Finanzierung 2. Die Finanzierung der Staatstätigkeit Steuern im internationalen Vergleich 0
Fragestellungen: - Gibt es Hinweise auf den Leviathan-Staat? - Welche Auswirkungen hat der Steuerwettbewerb? - Wie ist das Verhältnis zwischen Effizienz- und Gerechtigkeitsargumenten? Wir betrachten: - Die Entwicklung von Steuer- und Abgabenquoten - Die Entwicklung der Abgabenstruktur - Die Entwicklungen bei einzelnen Steuersätzen 1
Entwicklung von Steuer- und Abgabenquoten Definitionen: - Steuerquote = Steueraufkommen in % des BIP - Sozialabgabenquote = Aufkommen an Sozialversicherungsabgaben in % des BIP - Abgabenquote = Steueraufkommen + Aufkommen an Sozialversicherungsabgaben in % des BIP 2
Entwicklung von Steuer- und Abgabenquoten Tendenzen: - Steuer- und Abgabenquoten sind in den letzten 30 Jahren in fast allen Ländern gestiegen = > die Bedeutung des Staates in der Wirtschaft hat zugenommen - Die Zuwachsraten bei der Steuerquote waren in den 1970er Jahren sehr hoch - Zwischenzeitlich sind die Abgabenquoten insgesamt leicht zurückgegangen, zuletzt aber wieder gestiegen; und sie sind aufgrund der Maßnahmen gegen die Finanzkrise weiter angestiegen 3
Steuerquoten im internationalen Vergleich 1970 1980 1990 1995 2000 2005 2006 Veränderung 2006 geg. 1970 Deutschland 1) 20,8 22,7 20,6 23,3 22,7 20,9 21,9 1,1 Belgien 24,7 30,2 28,8 29,9 31,0 31,5 31,0 6,3 Dänemark 37,7 43,2 45,7 47,8 47,7 49,2 48,1 10,4 Finnland 28,9 29,1 35,0 32,7 35,3 32,0 31,3 2,4 Frankreich 21,7 23,3 24,0 25,2 28,4 27,8 27,8 6,1 Griechenland 15,7 16,2 20,5 21,9 20,5 17,7 20,2 4,5 Irland 26,4 26,9 28,5 28,1 27,5 26,1 27,6 1,2 Italien 16,2 18,9 26,1 28,2 30,2 28,4 29,6 13,4 Japan 15,5 17,8 21,3 17,6 17,5 17,3 17,7 2,2 Luxemburg 19,1 29,1 29,7 31,1 29,1 27,8 26,0 6,9 Niederlande 23,2 27,0 26,9 24,4 24,2 25,8 25,1 1,9 Norwegen 28,9 33,5 30,6 31,5 33,7 34,8 35,2 6,3 Österreich 25,8 27,5 27,2 26,5 28,1 27,6 27,3 1,5 Polen - - - 27,6 22,4 20,7 21,4 - Portugal 14,7 17,0 21,3 23,7 23,8 22,7 24,3 9,6 Schweden 31,9 32,8 37,8 35,1 38,7 37,2 36,6 4,7 Schweiz 17,2 20,1 20,6 20,8 23,1 22,6 22,7 5,5 Slowakei - - - - 19,8 18,8 17,9 - Spanien 10,2 11,9 21,4 21,0 22,2 23,7 24,4 14,2 Tschechien - - - 23,7 19,7 21,6 20,8 - Ungarn - - - 27,3 26,9 25,6 25,2 - Vereinigtes Königreich 31,9 29,3 30,7 28,7 30,9 29,6 30,3-1,6 Vereinigte Staaten 23,2 21,1 19,8 20,7 23,0 20,6 21,3-1,9 Durchschnitt 24,3 26,6 28,8 27,3 27,2 26,5 26,7 1) 1970 bis 1990 nur alte Bundesländer 4
Sozialabgabenquoten im internationalen Vergleich 1970 1980 1990 1995 2000 2) 2005 Veränderung 2005 geg. 1970 Deutschland 1) 9,0 11,9 12,3 14,9 19,6 18,2 9,2 Belgien 9,8 12,2 14,4 14,7 14,2 13,4 3,6 Dänemark 1,5 0,7 1,4 1,6 1,7 1,7 0,2 Finnland 2,9 7,0 9,6 12,4 12,1 12,2 9,3 Frankreich 12,4 17,3 19,0 18,8 15,7 15,8 3,4 Griechenland 6,7 8,0 8,8 10,5 14,1 13,8 7,1 Irland 2,4 4,5 5,0 4,7 4,1 4,6 2,2 Italien 9,9 11,5 12,8 13,0 11,6 12,0 2,1 Japan 4,5 7,3 8,7 10,0 9,7 9,8 5,3 Luxemburg 7,7 11,7 11,1 11,2 10,1 9,8 2,1 Niederlande 12,6 16,6 16,1 17,5 15,7 11,8-0,8 Norwegen 5,5 9,0 10,9 9,6 8,5 8,3 2,8 Österreich 8,8 12,3 13,2 15,1 15,2 14,7 5,9 Polen 12,0 10,4 12,1 - Portugal 