Breitband ausbauen Synergien nutzen, Effizienz steigern

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Transkript:

Breitband ausbauen Synergien nutzen, Effizienz steigern Dokumentation der Ergebnisse der AG2 Unterarbeitsgruppe Breitband zum 6. Nationalen IT Gipfel am 06.12.2011 in München

Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung...4 2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung...6 2.1. Breitbandgrundversorgung... 6 2.2. Hochgeschwindigkeitsnetze... 6 2.2.1. Verfügbarkeit und Nutzung... 6 2.2.2. Wettbewerb und Technologiemix... 7 2.2.3. Ausbauplanungen für Hochgeschwindigkeitsnetze... 8 2.3. Rahmenbedingungen und Maßnahmen... 9 2.3.1. Investitionsanreize durch optimierte Regulierung... 9 2.3.2. Investitionskosten durch Nutzung vorhandener Infrastruktur und Mitverlegung senken...10 2.3.3. Kosten durch Kooperationen senken und Rentabilität durch Open Access erhöhen...11 2.3.4. Finanzielle Förderung passiver Infrastrukturen ermöglichen...12 2.3.5. Verstärkte Information und Transparenz...12 2.4. Fazit...12 3. Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten...14 3.1. Management Summary...14 3.2. Ausgangslage und Zielsetzungen...14 3.2.1. Definitionen und Einordnung der Projektgruppe...14 3.2.2. Zielsetzungen...15 3.3. Ausgewählte Netzkonzepte...16 3.3.1. Übersicht untersuchter Netzbereiche...16 3.3.2. Wege zur Realisierung...16 3.4. Empfehlungen der Projektgruppe...18 3.4.1. Markttransparenz und Synergieeffekte...18 3.4.2. Unterstützung von Kooperationen...19 3.4.3. Open Access...19 3.4.4. Investitions- und wettbewerbsfördernde Regulierungsmaßnahmen...19 3.4.5. Indirekte Förderung...19 3.4.6. Direkte Förderung...20 3.4.7. Regionale Körperschaften als Investoren und Anbieter von passiver Infrastruktur...20 3.4.8. Erleichterung von Haus- und Wohnungsanschluss Schaffung von Anreizen für Hauseigentümer und TK-Anbieter...21

4. Branchenübergreifende Zusammenarbeit...22 4.1. Einsparpotenziale durch Synergiemaßnahmen...22 4.2. Anknüpfungspunkt für künftiges Engagement...22 4.3. Vorschläge zur branchenübergreifenden Zusammenarbeit...22 4.3.1. Mehr Transparenz von Informationen...23 4.3.2. Verbesserte Rahmenbedingungen für Synergienutzung...23 4.3.3. Sicherheitsaspekte und technisches Verständnis...24 4.3.4. Best Practice und Kommunikation...24 5. Breitbandanwendungen aus Endkundensicht...25 6. Zusammenarbeit in der EU zur Breitbandversorgung...28 7. Micro-Trenching als alternative Tiefbautechnologie zur Kostensenkung beim Breitbandausbau...29 Anlage 1: Gemeinsame Erklärung zur branchenübergreifenden Zusammenarbeit beim Breitbandausbau...30 A. Neue Schwungkraft durch Zusammenarbeit...30 1) Versorgungslage mit Breitband...30 2) Synergiepotenziale beim Breitbandausbau...30 3) Status quo und Zielsetzung...31 B. Acht Vorschläge für eine verbesserte Zusammenarbeit...31 1) Transparenz von Informationen...31 2) Verbesserte Rahmenbedingungen für Synergienutzung...32 3) Klärung von Sicherheitsfragen...33 4) Förderung von technischem Verständnis...33 5) Förderpolitik gezielt verbessern...33 6) Offener Zugang zu Breitbandinfrastrukturen...33 7) Best Practice...34 8) Kommunikation der Chancen...34 Anlage 2: Breitbandaktivitäten der Flächenländer...35 Anlage 3: Glossar...38 Anlage 4: Übersicht der Beteiligten und Unternehmen...39 Anlage 5: Abbildungsverzeichnis...42

4 1. Zusammenfassung 1. Zusammenfassung Für die UAG (Unterarbeitsgruppe) Breitband war der Arbeitsprozess zur Vorbereitung des 6. IT Gipfels in 2011 im Wesentlichen auf die praktische Umsetzung von Stufe 2 der Breitbandstrategie der Bundesregierung, bis 2014 75 % aller Haushalte mit Anschlüssen von mindestens 50 MBit/s und möglichst bald danach flächendeckend zu versorgen, konzentriert. Dabei konnte auf eine kontinuierliche Weiterführung der Arbeit und die Ergebnisse der Vorjahre aufgebaut werden. Das Team der UAG Breitband re - präsentiert alle Beteiligten im Prozess des Breit bandausbaus Vertreter der Bundes- und Landespolitik, die IKT-Wirtschaft und deren Fachverbände sowie Vertreter der Städte, Landkreise und Kommunen. Vor allem durch eine gute Kommunikation mit den jeweiligen Akteuren ergänzt und unterstützt die Arbeit der Gruppe das NGA-Forum (Next Generation Access-Forum), die Diskussion zur TKG-Novelle (Telekommunikationsgesetz-Novelle), die Gruppe Netzneutralität, die Aktivitäten des BMWi (Bundesminis terium für Wirtschaft und Technologie) sowie des Breitbandbüros der Bundesregierung und der D21-Breitbandinitiative. Konsequent wurde die Orientierung in Richtung Technik- und Technologie-Offenheit in den Vordergrund gestellt und für marktwirtschaftliche Lösungen plädiert. Dabei hat sich der Open-Access-Ansatz weiter etabliert, da sich lokale und regionale Ausbaustrategien mit innovativen Finanzierungsstrategien zunehmend durchsetzen. Synergien durch Kooperationen zwischen Unternehmen auch außerhalb der IKT-Branche kristallisieren sich als wichtige kostenoptimierende Ansätze im Prozess des Breitbandausbaus heraus und bestätigen die These, dass es sich bei der Umsetzung der Breitbandstrategie um eine nationale Gemeinschaftsaufgabe handeln muss. Konkrete Beispiele und abgeleitete Erfahrungen aus den genannten Schwerpunkten sind auch eine exzellente Grundlage für den zunehmend intensiveren Meinungsaustausch mit zuständigen Gremien und Verantwortlichen der EU. In den nachfolgenden Kapiteln und im Anhang werden, neben einer Darstellung zum Stand der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung und einer Übersicht zu den Breitbandaktivitäten der Bundesländer, auch die beteiligten Unternehmen aufgeführt. Ausgangsüberlegungen, Erfahrungen und Schlussfolgerungen der Arbeit folgender vier Projektgruppen (PG) und eines Arbeitskreises (AK) der UAG Breitband sind ebenfalls ausführlicher dokumentiert: PG Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten Die Arbeit der Projektgruppe war von der Prämisse geleitet, dass mittelfristig nur Hochgeschwindigkeitsnetze den zukünftig wachsenden Bandbreitenbedarf decken können. Unter Hochgeschwindigkeitsnetzen werden Netze verstanden, die in der Lage sind, die heute angebotenen und in absehbarer Zukunft zu erwartenden Breitbanddienste stabil, mit einer angemessenen Quality of Service, im Wesentlichen unabhängig von der jeweiligen Nutzerzahl sowie zukünftig mit symmetrischen Up- und Downloadraten bis zum Endkunden zu transportieren (Bundesrahmenregelung Leerrohre: mindestens 25 MBit/s im Downstream und mindestens 25 MBit/s im Upstream). Mit Blick auf künftige Breitbanddienste müssen diese Netze zudem skalierbar sein. Im Rahmen der Vorbereitung des 6. IT Gipfels der Bundesregierung wurde von der Projektgruppe das Thema Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten untersucht. Die Auswahl der von der Projektgruppe untersuchten und im Aufbau befindlichen Hochgeschwindigkeitsnetze erfolgte durch Firmen und/oder Verbände und nach Kriterien, die das Breitbandbüro des Bundes festgelegt hat. Das Fazit aus den untersuchten Netzbereichen ist, dass ein flächendeckender Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen in schwer zu versorgenden Gebieten nur in Partnerschaft von Unternehmen, Bund, Ländern und Kommunen zu realisieren sein wird.

