IMPRESSUM. Jahresbericht 2004 der hessischen Arbeitsschutz-Verwaltung



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Transkript:

IMPRESSUM Jahresbericht 2004 der hessischen Arbeitsschutz-Verwaltung Herausgeber Hessisches Sozialministerium Referat Öffentlichkeitsarbeit Dostojewskistraße 4 65187 Wiesbaden www.sozialministerium.hessen.de Verantwortlich: Petra Müller-Klepper Redaktion Phoebe Schröder Christiane Troia Redaktionsbeirat Rainer Bedenbender, Gießen Ernst-Richard Kleberger, Wiesbaden Anton Kny, Kassel Bodo Kratzheller, Limburg/Hadamar Mathias Möller, Darmstadt Frank Nowak, Frankfurt am Main Dr. Volker Weißkopf, Kassel Bettina Splittgerber, HSM Wiesbaden Layout Verena Schmitt Titelbild M. Axmann W. Balles 1

INHALT Vorwort 5 Grundsatzthema Geräte- und Produktsicherheit 7 Geräte- und Produktsicherheit 7 Schwerpunktaktion Wasserkocher 12 Überprüfung von Steckerbrücken an Haushaltssteckverbindungen 16 Gefährliche Steckdosenleisten 21 Stromschlaggefahr durch fehlerhafte Geräteanschlussleitungen 22 Brennende Schneemänner 24 Fliegender Hammer 26 Nach Samba-Klängen in die Notaufnahme 27 Akkreditierung wozu? 28 Ausstellung des Regierungspräsidiums Kassel Haushalt un(d)sicher in der Kurfürsten Galerie 30 Teil 1 Bericht der Abteilung Arbeitsschutz des Hessischen Sozialministeriums 32 1 Arbeitsschutz-Verwaltung 32 1.1 Aufgaben und Befugnisse der Arbeitsschutz-Behörde Allgemeine Darstellung 32 1.2 Organisation und Personal 34 2 Übersicht über die Tätigkeit der Arbeitsschutz-Dezernate bei den Regierungspräsidien 35 2.1 Dienstgeschäfte in Betrieben und sonstigen Stellen 35 2.2 Innendienst 37 3 Zusammenarbeit mit anderen Stellen 38 Ansprechstelle für Klein- und Mittelbetriebe im Bereich des Arbeits- und Umweltschutzes 38 Bildung von Netzwerken Multiplikator statt Einzelkämpfer 39 Unfallverhütung in der Land- und Forstwirtschaft 40 Start der internationalen Kampagne Kindersicherheit auf dem Bauernhof 41 2

INHALT Teil 2 Technischer Arbeitsschutz, Unfallverhütung und Gesundheitsschutz 46 1 Allgemeines 46 Tödlicher Absturz 46 2 Arbeitsstätten und Baustellen 47 Millionenteure Dachsanierung am Hauptbahnhof Frankfurt am Main Arbeitsschutz breit gefächert 47 Revolution im Straßenbau bedeutet Königsweg für den Arbeitsschutz 48 Der bauliche Arbeitsschutz in der novellierten Hessischen Bauordnung 49 Aktion Netzwerk Baustelle 2004 54 INQA-Netzwerk Baustelle: Gründung des Thematischen Initiativkreises für die Bauwirtschaft 58 3 Überwachungsbedürftige Anlagen 63 Betriebssicherheitsverordnung Notruf aus Aufzügen 63 4 Anlagensicherheit / Störfallverordnung 65 Aus dem Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS): Die neuen Technischen Regeln zum Explosionsschutz 65 Arbeitnehmer erleidet schwere Verbrennungen durch eine Verpuffung 69 5 Medizinprodukte 72 Fortführung der Aktivitäten zur Sicherheit von Krankenhaus- und Pflegebetten 72 Der Lückenbüßer Kassenpatient 75 6 Technische Arbeitsmittel, Einrichtungen, Verfahren 76 Gefährliche Betonstahlschneidemaschinen 76 Tödlicher Unfall durch Explosion bei Reinigungsarbeiten 78 Anregung eines formellen Einwandes gegen EN 12750 80 7 Gefahrstoffe 81 Asbest im Tunnelbau ein Problem mit Folgewirkung 81 8 Explosionsgefährliche Stoffe 85 Sprengtechnische Lehrgänge 85 Silvesterfeuerwerk: Kontrollen zum Jahreswechsel und in genehmigten Lagern 86 Aktion Pyrotechnik: Fünf Tonnen Feuerwerkskörper im Verkaufsraum eines Restpostenhändlers 88 9 Arbeitssicherheitsorganisation 89 Hätte eine Gefährdungsbeurteilung einen grausigen Arbeitsunfall verhindern können? 89 3

INHALT Sozialer Arbeitsschutz 91 1 Allgemeines 91 Arbeitsschutz in der Zeitarbeit oder wer kümmert sich um Leiharbeitnehmer? 91 2 Arbeitszeitschutz 95 Gute Fahrt zum Weihnachtsmarkt 95 Just in time Risiken für das fahrende Personal 96 3 Jugendarbeitsschutz 100 Kinder- und Jugendarbeitsschutz neue Informationsbroschüre liegt vor 100 4 Mutterschutzgesetz 101 Informationsreihe der hessischen Arbeitsschutz-Verwaltung zum Mutterschutz: Infektionsschutz für Schwangere in der vorschulischen Kinderbetreuung Kinderkrankheiten sind kein Kinderkram 101 Anträge zum Mutterschutzgesetz in Hessen für das Jahr 2004 105 5 Bundeserziehungsgeldgesetz 105 Anträge zum Bundeserziehungsgeldgesetz in Hessen für das Jahr 2004 105 6 Heimarbeitsschutz 106 Entgeltschutz 106 Teil 3 Berichte aus den Fachzentren 109 1 Berichte aus dem Fachzentrum Produktsicherheit und Gefahrstoffe 109 Hessische Arbeitsschutz-Verwaltung überprüft ätherische Zitrusöle und zitrusölhaltige Duftöle 109 Schwerpunktaktion Schutz der Beschäftigten vor Stäuben und Aerosolen beim Schutzgasschweißen 115 2 Bericht aus dem Fachzentrum und der zentralen Ahndungsstelle Sozialvorschriften im Straßenverkehr 120 Tätigkeitsbericht für das Jahr 2004 120 3 Bericht aus dem Fachzentrum Medizinischer Arbeitsschutz 123 Berufliche und außerberufliche Risikofaktoren der Depression 123 Anhang 130 Tabellen 131 Dienststellenverzeichnis 155 4