4,7 7,1 7,9 8,8 8,5 12,4 7,7 Schweden 5,6 13,3 14,1 13,4 13,1 12,3 6,7 Schweiz 5,3 8,8 6,3 7,7 6,8 6,6 1,3 Slowakei 14,3 12,7 - Spanien 6,1 11,2 11,8 11,8 11,7 11,9 5,8 Tschechien 16,4 14,2 15,6 - Ungarn 15,1 11,6 11,9 - Vereinigtes Königreich 5,1 5,9 6,1 6,1 6,4 7,5 2,4 Vereinigte Staaten 4,5 5,9 6,9 6,9 7,1 7,3 2,8 Durchschnitt 6,7 9,8 10,6 11,7 11,1 11,1 1) 1970 bis 1990 nur alte Bundesländer 2) 1970 bis 1995 OECD Finanzstatistik; ab 2000 EU-Kommission: direkte und indirekte Steuern plus tatsächliche Sozialversicherungsbeiträge 5
Abgabenquoten im internationalen Vergleich 1970 1995 2000 2) 2005 2008 6 2008 geg. 1970 2005 geg. 1995 2008 geg. 2005 Deutschland 1) 29,8 38,2 42,3 39,1 39,7 9,9 0,9 0,6 Belgien 34,5 44,6 45,0 44,7 44,3 9,8 0,1-0,4 Dänemark 39,2 49,4 49,4 50,9 48,2 9,0 1,5-2,7 Finnland 31,8 45,1 47,4 44,1 43,4 11,6-1,0-0,7 Frankreich 34,1 44,0 44,1 43,6 42,9 8,8-0,4-0,7 Griechenland 22,4 32,4 34,6 31,8 31,8 9,4-0,6 0,0 Irland 28,8 32,8 31,6 30,7 29,2 0,4-2,1-1,5 Italien 26,1 41,2 41,8 40,4 42,9 16,8-0,8 2,5 Japan 20,0 27,6 27,1 27,2 28,8 8,8-0,4 1,6 Luxemburg 26,8 42,3 39,2 37,6 35,6 8,8-4,7-2,0 Niederlande 35,8 41,9 39,9 37,6 39,1 3,3-4,3 1,5 Norwegen 34,4 41,1 42,2 43,1 42,2 7,8 2,0-0,9 Österreich 34,6 41,6 43,3 42,4 42,9 8,3 0,8 0,5 Polen - 39,6 32,8 33,1 34,3-6,5 1,2 Portugal 19,4 32,5 34,3 35,1 36,7 17,3 2,6 1,6 Schweden 37,5 48,5 51,8 49,5 47,1 9,6 1,0-2,4 Schweiz 22,5 28,5 29,9 29,2 29,1 6,6 0,7-0,1 Slowakei - - 34,1 31,4 29,2-2,2 Spanien 16,3 32,8 33,9 35,6 33,1 16,8 2,8-2,5 Tschechien - 40,1 33,9 37,2 35,5-2,9-1,7 Ungarn - 42,4 39,0 37,5 40,4-4,9 2,9 Vereinigtes Königreich 37,0 34,8 37,3 37,1 38,5 1,5 2,3 1,4 Vereinigte Staaten 27,7 27,6 29,7 27,4 26,3-1,4-0,2-1,1 1) 1970 bis 1990 nur alte Bundesländer 2) 1970 bis 1995 OECD Finanzstatistik; ab 2000 EU-Kommission: direkte und indirekte
Entwicklung von Steuer- und Abgabenquoten Vorläufiges Fazit: - Ein markanter Rückgang der Abgabenquoten ist gegenüber 1995 feststellbar; - In einigen Ländern sind Quoten in den letzten Jahren wieder gestiegen - Der Steuerwettbewerb hat offenbar die Besteuerungsmöglichkeiten der Nationalstaaten noch nicht so dramatisch beschnitten, dass die Staatsquoten dauerhaft zurückgehen - Haben wir doch einen Leviathan-Staat? Oder gibt es andere Erklärungen? 7
Erklärungsansätze für steigende Staatsquote: - Öffentlicher Sektor produziert superiore Güter: Güter für Kultur- und Wohlfahrtszwecke (A. Wagner); Infrastrukturgüter, die komplementär zu privaten superioren Gütern sind. - Brechtsches Gesetz: Urbanisierung und räumliche Konzentration führen zu überproportionalem Anstieg der öffentlichen Ausgaben (z.b. innere Sicherheit, Infrastruktur) 8
Erklärungsansätze : - Verschiebungen der Staatsquote in Krisenzeiten (z.b. in Kriegen) - Baumolsche Kostenkrankheit : Produktivitätssteigerung im öffentlichen Sektor (als Teil des tertiären Sektors) geringer als im privaten Sektor, jedoch gleiche Lohnentwicklung. Daher steigen die Stückkosten des öffentlichen Sektors im Vergleich zum privaten Sektor. Dann steigt bei gleichem realen Produktionsanteil der Ausgabenanteil des öffentlichen Sektors. - Bürokratie, Lobbyismus und Politikerverhalten führen zu Aufblähung des Staates. - Weitere Gesichtspunkte: Globalisierung und öffentlicher Sektor 9