1. Zusammenfassung 5 PG Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau Die Schaffung von Synergien beim Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes ist eine tragende Säule der Breitbandstrategie der Bundesregierung. Die Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit hat dieses Anliegen aufgegriffen und konkrete Vorschläge für den beschleunigten Netzausbau durch Synergien erarbeitet. In einer branchen- und ressortübergreifenden Erklärung bringen Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung ihre Bereitschaft zum Ausdruck, bei der Umsetzung dieser Synergieeffekte aktiv mitzuwirken. Dadurch kann der flächendeckende Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen im Wege marktbasierter Lösungen entscheidend vorangebracht werden. Die ausführlichen Ergebnisse der Projektgruppe finden sich in Anlage 1. PG Breitbandanwendungen aus Endkundensicht Neben der Diskussion über den Stand des Breitbandausbaus in Deutschland beherrscht zunehmend die Frage des Wofür die aktuelle Berichterstattung und politische Diskussion. Wofür werden Breitband und technologische Infrastrukturen der Zukunft benötigt und genutzt? Wesentliche Beobachtungen und Trends sind: Die Anzahl von Breitbandanwendungen steigt stetig an. Das geänderte Nutzungsverhalten insbesondere in der mobilen Nutzung wird steigende Anforderungen an die Kapazität der Breitbandinfrastrukturen stellen, die wir heute im gesamten Ausmaß noch nicht absehen können. unter anderem aufgerufen, auch frühzeitig eine Diskussion über eine Digitale Dividende 2 anzustoßen. PG Zusammenarbeit in der EU zur Breitbandversorgung Die Aktivitäten zur Umsetzung der deutschen Breitbandstrategie entwickeln sich in Teilen der EU zu - nehmend zum Modell-Projekt. Auch können durch einen permanenten Informations- und Abstimmungsprozess mit den verantwortlichen Gremien der Europäischen Union spezifische Anforderungen aus deutscher Sicht in die entsprechenden Entscheidungsprozesse der EU einfließen. Die Organisation von Veranstaltungen und die Teilnahme an hochrangigen Konferenzen der EU führen zu entsprechen den Mulitplikationseffekten für die deutsche Strategie. AK Micro-Trenching als alternative Tiefbautechnologie zur Kostensenkung beim Breitbandausbau Beim Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur hin zu Hochgeschwindigkeitsnetzen ist das Verlegen von Glasfaserkabeln zur Erschließung von Gebäuden der größte Kostenblock. Micro-Trenching ist ein modernes Verlegeverfahren für die Breitbanderschließung, mit dem sich nach ersten Erfahrungen in Deutschland die Tiefbaukosten um circa 30 bis 40 % reduzieren lassen. Der Arbeitskreis hat zum Ziel, das Verfahren an sich und die Einsatzmöglichkeiten zu beschreiben sowie die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, damit Micro-Trenching als Standard in die einschlägigen Regelwerke und Normen aufgenommen wird. Die Branche ist daher aufgerufen, diese Trends frühzeitig zu erkennen und Investitionen derart zu tätigen, dass diese gesellschaftliche Entwicklung flankiert und die Kundenbedürfnisse erfüllt werden können. Die Politik ist in diesem Kontext gebeten, die regulatorischen Rahmenbedingungen für zu - sätzliche Investitionen in Breitband weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang ist die Politik

6 2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung 2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung Die Bundesregierung verfolgt das Ziel einer bedarfsund zukunftsorientierten Breitbandversorgung, die weitestgehend über den Markt realisiert werden soll. Kurzfristig sollen flächendeckend Breitbandzugänge mit mindestens 1 MBit/s (Grundversorgung) verfügbar sein, damit alle Bürgerinnen und Bürger leistungsfähiges Internet nutzen können. Bis 2014 soll für 75 % der Haushalte Breitband mit Leistungen von mindestens 50 MBit/s durch Einsatz aller geeigneten Technologien verfügbar sein, möglichst bald danach flächendeckend. Damit hat die Bundesregierung ein ehrgeizigeres Versorgungsziel als die EU, die bis 2020 für alle Europäer Zugang zu Internetgeschwindigkeiten von 30 MBit/s und mehr anstrebt. Die Ziele dienen den am Breitbandausbau Beteiligten (Unternehmen, Verbände, Bund, Länder, Kommunen) als Orientierung. Sie tragen dazu bei, das Handeln aller Akteure zu verstärken, mehr politische Aufmerksamkeit für den Breitbandausbau zu erzeugen, zusätzliche Investitionen zu generieren und die Entwicklung von Diensten zu beschleunigen. Dabei ist insbesondere die Erschließung ländlicher Räume mit Hochgeschwindigkeitsnetzen eine Herausforderung. Hier liegen die Kosten pro Anschluss für weitgehend glasfaserbasierte Netze bis zu viermal so hoch wie in den Städten. 2.1. Breitbandgrundversorgung Die Breitbandgrundversorgung ist nahezu abgeschlossen. Von den rund 40 Millionen Haushalten in Deutschland verfügten Mitte 2011 auf Basis der gelieferten Unternehmensdaten 98,7 % der Haushalte über einen Breitbandzugang mit einer Bandbreite von mindestens 1 MBit/s. In die Berechnung sind alle Technologien eingeflossen. Zwischen Anfang 2009 (Beginn der Breitbandstrategie) und Dezember 2010 erhielten zusätzlich rund 2 Millionen Haushalte einen Breitbandzugang mit mindestens 1 MBit/s, im Wesentlichen über DSL- oder Funktechnologie. Die neu erschlossenen Haushalte liegen zu über 50 % in Regionen mit weniger als 100 Einwohnern pro Quadratkilometer. Die Unternehmen, die Frequenzen aus der Digitalen Dividende (790 bis 862 MHz) ersteigert haben, haben zugesagt, kurzfristig ihre Netze in den noch vorhandenen weißen Flecken auszubauen. Damit dürften sich die Lücken größtenteils rasch schließen. 2.2. Hochgeschwindigkeitsnetze 2.2.1. Verfügbarkeit und Nutzung Beim Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen gibt es bislang ebenfalls eine positive Entwicklung. Bereits für rund 40 % aller bundesdeutschen Haushalte sind solche Internetzugänge verfügbar. Unter den leitungsgebundenen Hochgeschwindigkeitsnetzen haben derzeit Kabelnetze die höchste Abdeckung, VDSL weist ebenfalls eine hohe Abdeckung auf und FTTB und FTTH sind in immer mehr An - schluss gebieten verfügbar. Der zeitliche Vorsprung der Kabelnetze bei der Verfügbarkeit lässt sich durch die geringeren Ausbaukosten je Anschluss erklären. Allerdings werden die vorhandenen Möglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft. Die folgende Tabelle 1 zeigt die Technologie-Nutzung in Relation zur Verfügbarkeit: Tabelle 1: Technologie-Nutzung in Relation zur Verfügbarkeit dargestellt Verfügbarkeit Nutzungsrate VDSL circa 11 Millionen 4 % Kabel circa 24 Millionen 5,6 %*** FTTB 650.000* 39 % FTTH 110.000** k. A. * Quelle: Dialog Consult / VATM, 12. gemeinsame Marktanalyse 2010, 2010 ** Quelle: OECD, Fibre Access-Network, Developments in the OECD Area, 2011 *** Quelle: ANGA e. V. (bezieht sich auf Nutzung von Internetbandbreiten von über 30 MBit/s) Die Diskrepanz zwischen Verfügbarkeit und Nutzung schneller Internetzugänge verdeutlicht das Investitionsdilemma: Für die heutigen Anwendungen reichen die verfügbaren Bandbreiten weitgehend aus. Um in ländlichen Gebieten Investitionen in Hochgeschwindigkeitsnetze auszulösen, benötigen die Unternehmen entsprechende Zahlungsbereitschaft für höhere Bandbreiten und Planungssicherheit hinsichtlich der regulatorischen Rahmenbedingungen,

