Beizen unter Baustellenbedingungen Pickling of stainless steel on site



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Transkript:

Beizen unter Baustellenbedingungen Pickling of stainless steel on site Daniel Bindschedler, Dr. sc. techn. SGK - Swiss Society for Corrosion Protection, Technoparkstr. 1, CH-8005 Zürich,

Zusammenfassung Das Beizen auf der Baustelle ist mit verschiedenen Erschwernissen, insbesondere bei der Applikation der Beizmittel sowie dem Auffangen und der Behandlung von Spülwässern verbunden. So ist das Beizen im Tauchverfahren in der Regel vor Ort nicht möglich. Die für die Anwendung auf der Baustelle geeigneten Verfahren werden beschrieben und ihre Vor- und Nachteile diskutiert. Der Nachweis des Beizerfolgs war bisher meist auf visuelle Kontrollen beschränkt. Mit dem ec-pen, einem von der SGK entwickelten elektrochemischen Sensor, steht nun ein Prüfmittel zur Verfügung, welches elektrochemische Messungen unter Baustellenbedingen ermöglicht und eine einfache und rasche Beurteilung der Korrosionsbeständigkeit gebeizter Bauteile anhand von vergleichenden Untersuchungen oder absoluten Grenzwerten erlaubt. Summary Pickling on the building site is connected with different complications, in particular with the application of the pickling agents as well as catching and treatment of rinsing water. Therefore immersion pickling processes usually are not applicable. The procedures suitable for application on the building site are described and their pro and cons are discussed. So far, the proof of pickling success was usually limited to visual controls. The ec-pen, a sensor developed by the SGK, is an inspection device to carry out electro-chemical measurements on site. It enables a simple and rapid evaluation of the corrosion resistance of pickled construction units on the basis of comparative investigations or absolute limit values. Résumé Le décapage sur chantier est lié à différentes complications, en particulier l application des produits de décapage ainsi que la capture et le traitement des eaux de rinçage. Ainsi, le décapage par immersion n'est généralement pas possible sur le terrain. Les procédures appropriées pour l'application sur le chantier sont décrites dans cet article et leurs avantages et inconvénients sont discutés. La preuve du succès de ces procédures a été limitée jusqu'ici à des contrôles visuels. Avec la sonde électrochimique ec-pen, développée par SGK, un instrument de contrôle est disponible pour exécuter des tests électrochimiques sur site. Il permet un jugement simple et rapide de la résistance à la corrosion d'éléments décapés au moyen des études comparatives ou des valeurs limites absolues.

Einleitung Die Korrosionsbeständigkeit von nichtrostenden Stählen ist neben ihrer chemischen Zusammensetzung in hohem Mass von der Verarbeitungsqualität und von deren Oberflächenzustand abhängig. Während der Verarbeitung und auch während des Betriebs wird die Oberfläche häufig derart verändert, dass die Korrosionsbeständigkeit unzulässig beeinträchtigt wird. In vielen Fällen kann die für den vorgesehenen Einsatzzweck erforderliche Korrosionsbeständigkeit von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl nur durch eine Beizbehandlung wieder hergestellt werden. Gründe und Besonderheiten für das Beizen unter Baustellenbedingungen Die Qualität und das Ergebnis von Beizbehandlungen sind von vielen Faktoren abhängig. Sie sollten unter möglichst optimalen und kontrollierten Bedingungen, durchgeführt werden, was auf der Baustelle natürlich kaum zu realisieren ist. Aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen ist es aber auch nicht möglich, alle Bauteile für das Beizen ins Werk resp. in eine Beizerei zu transportieren (z.b. längere geschweisste Rohrleitungen). Die häufigsten Gründe, Bauteile auf der Baustelle zu beizen sind: Nachbehandlung von auf Platz gefertigten Schweissnähten Nachbehandlung von ungenügend nachbehandelten Werksschweissnähten Entfernen von Verunreinigungen, insbesondere Flug- oder Fremdrost Nachbehandlung von mechanisch bearbeiteten Zonen Sanierung korrodierter Anlageteile Das Beizen auf der Baustelle bietet gegenüber dem Beizen im Werk verschiedene Probleme und Besonderheiten, die bei der Wahl des Beizverfahrens zu berücksichtigen sind: Geometrie und Zugänglichkeit der Bauteile, erschwerte Arbeitsbedingungen Ungünstige konstruktive Voraussetzungen (Spalten, Mischkonstruktionen) Kavernenartige oder tiefe, enge Löcher bei korrodierten Bauteilen Schutz benachbarter Bauteile Einbindung des Beizens in den Arbeits-/Montageablauf Einsatz von Beizmitteln mit beschränkter Kapazität Witterungs- und sonstige Umwelteinflüsse Auffangen und Entsorgung von Spülwässern Optische Beeinträchtigungen durch lokales Beizen Im Weiteren sind in der Regel verschiedene gesetzliche Auflagen zu erfüllen (Bewilligungen, Lagerung der Beizmittel, Umweltschutz, Arbeitssicherheit). In jedem Fall sind die Sicherheitsdatenblätter und Verarbeitungshinweise des Herstellers beachten. Wichtig ist auch, dass die erforderlichen persönlichen Schutzausrüstungen (Schutzbrille, Körperschutz, Atemschutz) zur Verfügung stehen und auch getragen werden. Beizverfahren für die Baustelle Die häufigsten auf der Baustelle eingesetzten Beizverfahren werden im Folgenden kurz beschrieben [1]:

Sprühbeizen Das Sprühbeizen wird auf der Baustelle hauptsächlich für die Behandlung der Innenseiten von Behältern eingesetzt, was entsprechende Arbeitsschutzmassnahmen erfordert. Die verwendeten Beizmittel haben in der Regel eine ähnliche Grundzusammensetzung wie Tauchbeizen. Sie enthalten aber verdickende Zusätze, die zu einer gelartigen Konsistenz führen. Dies verhindert ein Abfliessen von senkrechten Flächen und ermöglicht auch Ueberkopfanwendungen. Sie werden mittels druckluftbetriebenen Sprühanlagen oder Handpumpen aufgebracht und können sowohl vollflächig als auch nur auf Teilflächen angewandt werden. Sie sind meist nach 3-5 Stunden ausreagiert. Mit stärker eingestellten Produkten werden Wirkungsdauern von 12 bis 15 Stunden erreicht. Die Spülwässer müssen aufgefangen und anschliessend sachgemäss entsorgt oder aufbereitet werden. Pastenbeizen Das Pastenbeizen ist für die Behandlung gut zugänglicher kleinflächiger Bereiche geeignet. Typische Applikationen sind die Nachbehandlung von Schweissnähten und mechanisch bearbeiteten Flächen sowie die Entfernung von lokalen Rostansätzen. Beizpasten sind in Ihrer Zusammensetzung den Sprühbeizen ähnlich. Ihre Konsistenz ist so eingestellt, dass sie mit einem Pinsel aufgetragen werden können. Wie bei den Sprühbeizen ist die Wirkung durch die beschränkte Menge an Säure zeitlich beschränkt. Ist diese nach der ersten Applikation ungenügend, so müssen die Reaktionsprodukte abgewaschen und die Behandlung wiederholt werden. Umlaufbeizen Das Umlaufbeizen wird vor allem zum Beizen der Innenseiten von Rohrleitungen eingesetzt. Dabei wird das Beizmittel mit 1-4 m/s durch die Leitungen gepumpt. Allfällig vorhandene Armaturen (Ventile, Schieber, usw.) aus weniger korrosionsbeständigen Werkstoffen (Guss) müssen vorgängig ausgebaut werden. Das Umlaufbeizen erfolgt grundsätzlich mit konventionellen Tauchbadbeizen in einem geschlossenen Kreislauf. Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass anschliessende Spül- und Passivierungsvorgänge durch einen einfachen Wechsel der Pumpvorlage leicht realisiert werden können. Elektrochemisches Beizen Für das elektrochemische Beizen stehen zwei verschiedene Verfahren zur Verfügung: a) Beizen mit Gleichstrom Das Beizen mit Gleichstrom erfolgt in einem Tauchbad mit nichtgasenden Elektrolyten (Phosphor-/Schwefelsäure) und kann als eine Vorstufe des Elektropolierens betrachtet werden [2]. Das zu beizende Werkstück wird als Anode geschaltet, was gleichzeitig die Entfernung von Verunreinigungen und die Passivierung fördert. Die Abtragsraten liegen in der Grössenordnung von 1 µm/min, woraus Behandlungszeiten von einigen Sekunden bis etwa 10 Minuten resultieren. Der Erfolg der Beizbehandlung ist neben den Verfahrensparametern auch wesentlich von der Stromverteilung resp. einer geeigneten Anordnung der Kathoden abhängig. Beim Vorhandensein von dicken Zunderschichten ist die Wirkung des Verfahrens beschränkt, da diese isolierend wirken und den Stromzutritt zur Stahloberfläche