Steuer- und Abgabenquoten - Status Quo 2005: - - Österreich hatte 2005 eine durchschnittliche Steuerquote (27,6 %) und eine vergleichsweise hohe Sozialabgabenquote (14,7 %). - - Die Abgabenquote (42,3 %) war im Spitzenfeld. - - 2008 lag die Abgabenquote Österreichs prognostiziert bei 42,9%. 10
Abgabenquoten im internationalen Vergleich (2005) 60,0 in % Steuerquote Abgabenquote 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 Quelle: Bundesministerium für Finanzen (2009); EU- Kommission, OECD 11
Entwicklung der Abgabenstruktur Allgemeines: - Die Abgabenquoten lassen keine Aussagen über steuerwettbewerbsbedingte strukturelle Veränderungen zu - Die Abgabenstruktur zeigt die Aufteilung der Abgaben auf verschiedene Aggregate bzw. Einzelsteuern - Unterschieden wird zwischen Steuern vom Einkommen, Abgaben auf Arbeit, Steuern vom Vermögen, Steuern vom Verbrauch und Sonstigen Steuern 12
Entwicklung der Abgabenstruktur - 1980 bis 2003: - Steuern vom Einkommen haben in der OECD stark, in der EU leicht an Bedeutung verloren; Grund war der Rückgang bei den (persönlichen) veranlagten Einkommensteuern, die KÖSt ist gestiegen - Am deutlichsten gestiegen ist der Anteil der Abgaben auf Arbeit in der OECD und in Deutschland - Der Anteil der Steuern auf Vermögen ist in der EU-15 gestiegen, trotz des Rückgangs in Deutschland 13
Entwicklung der Abgabenstrukturen (1980-2003) Steuern vom Einkommen Kaptialges. Sonstige Summe Abgaben auf Arbeit 1) Steuern vom Vermögen Steuern vom Verbrauch Sonstige Steuern 2) Deutschland 1980 5,5 29,6 35,1 34,5 3,3 27,1 0,0 1995 2,8 27,5 30,3 39,0 2,8 28,0 0,1 2003 3,5 23,9 27,4 40,5 2,4 29,4 0,3 1980-2003 3) -2,0-5,7-7,7 +6,0-0,9 +2,3 +0,3 EU-15 1980 5,8 27,9 33,6 30,7 4,2 31,1 0,5 1995 6,8 26,7 33,5 30,4 4,5 31,0 0,6 2003 8,1 25,1 33,2 29,8 5,3 30,6 1,2 1980-2003 3) +2,3-2,8-0,4-0,9 +1,1-0,5 +0,7 OECD 1980 7,6 30,6 38,2 23,4 5,3 32,4 0,7 1995 8,1 27,2 35,3 25,6 5,5 32,4 1,2 2003 9,3 25,1 34,4 27,0 5,6 32,1 0,9 1980-2003 3) +1,7-5,5-3,8 +3,6 +0,3-0,3 +0,2 1) Sozialversicherungsbeiträge und sonstige Steuern von der Lohnsumme. 2) Einschließlich Rundungsdifferenzen. 3) Veränderung in Prozentpunkten. Quelle: Schratzenstaller, M. (2007) Steuerwettbewerb: Sürbare Folgen?, in: Kellermann, Ch. Und Zitzler, J. (Hrsg.), Steuern im europäischen Wettbewerb. Unterbieten oder gemeinsam gestalten?, Friedrich Ebert Stiftung, S. 52-59, nach OECD (2006), Revenue Statistics, Paris. 14
Die Abgabenstruktur - Status Quo 2005: - Österreich weicht vom EU-Durchschnitt ab: - Geringer Anteil der Steuern vom Vermögen - Geringerer Anteil der Einkommensteuern - Höherer Anteil der Sozialversicherungsabgaben - Hoher Anteil der Steuern von der Lohnsumme - Weitere markante EU-Ausreißerländer: - Dänemark (Einkommensteuern), Groß Britannien (Vermögenssteuern), Irland (Verbrauchsteuern) - Andere Länder mit Abweichungen: - USA, Schweiz (Einkommensteuern, Vermögenssteuern) 15
