Arzneimittel-Therapie und Ernährung Informationen für die Geriatrie Augsburger Ernährungsgespräch 11. Februar 2015



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Transkript:

Arzneimittel-Therapie und Ernährung Informationen für die Geriatrie Augsburger Ernährungsgespräch 11. Februar 2015 Rita Wagner Apothekerin Klinikum Augsburg

Ziele pharmakologischer Maßnahmen im Alter 1. Erhaltung und Besserung der Lebensqualität 2. Funktionserhaltung 3. Verzögerung und Verbesserung physiologischer Altersveränderungen 4. Vermeidung und Verzögerung von Krankheiten 5. Verminderung vorzeitiger Gebrechlichkeit und Pflegebedürftigkeit, Erhalt von Selbständigkeit

Physiologische Veränderungen im Alter Ösophagus und Schluckreflex: Dysphagie => limitierte Arzneiformenauswahl Magen: geringere Sekretion von HCl, Intrinsic factor, Pepsin => geringere Bioverfügbarkeit von Elektrolyten und Vitaminen Malabsorption Maldigestion Oberbauchbeschwerden bakterielle Überwucherung Dünndarm: geringere Absorption von Calcium und Vitamin B 12 Dickdarm: gesenkte Darmmotilität - verzögerte Transitzeit Retention von Stuhl im Rektum => limitierte Arzneiformenauswahl Laxantieneinsatz

Fakten Patienten > 60 Jahre 4-5 Diagnosen bei 4-7 chronischen Krankheiten 3,1 definierte Tagesdosen an Medikamenten als Dauertherapie 1/4 der Gesamtbevölkerung, 2/3 aller verordneten Arzneimittel 1/3 zusätzlich Selbstmedikation > 75 Jahre: 30 % mehr als 7 Medikamente am häufigsten in der Geriatrie verordnete Arzneimittelgruppen (71-80-Jährige) Kardiaka Herz-Gefäßmittel Diuretika Antidiabetika Antihypertonika Psychopharmaka Quellen: (Schwabe & Pfaffrath, Arzneiverordnungsreport 2008) (Forschungsgruppe Prof. Dr. Petra Thürmann)

Nebenwirkungen - UAW 168 Heimbewohner über 9 Monate: < 6 Medikament 13 % 6-9 Medikamente 23 % Ab 10 Medikamente 47 % Symptome oft unspezifisch am häufigsten neurologische Probleme und GI- Symptome => inadäquate Nahrungsaufnahme Quelle: Hanke et al 2006: UAW-Risiko und Medikation

Folge Mangelernährung Mangelernährte http:// haben mehr Begleiterkrankungen erleiden mehr Infektionen liegen häufiger und länger in der Klinik und benötigen dadurch mehr Medikamente

Appetit Regulation durch Neurotransmitter Nahrungskomponenten Glucose, Fettsäuren, bestimmte Aminosäuren regen Appetit an Neurotransmittersysteme sind verantwortlich für Bevorzugung bestimmter Nährstoffe und Geschmacksrichtungen

Nebenwirkung Appetitlosigkeit Psychopharmaka Best. Antidepressiva (SSRI) => auch Appetitsteigerung möglich (Mirtazapin) Sedativa GI-Mittel Protonenpumpenhemmer Herzglycoside Überdosierung von Vitaminen (A, D) Orales Kalium, Eisen Antibiotika Antiöstrogene Appetitsteigernd Glucocorticoide Gestagene

Nebenwirkung Appetitlosigkeit Calciumantagonisten (Nifedipin) Opiate Zytostatika Orale Antidiabetika Parkinson-Medikamente Radiotherapie Alkohol im Übermaß

Nebenwirkung gestörtes Geschmacksempfinden Antibiotika (Chinolone, Metronidazol) Opiate Zytostatika Parkinsonmedikamente (L-Dopa) Alkohol-/Nikotinabusus

Nebenwirkung Dehydratation Unter anderem Diuretika Psychopharmaka Regelmäßiger Laxantieneinsatz Urologika Nebenwirkung Xerostomie Gängige Fachliteratur: über 50 unterschiedliche Arzneistoffe

Therapie Appetitlosigkeit Phytopharmaka/Bitterstoffe Etherische Öle (Scharfstoffe) Im Ausland am Markt Antihistaminika und Anticholinergika (Cyproheptadin) Pizotifen Ketotifen: strukturell verwandt, aber nicht in dieser Indikation zugelassen BTM-Pflicht Ölige Dronabinol-Tropfen NRF Mit Literaturerwähnung Melatonin, Pentoxifyllin, Erythropoietin. Prokinetika (Metoclopramid, Domperidon) (in dieser Indikation nicht zugelassen)

Therapie Appetitlosigkeit Bitterstoffe, Alkohol, Coffein kephalische Sekretionsphase Stimulation Bitterrezeptoren => Reflektorische Ausschüttung Speichel, Gastrin, Magensäure gastrische Sekretionsphase Direkter Kontakt mit Magenschleimhaut => Gastrin- und nachfolgende Magensaftausschüttung Aperitif Saure und bittere Säfte Kräutertee ½ Stunde vor dem Essen In flüssiger Form

Therapie Appetitlosigkeit Etherische Öle direkt und reflektorisch wirksam wirksam bei Oberbauchbeschwerden Scharfstoffe Steigerung Speichelsekretion (=> Xerostomie) reflektorische Förderung Magensaftsekretion und Darmperistaltik

Therapie Säuremangel chronisch-atrophierende Magenschleimhautentzündung mangelnde Säureproduktion Salzsäure, Citronensäure oder Glutaminsäure (z.b. Pepsaletten ) Vor der Mahlzeit geringe Dosen mit Wasser Acidum hydrochloricum dilutum Citronensäure Glutaminsäure Substitution von Pepsin obsolet

Therapie Xerostomie ausreichend und regelmäßig trinken Kaugummi, weiche Lutschbonbons Medikamentöse Behandlung Medikamentenoptionen nutzen (=> Dehydratation) Künstlicher Speichel (z.b. Glandosane ) Pilocarpin-Tabletten (z.b. Salagen )

Therapie Geschmacksempfinden Kaugummi, weiche Lutschbonbons Medikamentöse Behandlung Medikamentenoptionen nutzen

Viel Erfolg!!!