VORWORT Das 2004 in Kraft getretene Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) sowie die damit verbundenen erweiterten Aufgaben der Marktüberwachungsbehörden bilden den thematischen Schwerpunkt des diesjährigen Jahresberichtes. Verwender und Verbraucher von Produkten und Geräten sind durch die neue Gesetzeslage wesentlich besser gestellt. Diese begrüßenswerte Entwicklung stellte aber die hessische Arbeitsschutzverwaltung auch vor die große Herausforderung, ein effektives und effizientes Marktüberwachungs-Konzept zu erarbeiten, das ihren erweiterten Pflichten sowohl zur Überwachung des Inverkehrbringens als auch der schon auf den Markt gebrachten Produkte Rechnung trägt. Nicht zuletzt aufgrund der knappen Personalressourcen aller deutschen Marktüberwachungsbehörden waren länderübergreifende Kooperationen zwingend. Hessen hat daher mit den Ländern Bayern und Baden-Württemberg eine enge Zusammenarbeit und Arbeitsteilung verabredet und gleichzeitig auf Landesebene einen Runden Tisch Produktsicherheit ins Leben gerufen, dem Industrieverbände, Vertreter der Tarifpartner, des Einzelhandels, des Handwerks und der Verbraucherzentrale Hessen angehören. Die Teilnehmer des Runden Tisches können sich schnell gegenseitig informieren und durch gemeinsame Aufklärungsarbeit dazu beitragen, die hessischen Unternehmen für den Europäischen Markt fit zu machen und die Verbraucher vor unsicheren und gefährlichen Produkten zu schützen. Gerade in Zeiten knappen Personals und eines mehr und mehr deregulierten Arbeitsschutzrechts ist Kooperation das Gebot der Stunde. Beratung und Überwachung der Betriebe können nur dann auf hohem Niveau sichergestellt werden, wenn die berufsgenossenschaftlichen und staatlichen Aufsichtsdienste in enger Abstimmung und in sinnvoller Arbeitsteilung vorgehen. Für den Erfolg dieser Kooperation gibt es zahlreiche Beispiele, die weit über Hessen hinaus Ausstrahlung bewiesen haben. 5

VORWORT Daher sei an dieser Stelle sowohl unseren Partnern bei den Berufsgenossenschaften als auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der hessischen Arbeitsschutzverwaltung für ihre engagierte, häufig auch konzeptionell herausragende Arbeit gedankt. Nicht umsonst hat der hessische Arbeitsschutz in der ganzen Republik einen guten Ruf und damit natürlich auch politisches Gewicht. Das soll so bleiben. Silke Lautenschläger Hessische Sozialministerin 6

GRUNDSATZTHEMA Geräte- und Produktsicherheit Am 1. Mai 2004 ist das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) in Kraft getreten. Mit dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz wurde die europäische Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit (RL 2001/95/EG) in nationales Recht umgesetzt. Weiterhin wurden in diesem Gesetz das Gerätesicherheitsgesetz und das Produktsicherheitsgesetz zusammengeführt um Mehrfachregelungen zu beseitigen. Das GPSG bringt wesentliche Verbesserungen für den Verwender der Produkte. Es umfasst alle Produkte, die für den Verbraucher bestimmt sind oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen von Verbrauchern benutzt werden könnten, selbst wenn sie nicht für diese bestimmt sind, und technische Arbeitsmittel, die ausschließlich bei der Arbeit Verwendung finden. Es übernimmt eine Dachfunktion für alle Verbraucherprodukte und eine Auffangfunktion für sonstige Produkte, für die es kein Spezialrecht gibt. Die Dachfunktion des GPSG kommt nur dann zum Tragen, wenn in anderen Rechtsvorschriften nicht mindestens gleichwertige Bestimmungen enthalten sind. Damit wird gewährleistet, dass die Grundelemente eines wirksamen Verbraucherschutzes hinsichtlich der Produktsicherheit für alle Produkte, die von Verbrauchern genutzt werden, gelten. Es enthält eine Informationsverpflichtung der Behörden. Diese müssen der Öffentlichkeit Informationen über von Verbraucherprodukten ausgehende Gefahren bereitstellen. Es konkretisiert die Pflichten der Inverkehrbringer (Hersteller, Importeure, Händler). Diese müssen, wenn sich Hinweise auf mögliche Gefahren ergeben, die von Produkten ausgehen, die Behörden frühzeitig unterrichten und mit ihnen zusammenarbeiten. Es verpflichtet die zuständigen Behörden ein Überwachungskonzept zu erstellen. Das Überwachungskonzept soll die Erfassung und Auswertung verfügbarer Informationen zur Ermittlung von Mängelschwerpunkten sicherstellen; es soll die Aufstellung und Durchführung von Überwachungsprogrammen, mit denen die Produkte stichprobenartig überprüft werden, sowie die regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit des Konzeptes beinhalten. Die Neuerungen im GPSG beruhen im Wesentlichen auf den erweiterten Pflichten der Inverkehrbringer und der Marktüberwachungsbehörden. Insbesondere die Marktüberwachungsbehörden sind hier mit der in 8 (2) des GPSG verankerten Forderung zum Erstellen eines Überwachungskonzeptes in der Pflicht. Im Rahmen der Beteiligung der Länder an dem Gesetzgebungsverfahren zum GPSG war man allerdings auf diese zusätzliche Verpflichtung vorbereitet. Zeitgleich waren das Hessische Sozialministerium und die Arbeitschutz-Verwaltung gefordert, die Vorgaben aus der neuen Verwaltungssteuerung (NVS) Steuerung durch Zielver- 7

GRUNDSATZTHEMA einbarungen umzusetzen. Die erste Sitzung des Arbeitkreises Marktüberwachung Hessen im Januar 2004 wurde deshalb dazu genutzt, die künftigen Anforderungen an die Marktüberwachung im Hinblick auf Struktur, Aufgaben (Vollzug, Fachzentrum) Kapazitäten und Qualitätssicherung unter Berücksichtigung der Elemente der neuen Verwaltungssteuerung zu definieren. In weiteren Arbeitsgruppensitzungen zu Beginn des Jahres 2004 wurde die Thematik Marktüberwachung mit Blickrichtung auf die NVS weiter bearbeitet. Der Themenblock Marktüberwachung gliedert sich im Wesentlichen in drei Teilbereiche, die aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und Organisationsstrukturen getrennt behandelt wurden. Allen gemeinsam ist der jeweilige Inverkehrbringer beziehungsweise die im Rahmen des Inverkehrbringens beteiligte Stelle oder Institution als Normadressat. In allen drei Bereichen gilt es, unsichere Produkte zu identifizieren und geeignete Maßnahmen gegenüber den vorgenannten Adressaten zu ergreifen. Bei den drei Bereichen handelt es sich um das Medizinprodukte- und Röntgenrecht, Geräte- und Produktsicherheitsrecht sowie um den Schutz der Verbraucher vor gefährlichen und explosiven Stoffen. Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf den Bereich des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes. Hier wurde das Überwachungskonzept nach dem GPSG mit den Vorgaben aus der NVS verknüpft beziehungsweise die Vorgaben aus der NVS wurden in das Überwachungskonzept integriert. Der Umfang der Daueraufgaben und die durchzuführenden Projekte werden jährlich im Rahmen der Zielvereinbarungen mit den Regierungspräsidien neu festgelegt. Im Folgenden soll ein kurzer Abriss des Konzeptes gegeben werden: Konzept der Marktüberwachung im Bereich des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes Gesetzliche Verpflichtung Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz verpflichtet in 8 (2) die zuständigen Behörden, eine wirksame Überwachung des Inverkehrbringens von Produkten sowie der in den Verkehr gebrachten Produkte auf der Grundlage eines Überwachungskonzepts zu gewährleisten. Das Überwachungskonzept soll insbesondere umfassen: 1. die Erfassung und Auswertung verfügbarer Informationen zur Ermittlung von Mängelschwerpunkten und Warenströmen; 8