Abgabenstruktur im internationalen Vergleich (2005) Einkommensteuern (Lohn-, ESt und KÖSt) Sozialversicherungsbeiträge Steuern von der Lohnsumme Steuern vom Verbrauch Steuern vom Vermögen Übrige Steuern Summe Österreich 28,6 34,5 6,1 28,4 1,3 1,1 100,0 Belgien 39,2 30,7 25,3 3,7 1,1 100,0 Dänemark 60,5 2,2 0,4 32,6 3,8 0,5 100,0 Finnland 38,3 27,2 31,4 2,7 0,4 100,0 Frankreich 23,5 36,9 2,7 25,5 7,8 3,6 100,0 Deutschland 28,2 39,9 29,0 2,5 0,4 100,0 Irland 38,5 14,8 38,6 7,7 0,4 100,0 Großbritannien 38,4 18,9 30,3 11,9 0,5 100,0 EU 15 33,6 28,4 0,9 30,5 5,4 1,2 100,0 Polen 17,9 40,9 0,7 36,0 3,8 0,7 100,0 Slowakei 18,1 37,3 42,5 1,8 0,3 100,0 Tschechien 24,4 42,7 31,1 1,2 0,6 100,0 Ungarn 23,9 31,5 2,2 39,2 2,3 0,9 100,0 MOEL 4 21,1 38,1 0,7 37,2 2,3 0,6 100,0 Schweiz 44,6 23,6 23,3 8,5 0,1 100,0 USA 46,7 24,7 17,2 11,3 0,2 100,0 Japan 32,0 37,7 20,0 10,0 0,3 100,0 Quelle: OECD, Revenue Statistics 1965-2005, Paris 2006 16
Die Einkommensteuer: - Erhebliche Unterschiede bei Tarifen und Bemessungsgrundlagen - Einkunftsarten und Gewinnermittlung - Familienbezogenen Bestimmungen - Angewendeten Steuertechniken - Persönlichen Merkmalen - Zuschläge zur Steuer durch andere Gebietskörperschaften in Staaten mit stark föderalem Aufbau (z.b. Schweiz) - Eigene Einkommensteuern der unteren Gebietskörperschaften in anderen Staaten (USA, Kanada, Japan) 17
53,5 52 50,1 50 50 Einkommensteuer Spitzen-Sätze (2008) 75 59 56,6 50 48 47,48 46,41 44,15 43 42 41,82 41 41 40 40 40 40 39,97 38,95 Spitzengrenzsteuersatz in % 25 35 30 25 24 21 19 15 0 Quelle: Bundesministerium für Finanzen (2009) 18
Einkommensteuer Eingangs-Sätze (2008) 60 50 51,6 40 38,338,057 33,6 Eingangssteuersatz in % 30 20 10 27,1 26,75 25 24,15 24 24 21,05 21 20 20 20 19 19 18 16,907 16 15 15 15 15 15 13,5 10,5 8,2 5,15 0 Quelle: Bundesministerium für Finanzen (2009) 19
Die Körperschaftsteuer: - Nominelle Steuersätze haben Signalfunktion; geben aber nicht die effektive Steuerbelastung an (Bemessungsgrundlage, Regelungen der Durchsetzung) 20
Körperschaftsteuersätze (2008) 45 42,34 39,62 35 34,4333,9933,5 31,4 30 29,8329,63 26,5 30 28 28 28 26 25,5 25 25 25 15 0 21 22 21,28 21 21 20,65 19 19 15 15 12,5 10 Polen Litauen Lettland Irland Zypern Ungarn Estland Tschechien Schweiz (Kanton Zürich) Slowakei Japan USA (New York) Malta Frankreich Belgien Kanada (Ontario) Italien Spanien Deutschland Luxemburg Schweden Großbritannien Norwegen Portugal Finnland Niederlande Dänemark Österreich Griechenland Slowenien Quelle: Bundesministerium für Finanzen (2009) Steuersatz in %
Die Körperschaftsteuer: Unterschiedliche Behandlung der steuerlichen Doppelbelastung (Unternehmen und Person): - Klassisches System = Belastung auch der ausgeschütteten Gewinne (USA, Irland, Schweiz) - Teilanrechnungsverfahren = teilweise Anrechnung auf ESt (in den meisten Ländern) - Vollanrechnungsverfahren = volle Anrechnung auf ESt (Italien) - Dividendenfreistellung = Gewinnausschüttung bleibt beim Teilhaber steuerfrei (Griechenland, Malta, Estland, Slowakei, Lettland) 22