2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung 7 um gegenüber Kapitalgebern die Renta bilität des Projekts darstellen zu können. Hier kommt auch der öffentlichen Hand eine Aufgabe zu, die Nachfrage nach Hochgeschwindigkeitsnetzen zu stimulieren, zum Beispiel über eine Erweiterung von E-Government-Angeboten und die Förderung von Angeboten in den Bereichen E-Health, E-Education und Smart Grids. Darüber hinaus bedarf es ergänzender öffentlicher Mittel zur Schließung der verbleibenden Wirtschaftlichkeitslücken. 2.2.2. Wettbewerb und Technologiemix Insgesamt stehen drei wesentliche Technologien mit unterschiedlichen Entwicklungsstufen für den Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen zur Verfügung: Mobile Drahtlostechnologien (insbesondere LTE-FDD und LTE-TDD) Glasfaserbasierte Telekommunikationsnetze in mehreren Ausbaustufen (VDSL/FTTC, FTTB, FTTH) Kabelnetze in unterschiedlichen Ausbaustufen. Langfristig wird es in Deutschland eine sich gegenseitig ergänzende mobile und leitungsgebundene Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen geben. Mobile Drahtlostechnologien Der Anteil mobiler Breitbandnutzer wird an Bedeutung zunehmen. Auch die EU-Kommission geht davon aus, dass ihr Versorgungsziel für 2020 (flächendeckend mindestens 30 MBit/s) nur unter Einbeziehung des Mobilfunks erreicht werden kann. Derzeit basiert mobiles Breitband überwiegend auf UMTS und HSDPA. Mit LTE wird mobiles Breitband noch attraktiver. Bei Verwendung der maximalen Kanalbandbreiten sind mit LTE Zellendatenraten von bis zu 75 MBit/s im Uplink bzw. 300 MBit/s im Downlink möglich. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit ist unter anderem abhängig von der Zahl der Nutzer je Zelle, der Zahl der aktiven Downloads pro Zeiteinheit und der Entfernung zur Basisstation. Bei stationärem Mobilfunk per LTE werden bereits heute Downloads mit Bandbreiten von bis zu 50 MBit/s angeboten. Durch die Anbindung der Mobilfunkmasten per Glasfaser, kleinere Funkzellen, technischen Fortschritt und perspektivisch mehr Spektrum wird die Leistungsfähigkeit weiter zunehmen. Entsprechend ist es möglich, dass eine gewisse Zahl an Nutzern ihren Festnetzanschluss vollständig durch einen mobilen Zugang substituieren wird. Aus diesen Gründen wird ein bestimmter Anteil an mobilen Breitbandverbindungen für die flächendeckende Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen zu berücksichtigen sein. Unabhängig davon wird parallel die drahtlose Internetnutzung ein für die Masse der Menschen alltäglich nützliches Angebot sein, das den Mehrwert der Mobilität bietet. Ausbau leitungsgebundener Netze Verfügbare glasfasergebundene Technologien über das Telekommunikationsnetz sind FTTC, FTTB und FTTH. Eine weitere leistungsfähige drahtgebundene Technologie stellt das TV-Kabelnetz dar. FTTC/VDSL = Glasfaser bis zum Kabelverzweiger bzw. Multifunktionsgehäuse; von dort Kupferkabel bis zum Haus Insgesamt sind heute rund 11 Millionen solcher Breitbandzugänge verfügbar. Insbesondere in städtischen Gebieten setzte man bisher häufig auf VDSL. In jüngster Vergangenheit wird diese Technologie aber auch verstärkt in ländlichen Regionen eingesetzt. Die über VDSL erreichbare Bandbreite ist abhängig von der Leitungsqualität sowie der Länge des Kupferkabels ab dem Kabelverzweiger. Für gut angebundene Anschlüsse (Entfernung von Kabelverzweigern kleiner als circa 300 m) können bis zu 50 MBit/s (Downstream) erreicht werden. Durch Weiterentwicklungen der Technologie sind signifikante Erhöhungen der Anschlussbandbreiten auf bis zu 100 MBit/s im Downstream zu erwarten. Nach einer aktuellen Deloitte-Studie betragen die Investitionskosten für den VDSL-Ausbau im Durchschnitt rund 700 Euro 1 je Anschluss. 1 Deloitte, 2011, Breitband Reloaded, basierend auf: Deutsche Bank: Kabel Deutschland Mission 2 20. April 2010; KPN Investorenpräsentation: Update on KPN s fiber roll out, Dezember 2009