GRUNDSATZTHEMA 2. die Aufstellung, regelmäßige Anpassung und Durchführung von Überwachungsprogrammen, mit denen die Produkte stichprobenartig und in dem erforderlichen Prüfumfang überprüft werden sowie die Erfassung und Bewertung dieser Programme und 3. die regelmäßige Überprüfung und Bewertung der Wirksamkeit des Konzeptes. Fachliche Zuständigkeit Die Marktaufsicht im Bereich des GPSG ist zuständig für die nachfolgend aufgeführten Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union, die gemeinschaftsweit eingehalten werden müssen (Artikel 10 EG-Vertrag). Richtlinien Die Umsetzung der nachfolgend aufgeführten Richtlinien in nationales Recht erfolgt durch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) sowie die entsprechenden darauf gestützten Verordnungen: Elektrogeräte Aerosolpackungen Einfache Druckbehälter Spielzeug Persönliche Schutzausrüstungen Gasverbrauchseinrichtungen Sportboote Explosionsschutzgeräte Aufzüge Maschinen Druckgeräte Geräte mit Geräuschemissionen (Outdoor-RL) Verbraucherprodukte im Non-Food-Bereich, soweit nicht spezialgesetzlich geregelt (Allg. ProdSich-RL) Verordnungen: VERORDNUNG DES RATES über die Kontrolle der Übereinstimmung von aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen mit den geltenden Produktsicherheitsvorschriften 73/23/EWG 75/324/EWG 87/404/EWG 88/378/EWG 89/686/EWG 90/396/EWG 94/25/EG 94/9/EG 95/16/EG 98/37/EG 97/23/EG 2000/14/EG 2001/95/EG 93//339/EWG Kooperationen Aufgrund der knappen Ressourcen ist die Marktüberwachung zur Effektivierung der Überwachungsmaßnahmen in Kooperationen mit anderen Bundesländern eingebunden, aus denen sich auch bestimmte Verpflichtungen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für ganz Deutsch- 9

GRUNDSATZTHEMA land ergeben. Grundlage bildet unter anderem die Einbindung von Hessen in Kooperationen mit den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg (mit Kabinettbeschluss vom September 2000). Ziel ist die Erreichung von Synergieeffekten durch Zusammenarbeit und Aufteilung der Arbeit durch abgestimmte Überwachungsprogramme, den Austausch von Informationen mit Hilfe der europäischen Internetdatenbank über unsichere Produkte (ICSMS), gemeinsame Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Errichtung einer Geräteuntersuchungsstelle usw. Die Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU), der Zentralverband der Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), der Landesverband des hessischen Einzelhandels (LHE), der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE), der Hessische Handwerkstag (HHT), der Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Hessen, die Verbraucherzentrale Hessen (VZH) und das Hessische Sozialministerium sind Teilnehmer des Runden Tisches Produktsicherheit. Die kurzen Wege des Informationsaustausches unter den Teilnehmern des Runden Tisches Produktsicherheit werden genutzt, um durch gemeinsame Aufklärungsarbeit die hessischen Unternehmen für den Europäischen Markt zu stärken und die Verbraucher in die Lage zu versetzen, ihre Interessen weitestgehend selbst wahrzunehmen. Systemkontrolle Die Verfolgung von Einzelvorgängen zu unsicheren Produkten ist für die Zielerreichung nicht ausreichend (Verbraucherschutz und Schutz der heimischen Wirtschaft vor unfairem Wettbewerb). Die im Rahmen von Stichproben gewonnenen Erkenntnisse sollen auch zum Zweck der Ressourcenschonung und zur Steigerung der Effektivität eine Betrachtung des Gesamtsystems ermöglichen, um so die Selbstregulierungsmechanismen des Marktes beobachten zu können und um diese gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen zu effektiveren (zum Beispiel die Qualität der zugelassenen Stellen im Rahmen der Konformitätsbewertungsverfahren und der zugelassenen Stellen für die GS-Zeichenvergabe oder auch der Nachweis eines Mangels innerhalb einer Norm). Bei der Umsetzung des im GPSG geforderten Überwachungskonzepts innerhalb Hessens kommt der Erfassung von Kenngrößen zur Bewertung und Überprüfung des Überwachungskonzepts hinsichtlich seiner Wirksamkeit besondere Bedeutung zu. 10

GRUNDSATZTHEMA Tätigkeiten Daueraufgaben: Anlassbezogene Maßnahmen und Beschwerden, Zusammenarbeit mit dem Zoll, Aufklärungsarbeit für Verbraucher und Inverkehrbringer, Fort- und Weiterbildung, sofern nicht in Einzelprojekten enthalten, Normungstätigkeit und technische Prüfung der Produkte in erforderlichem Prüfumfang durch die Geräteuntersuchungsstelle. Schwerpunktaktionen/Projekte: Projekte umfassen die Prüfungen bestimmter Produktgruppen. Die entsprechenden Produktgruppen werden aufgrund eigener Erkenntnisse festgelegt. Um Doppelarbeit zu vermeiden, erfolgt hierzu eine bundesweite Abstimmung. Die vertiefte Prüfung vermittelt ein umfassendes Bild des jeweiligen Marktsegments. Gerade die Schwerpunktaktionen sind ein hochwirksames Instrument der Marktüberwachung. Für diese sind Eckpunkte festgelegt. Konzentration auf wenige Produkttypen pro Jahr Dadurch wird ereicht, dass die Schwerpunktaktion zielgerichtet und konsequent bearbeitet wird. Durch Wahl mehrerer unterschiedlicher Produkte eines Produkttyps besteht der Vorteil darin, dass zur Ermittlung von Mängelschwerpunkten der Prüfaufwand reduziert wird. Für die Untersuchungsobjekte müssen der Prüfaufbau und das Prüfprogramm nur einmal erarbeitet werden. Damit kann die begrenzte Kapazität bei der Geräteuntersuchungsstelle optimal genutzt werden. Ebenso sind Aussagen zur Tragweite möglich, das heißt zum Beispiel die Klärung der Frage, ob es sich um einen Einzelfall oder um ein grundsätzliches Problem der gesamten Branche handelt. Festlegung der Prüftiefe durch die Geräteuntersuchungsstelle Anhand des festgelegten Prüfprogramms werden die Produkte jeweils mit der gleichen Prüftiefe überprüft. Die Kriterien für die Erstellung eines Prüfprogramms sind zum Beispiel: Hinweise aus Verbraucherbeschwerden, Erkenntnisse aus bekannt gemachten Schutzklauselmeldungen und Untersagungsverfügungen, Firmenbeschwerden. Probenahme durch die Vollzugsdezernate der drei Regierungspräsidien Die Probenahme erfolgt durch die Vollzugsdezernate beim Hersteller, Importeur oder im Handel. Sie wird dahingehend von der Geräteuntersuchungsstelle gesteuert, dass für ein Vollzugsdezernat die Prüfungen der Produktproben erst abgearbeitet werden, bevor neue 11