Maximalbelastung auf den Ebenen (2008) Dänemark Frankreich Kanada (Ontario) Schweiz (Kanton Zürich) Belgien Schweden Ungarn USA (New York) Irland Norwegen Japan Deutschland Großbritannien Niederlande Österreich Italien Luxemburg Spanien Portugal Finnland Slowenien Malta Polen Tschechien Litauen Griechenland Zypern Estland Slowakei Lettland 12,5 10 20,65 19 21 15 25 21 19 15 25 21,28 28 34,43 33,5 33,99 28 29,83 28 25,5 25 31,4 29,63 30 26,5 26 22 0 35 13,5 39,62 0 42,34 12,75 0 15,39 11,85 0 35,88 15,6 33,75 19,02 19,7 31,72 16,5 21,6 27,55 9,06 16,66 18 18,63 18,75 12,22 13,7 12,6 14,7 14,5 0 20,16 5,77 Unternehmensebene Anteilseignerebene 0 10 20 30 40 50 60 70 23
Die Körperschaftsteuer: Wichtig sind auch andere Komponenten, z.b. Verlustrückträge und Verlustvorträge - Nicht alle Länder lassen Verlustrückträge zu (Beispiele: Frankreich, Deutschland, USA und Kanada) - Verlustrücktragsregelungen sehr unterschiedlich (Jahre, Obergrenzen etc.) - Verlustvorträge in den meisten Ländern zugelassen, in einigen mit zeitlichen Beschränkungen 24
Die Kapitalertragsteuer (KESt): - Ist von der Idee her Teil der Einkommensteuer, wird aber zunehmend als Abgeltungssteuer konzipiert - Nach wie vor unterschiedliche Steuersätze und stark differierende Besteuerungssysteme in der EU - Unterschiede in der Behandlung von Zinsen und Dividenden - Unterschiede in der Behandlung von In- und Ausländern - Unterschiede auch in der Konzeption als Abgeltungssteuer (mit oder ohne Optionsrecht) - Noch keine Abgeltungssteuer in Spanien, Frankreich, USA, Kanada, Niederlande, Norwegen 25
Die Umsatzsteuer: - Mittlerweile in allen EU-Staaten und auch Japan, Schweiz als Mehrwertsteuer konzipiert; Ausnahme: USA (lokale Sales Taxes) - Harmonisierung in der EU beschränkt sich auf Bemessungsgrundlagen und Anzahl der nationalen Steuersätze - Normalsteuersätze bewegen sich im Intervall 15% bis 25% - Österreich derzeit: 20% 26
Umsatzsteuer Normalsätze (2008) 30 25 25 22 22 21,5 21 20 20 20 20 20 19,6 19 19 19 19 19 18 18 18 18 Steuersatz in % 15 16 15 15 15 0 Quelle: Bundesministerium für Finanzen (2009); Anm: vorübergehend gesenkt in GB von 17,5 auf 15 bis 31.12.2009 27
Umsatzsteuer ermäßigte Sätze (2008) EU-Staaten Österreich 10 und 12 Belgien 6 und12 Polen 3 und 7 Dänemark - Portugal 5 und 12 Deutschland 7 Rumänien 9 Estland 5 Schweden 6 und 12 Finnland 8 und 17 Slowakei 10 Frankreich 2,1 und 5,5 Slowenien 8,5 Griechenland 4,5 und 9 Spanien 4 und 7 Irland 4,8 und13,5 Tschechien 9 Italien 4 und 10 Ungarn 5 Lettland 5 Vereinigtes Königreich 5 Litauen 5 und 9 Zypern 5 und 8 Luxemburg 3 und 6 und 12 Andere Staaten Malta 5 Norwegen 8 und 14 Niederlande 6 Schweiz 2,4 und 3,6 28
Mehrwertsteuern in der EU (2008) 29
Veränderung wichtiger nomineller Steuersätze seit den 1980er und 1990er Jahren: - Körperschaftsteuersätze sind bis auf wenige Ausnahmen überall stark gesunken - Einkommensteuersätze ebenso - Mehrwertsteuersätze konstant bzw. leicht ansteigend; Senkung der MWSt-Sätze nur in einigen neuen EU-Ländern 30
