das hohe Niveau von Infrastrukturleistungen angewiesen sind, dauerhaft keinen nennenswerten Beitrag mehr zu ihrer Finanzierung leisten, dann muss offensichtlich alles unternommen werden, dass diese Rechtslage geeignet geändert wird. Mit den Koalitionsvereinbarungen vom Oktober 2002 wollten die Regierungsparteien wesentliche Fehlentwicklungen korrigieren und das deutsche Steuerrecht wieder international konkurrenzfähig machen. Der ursprüngliche Entwurf des darauf aufbauenden Steuervergünstigungsabbaugesetzes von Ende 2002 enthielt ein Gesamtkonzept zur Behebung der Versäumnisse aus 20 Jahren und zur Reparatur der Fehler, die die Bundesregierung zuvor, vor allem unter dem Druck der Wirtschaftsverbände und der Opposition, bei der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform 2000/2001 gemacht hatte: Dieser Entwurf wurde Anfang 2003 zuerst von den eigenen Koalitionsfraktionen zu einem Torso gemacht und dann von der Opposition im Bundesrat endgültig zerschmettert. Nach dem Scheitern dieser Reformvorschläge werden nun als vordringliche Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftswachstums weitere Steuersenkungen empfohlen, z.b. für Zinserträge (Abgeltungssteuer) und für Gewinne (Abschaffung der Gewerbesteuer), so, als ob wir in Deutschland eine Kapitalknappheit wie nach dem zweiten Weltkrieg hätten und deshalb die Kapitalerträge besonders privilegiert werden müssten. Generelle Steuersenkungen für Kapitalerträge erhöhen nicht notwendigerweise die deutschen Investitionen, wie Deutschland in den letzten beiden Jahren nach den drastischen Steuersatzsenkungen durch die Unternehmenssteuerreform erfahren musste, führen aber sicher zu dramatischen Steuerausfällen. Nicht Kapitalerträge schlechthin, sondern das Investieren von Realkapital in Deutschland (etwa Aufbau und Betrieb von Maschinenhallen) muss begünstigt werden. (Die in den letzten Jahren durchgeführte Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen für Neuinvestitionen ist deshalb kontraproduktiv und bewirkt genau das Gegenteil.) Alle diese steuerlichen Strukturprobleme wurden beim früheren starken Wirtschaftswachstum verdeckt, müssen aber bei zukünftig zu erwartenden niedrigeren Wachstumsraten angegangen werden. Die Lösung liegt eigentlich auf der Hand: Wenn der Staat zukünftig wieder das gesamte Volkseinkommen angemessen besteuert, dann erhält auch die örtliche Wirtschaft wieder Aufträge zur Sicherung der öffentlichen Infrastruktur, und zudem kann die Überbelastung der Löhne reduziert werden. 31.05.04, 18:59 I:\2004\2004.05\Grüne, 28. Mai 2004, Erfurt, v1.1.doc Seite 2

2 Nicht nur die Kleinen belasten: Intelligente Vermögenssteuer! Vgl. hierzu auch Jarass / Obermair: Wer soll das bezahlen? Wege zu einer fairen und sachgerechten Besteuerung: Begrenzung der Belastungen für alle, Mindest-Belastung für die Großen. Kap. 10. Metropolis-Verlag, Marburg, 2002, 180 S., ISBN 3-89518-380-6, 9. Bisher wurden wesentlich die normalen Arbeitnehmer und die Arbeitslosen belastet: politisch unterstützte Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, massive Selbstbeteiligung für Kranke, Verringerung der Rentensteigerung. Ein besonders starker Einschnitt ist die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe: allein dadurch verlieren rund 0,8 Mio Menschen ihre Lebensgrundlage und werden de-facto zu Sozialhilfeempfängern, und mit ihnen weitere rund 2 Mio betroffene Familienangehörige: Fast alle wissen noch nichts von ihrem Glück, manche meinen sogar, dass sie ab 2005 mehr bekommen. Hier rollt eine Lawine auf uns zu: Kürzungen ohne neue Arbeitsplätze führen ins