GRUNDSATZTHEMA Prüfmuster im Rahmen der Schwerpunktaktion von einem weiteren Vollzugsdezernat angefordert werden. Hierdurch ist eine zeitnahe abschließende Bearbeitung jedes einzelnen Falles, eventuell auch durch Sofortmaßnahmen der jeweiligen Vollzugsbehörden, möglich. Maßnahmen der Vollzugsdezernate der drei Regierungspräsidien anhand der Prüfungsergebnisse Je nach Schwere der Mängel sind verschiedene Maßnahmen möglich: beispielsweise Vernichtung, Rückruf, sofortiges Verkaufsverbot, das Anbringen von Hinweisen oder schlicht die Nachbesserung formaler Mängel ohne weitere Auflagen. Hier ist ein hohes Maß an Fachsowie Verwaltungskompetenz erforderlich, um eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden, ohne dabei den Schutz der Verwender zu vernachlässigen. Auswertung der Ergebnisse und weitere Veranlassungen Stellt sich zum Beispiel heraus, dass bestimmte Gefährdungen auftreten, die sich aus einer mit Vermutungswirkung ausgestatteten technischen Norm ableiten, so muss die Norm entsprechend geändert werden. Hierzu ist ein Verfahren bei der EU-Kommission über die nationalen Gremien gegen die harmonisierte Norm einzuleiten (Schutzklauselverfahren gegen eine Norm). Dieses Verfahren ist notwendig, da auf Grund der Veröffentlichung dieser harmonisierten Norm zunächst davon auszugehen ist, dass die Norm die grundlegenden sicherheitstechnischen Anforderungen der jeweiligen EU-Richtlinie erfüllt (Konformitätsvermutung). Erstellung eines Abschlußberichtes und Information der Öffentlichkeit Der Öffentlichkeit soll der gesetzliche Auftrag Marktkontrolle transparent vermittelt werden und die Ergebnisse der Untersuchungen bereitgestellt werden. Die Information der Verbraucher soll auch dazu beitragen, dass bei Kaufentscheidungen neben dem Preis auch sicherheitstechnische Aspekte eine Rolle spielen sollten. Schwerpunktaktion Wasserkocher 1 Als Beispiel ist hier die Schwerpunktaktion Wasserkocher angeführt. Sie zeigt, das dass alleinige Abprüfen von Normen nicht ausreichend ist, um abschließende Aussagen zur Sicherheit des Produktes treffen zu können (Nickelgehalt im Wasser) oder um Lücken in Normen zu entdecken, die es im europäischen Kontext zu schließen gilt. 1 Abschlussbericht der GUS, gekürzte Fassung. 12

GRUNDSATZTHEMA Anzahl der Proben und Produktspektrum Im Rahmen der Schwerpunktaktion wurden in Zusammenarbeit der Vollzugsdezernate der drei Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel von der Geräteuntersuchungsstelle des Regierungspräsidiums Kassel 13 Wasserkocher verschiedener Hersteller und Ausführung überprüft. Zur Prüfung lagen in der Regel mindestens drei Prüfmuster eines Wasserkochertyps vor, so dass letztlich 45 Wasserkocher einer Prüfung unterzogen wurden. Es handelt sich dabei um elf kabellose und um zwei mit Kabelanschluss versehene Wasserkocher. Bei diesen 13 Wasserkochern ist zwischen zwei Exemplaren mit verdeckter Heizspirale (Edelstahlgefäß), zehn mit sichtbarer Heizspirale und Kunststoffgefäß sowie einem Gefäß aus Kunststoff mit innen liegender Heizplatte zu unterscheiden. Umfang und Grundlagen der Prüfung Als Prüfgrundlage dient das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG), insbesondere die 1. Verordnung zum GPSG (Verordnung über das Inverkehrbringen elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen), sowie die zur 1. VO zum GPSG gelisteten harmonisierten Normen DIN EN 60335-1 (Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke; Teil 1: Allgemeine Anforderungen), DIN EN 60335-2-15 (Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke; Teil 2: Besondere Anforderungen für Geräte zur Flüssigkeitserhitzung). Da aufgrund verschiedener Veröffentlichungen zu Nickelgehalten in Trinkwasser aufgefallen war, dass bei bestimmten Wasserkochern Nickel an das erwärmte Wasser abgegeben wurde, erfolgte bei der Schwerpunktaktion eine orientierende Ermittlung des Nickelgehaltes vor und nach dem Kochvorgang des Wassers. Hierzu wurden die Wasserkocher jeweils bis zur maximalen Füllhöhe mit Trinkwasser befüllt und bis zum Abschalten der Kochautomatik betrieben. Nach Abkühlung wurde der Nickel-Gehalt mit der Atomabsortionsspektrometrie bestimmt und mit dem nach der Trinkwasserverordnung festgelegten Grenzwert von 0,02 mg/l Nickel verglichen. Ergebnis und Bewertung der Prüfung Mängelklassifizierung Die Mängel wurden in drei Klassen eingeteilt: Klasse 1: Klasse 2: Klasse 3: Formale Mängel sowie Überschreitung der Grenzwerte des Nickelgehaltes gemäß der Trinkwasserverordnung. Sicherheitstechnische Mängel, die eine Gefahr für den Endverbraucher darstellen und unter Zusammenwirken von diversen Umständen sogar eine Lebensgefahr darstellen. Sicherheitstechnische Mängel, die eine akute Lebensgefahr darstellen und für den Verbraucher nicht erkennbar und bei jeder Benutzung des Wasserkochers gegeben sind. 13

GRUNDSATZTHEMA Bereits im Vorfeld wurde festgelegt, dass bei Überschreitung des Grenzwertes für den Nickelgehalt im Kochwasser grundsätzlich die Klasse 1 gewählt wird. Dies war notwendig, da der in der Trinkwasserverordnung festgelegte Grenzwert auf die durchschnittlich aufgenommene Trinkwassermenge pro Tag bezogen ist. Eine konkrete Aussage hinsichtlich eines Grenzwertes bei Benutzung der Wasserkocher lässt sich daraus juristisch noch nicht ableiten. Erst nach Auswertung und Prüfung weitergehender Untersuchungen hinsichtlich der Ursachen für das Auslösen von Nickel kann ggf. eine Änderung der Klassenzuordnung erforderlich werden.anhand der Einklassifizierung der Mängel ist eine Gesamtbeurteilung der Wasserkocherprüfung möglich. Die Einzelergebnisse sind nachfolgend zusammengefasst. Die anschließende Grafik zeigt die Verteilung der Einklassifizierung bei den 13 unterschiedlichen Wasserkochern. Prüfergebnisse Die Mängel verteilten sich wie folgt: Mängelklasse 3 15 % (Lebensgefahr durch Stromschlag) Mängelklasse 2 15 % (Brandgefahr) Mängelklasse 1 55 % (erhöhter Nickelgehalt im Wasser) Keine Mängel 15 % Das Verwaltungshandeln der Vollzugsdezernate beinhaltete drei Verkaufsverbote und einen Rückruf (freiwillig). Zusammenfassung der Ergebnisse Die gefährlichen Geräte wurden vom Markt genommen (europaweit) bzw. durch freiwilliges Handeln der verantwortlichen Hersteller beim Endverbraucher zurückgerufen. Im Verlauf der Schwerpunktaktion wurden diverse Gespräche mit Herstellern, Importeuren und Prüfstellen zur konstruktiven Verbesserung einzelner Bauteile mit dem Ziel geführt, nur sichere Produkte herzustellen und zu vertreiben. Betroffene Hersteller, Importeure wie auch Prüfstellen wurden dadurch hinsichtlich der Mängelschwerpunkte sensibilisiert. In der Praxis richten sich fast alle Hersteller, Importeure und Prüfstellen nach den vorhandenen Normen. Da aber in den einschlägigen Prüfnormen die Problematik gesundheitsschädlicher Stoffe nicht oder nur unzureichend berücksichtigt ist, wurde in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) erreicht, dass die Prüfstellen künftig im Rahmen der GS-Zeichen Zertifizierung auch diese Aspekte berücksichtigen. Ferner wird das gewonnene Know-how durch das hessische Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe in die europäischen Fachgremien eingebracht, um im europäischen Verbund der Marktüberwachungsbehörden darauf hinzuwirken, dass entsprechende Prüfanforderungen in die europäischen Normen eingearbeitet werden. 14