8 2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung FTTB = Glasfaser bis zur Grundstücksgrenze bzw. bis zum Haus FTTB-Zugangsnetze werden derzeit überwiegend von regionalen Unternehmen ausgebaut. Die Technologie ermöglicht Bandbreiten von über 100 MBit/s für jede versorgte Wohneinheit (Downstream). Nach den Berechnungen des Wik 2 2011 hat der FTTB Ausbau vor allem Vorteile bei hoher Zahl der Wohneinheiten pro Gebäude, das heißt, bei solch einem fokussierten Teilausbau sind Kosten für den FTTB- Ausbau beginnend ab 1.400 Euro 2 je Anschluss zu erwarten. FTTH = Glasfaser bis zum Endkundenanschluss Derzeit bauen die Deutsche Telekom, zahlreiche regionale Unternehmen sowie Stadtwerke FTTH-Netze auf. Über FTTH können symmetrische Bandbreiten bis in den Gigabitbereich realisiert werden. Nach den Berechnungen des Wik 2011 können die Ausbaukosten je Anschluss in ländlichen Gebieten 4.000 Euro überschreiten 3. Hauptkostentreiber sind die Verlegung der Glasfaser bis zum Haus sowie die Verlegung neuer Infrastruktur innerhalb der Gebäude. TV-Kabel mit Glasfaser bis zum Knotenpunkt, Nutzung von DOCSIS 3.0 Die Kabelnetze sind derzeit am weitesten fort ge schrit - ten bei der Aufrüstung ihrer Netze und verfügen über zu FTTH und FTTB vergleichbare Bandbreiten im Download. Sie sind für etwa zwei Drittel der Haushalte verfügbar. Die Bandbreite wird auf die versorgten Wohneinheiten verteilt. In den vergangenen Jahren wurde der Übertragungsmodus stetig verbessert (DOCSIS 3.0) und Glasfaser näher an die Haushalte herangeführt. 2012 sollen zwei Drittel aller Haushalte Bandbreiten von mindestens 100 MBit/s und mehr erhalten können. Perspektivisch ist ein weiterer Ausbau der Glasfasernetze bis zur Grund stücksgrenze (FTTB) zu erwarten. Der Ausbau von FTTH, also Glasfaser bis zum Endkunden, durch Kabelnetzbetreiber wird voraussichtlich auf einzelne Projekte begrenzt bleiben 4. Bis 2015 sollen weitere 5 Milliarden Euro in den Netzausbau investiert werden. Insgesamt bestehen Kostenvorteile bei der Aufrüstung gegenüber dem klassischen Telefonnetz: Die Erschließung mit DOCSIS 3.0 kostet nach der Analyse der Solon-Marktstudie bis zu 450 Euro 5 je Haushalt. Der langfristig auch bei glasfaserbasierten Kabelnetzen (HFC-Netzen) zunehmend zu erwartende Ausbau hin zu FTTB Strukturen wird allerdings weitere Investitionen erfordern. Allerdings werden Kabelnetze perspektivisch nicht zu einer flächendeckenden Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen führen. 28 Millionen Haushalte sind erreichbar, Netzerweiterungen finden nur in geringem Maße statt. 2.2.3. Ausbauplanungen für Hochgeschwindigkeitsnetze In den nächsten Jahren werden Telekommunikationsunternehmen, Kommunen, Stadtwerke, Kabelnetzbetreiber und Energieversorger in den Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen investieren, allerdings nicht in ausreichendem Maße, um möglichst bald nach 2014 eine flächendeckende Verfügbarkeit mit Hochgeschwindigkeitsnetzen zu gewährleisten. Die folgende Tabelle 2 zeigt die zurzeit bekannten Breitbandausbauplanungen: 6 Tabelle 2: Breitbandausbauplanung BREKO BUGLAS Deutsche Telekom Kabelnetzbetreiber Kommunen* VATM bis 2015 ca. 7,5 Milliarden Euro Investitionen in den Breitbandausbau, davon 4,2 Milliarden Euro in den Ausbau von FTTB/H-Infrastruktur seitens der Mitgliedsunternehmen. 1,8 Millionen FTTH/B Anschlüsse mit mindestens 100 MBit/s und mehr bis 2015 circa 3 4 Milliarden Euro Investment in Deutschland pro Jahr; 160.000 FTTH- Anschlüsse mit bis zu 200 MBit/s in 2011; danach soll der Ausbau weiter vorangetrieben werden. Versorgung von 2/3 der Haushalte mit Bandbreiten von 100 MBit/s und mehr bis 2012. Bis 2015 weitere Netzausbau- Investitionen in Höhe von 5 Milliarden Euro 7. verschiedene Ausbauprojekte über 3 Milliarden Euro Investment pro Jahr in den Breitbandausbau bis 2015 damit über 15 Milliarden Euro * hier: Landkreise und kommunale Zweckverbände 2 Wik-Forschungsprojekt Implikationen eines flächendeckenden Glasfaserausbaus und sein Subventionsbedarf, wird demnächst 3 4 5 veröffentlicht; Wik-Forschungsprojekt a. a. O.; Solon-Marktstudie, 2010; Solon-Marktstudie, 2010; 6 7 Die Angaben sind durch Doppelmitgliedschaften nicht vollständig überschneidungsfrei; Solon-Studie Wirtschaftsfaktor Kabel, S. 30

2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung 9 Alle Ausbauformen mobil oder drahtgebunden bringen Glasfaser näher an die künftig mit Hochgeschwindigkeitsnetzen zu erschließenden Haushalte und sind somit ein weiterer Schritt zum langfristigen Aufbau einer flächendeckenden FTTB/H-Infra struktur. Siehe dazu Abbildung 1 Vor dem Hintergrund des geplanten Ausbaus und unter Berücksichtigung eines gewissen Maßes an parallelem Netzausbau ist damit zu rechnen, dass das Breitbandziel 2014 weitgehend über den Markt erreicht werden kann. Auch die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes in 2011 kann durch verbesserte Rahmenbedingungen für Investitionen einen wichtigen Beitrag für die zügige Erreichung des Breitbandziels 2014 leisten. 2.3. Rahmenbedingungen und Maßnahmen Durch investitionsfördernde Rahmenbedingungen trägt die Bundesregierung dazu bei, die Rentabilitätsschwelle zu senken und somit Anreize zu setzen für einen stärkeren Ausbau über den Markt in ländlichen Gebieten. Die Beschleunigung des Netzausbaus lässt sich insbesondere erreichen durch eine Senkung der Investitionskosten über die Hebung von Synergien, zusätzliche Investitionsanreize durch Regulierung, die Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs, verstärkte Kooperationen und geeignete Förder- und Finanzierungsinstrumente. 2.3.1. Investitionsanreize durch optimierte Regulierung Das novellierte Telekommunikationsgesetz kann einen wichtigen Beitrag leisten, um zusätzliche Investitionsanreize und Planungssicherheit für den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen zu schaffen. Dazu gehören unter anderem die verbesserte Berücksichtigung von Investitionsrisiken die Erleichterung von Risikobeteiligungsmodellen die Verlängerung der Regulierungsperioden die Befugnis der Bundesnetzagentur, frühzeitig langfristige Regulierungskonzepte, insbeson dere zur Berücksichtigung von Investitionsrisiken vorzugeben sowie die Befugnis der Bundesnetzagentur, die gemeinsame Nutzung von Verkabelungen in und außerhalb von Gebäuden marktmachtunabhängig anzuordnen, falls eine kommerzielle Einigung hierüber nicht möglich ist. Abbildung 1: Breitbandausbauformen Ausbaustufen Glasfaser Klassisches Kupfer- oder Koaxialkabel Telefonnetz Kabelnetz DSL HFC VDS/FTTC FTTC FTTB FTTB FTTH FTTH Telefonnetz: Hauptverteiler (HVT) Kabelverzweiger (KVZ) Keller Kabelnetz: Lokale Kopfstelle Koaxverstärker Keller Netzebene 2 Netzebene 3 Netzebene 4 Quelle: Solon-Marktstudie