Chaos. Trotz all dieser Einsparungen bei den Kleinen (und das ist der Großteil der WählerInnen!) wird auch in den nächsten Jahren die Verschuldung weiter zunehmen: Haushaltsdefizit von über 3% werden normal. Gleichzeitig sind weitere massive Einsparungen durch ein Haushaltssicherungsgesetz im Herbst 2004 erforderlich. Diese Defizite rühren nicht, wie vorher schon ausgeführt von der angeblich schwachen Konjunktur her, sondern von einer falschen Steuerpolitik: Noch stärker als früher werden die belastet, die etwas tun (Arbeitnehmer und Real-Investoren), wer hat und nichts tut bezahlt ganz legal weiter fast keine Steuern. Die im folgende skizzierte intelligente Vermögenssteuer ist ein erster Schritt zur Korrektur dieser Fehlentwicklungen: Eine intelligente Vermögensteuer ist fair und sachgerecht (siehe "Wer soll das bezahlen?" am Ende dieses Manuskripts) (1) Eine Vermögensteuer ist verfassungskonform. (2) Anrechnung der bezahlten Vermögensteuer auf die anteilige Einkommensteuerschuld. Damit würde sichergestellt, dass einerseits mindestens die Vermögensteuer auf den typischerweise erzielbaren Vermögensertrag bezahlt wird, andererseits bei höheren Erträgen (wegen der Anrechnung der bezahlten Vermögensteuer auf die Einkommensteuerschuld) maximal der Spitzensatz der Einkommensteuer (42% ab 2005) bezahlt werden muss. (3) Die Vermögensteuer ist zwingend auch für Unternehmen erforderlich. (4) Eine Bewertung des Netto-Vermögens zu Verkehrswerten wäre für Grundbesitz, für Geldvermögen und für börsengehandelte Geschäftsanteile problemlos möglich, nur für Anteile an Familiengesellschaften wären aufwendigere Abschätzungen erforderlich. (5) 2001 wurde in den Niederlanden eine Vermögensteuer als pauschalierte Einkommensteuer als Abgeltungssteuer für private Kapitaleinkünfte in den Niederlanden eingeführt. (6) Vereinfachung der Erbschaftsteuer durch kontinuierliche Erhebung als Zuschlag zur Vermögensteuer. Vom Arbeitseinkommen der berufstätigen Bevölkerung nimmt der Staat typischerweise etwa die Hälfte weg, vom Lohnzuwachs zwei Drittel. Das muss geändert werden, ohne den Staat zu ruinieren. Eine intelligente Vermögensteuer würde alle Vermögenden gleichmäßig mit niedrigen Sätzen belasten, wäre einfach handhabbar, schwer zu umgehen, erbrächte verlässliche Einnahmen, kurz: Diese Lösung wäre fair und sachgerecht. 31.05.04, 18:59 I:\2004\2004.05\Grüne, 28. Mai 2004, Erfurt, v1.1.doc Seite 3

3 Steuerdumping durch alte und neue EU-Mitglieder Vgl. hierzu auch Jarass / Obermair: Geheimnisse der Unternehmenssteuern - Steigende Dividenden, sinkendes Steueraufkommen. Eine Analyse der DAX30-Geschäftsberichte 1996-2002 unter Berücksichtigung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Kap. 2 und 3. Metropolis-Verlag, Marburg, 2004, 180 S., 24,90. 3.1 Warum sinken in Deutschland die Ertragssteuern, obwohl die Erträge insgesamt nicht sinken? (1) Tabelle 1 zeigt die zeitliche Entwicklung von Einkommen und Steuern für das Volkseinkommen, das Arbeitnehmerentgelt sowie die Unternehmens- & Vermögenseinkommen. Tabelle 1 Zeitliche Entwicklung von Einkommen und Steuern geschätzte Werte sind kursiv gesetzt 1980 1990 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 (1) Einkommen [Mrd. ] ohne Ostdeutschland nachrichtlich: Verbraucherpeisindex, 1997 = 100 64,3 83,1 100,0 100,9 101,5 103,0 105,0 106,5 107,6 (11) Volkseinkommen = 12+13 591 987 1.405 1.442 1.468 1.508 1.542 1.572 1.570 (12) Arbeitnehmerentgelt (Inländer) 445 689 1.009 1.031 1.058 1.099 1.121 1.130 1.132 (13) Unternehmens- & Vermögenseinkommen 146 298 395 412 410 409 421 441 438 (2) Einkommensteuern und Sozialabgaben [Mrd. ] (21) auf Volkseinkommen = 22+22a+23 198 307 460 480 496 510 489 483 482 (22) auf Arbeitnehmerentgelt - Steuern 52 82 125 127 129 131 128 127 128 (22a) auf Arbeitnehmerentgelt - Sozialabgaben 97 160 267 270 273 279 283 284 285 (23) auf Unternehmens- & Vermögenseinkommen 49 66 68 84 94 101 78 72 69 (3) Belastung durch Einkommensteuern und Sozialabgaben [%] (31) Volkseinkommen = 21 / 11 33,4% 31,1% 32,7% 33,3% 33,8% 33,8% 31,7% 30,8% 30,7% (32) auf Arbeitnehmerentgelt - Steuern = 22 / 12 11,6% 11,9% 12,4% 12,3% 12,2% 11,9% 11,4% 11,3% 11,3% (32a)auf Arbeitnehmerentgelt - Sozialabgaben = 22a / 12 21,8% 23,3% 26,5% 26,2% 25,8% 25,4% 25,2% 25,1% 25,1% (33) auf Unternehmens- & Vermögenseinkommen = 23 / 13 33,5% 22,0% 17,1% 20,3% 22,9% 24,6% 18,6% 16,2% 15,7% Quelle: Jarass/Obermair, Wirtschaftsdienst, HWWA, Hamburg, Heft 3/2004, S. 153, abrufbar unter http://www.jarass.com/jarass.de/dat/pub/0304/wirtschaftsdienst_steuerbelastung.pdf Zentrales Ergebnis: Die prozentuale Belastung der Arbeitnehmerentgelte mit Steuern und Abgaben war 1980 mit rund 33% genauso hoch wie die Steuerbelastung von Unternehmens- & Vermögenseinkommen. Im Jahr 2003 war die Belastung der Arbeitnehmerentgelte auf gut 36% erhöht, die der Unternehmens- & Vermögenseinkommen mit knapp 16% auf weniger als die Hälfte gesenkt worden. Auch in 2001 hatte Deutschland laut EU mit Abstand (nach Griechenland) die niedrigste Steuerbelastung. 120 [M rd. ]? 100 (2) Die Ausschüttungen der Kapitalgesellschaften sind von 1995 bis 2002 80 annähernd verdoppelt worden. Wäre der D ividenden ausschüttbare Gewinn mit dem nominellen 60 Ertragssteuer Steuersatz von knapp 40% besteuert 40 gewesen, so könnten maximal die verbleibenden 60% ausgeschüttet werden, 20 0 1995 1997 1999 2001 2003 also maximal das 1,5fache der Steuerzahlung. Schon bis 2000 betragen die jährlichen Ausschüttungen aber gut das 2fache der Steuerzahlungen, seit 2001 gar mehr als das 4fache. Diese Diskrepanz weist auf erhebliche Defizite bei der Steuererhebung hin. 31.05.04, 18:59 I:\2004\2004.05\Grüne, 28. Mai 2004, Erfurt, v1.1.doc Seite 4

3.2 Keine Steuervergünstigungen für den Export von Arbeitsplätzen Am 26. Mai 2004, also vor zwei Tagen, war eine Anhörung im Finanzausschuss des Dt. Bundestages: Es ging um höchst komplizierte Sonderregeln für den Haushaltsfreibetrag für Alleinerziehende (ja, wenn "echt" allein lebend, sonst nein, es sei denn, dass besondere Umstände vorliegen), um die Änderung des Zahlungszeitpunkts der Kapitalertragsteuer, um die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten etc.. Meist höchst komplizierte Gesetzesvorhaben, die entweder wenig Einnahmen bringen oder den normalen Lohnsteuerzahler weiter belasten. (1) Statt der Einführung derartiger Nichtigkeiten und Lästigkeiten sollte der Gesetzgeber endlich den auch von den Industrieverbänden schon vielfach angemahnten Abbau von Steuervergünstigungen vorantreiben. Bei der Beschränkung der Verlustverrechnung ist dies zum 1.1.2004 gelungen. Hingegen sind seit 2004 die Begünstigungen gerade für international tätige Konzerne weiter ausgeweitet worden. Lohnsteuerzahler können (korrekterweise) Aufwendungen nur dann steuerlich geltend machen, wenn auch ihre Einnahmen steuerpflichtig sind. Seit 2004 können Kapitalgesellschaften mindestens 95% der Aufwendungen für in- und ausländische Beteiligungen steuerlich geltend machen, obwohl deren Erträge - Dividenden und Wertsteigerungen - steuerfrei sind: die dauerhafte juristische Sicherstellung eines Super-Steuersparmodells (vgl. hierzu auch S. 93 in "Geheimnisse der Unternehmenssteuern?", Metropolis, 