GRUNDSATZTHEMA 15% 15% 15% 55% keine Mängel Mängelklasse 1 Mängelklasse 2 Mängelklasse 3 Abbildung 1: Darstellung der Mängelverteilung. Die Durchführung der Schwerpunktaktion in Hessen zeigt, dass das angewandte hessische Konzept europaweiten Standards Rechnung trägt. Damit ist gewährleistet, dass mit geringem Aufwand maximale Wirkung erreicht wird und sogar auf lange Sicht die Sicherheit von Wasserkochern wie auch artverwandter Produkte (z.b. Kaffeemaschinen, Teekocher) gesteigert werden kann.dank der transparenten europaweiten Informationsbereitstellung zum Beispiel mit Hilfe von ICSMS profitieren auch alle europäischen Marktaufsichtsbehörden von den vorliegenden Erkenntnissen. Damit ist gewährleistet, dass alle mit relativ geringem Aufwand ihren nationalen Verpflichtungen zur Marktkontrolle nachkommen können und auch dort die verbleibenden schwarzen Schafe verbannen. Abbildung 2: Eine ausgebaute Heizwendel nach der Prüfung der Übertemperatursicherung. Das Mantelrohr der Heizwendel ist geplatzt und der Heizdraht ist ausgetreten, hier besteht eine hohe Brandgefahr. 15

GRUNDSATZTHEMA Abbildung 3: Pneumatisch betriebene Prüfeinrichtung für die Wasserkocher. Im nachfolgenden Teil des Jahresberichtes sind ausgewählte Beispiele aus dem Bereich der Daueraufgaben (giftige Samba-Rasseln, fliegende Hämmer, brennende Weihnachtsmänner, gefährliche Geräteanschlussleitungen usw.) sowie aus dem Bereich der Projekte und Schwerpunktaktionen (Prüfung von Steckerbrücken, Akkreditierung der Geräteuntersuchungsstelle) aufgeführt. Thomas Just und Heinrich Vollmerhause, Hessisches Sozialministerium Überprüfung von Steckerbrücken an Haushaltssteckverbindungen Auf Grund von aktuellen Ereignissen und Erkenntnissen bezüglich der Brandgefahren, die durch Haushaltssteckverbindungen auch bekannt als Schuko oder Euro -Stecker ausgelöst werden können, wurden das Regierungspräsidium Gießen und das Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe des Regierungspräsidiums Kassel vom Hessischen Sozialministerium beauftragt, sich dieser Thematik im Rahmen einer Schwerpunktaktion anzunehmen. Zur Umsetzung dieses Marktüberwachungsauftrages wurde aus dem Handel ein breites Spektrum an Haushaltsgeräten, sowohl mit Schutzkontakt als auch mit Euro-Flachsteckverbindern, zur Probe entnommen und dem Fachzentrum des RP Kassel zur Untersuchung überstellt. 16

GRUNDSATZTHEMA Die Untersuchung der Prüflinge erstreckte sich im Wesentlichen auf die sicherheitstechnische Überprüfung der Haushaltssteckvorrichtungen entsprechend der DIN VDE 0620-1: 2002-01, Stecker und Steckdosen für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke, EN 60320-1: Juni 2002, Gerätesteckvorrichtungen für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke, EN 60335-1: August 2001, Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke. Das Prüfobjekt die Steckerbrücke Bei einer Steckerbrücke handelt es sich um ein Kunststoffteil (siehe Abbildung 4 und 5), welches in Schutzkontakt- oder auch Europasteckern die Aufgabe hat, die Strom führenden Teile (und gegebenenfalls Teile des Schutzleiterstromkreises) von bewegbaren Steckvorrichtungen in ihrer Lage zu halten. Zur Steckerbrücke gehören auch die Steckerstifte mit dem Anschluss der Kabel (Abbildung 6). Abbildung 4 und 5 zeigen die Steckerbrücke und wo sie sich im Stecker befindet. Die mit Pfeilen markierten (hier schwarzen) Ringe sind die Flächen der Steckerbrücke, die von außen zu sehen sind. Abbildung 4 zeigt eine Steckerbrücke (ohne Schutzkontakt) im nicht eingegossenen Zustand, in Abbildung 5 ist ein verwendungsfertiger Schutzkontaktstecker zu sehen. Von der Steckerbrücke wird gemäß DIN VDE 0620 eine Temperaturbeständigkeit von 750 C gefordert. Abbildung 4: Unvergossene Steckerbrücke (hier ohne Schutzkontakt). Abbildung 5: Verwendungsfertiger Schutzkontaktstecker. 17

GRUNDSATZTHEMA Vorbereitung der Entflammbarkeitsprüfung Um an das Prüfobjekt die Steckerbrücke des Steckverbinders zu gelangen, muss diese zuvor manuell aus dem Steckverbinder herausgelöst werden. Das Steckergehäuse, bestehend aus einer Kunststoffmasse, wird durch Zerstörung entfernt, so dass die Steckerbrücke (in Abbildung 6 weiß und mit Schutzkontakt) mit den beiden Anschlusspins sowie den Enden der Anschlusskabel mit deren Vercrimpungen zum Vorschein kommt. Abbildung 6: Herausgelöste Steckerbrücke mit mangelhafter Vercrimpung. Schon hier ließ sich bereits vielfach erkennen, dass erhebliche Mängel an den Vercrimpungen, also den Verpressungen der Leiter in den Kontaktpins, vorhanden waren.es war keine Seltenheit, dass die Leiterquerschnitte und Kontaktanpressdrücke zu gering waren und Abspleisungen festgestellt wurden. Dies hat die bekannten Folgen Übergangswiderstand, höhere thermische Belastung durch Verzunderung sowie übermäßige Alterung auf Grund der mangelhaften Vercrimpung des Steckverbinders. Eine Brandgefahr durch die Steckerbrücke ergibt sich im Wesentlichen durch folgende Faktoren: Nicht ausreichend temperaturbeständiges Material, übermäßige Alterung, Verzunderung, Lufteinschlüsse, die zur Ozonbildung führen, Lichtbogenbildung. Durchführung der Prüfung Bei der normgerechten Prüfung wird die aus dem Steckerverbinder heraus gelöste Steckerbrücke in ein Prüfgestell eingespannt und für 30 Sekunden mit dem auf 750 C erhitzten Glühdraht, der mit einer definierten Kraft zwischen die Steckerpins drückt, beaufschlagt (Abbildung 7). 18

GRUNDSATZTHEMA Abbildung 7: Prüfgestell mit Prüfling nach zwei Sekunden thermischer Belastung durch den Glühdraht. Je nach Materialeigenschaften beginnt sich nun das Material der Steckerbrücke zu verformen, zu schmelzen oder zu brennen. Um die Prüfung erfolgreich zu bestehen, muss der Prüfling nach Entfernung des Glühdrahtes von der Steckerbrücke spätestens nach weiteren 30 Sekunden selbst verlöschen. Ergebnis Die Auswertung ergab, dass über 50 Prozent der Prüflinge nicht den Anforderungen der Glühdrahtprüfung entsprachen und beanstandet werden mussten. Bei der formalen Überprüfung der GS-Ausweise bei Handel und Hersteller wurde mehrfach die unrechtmäßige Verwendung des GS-Zeichnens beanstandet und entsprechend 19 Absatz 1 Nr. 5 GPSG Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Ferner wurde ein Vorgang wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Im Rahmen des Verwaltungshandelns wurden die betroffenen Händler vom Prüfergebnis ihrer Proben informiert und je nach Fall weitere Maßnahmen veranlasst. Am Sitz der Hersteller wurden die zuständigen Marktüberwachungsbehörden über das Internet (ICSMS) von den Prüfergebnissen informiert und je nach Gefährlichkeit des Produktes die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet. In Zusammenarbeit der Marktaufsichtbehörde mit einer Prüf- und Zertifizierungsstelle konnten mehreren Steckerherstellern aus dem asiatischen Raum die Nichtübereinstimmung ihrer zertifizierten Produkte mit den am Markt befindlichen Produkten nachgewiesen werden. Dies hatte mehrfach den Entzug der für die Stecker ausgestellten Zertifikate zur Folge. 19

