Datenschutz im Betrieb Gelebte Praxis oder heiße Luft? Forderungen für einen verstärkten Schutz von ArbeitnehmerInnendaten



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Transkript:

Datenschutz im Betrieb Gelebte Praxis oder heiße Luft? Forderungen für einen verstärkten Schutz von ArbeitnehmerInnendaten Gerda Heilegger AK Wien, Abt Sozialpolitik

Datenschutz im Betrieb - die besondere Problematik Beratungen von BetriebsrätInnen und ArbeitnehmerInnen zum Thema Datenschutz nehmen zu, schwerwiegende Datenschutzverstöße erschüttern immer wieder die Öffentlichkeit, aber gleichzeitig gibt es kaum anhängige Gerichtsverfahren zu diesem Thema. Warum?

Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen Die Kündigung kann beim Gericht angefochten werden, wenn sie erfolgt ist wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer. ( 105 Abs 3 Z i ArbVG)

Betrieblicher Datenschutzbeauftragter Verpflichtende Einführung ab 20 Beschäftigten war in DSG- Entwurf 2008 enthalten, im Entwurf 2009 nicht mehr. Aufgaben: Beratung und Überwachung der gesetzmäßigen Verwendung von MitarbeiterInnendaten Absicherung durch entsprechende rechtliche Stellung: erforderliche Freistellung unter Entgeltfortzahlung, Weisungsfreiheit, Benachteilungungsverbot, Beteiligung des Betriebsrats an Bestellung, Abberufungsmöglichkeit, Sanktionierung bei Nichtbestellung.

Einwilligung im Arbeitsverhältnis Verdünnte Willensfreiheit im Arbeitsverhältnis, insbesondere bei Vertragsabschluss Freiwilligkeit der Zustimmung oft zweifelhaft Zustimmung : die gültige, insbesondere ohne Zwang abgegebene Willenserklärung des Betroffenen, daß er in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Verwendung seiner Daten einwilligt. ( 4 Z 14 DSG)

Keine Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen, wenn Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht oder Der Betroffene der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt, oder Lebenswichtige Interessen des Betroffenen die Verwendung erfordern oder Überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern.

Videoüberwachung im Betrieb Zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle verboten Zu anderen Zwecken erlaubt? Grundsatz des gelinderen Mittels, Verhältnismäßigkeit Kennzeichnung Der Auftraggeber einer Datenanwendung hat aus Anlaß der Ermittlung von Daten die Betroffenen in geeigneter Weise - über den Zweck der Datenanwendung, für die die Daten ermittelt werden, und - über Namen und Adresse des Auftraggebers, zu informieren, sofern diese Informationen dem Betroffenen nach den Umständen des Falles nicht bereits vorliegen. ( 24 Abs 1 DSG)

Videoüberwachung im Betrieb Abschluss von Betriebsvereinbarungen notwendig für Die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer, sofern diese Maßnahmen (Systeme) die Menschenwürde berühren. ( 96 Abs 1 Z 3 ArbVG) In Betrieben, in denen kein Betriebsrat eingerichtet ist, nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers. Die Zustimmung des Arbeitnehmers kann, sofern keine schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über deren Dauer vorliegt, jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist schriftlich gekündigt werden. ( 10 AVRAG)

Gleichwertige technische Mittel für r den Betriebsrat Direkte Zugriffsbefugnis auf elektronische Systeme (zb Lohnverrechnung) zur Ausübung seiner Kontrollpflicht (OGH 9 ObA 3/03m: Bloße Praktikabilität rechtfertigt Direktzugriff nicht). Für eine effiziente Kontrolle sind auch gleichwertige technische Mittel erforderlich. Anspruch auf adäquate technische Mittel (zb e-mail an alle; OGH 8 ObA 92/04v )

Gleichwertige technische Mittel für r den Betriebsrat Der Betriebsrat ist berechtigt, in die vom Betrieb geführten Aufzeichnungen über die Bezüge der Arbeitnehmer und die zur Berechnung dieser Bezüge erforderlichen Unerlagen Einsicht zu nehmen.... ( 89 Z 1 ArbVG)... Dem Betriebsrat sind auf Verlangen die zur Beratung erforderlichen Unterlagen auszuhändigen. ( 92 Abs 1 ArbVG) Der Betriebsinhaber hat dem Betriebsrat Mitteilung zu machen, welche Arten von personenbezogenen Arbeitnehmerdaten er automationsunterstützt aufzeichnet und welche Verarbeitungen und Übermittlungen er vorsieht. Dem Betriebsrat ist auf Verlangen die Überprüfung der Grundlagen für die Verarbeitung und Übermittlung zu ermöglichen. ( 91 Abs 2 ArbVG)

Vertretungsbefugnis des Betriebsrats Zuständigkeit der Datenschutzkommission OGH 6 ObA 1/06z: keine Vertretungsbefugnis des Betriebsrats in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten Ansprüche gegen Auftraggeber des privaten Bereichs wegen Verletzung der Rechte des Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung sind vom Betroffenen auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. ( 32 DSG)

Beweisverwertung Gerichte lassen Verwertung von unrechtmäßig erlangten (zweckwidrig verwendeten) MitarbeiterInnendaten zu. Macht Datenschutz im Betrieb ineffektiv ( was man hat, hat man ) Möglich: Gezielte Überwachung unliebsamer MitarbeiterInnen und Ergreifung arbeitsrechtlicher Konsequenzen Oft entscheidend: Zweck einer zulässigen Überwachung

Schaffung internationaler Regelungen Häufig: Übermittlung von MitarbeiterInnendaten an die ausländische Konzernmutter, Überlassung von Daten an ausländische Dienstleister Rechtlich gesicherter Rahmen für Transfer von Daten ins Ausland erforderlich Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von datenschutzrechtlichen Ansprüchen dringend notwendig

Die zentralen Forderungen im Überblick Betrieblicher Datenschutzbeauftragter Berücksichtigung des besonderen Schutzbedürfnisses bei datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärungen im Arbeitsverhältnis Mehr Schutz bei Überwachungssystemen am Arbeitsplatz Gleichwertige technische Mittel für den Betriebsrat Datenschutzrechtliche Vertretungsbefugnis des Betriebsrats, Zugänglichkeit der DSK Einschränkung der Zulässigkeit der Beweisverwertung von widerrechtlich erlangten / zweckwidrig verwendeten Daten Schaffung internationaler Regelungen

Danke für f r Ihre Aufmerksamkeit! Mag. Gerda Heilegger AK Wien, Abteilung Sozialpolitik Prinz Eugenstraße 20 22 1040 Wien Tel.: 01 / 501 65 2724 Gerda.Heilegger@akwien.at www.akwien.at zu DSK und DVR: www.dsk.gv.at