Entwicklung wichtiger nomineller Steuersätze bis 2006 Unternehmenssteuersatz 1) Einkommenssteuer- Spitzensatz 2) Mehrwertsteuersatz 3) Belgien -6,2-6,8 +2,0 Dänemark -6,0 +1,0 +3,0 Deutschland -18,5-11,6 +2,0 Finnland +1,0-3,3 0,0 Frankreich -2,3-13,3 +1,0 Griechenland -11,0-5,0 +1,0 Irland -27,5-4,0-4,0 Italien -14,9-1,8 +2,0 Luxemburg -11,3-8,2 +3,0 Niederlande -5,4-8,0-1,0 Österreich -9,0 0,0 0,0 Portugal -12,1 0,0 +5,0 Schweden 0,0 +0,5 +1,54 Spanien 0,0-11,0 +4,0 Vereinigtes Königreich -3,0 0,0 +2,5 Durchschnitt -8,5-4,7 +1,5 Estland -3,0-4,0 0,0 Lettland -10,0 0,0 0,0 Litauen -10,0-3,0 0,0 Polen -21,0 0,0 0,0 Slowakei -21,0-19,0-6,0 Slowenien 0,0 0,0 +12,0 Tschechien -17,0 0,0-4,0 Ungarn -3,6-4,0-5,0 Durchschnitt -10,7-3,7-0,9 1) Körperschaftssteuersatz inkl. Zuschläge und lokale Unternehmenssteuern; 1995-2006. 2) Alte EU-Länder: 1998-2006; neue EU-Länder: 2001-2006. 3) Alte EU-Länder: 1987-2006; neue EU-Länder: 1994-2006 Quelle: Schratzenstaller, M. (2007) Steuerwettbewerb: Sürbare Folgen?, in: Kellermann, Ch. Und Zitzler, J. (Hrsg.), Steuern im europäischen Wettbewerb. Unterbieten oder gemeinsam gestalten?, Friedrich Ebert Stiftung, S. 52-59. 31
Veränderung diverser effektiver Unternehmenssteuersätze seit den 1980er und 1990er Jahren: - EMTR und EATR sind zukunftsbezogene Maße basierend auf einer hypothetischen Investition; beide Maße weisen einen (längerfristig) fallenden Trend auf - Makroökonomische vergangenheitsorientierte Steuerlastmaße verwenden reale Daten zu Steueraufkommen und Steuerbasen; diese Maße sind in der Mehrheit der Länder gestiegen - Was jetzt? Nahm Steuerlast zu oder ab? - Steuerlast nahm Ab, denn die makroökonomischen Maße berücksichtigen nicht, dass Anzahl der AGs und GmbHs gestiegen ist und möglicherweise die Gewinne zugenommen haben 32
Entwicklung effektiver Unternehmenssteuersätze EATR (IFS) 1) EMTR (IFS) 1) EATR (ZEW) 2) steuerquote Unternehmens- (OECD) 3) 33 Impliziter Körperschaftssteuersatz (Europ- Kommission) 5) Belgien -9,0-9,0-10,8 +1,3 +2,7 Dänemark - - -8,4 +1,8 +2,5 Deutschland -16,0-29,0-11,9-0,2 - Finnland -24,0-26,0-20,6 +2,4 +1,8 Frankreich -9,0-6,0-12,2 +0,6 +5,0 Griechenland -15,0-21,0 - +2,4 4) +3,7 Irland +6,0 +10,0 +0,6 +2,2 - Italien -5,0 +1,0-8,0 +0,5 +4,6 Luxemburg - - -16,8-0,4 - Niederlande -13,0-14,0-11,9 +0,3 +1,2 Österreich -15,0-5,0-14,6 +0,9 +1,6 Portugal -28,0-33,0 - - +4,8 Schweden -24,0-27,0-32,5 +2,2 +10,6 6) Spanien 0,0-2,0 - +1,2 +12,9 Vereinigtes Königreich -2,0-20,0-16,1-0,1-4,2 Durchschnitt -11,0-10,0-13,6 +0,9 +4,0 - EATR (IHS) 7) - EATR (ZEW) 2) steuerquote Unternehmens- (OECD) 3) Estland - - 0,0 - - Lettland - - -3,4 - - Litauen - - -0,3 - - Polen 0,0 - -6,7-1,0 8) - Slowakei -0,4 - -5,4-1,2 9) - Slowenien +1,3-0,0 - - Tschechien -3,6 - +0,5-0,3 - Ungarn 0,0 - -1,3 +0,3 - Durchschnitt -0,5 - -2,1-0,6-1) Institute for Fiscal Studies; 1982-2005. 2) Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung; alte EU-Länder: 1984-2003; neue EU-Länder: 2003-2004. 3) alte EU-Länder: 1980-2004; neue EU-Länder: 1995-2004. 4) 1980-2003. 5) 1995-2003. 6) 1995-2001. 7) Institut für Höhere Studien; 2004-2006. 8)1995-2003. 9) 1998-2004. Quelle: Schratzenstaller, M. (2007) Steuerwettbewerb: Sürbare Folgen?, in: Kellermann, Ch. Und Zitzler, J. (Hrsg.), Steuern im europäischen Wettbewerb. Unterbieten oder gemeinsam gestalten?, Friedrich Ebert Stiftung, S. 52-59.