10 2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung Ein in manchen Kreisen immer noch diskutierter Breitbanduniversaldienst wirkt sich hingegen kontraproduktiv auf die Rechts- und Planungssicherheit und damit die Investitionsbereitschaft gerade in unterversorgten Gebieten aus. Grundsätzlich genießen kommerzielle Vereinbarungen über den gegenseitigen Netzzugang Vorrang vor Regulierung (siehe Open Access). Auch beim Zugang zur Glasfaseranschlussleitung will die Bundesnetzagentur Wettbewerb Vorrang vor Regulierung geben. Sie behält sich jedoch vor, im Missbrauchsfall einzuschreiten. Dadurch werden Investitionsanreize gesetzt, ohne dass der Wettbewerb nachhaltig beeinträchtigt wird. Mit der Anordnung des Zugangs zu einem Schaltverteiler hat die Bundesnetzagentur bereits 2009 Investitions- und Wettbewerbsanreize gesetzt insbesondere für die schnelle Errichtung einer Breitbandgrundversorgung. Aufgrund der Anordnung kann die Deutsche Telekom verpflichtet werden, eine mehreren Kabelverzweigern vorgeschaltete Einrichtung aufzubauen, die dann vom Wettbewerber mit Glasfaser angeschlossen werden kann, um im Umfeld der nachgelagerten Kabelverzweiger die Breitbandversorgung zu ermöglichen bzw. zu verbessern. Seit Mai 2011 ist für den Schaltverteilerzugang ein Standardangebot verfügbar, das allerdings zurzeit nur für Gebiete gilt, in denen weniger als 1 MBit/s Bandbreite verfügbar ist. Die konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen kann die Voraussetzung für Investitionen deutlich verbessern. Grundsätzlich sind aber die Möglichkeiten, über Regulierungsmaßnahmen die Profitabilität von Breitbandprojekten im ländlichen Raum nachhaltig zu verbessern, aufgrund der in Relation zu den höheren Ausbaukosten geringen Zahlungsbereitschaft und der mangelnden Nachfrage (bedingt durch die geringere Bevölkerungsdichte) eher begrenzt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, gesetzliche und regulatorische Maßnahmen mit weiteren Aktivitäten zu flankieren. 2.3.2. Investitionskosten durch Nutzung vorhandener Infrastruktur und Mitverlegung senken Viele Orte sind zu weit vom Backbone-Netz entfernt, um wirtschaftlich mit Glasfaser angebunden zu werden. Durch die Nutzung bestehender Infrastrukturen (zum Beispiel Leerrohre bzw. Kabeltröge) entlang von Bahntrassen, Autobahnen oder Wasserstraßen sowie von Abwasserrohren bzw. -kanälen oder die Mitverlegung von Leerrohren zum Beispiel bei Radwege-, Straßenbau bzw. Kanalverlegung kann Bandbreite zu geringen Kosten näher an ländliche Gebiete herangeführt werden. Die Nutzung von Synergien erfordert ein branchenund ressortübergreifendes Engagement aller Akteure, die über geeignete Infrastrukturen beim Breitbandausbau verfügen. Im Rahmen des IT Gipfels haben die relevanten Vertreter aus Industrie, Politik, Verwaltung und Kommunen in einer gemeinsamen Erklärung ihre grundsätzliche Unterstützung zum Ausdruck gebracht, durch Synergiemaßnahmen zur Erreichung der Breitbandziele beizutragen, welche auf dem diesjährigen IT Gipfel veröffentlicht werden. 8 Beispielhaft aufgezeigt werden die Synergiepotenziale in einer Untersuchung über die Chancen von Energieversorgern beim Breitbandausbau. Diese profitieren beim Aufbau eines FTTB/H-Netzes von der Möglichkeit, eigene Glasfasernetze und Leerrohrkapazitäten sowie vorhandene Wegerechte zu nutzen. Zudem verfügen sie über Erfahrung und Synergiepotenziale bei Netzplanung, Tiefbau und Leitungsverlegung 9. Die Einsparpotenziale für Energieversorger werden auf über 20 % beziffert. Im Rahmen von insgesamt 26 Modellprojekten für den Breitbandausbau in ländlichen Gebieten will das BMWi weitere Erkenntnisse darüber gewinnen, inwieweit durch weitgehende Nutzung von Synergien die Ausbauchancen in ländlichen Gebieten mit Hochgeschwindigkeitsnetzen deutlich verbessert werden können. Aufgrund der Planungen sollen beim Aufbau der passiven Netze rund 40 % der Kosten durch Mitnutzung und Mitverlegung eingespart werden. 8 Vgl. Gemeinsame Erklärung (Anlage 1) der Teilnehmer der UAG-Projektgruppe 2 Branchenübergreifende Zusammenarbeit 9 goetzpartner September 2010: Fibre to the Home Attraktive Chancen für Energieversorger im Breitbandausbau

2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung 11 Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Studie erarbeiten lassen (seim & netz, 2011) zu den Möglichkeiten des effizienten Einsatzes vorhandener geeigneter öffentlicher und privater Infrastrukturen für den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen. Zudem führt das BMWi Gespräche unter anderem mit Infrastruktureignern mit dem Ziel, möglichst viele der vorhandenen Infrastrukturen für den Breitbandausbau nutzbar zu machen. Darüber hinaus setzt sich das BMWi für geeignete Voraussetzungen für eine Mitverlegung etwa von Leerrohren im Rahmen von Tiefbaumaßnahmen ein. Transparenz erhöhen Für die verstärkte Nutzung von Synergien müssen die Informationsbasis verbessert und der Zugang erleichtert werden. Hierfür bieten das freiwillige Engagement und die derzeit im Parlament diskutierte Novelle des TKG ( 77a) eine gute Basis. Bislang werden die Infrastrukturen von über 150 Be treibern (unter anderem Stadtwerke, TK-Betreiber, TV-Kabelnetze, Glasfaserleitungen von Energieversorgern, Deutsche Bahn) im Infrastrukturatlas erfasst. Insbesondere Kommunen und Netzbetreiber können unter bestimmten Bedingungen Zugang zu den wesentlichen Informationen (Art und Lage der Infrastruktur, Infrastrukturinhaber) erhalten. Mit der TKG-Novelle soll die Informationsbasis auf alle zu Telekommunikationszwecken nutzbaren Infrastrukturen in privater und öffentlicher Hand und deren Verfügbarkeit ausgedehnt werden. Gleichzeitig arbeitet die Bundesnetzagentur an der Einführung eines geschützten, aber webbasierten Zugangs zu den Informationen. Zur Ermittlung von Möglichkeiten zur Mitverlegung von Infrastrukturen sieht die Breitbandstrategie der Bundesregierung eine sogenannte Baustellendatenbank vor. Dazu sollten Länder und Kommunen stärker als bislang flächendeckend, standardisiert und rechtzeitig Informationen über geeignete Baustellen bereitstellen. In einzelnen Ländern sowie in einzelnen Landkreisen gibt es bereits gute Beispiele. Wichtig ist es, die relevanten (Tief-)Bauvorhaben aller privaten wie öffentlichen Träger zu erfassen. Nutzung verbessern Die Information über nutzbare Infrastrukturen reicht für das Heben von Synergien nicht aus entscheidend ist die Zugangsmöglichkeit. Diese sollte vorrangig auf freiwilliger, kommerzieller Basis gewährt werden, muss aber gegebenenfalls auch gesetzlich oder regulatorisch durchsetzbar sein. Im Rahmen der oben genannten BMWi-Studie sollen die Möglichkeiten eruiert werden, den Zugang zu geeigneten und verfügbaren Infrastrukturen zu vereinfachen und mittelfristig einen Marktplatz zu etablieren. Die Möglichkeiten zur Mitverlegung von Leerrohren und Glasfaserkabeln für den Breitbandausbau durch Energieversorger wird die Bundesnetzagentur in einem Leitfaden veröffentlichen. 2.3.3. Kosten durch Kooperationen senken und Rentabilität durch Open Access erhöhen Das Bundeskartellamt hat im Januar 2010 Hinweise zur wettbewerbsrechtlichen Bewertung von Kooperationen beim Glasfaserausbau in Deutschland veröffentlicht. 10 Darin gibt das Bundeskartellamt erste Hinweise zur wettbewerbsrechtlichen Bewertung des parallelen oder komplementären Netzausbaus, weist aber auf das Erfordernis einer Einzelfallprüfung hin. Eine Freistellungsmöglichkeit vom Kartellverbot wird danach beurteilt, inwieweit ohne eine mögliche Wettbewerbsbeschränkung ein FTTx- Breitbandausbau im betreffenden Gebiet stattfinden würde bzw. in welchem Umfang. Die Bundesnetzagentur hat laut der TKG-Novelle (Kabinettsentwurf) künftig zur Förderung effizienter Investitionen dafür zu sorgen, dass sie verschiedene Kooperationsvereinbarungen zur Aufteilung des Investitionsrisikos zwischen Investoren und Zugangsbegehrenden zulässt. Darunter können beispielsweise unterschiedliche Zugangspreise je nach Zeitdauer der Zugangsvereinbarungen, Vorab- Kostenteilungen oder gemeinsame Investments fallen. Dabei ist überall dort, wo Open Access angeboten/nachgefragt wird, regulatorische Zurückhaltung geboten. 10 Verfügbar unter: http://www.bundeskartellamt.de/wdeutsch/download/pdf/stellungnahmen/100119hinweise_breitbandkooperation.pdf