GRUNDSATZTHEMA Eine Information wurde ebenfalls durch den ZVEI an die Hersteller gegeben, so dass auch Reaktionen zu dieser Thematik am gesamten Markt erfolgten. Bei der Vorbereitung und Durchführung der Schwerpunktaktion wurde darüber hinaus festgestellt, dass von den Untersuchungsstellen unterschiedlich geprüft wird. So wurde beispielsweise der Glühdraht direkt an den Außenmantel des Steckers gefahren oder es wurde ein Fenster in den Außenmantel geschnitten, um den Glühdraht an die Brücke bringen zu können oder die Brücke wurde vollständig vom Außenmantel befreit und separat der Glühdrahtprüfung unterzogen. Um eine Vergleichbarkeit der Prüfergebnisse im Sinne der Sicherheitstechnik herbeizuführen, wurde von Seiten der Marktaufsicht eine Konkretisierung der Steckerbrückenprüfung in die neue Ausgabe der DIN VDE 0620-1 eingebracht. Gemäß Abschnitt 28 Anmerkung 5 heißt es nun dort: Bei angeformten Steckern wird zur Prüfung des Trägerteils das Umspritzungsmaterial vollständig entfernt. Dadurch ist nun die Vergleichbarkeit der Prüfergebnisse sichergestellt. Wolfram Balles, Gießen, Robert Hennig, Kassel 20

GRUNDSATZTHEMA Gefährliche Steckdosenleisten Im Dezember 2004 erhielten die deutschen Marktüberwachungsbehörden aus Österreich und Island den Hinweis, dass lebensgefährliche Steckdosenleisten aus Fernost in großen Mengen auf dem Europäischen Markt angeboten werden. Bei diesen Steckdosenleisten ist der Schutzleiter nicht vorhanden, da die Zuleitungen nur zweiadrig ausgeführt sind (Abbildung 8 bis 10). Wenn ein Elektrogerät der Schutzklasse I (Geräte mit geerdetem Gehäuse wie Toaster, Bügeleisen oder Waschmaschine) an eine dieser mangelhaften Steckdosenleisten angeschlossen wird und ein elektrischer Fehler im Gerät auftritt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Personen beim Berühren des Gerätes einen lebensgefährlichen Stromschlag erhalten. Aufgrund des Gefährdungspotentials hat das Hessische Sozialministerium die Regierungspräsidien gebeten, die Produktüberprüfungen im Handel auf Steckdosenleisten zu konzentrieren. Das Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik Wiesbaden, überprüfte daraufhin in 14 Ladengeschäften insgesamt 44 verschiedene Steckdosenleisten. Dabei wurden die lebensgefährlichen Steckdosenleisten in zwei Ladengeschäften vorgefunden und von den Aufsichtsbeamten sofort sichergestellt. Darüber hinaus sind bei Sichtkontrollen an 16 Steckdosenleisten noch weitere sicherheitstechnische Mängel festgestellt worden (siehe Tabelle 1). Besonders die zum Teil sehr geringen Leitungsquerschnitte stellen für die Verbraucher eine erhebliche Gefahr dar. Bei maximal zulässiger Belastung der Steckdosenleiste können sich aufgrund des geringen Leitungsquerschnittes die Kabel unbemerkt so stark erhitzen, dass dadurch Wohnungsbrände ausgelöst werden können. Mangel Nicht wieder anschließbare Steckdosenleiste lässt sich mit handelsüblichem Werkzeug öffnen Anzahl der fehlerhaften Steckdosenleisten 13 Leitung des Schutzleiters ist zu kurz 8 Leitungsquerschnitte sind zu klein 9 Auf den Zuleitungen fehlt die vorgeschriebene Kennzeichnung 9 Angaben zum Hersteller bzw. Importeur fehlen bzw. sind unvollständig 14 Tabelle 1: Vorgefundene Mängel bei den kontrollierten Steckdosenleisten. Im Zusammenhang mit der Überprüfungsaktion wurden auch 17 GS-Zeichen kontrolliert. In allen 17 Fällen konnten die Prüfstellen den Steckdosenleisten bzw. den auf den Produkten angegebenen Herstellern keinen gültigen GS-Zeichengenehmigungsausweis zuordnen. Insofern lag in allen Fällen GS-Zeichenmissbrauch vor. 21

GRUNDSATZTHEMA Abbildung 8: Eine Steckdosenleiste mit Schalter. Da die Hersteller beziehungsweise Importeure der mangelhaften Steckdosenleisten ihren Sitz nicht im Aufsichtsbezirk des Regierungspräsidiums Darmstadts hatten, wurden die festgestellten Mängel den jeweils örtlich zuständigen Behörden mitgeteilt. Darüber hinaus veranlasste das Regierungspräsidium, dass die Händler die mangelhaften Steckdosenleiten nicht mehr weiter verkauften und diese an die Lieferanten zurückgegeben beziehungsweise vernichtet wurden. Abbildung 9 und 10: Steckdosenleiste ohne Schutzleiteranschluss. Zusammenfassend ist festzustellen, dass überwiegend Steckdosenleisten aus dem Niedrigpreissegment erhebliche Mängel aufwiesen. Darüber hinaus wurde bei diesen Produkten durch gefälschte GS-Zeichen den Verbrauchern eine scheinbare Sicherheit vorgetäuscht. Das Regierungspräsidium Darmstadt wird daher zukünftig insbesondere Billigwaren mit GS- Zeichen verstärkt kontrollieren. Jutta Sanner, Wiesbaden Stromschlaggefahr durch fehlerhafte Geräteanschlussleitungen Durch eine Verbraucherbeschwerde wurde das Regierungspräsidium Gießen auf fehlerhafte Geräteanschlussleitungen aufmerksam gemacht. Der Inverkehrbringer der Leitungen hat seinen Firmensitz im Aufsichtsbezirk des RP Gießen. 22

GRUNDSATZTHEMA Was war vorgefallen? Ein Verwender hatte bei der Benutzung der Geräteanschlussleitung, die einem USB- Gehäuse beilag, einen Stromschlag bekommen, der Gott sei Dank glimpflich ausgegangen war. Bei den fehlerhaften Produkten handelt es sich um zweiadrige Geräteanschlussleitungen mit Euro-Flachstecker und Gerätesteckdose. Diese finden Verwendung im Bereich Unterhaltungselektronik, PC-Zubehör, Rasierapparate, Bürogeräte usw. Die Leitungen sind Zukaufteile und sehr weit verbreitet. Erkennbar sind diese fehlerhaften Leitungen daran, dass die Kontakte der Gerätesteckdose bündig abschließen oder überstehen (Abbildung 11). Bei eingestecktem Netzstecker besteht dann Stromschlaggefahr. In Ordnung sind die Leitungen dagegen, wenn die Kontakte versenkt sind und etwa vier Millimeter vor Abschluss des Steckers im Innern enden (Abbildung 12). Abbildung 11: Fehlerhafte Stecker-Leitungen an einer Geräteanschlussleitung. Abbildung 12: Korrekter Stecker-Leitungen an einer Geräteanschlussleitung. Der Importeur dieser Produkte reagierte umgehend, indem er seine Kunden informierte und das mangelhafte Produkt zurückrief. Zusätzlich wurde noch auf der Homepage des Importeurs vor der fehlerhaften Netzanschlussleitung gewarnt. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden konnte, dass solche fehlerhaften Leitungen auch auf anderem Wege in den Handel gelangt sein könnten, wurde vom Hessischen Sozialministerium eine Presseinformation herausgeben. 23