2004, Hinweis zu diesem Buch am Ende dieses Beitrags). (2) Diese Begünstigungen bedeuten auch eine massive Subvention des Arbeitsplatzexports in andere Länder: Alle anfänglichen Kosten der Arbeitsplatzverlagerung und - dauerhaft - alle Zinsaufwendungen für die Auslandsinvestitionen können in Deutschland geltend gemacht werden und mit Gewinnen aus Deutschland verrechnet werden. Da es sich um eine gesetzestechnisch kompliziert formulierte Änderung des 8b KStG handelt und in der gut verständlichen Begründung des Gesetzesentwurfs die 100%-ige Abzugsmöglichkeit fälschlicherweise als "pauschales Abzugsverbot" bezeichnet wird, lief das Gesetzgebungsverfahren unbemerkt von der Öffentlichkeit, ähnlich wie die Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 1999. Nun kommt es zu weiteren enormen Steuerausfällen, und die Bundesregierung (und die Opposition, die diese Vergünstigung nachhaltig unterstützt) spricht ganz überrascht von unerwarteten Steuerrückgängen und kündigt weitere Sparmaßnahmen für die Lohnsteuersteuerzahler an, wodurch der Konsum noch weiter zurückgedrängt werden wird. Ein weiteres Beispiel: Die so genannte "Wegzugsbesteuerung" (Personen und Unternehmen, die ins Ausland wegziehen, müssen derzeit ihre unversteuerten Erträge aufdecken und versteuern) ist vom EuGH als rechtswidrig eingestuft worden. Gleichzeitig senken die deutschen Nachbarn ihre Unternehmenssteuersätze dramatisch (Österreich von 34% auf 25%, Osteuropa auf 20% und weniger). (3) Was können wir machen, ohne auf einstimmige EU-Beschlüsse zu warten? Eine zukunftsorientierte Steuerpolitik zur Sicherung deutscher Arbeitsplätze und angemessener Steuereinnahmen müsste u.a. durchsetzen: Systematische, schrittweise Besteuerung aller unversteuerten Erträge (sog. stille Reserven, vgl. Neuregelung der Abschreibungstabellen ab 2001. Anhörung beim Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 15. Januar 2001, S. 125-133, abrufbar unter http://www.jarass.com/atw-forschung.de/dat/pub/0101/afav1_2.pdf ). Zurechnung der bezahlten Schuldzinsen bei der Gewerbesteuer (Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, Öffentliche Anhörung am 30. September 2003 zur Gewerbesteuerreform, abrufbar unter http://www.jarass.com/jarass.de/dat/pub/1003/finanzausschuss_30_09_03.pdf ). Verbesserung der Abschreibungssätze statt der laufenden Verschlechterung, wodurch Real- Investoren, die Arbeitsplätze in Deutschland schaffen, wieder begünstigt würden. Einführung einer intelligenten Vermögenssteuer; damit würden nur diejenigen, die etwas haben, aber nichts tun, belastet. und dann angemessene Senkung der nominalen Steuersätze: wer bisher nichts bezahlt hat, bezahlt nun auch etwas, wer bisher viel bezahlt hat, bezahlt deutlich weniger. 31.05.04, 18:59 I:\2004\2004.05\Grüne, 28. Mai 2004, Erfurt, v1.1.doc Seite 5

4 Literaturhinweise Wer soll das bezahlen? Wege zu einer fairen und sachgerechten Besteuerung Begrenzung der Belastungen für alle, Mindest-Belastung für die Großen Metropolis-Verlag, Marburg, 2002, 180 S., ISBN 3-89518-380-6, 9. "Kapitalgesellschaften leisten en bloc überhaupt keinen Beitrag mehr zur Staatsfinanzierung", so der Chefkommentator des Handelsblatts. Und: "Deutschland belastet die Erträge der menschlichen Arbeitskraft stärker mit Abgaben als jedes andere Land der Welt", so der Präsident des IFO- Wirtschaftsinstituts in München. Die so beschriebene deutsche Steuerrealität bildet den Ausgangspunkt dieses Buches: Welche (legalen) Möglichkeiten führen zur totalen Steuervermeidung durch die großen Unternehmen und zu der häufig geringen Besteuerung von hohen Einkommen