Wandel der Einkommensteuersysteme: - Typen von Einkommensteuersystemen: - Synthetisch: progressive Besteuerung sämtlicher Einkunftsarten, unabhängig von der Herkunft - Dual: Arbeitseinkommen progressiv, Kapitaleinkünfte (gering) proportional besteuert - Analytisch: Prinzip der synthetischen Besteuerung wird mindestens bezüglich einer Kapitaleinkunftsart durchbrochen - Was zeigt sich? Frühere synthetische Systeme wurden weitgehend durch analytische und zum Teil duale (Extremfall: Flat Taxes) Systeme abgelöst 34
Einkommensteuersysteme in der EU, 2005 Land Einkommensteuersystem Einkommensteuer- Spitzensätze Besteuerung der Kapitaleinkünfte Belgien Analytisch 54 Proportional Dänemark Analytisch 59 Gemischt Deutschland Analytisch 44,31 Progressiv Finnland Dual 52,2 Proportional Frankreich Analytisch 56,09 Gemischt Griechenland Analytisch 40 Proportional Irland Analytisch 42 Gemischt Italien Analytisch 44,15 Proportional Luxemburg Analytisch 38,95 Gemischt Niederlande Analytisch 52 Proportional Österreich Analytisch 50 Proportional Portugal Analytisch 40 Gemischt Schweden Dual 65,5 Proportional Spanien Analytisch 45 Gemischt Vereinigtes Königreich Analytisch 40 Gemischt Estland Flat 24 Proportional Lettland Flat 25 Proportional Litauen Flat 33 Proportional Polen Analytisch 40 Proportional Slowakei Flat 19 Proportional Slowenien Analytisch 50 Proportional Tschechien Analytisch 32 Proportional Ungarn Analytisch 38 Proportional 1) Einschließlich Zuschlagsteuern. Quelle: Schratzenstaller, M. (2007) Steuerwettbewerb: Sürbare Folgen?, in: Kellermann, Ch. Und Zitzler, J. (Hrsg.), Steuern im europäischen Wettbewerb. Unterbieten oder gemeinsam gestalten?, Friedrich Ebert Stiftung, S. 52-59. 35
Wohin führt uns das? Welche Wirkungen hat nun der Steuerwettbewerb? - 1. Spitzensteuersätze in der Einkommensteuer und Unternehmensteuersätze sinken (schlecht?) - 2. Mobile Finanzanlagen werden geringer besteuert (schlecht?) - 3. Trotz Senkung der Unternehmensteuersätze steigen die Unternehmenssteueraufkommen - 4. Trotz Senkung der Steuersätze auf Finanzanlagen steigen die Steueraufkommen -> nächste Tabelle - 5. Die Staatsabgabenquoten insgesamt steigen tendenziell wieder 36
Implizite makroökonomische Steuersätze in der EU Verbrauch (%) Arbeit (%) Kapital (%) Durchschnitt Veränderung Durchschnitt Veränderung Durchschnitt Veränderung 1995-2004 1) 1995-2004 2) 1995-2004 1) 1995-2004 2) 1995-2004 1) 1995-2004 2) Deutschland 18,5-0,7 40,2-0,2 24,4-0,8 EU-15 22,0 +1,1 36,5 +0,4 28,9 +5,5 EU-25 21,1 +0,8 35,9 +0,2 25,9 +2,7 1) Verbrauchssteuern/privater Konsum 2) In Prozentpunkten. 3) Einkommensteuer, Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge/Arbeitnehmerentgelte. - 4) Steuern für private Haushalte und Unternehmen auf Bestand, Erträge und Transaktionen von Vermögen + Unternehmensgewinne/weltweites Gewinn- und Vermögenseinkommen privater Haushalte und Unternehmen. Quelle: Schratzenstaller, M. (2007) Steuerwettbewerb: Sürbare Folgen?, in: Kellermann, Ch. Und Zitzler, J. (Hrsg.), Steuern im europäischen Wettbewerb. Unterbieten oder gemeinsam gestalten?, Friedrich Ebert Stiftung, S. 52-59, nach European Comission (2006): Structures of the Taxation Systems in the EU, Luxemburg. 37