GRUNDSATZTHEMA Schließlich wurde auch noch der VDE informiert, der ausschließlich die zweiadrige Leitung und den Euro-Flachstecker zertifiziert hatte. Da sich der VDE durch die Zertifizierung zu Unrecht als Betroffener sah, wurde ebenfalls auf dessen Homepage vor diesem Produkt gewarnt und eine Presseinformation veröffentlicht. Brennende Schneemänner Michael Axmann, Gießen Advent, Advent, die Lichterkette brennt. Davon konnte am zweiten Advent 2004 eine Frau aus Roßdorf bei Darmstadt ein Lied singen. Auf dem Weihnachtsmarkt hatte sie am Wochenende in Darmstadt eine zehnteilige Lichterkette für 3,50 Euro erstanden. Jedes Birnchen steckte im Zylinderhut eines kleinen Plastik-Schneemannes. Die Leuchtkraft dieser Schneemännerkette sollte sich im Kinderzimmer entfalten. Stattdessen wäre es fast zur Katastrophe gekommen. Nur die mütterliche Sorgfalt verhinderte Schlimmeres. Bereits nach zehn Minuten fiel der Mutter ein brenzliger Geruch auf, den sie schnell auf die heiße Lichterkette zurückführen konnte. Einzelne Birnchen waren schwarz verschmort, die Plastikmännchen verformt. Bei weiterer Einwirkung wäre der Kunststoff flüssig abgetropft und hätte Feuer fangen können. Die Birnchen wurden sehr heiß. Der Schrecken saß tief. Die Frau übergab die defekte Lichterkette der Polizei, die die Lichterkette an die für Produktsicherheit zuständige Behörde beim Regierungspräsidium Darmstadt weiterleitete. Der Markthändler in Darmstadt wurde befragt, hatte aber keine weiteren Exemplare dieser Ketten. Die Marktüberwachungsbehörde konnte den Hersteller beziehungsweise Einführer ermitteln und das Erforderliche veranlassen. Leider zeigt aber die Erfahrung der Marktaufsichtsbehörde, dass derartige Importe aus billig produzierenden Ländern immer wieder den Weg auf unsere Verkaufstische finden. Deshalb wurden an die Öffentlichkeit einige grundlegende Sicherheitshinweise gegeben. Aus Gründen der Verständlichkeit wurden vereinfachte Begriffe benutzt, da nicht allen Zeitungslesern die Fachbegriffe wie Leuchtmittel geläufig sind oder erwartet werden kann, dass die Leser die Berechnung des Spannungsabfalls beherrschen. Im Bereich von Kindern, auch in Kindergärten, bei Weihnachtsfeiern und bei den vielen Aktivitäten der Vorweihnachtszeit sollten keine Lichterketten verwendet werden, die direkt am Netz mit 230 Volt betrieben werden. Dies ist leicht daran zu erkennen, dass die meist grünen oder weißen Leitungsadern direkt vom Stecker auf die Birnchen gehen. Vorsicht auch mit Kästchen, die keine Transformatoren sind, sondern nur ein Schaltteil für verschiedene Lichtprogramme beinhalten. Oft sind darin die Adern ohne Zugentlastung fest gelötet und stehen unter voller Netzspannung. 24

GRUNDSATZTHEMA Bei den Direktketten sind an jeder Stelle einer durchtrennten Kette wesentlich höhere Spannungen zu messen als von den in Reihe geschalteten einzelnen Birnchen mit jeweils nur drei oder zwölf Volt zu vermuten ist. Schneidet ein Kind beim Basteln die dünnen Adern eines Lichternetzes oder einer Kette durch, kann es einen gefährlichen Stromschlag unter hoher Spannung erleiden! Es hat bereits einen solchen Fall aus einem Kindergarten in Mittelhessen gegeben. Nur weil die Schere einen isolierten Griff hatte, war dort nichts Ernstes passiert. Soweit sich ein Transformator zwischen Stecker und Lichterkette befindet, wird die Kette mit meist ungefährlicher Kleinspannung betrieben. Das ist zur Sicherheit vorzuziehen. Hütchen und Dekorationen, die über die Birnchen gestülpt werden, können sich bei ungenügender Wärmeabfuhr so stark erhitzen, dass sie verschmoren. Deshalb niemals unbeaufsichtigt die Lichter anlassen! Die Marktkontrolleure der Abteilung Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik haben es an der Kette vom Darmstädter Weihnachtsmarkt selbst nachvollzogen. Sie war noch in elektrischer Funktion, aber nach fünf Minuten fing es an, streng nach geschmortem Kunststoff zu riechen. Die verformten Gesichter der Schneemänner wurden immer länger. Alle elektrischen Produkte müssen die CE-Kennzeichnung haben, mit der der Hersteller bestätigt, dass sein Produkt den europäischen Normen entspricht. Leider nehmen es einige Importeure damit nicht so genau. Die Behörde ist daher in ständigem Kontakt mit dem Handel. Besser ist ein zusätzlich vorhandenes GS-Zeichen ( Geprüfte Sicherheit ), das nur durch eine unabhängige Prüfstelle vergeben werden darf. Qualität hat seinen Preis, das muss auch der kostenbewusste Verbraucher wissen. Bei der Sicherheit gibt es keinen Rabatt! Ein Beitrag über die betreffende Lichterkette wurde in RTL Hessen TV am 16. Dezember 2004 als 3-Minuten-Reportage im Guten-Abend-Magazin gesendet. Die betroffene Kundin, der Händler und die zuständigen Bearbeiter der Marktüberwachungsbehörde kamen zu Wort. Eindrucksvoll konnte im Bild vorgeführt werden, wie innerhalb kurzer Zeit ein überhitzter Kunststoff-Schneemann abstürzte. Günther Woost, Darmstadt 25