und von großen Vermögen? Welches sind die meistgenutzten Wege zur Steuervermeidung und Steuerflucht? Was führt zu der Überbelastung der Arbeitnehmer und der unfairen Finanzierung des Sozialstaats? Im Buch werden detaillierte Vorschläge entwickelt, um dieser extremen Ungleichverteilung der Belastung entgegenzuwirken und zudem sicherzustellen, dass zukünftig alle, die den Standort Deutschland zur Einkommenserzielung nutzen, die öffentlichen Infrastrukturausgaben mitfinanzieren: (1) Freistellung des Existenzminimums bei Sozialabgaben wie schon bei der Lohnsteuer und volle steuerliche Absetzbarkeit aller Sozialabgaben. (2) Begrenzung der tatsächlich zu zahlenden Steuern und Abgaben für jeden Bürger und für jedes Unternehmen auf unter 50%. Eine derartige Begrenzung ist finanzierbar, wenn gleichzeitig die Bemessungsgrundlage wesentlich vergrößert wird. Dies geschieht z.b. durch die (3) Einführung einer Mindest-Besteuerung hoher Einkommen nach USA-Vorbild: Besteuert wird dabei das tatsächliche Einkommen, d.h. nur die echten Kosten, die zur Einkommenserzielung unabdingbar notwendig sind (z.b. Material- und Lohnkosten) werden berücksichtigt, nicht aber die zahllosen Steuervergünstigungen, die heute die Besteuerung häufig gegen Null gehen lassen. Auf dieses tatsächliche Einkommen ist in jedem Fall mindestens die Mindest- Steuer zu entrichten. Der Steuersatz der Mindest-Steuer könnte z.b. bei drei Viertel des heutigen Einkommensteuertarifs liegen. (4) Wieder-Inkraftsetzung einer verfassungskonformen Vermögensteuer: einheitliche marktnahe Bewertung der Vermögen und Anrechnung der bezahlten Vermögensteuer auf die Einkommensteuerschuld. (5) Besteuerung aller in Deutschland erwirtschafteten Einkommen durch das deutsche Finanzamt, auch wenn der Empfänger Steuerausländer ist. (6) Einbindung dieser Vorschläge in ein zukünftiges europäisches Steuersystem. 31.05.04, 18:59 I:\2004\2004.05\Grüne, 28. Mai 2004, Erfurt, v1.1.doc Seite 6

Geheimnisse der Unternehmenssteuern: Steigende Dividenden, sinkendes Steueraufkommen Eine Analyse der DAX30-Geschäftsberichte 1996-2002 unter Berücksichtigung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Metropolis-Verlag, Marburg, 2004, 180 S., 24,80, ISBN 3-89518-450-0 Die volkswirtschaftlichen Gewinne und Kapitalerträge sind in den letzten Jahren in Deutschland nicht gesunken, sondern nur weniger stark gewachsen. Die Steuern auf Gewinne und Kapitalerträge hingegen sind seit 2001 drastisch zurückgegangen, Hauptursache der wachsenden Staatsverschuldung. Hier liegen die Geheimnisse der Unternehmenssteuern, die im Titel angesprochen sind: Gemäß den Ökonomischen Unternehmensgewinnen müssten die Gewinnsteuern ein Zwei- bis Dreifaches des tatsächlich in Deutschland erzielten Aufkommens erbringen. Woher rührt die Differenz? Wie kann das einzelne Unternehmen seinen volkswirtschaftlich gemessenen Gewinnbeitrag auf ein viel niedrigeres Versteuertes Einkommen herunterrechnen? In welchem Land und als welche Steuerart wird die von den Unternehmen ausgewiesene Gesamtsteuerzahlung erbracht? Die Autoren gehen die Fragestellungen einmal von oben nach unten an durch Analyse der amtlichen volkswirtschaftlichen Daten, zum anderen von unten nach oben durch eine systematische Auswertung und kritische Analyse der DAX30-Geschäftsberichte. Daraus ergeben sich Empfehlungen zur Korrektur der aufgedeckten steuerrechtlichen Fehlentwicklungen. Abschließend werden notwendige weitere Schritte einer grundlegenden deutschen Steuerreform in einer globalisierten Welt entwickelt. 31.05.04, 18:59 I:\2004\2004.05\Grüne, 28. Mai 2004, Erfurt, v1.1.doc Seite 7