12 2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung Das Marktmodell Open Access ist dazu geeignet, die Rentabilität des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen deutlich zu erhöhen. Gemäß dem Grundsatz Wettbewerb vor Regulierung hatte das BMWi die Bundesnetzagentur deshalb gebeten, das NGA-Forum einzurichten. Das hochrangig besetzte Forum hat im Jahr 2011 unter anderem die technischen und prozeduralen Grundlagen für freiwillige Open-Access-Vereinbarungen sowie technische Vorgaben für die Interoperabilität der aufzubauenden Hochgeschwindigkeitsnetze diskutiert. Die Ergebnisse sollen zum IT Gipfel vorliegen. 2.3.4. Finanzielle Förderung passiver Infrastrukturen ermöglichen Bürgschaften der öffentlichen Hand und zinsgünstige Darlehen an Unternehmen für den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen können den Business- Case für diese Unternehmen rentabel machen. Dies gilt vor allem für Fälle, wo der Schritt zum Breakeven-Point klein ist bereits geringfügige Änderungen des Zinssatzes können einen Business-Case rentabel machen, da Breitbandausbauprojekte sehr langfristig angelegt sind und die Kredite somit eine lange Laufzeit haben. Das Angebot an Bürgschaften ist derzeit noch unzureichend. Gefordert sind hier die öffentlichen Banken, die Europäische Investitionsbank und die Landwirtschaftliche Rentenbank sowie die Förderbanken auf Landesebene. Aber auch der private Bankensektor ist gefordert, dem Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen gerade in ländlichen Räumen mehr Aufmerksamkeit zu widmen und entsprechende Finanzierungsinstrumente zu entwickeln. Die Beleihung von Glasfasernetzen zu ermöglichen, würde sich in diesem Zusammenhang positiv auswirken. Zur Erleichterung des beihilfenkonformen Ausbaus passiver Infrastrukturen (Leerrohre, unbeschaltete Glasfaser) dient die Bundesrahmenregelung Leerrohre. Sie wurde von der Bundesregierung unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände und der Länder konzipiert und von der Europäischen Kommission 2010 genehmigt, eine erweiterte Fassung wurde im Juni 2011 gebilligt. Bei der Rahmenregelung handelt es sich nicht um eine Förderrichtlinie, sondern um einen beihilfenrechtlichen Verfahrensrahmen. Durch die Vorgaben entsteht ein hohes Maß an Rechtssicherheit für Maßnahmen zum Aufbau passiver Netze. 2.3.5. Verstärkte Information und Transparenz Das Bundeswirtschaftsministerium erhöht durch verschiedene Maßnahmen zur Information und Kommunikation die Transparenz und verbessert so das Wissen und die Möglichkeiten für einen regionalen Breitbandausbau. Um Investitionsmöglichkeiten für Unternehmen aufzuzeigen und den Verantwortlichen vor Ort einen möglichen Handlungsbedarf aufzuzeigen, bietet das BMWi den Breitbandatlas (www.breitbandatlas.de) als Entscheidungshilfe an. Dieser zeigt die räumliche Verteilung der Breitbandversorgung mit verschiedenen Technologien für die Bandbreiten 1, 2, 6, 16 und 50 MBit/s. Das 2010 eingerichtete Breitbandbüro beantwortet Fragen zu den Möglichkeiten der Breitbandversorgung, trägt zur Vernetzung der Verantwortlichen der Länder bei, erarbeitet Grundlagen für die Bewertung von Ausbaumodellen und erstellt Leitfäden zu aktuellen Fragen. 2.4. Fazit Ein Großteil des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen erfolgt im Wettbewerb, vor allem in urbanen Strukturen. Maßgebliche Treiber des Wettbewerbs sind neben leistungsstarken Glasfaser- und TV-Kabelnetzen auch offene Zugänge zu den Netzen, die möglichst breit Wettbewerbern einen Marktzugang eröffnen. Für eine flächendeckende Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen auch in ländlichen Regionen bedarf es ferner eines starken Engagements aller Marktteilnehmer. Dazu gehören neben den klassischen infrastrukturbasierten TK- Unternehmen auch die Mobilfunknetzbetreiber, die TV-Kabelnetzbetreiber, Bund, Länder und Kommunen sowie Stadtwerke und andere Versorgungsunternehmen. Um das Breitbandziel 2014 sowie möglichst bald danach eine flächendeckende Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen zu erreichen, müssen die Möglichkeiten der Novellierung des TKG ausgeschöpft und Maßnahmen zur Senkung von Investiti-

2. Stand und Perspektiven der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung 13 onskosten durch Hebung von Synergien umfassend genutzt werden. In diesem Zusammenhang fordern Bund, Länder und Kommunen die Unternehmen auf, die von ihnen angekündigten Investitionen und Breitbandverfügbarkeit zu realisieren. Inwieweit für den Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen sind, ist Gegenstand des anstehenden zweiten Monitorings der Breitbandstrategie. Es ist davon auszugehen, dass die flächendeckende Versorgung nicht vollständig ohne den Einsatz öffentlicher Mittel vollzogen werden kann. Ein Breitbanduniversaldienst ist jedoch kein probates Mittel für eine flächendeckende Breitbandversorgung.

14 3. Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten 3. Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten 3.1. Management Summary Grundlage einer perspektivisch flächendeckenden Versorgung Deutschlands mit Hochgeschwindigkeitsnetzen ist das Ineinandergreifen von unternehmerischen Leistungen im Wettbewerb und staatlich begleitenden Maßnahmen, die dort erforderlich sind, wo die Nachfrage nicht von Marktlösungen befriedigt werden kann. Die untersuchten Beispiele für Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten zeigen, dass ein Netzausbau auf regionaler Ebene in vielen Fällen nur mit innovativen Lösungsansätzen und mit direkten oder indirekten Förderungen realisierbar ist. Die Rahmenbedingungen hierfür gilt es zu verbessern. Ohne ein staatliches Engagement in den später skizzierten Varianten und vor allem ohne ein hohes Engagement der Kommunen in Zusammenarbeit mit den Unternehmen wird der Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen in vielen ländlichen Regionen nicht stattfinden. Das Fazit aus der Projektgruppe ist: Die Finanzierung des Ausbaus erfordert eine optimierte Auswahl der einzusetzenden Netztechnologien (Technologiemix). Die Kenntnis von existierenden Infrastrukturen ist konsequent zu nutzen (Infrastrukturatlas). Kommunale Gebietskörperschaften wie Landkreise oder Zusammenschlüsse von Landkreisen können durch Errichtung passiver Glasfaserinfrastrukturen wesentlich zur Beschleunigung des Breitbandausbaus in schwer zu versorgenden Regionen beitragen. Private TK-Unternehmen können dann auf dieser Basis Netzbetrieb und Dienste realisieren. Der flächendeckende Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen in schwer zu versorgenden Regionen erfordert ein gemeinsames Vorgehen von Bund, Ländern, Kommunen und Unternehmen. Für das Erreichen einer flächendeckenden Versorgung wäre ein bundesweit wirkendes NGA-Förder- oder -Finanzierungsprogramm hilfreich wozu auch das geplante Breitbandförderprogramm der EU beitragen kann. Das geltende beihilferechtliche Instrumentarium für NGA-Netze muss zudem vereinfacht und erweitert werden. In der Projektgruppe bestand Konsens, dass mittelfristig aber nur Hochgeschwindigkeitsnetze den zukünftig wachsenden Bandbreitenbedarf decken können. Gemeinden und Landkreise sollten durch Breitbandkompetenzzentren in den Ländern und durch das Breitbandbüro des Bundes, zum Beispiel durch Leitfäden, beraten und unterstützt werden. Die im Wettbewerb der Technologien und Anbieter erfolgten Ausbauprojekte zeigen, dass ein Breitbanduniversaldienst überflüssig ist. Die in vielen Regionen noch geringe Nachfrage und geringe Bereitschaft der Kunden, für höhere Bandbreiten und höhere Qualität auch entsprechende Anschluss- und Monatsentgelte zu zahlen, erschwert den wirtschaftlichen Ausbau. 3.2. Ausgangslage und Zielsetzungen 3.2.1. Definitionen und Einordnung der Projektgruppe Unter Hochgeschwindigkeitsnetzen 11 werden Netze verstanden, die in der Lage sind, die heute angebotenen und in absehbarer Zukunft zu erwartenden 11 Ein Hochgeschwindigkeitsnetz ist ein paketbasiertes Netz zur Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten für Nutzer unter Verwendung vielfältiger breitbandiger, QoS-basierter Techniken, in dem die dienstbezogenen Funktionen unabhängig von den darunterliegenden übertragungsbezogenen Technologien sind. Es bietet den Nutzern den uneingeschränkten Zugang zu den Netzen, Dienstanbietern und Diensten ihrer Wahl. Es unterstützt desweiteren die allgemeine Mobilität, indem es überall die einheitliche Bereitstellung von Diensten für den Nutzer erlaubt. (Definition ITU-T, Y.2002 (10/2009): Next Generation Networks Frameworks and functional architecture models, Recommendation 3.1.2., p.2.).)

3. Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten 15 Breitbanddienste stabil, mit einer angemessenen Quality of Service, im Wesentlichen unabhängig von der jeweiligen Nutzerzahl sowie zukünftig mit symmetrischen Up- und Downloadraten bis zum Endkunden zu transportieren (Definition gemäß Bundesrahmenregelung Leerrohre: mindestens 25 MBit/s im Dowstream und bis zu 25 MBit/s im Upstream). Mit Blick auf künftige Breitbanddienste müssen diese Netze zudem skalierbar sein. Diese Anforderungen können aus heutiger Sicht am ehesten durch glasfaserbasierte Netze erfüllt werden. Technologien wie VDSL, LTE und HSPA leisten derzeit einen wichtigen Beitrag im Zugangsbereich und werden mittel- bis langfristig neben glasfaserbasierten Netzen bestehen. Als Backhaul-Lösungen kommen auch leistungsfähige Richtfunkverbindungen zur kostengünstigen Backbone-Anbindung der Verteilereinrichtungen in Frage. Schwer zu versorgende Gebiete (ländliche Räume mit geringer Siedlungs- und Gewerbedichte, aber auch suburbane Gebiete) dürfen zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Zukunftsfähigkeit nicht von der Nutzung von Hochgeschwindigkeitsnetzen abgekoppelt werden. Deswegen sind Wirtschaft und Politik gefordert, auch diese Regionen mit Hochgeschwindigkeitsnetzen weitgehend flächen deckend und mit nicht allzu großem zeitlichen Abstand zu Ballungsräumen zu versorgen. Eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur ist damit zentraler Beitrag für die Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume in Deutschland, um ein adäquates Angebot an Versorgungs- und Dienstleistungen für die dortige Bevölkerung zu gewährleisten. Im Rahmen der Vorbereitung des 6. IT Gipfels der Bundesregierung wurden von der Projektgruppe (PG4) der Unterarbeitsgruppe 2 Breitband der Zukunft (UAG2) das Thema Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten untersucht. Die Auswahl der von der PG4 untersuchten und im Aufbau befindlichen Hochgeschwindigkeitsnetze erfolgte durch Firmen und/oder Verbände und nach mit dem Breitbandbüro des Bundes festgelegten Kriterien. Die Ergebnisse wurden kontinuierlich in der UAG2 vorgestellt, bewertet und erste Erfahrungen aus diesen Projekten für den weiteren Breitbandausbau in Deutschland verallgemeinert. 3.2.2. Zielsetzungen Nachdem eine Breitbandgrundversorgung in Deutschland mit Download-Geschwindigkeiten von mindestens einem MBit/s weitgehend realisiert ist 12, steht nun die möglichst flächendeckende Realisierung von Hochgeschwindigkeitsnetzen im Zentrum der Diskussion. In der UAG2 des 5. IT Gipfels wurde daher beschlossen, ausgewählte Beispiele in verschiedenen Regionen in Deutschland zu untersuchen, die als schwer zu versorgende Regionen durch die Netzbetreiber eingestuft wurden. Für diese Untersuchungen wurde eine neue Projektgruppe gegründet. Mit Unterstützung der beteiligten Firmen (zum Beispiel Vodafone und DTAG) und Verbände (zum Beispiel VATM, BREKO, Deutscher Landkreistag) wurden zehn Netzbereiche benannt, in denen sowohl unterschiedliche Technologien als auch unterschiedliche Finanzierungsmodelle zum Einsatz kamen. Angesichts der oft zersplitterten Siedlungsstruktur im ländlichen Raum war hier eine Versorgung mit Breitbandtechnologien bisher nur eingeschränkt bzw. nicht möglich. Die ausgewählten Netzbereiche wurden auf zwei Workshops der PG4 von Vertretern der Kommunen, Landkreise oder Betreiber präsentiert und ausführlich diskutiert. Die Netze sollten über die Planungsphase hinaus bereits in Realisierung sein und Endkunden mindestens 15 bis 20 MBit/s und Telefon bieten. 12 Siehe Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums (www.breitbandatlas.de): Ende 2010 waren 98,3 % der Haushalte mit mindestens 1MBit/s versorgt.

16 3. Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten 3.3. Ausgewählte Netzkonzepte 3.3.1. Übersicht untersuchter Netzbereiche Die folgende Tabelle 3 gibt eine Übersicht über die untersuchten Netzbereiche. Bei den Netzkonzepten wurden unterschiedliche Technologien eingesetzt. Durch die DTAG wurde zum Beispiel die Versorgung eines Ortes mit Richtfunktechnologien in Kombination mit VDSL vorgestellt, Vodafone präsentierte zum Beispiel die Versorgung eines Ortes mit neuen LTE-Technologien. Überwiegend wurden sowohl FTTC-Lösungen als auch FTTB- und FTTH-Netze in Realisierung gezeigt. Die derzeitig verfügbaren Funktechnologien übernehmen eine wichtige Funktion bis zur Versorgung mit Festnetztechnologien auf Glasfaserbasis. Mobilfunknetze werden mittel- bis langfristig neben den glasfaser- oder TV-Kabel-basierten Netzen bestehen und sich wechselseitig ergänzen. Unabhängig davon sollten neue LTE-Technologien (LTE-Advanced) mit höheren Bandbreiten weiter untersucht werden. 3.3.2. Wege zur Realisierung Einer der kritischen Punkte beim Netzausbau mit modernen glasfaserbasierten Technologien ist die Finanzierung. Die Schwierigkeiten liegen unter anderem darin, dass der Ausbau von Glasfasernetzen insbesondere aufgrund des erforderlichen Tiefbaus und des Ausbaus der Netze bis an die Hausbzw. Wohnungskante enorme Investitionen erfordert, die nach den üblichen Bewertungsmaßstäben derzeit nur regional begrenzt einen Business Case ergeben. Gleichzeitig stehen Fördermittel für den Komplettausbau derzeit nicht zur Verfügung. Darüber hinaus sind zur Realisierung eines offenen Netzzugangs (Open Access) bei einem Neubau von Glasfasernetzen umfangreiche technische und betriebliche Anforderungen zu erfüllen. Das Risiko hierbei liegt in der langfristigen Sicherung des Rückflusses der eingesetzten Investitionen (ROI), wenn unterschiedliche Netzbetreiber zukünftig die gleiche Infrastruktur nutzen. Beispiel 1: Sasbachwalden Beispielhaft für den Netzausbau in Baden-Württemberg ist die Gemeinde Sasbachwalden. Hier wurden in schwieriger topografischer Lage mit Höhenunterschieden von fast 1.000 m alternative Techniken für die Versorgung mit Glasfasern durch Mitnutzung des Kanalleitungsnetzes und durch Freileitungen eingesetzt. Die sehr kostenintensiven Tiefbauarbei- Tabelle 3: Übersicht über die untersuchten Netzbereiche Beschreibung Netzbereich/Ort Gleisweiler/ Burrweiler Hochsauerlandkreis Technologie Kundenanschlusstechnik* je Sek. Errichtungszeitraum Netzbetreiber VDSL** mit Richtfunk- Kupfer asymmetrisch 50 MBit 2010 2011 DTAG Anbindung Richtfunk und Gf-Netz Richtfunk/ Glasfaser 2010 2012 TKG Südwestfalen (Landkreise Hochsauerlandkreis und Olpe) Lindwedel (Ort) LTE- Ausbau** Funk asymmetrisch 50 MBit 2010 2011 Vodafone Nordwestniedersachsen VDSL** mit KVz- Überbau Kupfer asymmetrisch 50 MBit 2010 2012 EWETEL Odenwaldkreis FTTC-Netz Kupfer asymmetrisch 50 MBit 2010 2012 HEAG Medianet Landkreis Rotenburg (Wümme) VDSL** mit KVz- Überbau Kupfer asymmetrisch 50 MBit 2010 2013 EWETEL Sasbachwalden (Ort) FTTH/B-Neubau Glasfaser symmetrisch 75 MBit 2009 2011 telsakom Westhausen (Ort) FTTB-Neubau Glasfaser symmetrisch 50 MBit 2009 2011 ENBW/ODR Donnersberg (Ort) FTTC/VDSL** Glasfaser 2011 Inexio Kreis Steinburg (bzw. Zweckverband Breitbandversorgung Steinburg ) Ziel: FTTH Glasfaser 2011 2016 Ausschreibung läuft * z. Z. angebotene Maximalgeschwindigkeit Download; ** LTE und VDSL bis zu 50 MBit/sec.

3. Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten 17 ten wurden mit circa 3,5 km durch Privatinitiative und circa 22 km im klassischen Tiefbau realisiert. Die Gesamtlänge der Glasfaserkabel umfasst circa 165 km. Sasbachwalden ist eines der Musternetze mit FTTH/FTTB-Technologien in Baden-Württemberg für eine Gemeinde mit circa 2.000 Einwohnern: Die Ein- bis Zwei-Familienhäuser (überwiegende Anzahl) sind mit FTTH angeschlossen, die Mehrfamilienhäuser mit FTTB. Abbildungen 3 und 4: Micro-Trenching-Technologie in Westhausen Beispiel 2: Westhausen Durch die ENBW/ODR wurde in einem Gewerbegebiet in Westhausen der Ausbau mit FTTB-Technologien auf einer Fläche von circa 2 km 2 begonnen. Hier werden 52 Gewerbekunden in 52 Gebäuden im Einzelfall mit bis zu 2 MBit/s und ansonsten bis zu 50 MBit/s symmetrisch versorgt. Das Projekt soll ohne Fördermittel realisiert werden. Der Ausbau der Haupttrasse (circa 2.500 m) erfolgte im Micro- Trenching-Verfahren. Abbildung 2: Breitbandversorgung Sasbachwalden; Netzbau zu Wasser, zu Lande, in der Luft

18 3. Hochgeschwindigkeitsnetze in schwer zu versorgenden Gebieten Das Micro-Trenching-Verfahren ist eine alternative Verlegetechnologie für Glasfasern und wird weltweit vorwiegend in dicht bebauten Gebieten als kostengünstige Verlegetechnologie bei Asphaltoberflächen guter Qualität eingesetzt. Die Grabentiefe in Westhausen beträgt 30 cm, die Grabenbreite 10 cm. Es sind bis zu 400 m Tiefbau (wieder verschlossen) pro Tag möglich, wobei keine Straßensperrungen erforderlich werden. Das Projekt wurde in einem Zeitraum von neun Monaten inklusive Genehmigungen realisiert, die Erstanschlussquote von Gewerbekunden betrug 50 %. In der Projektgruppe 4 wurde dieses Verfahren in gesonderten Sitzungen detailliert analysiert und erste Schlussfolgerungen für den Einsatz dieses Verfahrens beim weiteren Ausbau mit Glasfasertechnologien in Deutschland wurden gezogen. Beispiel 3: Odenwaldkreis Das Netzprojekt im Odenwaldkreis (Odenwald- Regional-Gesellschaft mbh) basiert auf einem komplett neu errichteten FTTC-Glasfasernetz unter Nutzung aller Kooperationsmöglichkeiten im Kreis. Zukünftig ist der Ausbau zu FTTB/FTTH-Netzen möglich. Das gesamte Netz ist als Open Access konzipiert. Mit einer 80-prozentigen Bürgschaft des Landes werden der Odenwaldkreis und die beteiligten Gemeinden Netzeigentümer. Der ROI (Return of Investment) wurde auf 15 Jahre veranschlagt. Betrieb und der Service im Netz werden durch einen Diensteanbieter realisiert. Beispiel 4: Hochsauerlandkreis Das Beispiel der TK-Gesellschaft Hochsauerlandkreis zeigt, dass es möglich ist, leistungsfähige Internetzugänge auch dort anzubieten, wo auf Jahre keine Aussicht darauf bestanden hätte. Die kreiseigene Gesellschaft baut und verpachtet passive Infrastruktur an private Betreiber, um Entwicklungspotenziale und Haltefaktoren für Wohnbevölkerung und Unternehmensstandorte im schwer zu versorgenden Kreisgebiet zu schaffen. Ein zeitgleicher privatwirtschaftlicher bzw. geförderter Ausbau von Breitbandnetzen ist im Aktionsradius der Gesellschaft aber ausdrücklich gewünscht. 3.4. Empfehlungen der Projektgruppe Grundsätzlich muss der Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen marktgetrieben erfolgen. Dort aber, wo aufgrund wirtschaftlicher Restriktionen ein Ausbau durch die Anbieter in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, sind staatliche Eingriffe vertretbar und auch notwendig. Dabei soll der Staat regelmäßig mit den Mitteln eingreifen, die die geringstmöglichen Wettbewerbsverzerrungen zur Folge haben. Wir empfehlen die folgenden Maßnahmen, die der Staat ergreifen kann: a. Schaffung von Markttransparenz sowie Ermöglichung von Synergieeffekten b. Unterstützung von Kooperationen c. investitions- und wettbewerbsfördernde Regulierungsmaßnahmen d. indirekte Förderung (Bürgschaften, zinsgünstige Darlehen; Förderung der Kostenübernahme für Gebäudevernetzung durch den Hauseigentümer etc.) und KfW-Förderprogramm für Breitband e. direkte Förderung (Zuschüsse) f. Engagement regionaler Körperschaften selbst als Investor und Anbieter von passiver Infrastruktur. 3.4.1. Markttransparenz und Synergieeffekte a. Synergiepotenziale sollten insbesondere durch Transparenz über sämtliche vorhandenen, für den Breitbandausbau mitnutzbaren Infrastrukturen in privater und öffentlicher Trägerschaft (mittels des Infrastrukturatlas) sowie damit einhergehende Zugangsmöglichkeiten genutzt werden. Bei so genannten Open-Access-Modellen sind die Zugangsnachfrager fair am Investitionsrisiko zu beteiligen. Sowohl die Transparenz als auch der Anspruch auf Mitnutzung müssen bei Bedarf rechtlich durchsetzbar sein, soweit freiwillige Lösungen nicht greifen. b. Es sollten alle die Tiefbaukosten senkenden Maßnahmen ergriffen bzw. ermöglicht werden (zum Beispiel Micro-Trenching, Freiluftleitungen,