Was war ausschlaggebend? Erklärungsansätze - Anstieg der indirekten Steuern zugunsten der direkten (angebotsorientierte Wirtschaftspolitik; politökonomischer Ansatz; internationaler Steuerwettbewerb) - Veränderungen innerhalb der Einkommensbesteuerung (internationaler Steuerwettbewerb - Theorie der optimalen Besteuerung empfiehlt: höhere indirekte Steuern, Erweiterung der Bemessungsgrundlagen, Reduzierung der Grenzsteuersätze 38
Wohin führt uns das? Welche Wirkungen hat nun der Steuerwettbewerb? Argumente der Befürworter von Steuerwettbewerb: - effiziente internationale Ressourcenallokation - Abbau von allokativen Verzerrungen - Reduktion von unproduktiven Ausgaben - Harmonisierung bedeutet Kartellbildung der Regierenden (Es droht der Leviathan) 39
Wohin führt uns das? Welche Wirkungen hat nun der Steuerwettbewerb? Argumente der Kritiker von Steuerwettbewerb: - erzwungene Reduktion der Steuersätze durch den internationalen Wettbewerb führt zu geringeren Steuereinnahmen, die u. U. zu Wohlfahrtsverlusten führen - Verschiebung der Steuerlast auf immobile Faktoren ist sozial ungerecht - Steuerwettbewerb schafft erst die Gelegenheiten zur Steuerausweichung und flucht - Probleme für Länder mit vielen grenznahen Regionen bei den indirekten Steuern ( cross-border-shopping ) 40
Alternativen zum Steuerwettbewerb? Harmonisierung vs. Koordinierung - Steuerkoordination: nationale Unterschiede bleiben bestehen; aber: verzerrende Effekte sollen durch bestimmte Grundsätze, Verfahren, Verhaltenskodices, Empfehlungen und Vereinbarungen neutralisiert werden - Steuerharmonisierung: Anpassung der nationalen Systeme (z.b. einheitliche Bemessungsgrundlage) => Harmonisierung schränkt Souveränität stärker ein als Koordination 41
Alternativen zum Steuerwettbewerb? Harmonisierung vs. Koordinierung Schädliche steuerliche Praktiken (OECD, 1998): - Gewährung steuerlicher Privilegien ausschließlich für Gebietsfremde oder für Transaktionen mit Gebietsfremden (sog. Steuerdumping) - Steueroasen, gekennzeichnet durch die Gewährung von steuerlichen Vorteilen, ohne dass eine tatsächliche Wirtschaftstätigkeit zugrunde liegt 42
Alternativen zum Steuerwettbewerb? Harmonisierung vs. Koordinierung Schädliche steuerliche Praktiken (OECD, 1998): - Anwendung von internen Verrechnungspreisen bei multinationalen Unternehmen - Mangelnde Transparenz von Besteuerungsvoraussetzungen und Steuerverwaltung, oder die Verweigerung, mit anderen nationalen Finanzbehörden Informationen zu tauschen 43
Alternativen zum Steuerwettbewerb? Harmonisierung vs. Koordinierung Bemühungen auf EU- und auf OECD-Ebene OECD (1998): Harmful Tax Competition: An Emerging Global Issue - Richtlinien und Zeitplan zur Steuerkoordination - Standstill provision - Roll back provision - Internationals Forum zur Überwachung eines fairen Wettbewerbs 44
Harmonisierung der indirekten Steuern - Pflicht durch den EU-Vertrag (Art. 93 EGV) Mehrwertsteuer: - Einführung des Mehrwertsteuersystems 1967 - Vereinheitlichung der Steuerbemessungsgrundlagen 1977 - Beschränkung der Steuersatzautonomie 1991/92 -> neben Normalsteuersatz (Minimum 15%) max. 2 ermäßigte Steuersätze (Minimum 5%) Spezielle Verbrauchsteuern - EU-Kommissionsvorschlag I: Abschaffung aller Verbrauchsteuern mit Ausnahme der Alkohol-, Tabak- und Mineralölsteuern (dafür Mindestsätze) - EU-Kommissionsvorschlag II: Harmonisierung der Energiebesteuerung; neben Mineralöl sollten alle anderen Energieträger einbezogen werden 45