GRUNDSATZTHEMA Fliegender Hammer Plötzlich löst sich der Hammerkopf und fliegt durch die Luft. Dann wird es für die Umstehenden gefährlich. Auf dem Bau verhindert der Schutzhelm das Schlimmste. Beim Heimwerken ist die Familie in Gefahr. In beiden Bereichen ist sicheres Werkzeug unerlässlich für sicheres Arbeiten. Die Marktüberwachungsbehörde innerhalb der Arbeitsschutzverwaltung ist zuständig für den technischen Verbraucherschutz. Produkte für die Arbeit, für Haushalt und Freizeit werden überprüft, für gut befunden oder aus dem Verkehr gezogen. Dabei hilft die eigene Geräteuntersuchungsstelle in Kassel, die auf Veranlassung des Regierungspräsidiums Darmstadt einige 1.000 Gramm-Hämmer getestet hat. Den südhessischen Marktkontrolleuren war aufgefallen, dass Kennzeichen fehlten und die Befestigungsstelle im Hammerkopf undurchsichtig versiegelt war. Unter dem roten Lack verbarg sich eine unzureichende Befestigung des Stiels. Der Hammerkopf darf sich erst bei einer Kraft von 9.000 Newton (N) abziehen lassen, er löste sich aber bereits bei knapp 5.500 N. Da die Ursprungszeichen fehlten, wäre zudem im Falle eines Produkthaftungsanspruches der Hersteller nicht zu identifizieren gewesen. Außerdem waren Gewichtstoleranzen unterschritten. Ein 1.000 Gramm-Hammer darf höchstens um 60 Gramm variieren. Die Nachmessung erbrachte im Extremfall eine Materialersparnis von 105 Gramm. Der Käufer erwirbt also nicht mal einen 900 Gramm-Hammer. Dies alles führte zu einer Untersagungsverfügung, mit der dem Einführer verboten wurde, das Produkt in Verkehr zu bringen, also zu verkaufen. Der entscheidende Grund für das Verbot war der gefährliche Mangel der Stielbefestigung und die damit verbundene Unfallgefahr. Der Importeur hat die Hämmer aus dem Handel genommen, der Markt hat ein unsicheres Produkt weniger und die Verbraucher sind dank der Marktkontrolle vor unsicheren Produkten geschützt. Das Beispiel des Hammers zeigt, dass auch vertraute Produkte gefährlich sein können. Trotz Tausender von Jahren Erfahrung in der Herstellung und Handhabung von Hämmern werden durch billige Importe Sicherheit und Gesundheit der Verbraucher aufs Spiel gesetzt. Beim Kauf sollte daher stets auf die Sicherheit geachtet werden. In diesem Sinne wurde anlässlich einer Pressekonferenz der Arbeitsschutzbehörde, in der weitere unsichere Produkte vorgestellt wurden, die Öffentlichkeit informiert. Zahlreiche Presseberichte sind daraufhin erschienen und haben die Warnung vor gefährlichen Produkten weiter zu den Verbrauchern getragen. Günther Woost, Darmstadt 26

GRUNDSATZTHEMA Nach Samba-Klängen in die Notaufnahme Am 24. September 2004 erhielt die Abteilung Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik des Regierungspräsidiums Darmstadt am Standort Wiesbaden die Mitteilung, dass mehrere Kinder und die Betreuerin einer Wiesbadener Kindertagesstätte wegen des Verdachts auf Vergiftungen zur Untersuchung in die Notaufnahme der Kinderklinik eines Wiesbadener Krankenhauses eingeliefert wurden. Zum Musizieren in einer Kindertagesstätte hatte die Betreuerin eine Samba-Rassel (Abbildung 13) benutzt, deren Griff sich plötzlich löste. Die in der Rassel enthaltenen Samenkörner fielen heraus und verteilten sich im Gruppenraum auf dem Boden. Bevor die Betreuerin die Samenkörner einsammeln konnte, hatten bereits mehrere der anwesenden Kinder die Samenkörner angefasst und zum Teil auch in den Mund genommen. Bei den Samenkörnern handelt es sich um die etwa fünf Millimeter großen Samen der Paternostererbse (Abrus precatorius), die beim Verschlucken zu akuten Vergiftungserscheinungen führen können, insbesondere wenn sie zerbissen werden oder die Samenschale beschädigt ist. Für Kleinkinder erscheinen diese Samenkörner besonders interessant, weil sie von ihrer Farbe (rot/schwarz) und Größe Marienkäfern ähnlich sehen (Abbildung 14). Nachdem die Betreuerin die Gefahr erkannt hatte, wurde unverzüglich die ärztliche Versorgung für die betroffenen Kinder eingeleitet. Nach ärztlicher Behandlung und Beobachtung konnten alle Kinder und die Betreuerin am nächsten Tag wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Zum Glück war es nicht zu akuten Vergiftungen gekommen. Als die Vorkommnismeldung bei der hiesigen Dienststelle einging, wurde zur Ermittlung des genauen Sachverhaltes unverzüglich mit dem behandelnden Kinderarzt und der betroffenen Betreuerin im Krankenhaus Kontakt aufgenommen. Es stellte sich heraus, dass die Samba- Rassel bereits vor drei bis vier Jahren erworben wurde. Leider war es nicht mehr möglich den Hersteller, Lieferanten und die genaue Produktbezeichnung der Rassel zu ermitteln. Abbildung 13: Samba-Rassel. Abbildung 14: Paternostererbsen (Abrus precatorius). 27

GRUNDSATZTHEMA Am gleichen Tag wurden bei dem fraglichen Händler Proben entnommen und untersucht. Es wurde festgestellt, dass keine der angebotenen Rasseln die giftigen Paternostererbsen enthielten. Vom Regierungspräsidium Darmstadt wurde eine Presseerklärung herausgegeben, durch die die Verbraucher über den Vorfall informiert und vor den giftigen Inhaltsstoffen der hier abgebildeten Rassel gewarnt wurden. Den Verbrauchern wurde empfohlen, vor dem Kauf dieser Produkte den Händler nach den Inhaltsstoffen zu fragen. Akkreditierung wozu? Jürgen Langanki, Wiesbaden Welche Einrichtung hat denn da geprüft, wer ist das und welchen Sachverstand hat diese Stelle? Was befähigt Ihre Messstelle, ist sie gleichwertig mit dem TÜV? Diese oder ähnliche Fragen werden Sie vielleicht auch schon gehört haben, wenn Sie ein unsicheres Produkt aus dem Verkehr gezogen haben, von dem der Hersteller der Überzeugung ist, dass von diesem Produkt keinerlei Gefahren ausgehen. Die richtige Aussage gilt es insbesondere dann zu belegen, wenn Ihr Ergebnis zu einer anderen Erkenntnis führt als das eines renommierten Prüfinstituts. Wir haben im Fachzentrum oft mit unsicheren Verbraucherprodukten zu tun, die teilweise sogar das Prüfsiegel Geprüfte Sicherheit (GS) tragen, was von einer unabhängigen Prüfstelle (z.b. einer TÜV-Prüfstelle ) vergeben wurde. Dann fragt der Hersteller (oder Importeur) zu Recht: Wer hat Recht? Und wenn die Auseinandersetzung mit dem Hersteller oder Importeur zu keiner Einigung führt, dann kann es am Ende der Verwaltungsrichter sein, der diese widersprüchlichen Aussagen klären muss. An welchem objektiven Sachverhalt kann er sich orientieren? Akkreditierung: ja? Nein? Oder.? Damit es gar nicht soweit kommt und etwaige Zweifel im Hinblick auf die Qualität der Prüfergebnisse von vornherein ausgeschlossen werden, haben wir als Geräteuntersuchungsstelle einer Landesbehörde die Akkreditierung als Prüfstelle beantragt und erhalten. Akkreditierung? Was heißt das und welche Bedeutung hat diese Urkunde? Zunächst bedeutet Akkreditierung in diesem Zusammenhang nichts anderes, als dass wir auf der Grundlage der internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 17025 Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien arbeiten und diese Norm erfüllen. Eine derartige Akkreditierung erteilt in Deutschland die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) für den gesetzlich geregelten Bereich des GPSG. Sie erfüllt diese Aufgabe für alle Bundesländer in erster Linie für private Prüfeinrichtungen, die diese Bestätigung zum Beispiel zur Vergabe der GS-Zeichen benötigen. Wesentliche Voraussetzung für die Akkreditierung ist die Unabhängigkeit und die fachliche Kompetenz sowie die notwendigen Untersuchungseinrichtungen (Labor). Bevor eine Akkre- 28