behindern. Für den Einsatz auf der Baustelle sind zwar mobile Anlagen verfügbar, das Verfahren wird aber dort nur selten angewandt. b) Beizen mit Wechselstrom Für den mobilen Einsatz gelangen vor allem Geräte zum Einsatz, die mit Wechselstrom arbeiten. Auf die zu behandelnden Bereiche wird ein in der Regel phosphorsäurehaltiges Gel aufgetragen und die Gegenelektrode mit einem Schwamm kontaktiert. Diese wird dann langsam über die zu behandelnde Fläche geführt. Die Zufuhr des Elektrolyten erfolgt bei den meisten Geräten kontinuierlich, wobei für eine besonders umweltschonende Behandlung auch neutrale Elektrolyten, allerdings mit eingeschränkter Wirkung, zur Verfügung stehen. Über die Wirkungsweise findet man in der Literatur keine detaillierten Angaben, obwohl das Verfahren bereits seit 1995 angewandt wird. In der Praxis hat es sich speziell zur Entfernung von Anlauffarben sehr gut bewährt. Da es auch aus applikationstechnischer Sicht viele Vorteile bietet, erstaunt die bisher geringe Verbreitung dieser Beiztechnik. Kontrolle des Beizerfolgs Die Kontrolle des Beizerfolgs ist ein recht schwieriges Unterfangen. Einerseits bestehen keine absoluten und allgemein anerkannten Beurteilungskriterien, andererseits gilt es zu bedenken, dass die Neubildung der beim Beizen abgetragenen Passivschicht eine gewisse Zeit erfordert. Visuell Häufig beschränkt sich die Kontrolle des Beizerfolgs auf eine visuelle Inspektion. Diese hat den Vorteil, dass sie unmittelbar nach dem Beizen durchgeführt werden kann. Die Beurteilung des Reinigungsgrads ist aber subjektiv und stark von den Fachkenntnissen und der Erfahrung des Prüfers abhängig. Auch können nicht alle zu einer Verschlechterung des Korrosionsverhaltens führenden Faktoren visuell erkannt werden, z.b. das Vorhandensein von Beizmittelrückständen, ferritischen Verunreinigungen oder oberflächennahen, durch mechanische Bearbeitung oder Wärmeeinflüsse verursachte Gefügeänderungen. Hinweise auf das Vorhandensein von korrosionsfördernden Verunreinigungen auf den gebeizten Bauteilen können eventuell durch eine Beanspruchung der Bauteile mit Wasser oder durch Auslagerung bei hoher Luftfeuchtigkeit gewonnen werden. Elektrochemische Verfahren Prüfung mit dem-ec pen Elektrochemische Untersuchungsmethoden werden im Labor seit längerem standardmässig zur Charakterisierung des Korrosionsverhaltens von nichtrostenden Stählen eingesetzt. In der industriellen Praxis gelangten sie aber bis vor kurzem nur in sehr eingeschränkten Umfang zur Anwendung. Dies war vor allem dadurch bedingt, dass keine Zellen für eine zerstörungsfreie Prüfung von grösseren Praxisbauteilen zur Verfügung standen und Untersuchungen an Musterstücken nur sehr bedingt auf die realen Bauteile übertragbar sind. Mit der Entwicklung eines neuartigen elektrochemischen Sensors, dem sogenannten ec-pen (Abb. 1), wurde es nun möglich, zusammen mit einem Handpotenziostaten elektrochemische Tests auch unter rauen Feldbedingungen und auf Bauteilen mit komplexer Geometrie durchzuführen [3-5]. Sowohl die Bestimmung der Korrosionsbeständigkeit als auch die Wirkung von Nachbehandlungen, wie dem Beizen, können einfach und zerstörungsfrei vorgenommen werden. Da mit dem ec-pen Messgrössen bestimmt

werden, die direkt mit der Korrosionsbeständigkeit verknüpft sind, wird eine stark erhöhte Zuverlässigkeit der Qualitätskontrolle erreicht. Beim Aufsetzen des ec-pens auf das Probestück benetzt der Prüfelektrolyt die zu untersuchende, vorgängig entfettete Oberfläche, wobei Kapillarkräfte zu einem Elektrolytfluss aus dem Reservoir durch die poröse Polymerspitze führen. Ein Ausfliessen des Elektrolyten wird ebenfalls durch die Kapillarwirkung des Aufbaus verhindert. Die eingebaute Referenz- und Gegenelektrode erlauben die elektrochemische Kontrolle der Metalloberfläche. Der ec-pen ist wartungsfrei und ermöglicht typischerweise 500 bis 1000 Messungen. Die Messfläche beträgt 1.5 mm 2. Abb. 1: Der ec-pen Abb. 2: Schweissnaht mit Anlauffarben, bereichsweise elektrochemisch gebeizt Abb. 3: Stromdichte-Potenzialkurve von Grundwerkstoff 1.4306 ermittelt mit dem ec-pen, 1M NaCl, Polarisationsgeschwindigkeit 10 mv/s Abb. 4: Potenziostatischer Test mit ec-pen auf Schweissnaht 1.4306, 1M NaCl, Prüfspannung 0.2 V SCE [3] Zur Kontrolle des Beizerfolgs werden in der Regel vergleichende Untersuchungen durchgeführt. Die schnellste Methode ist dabei eine Kombination aus einer potenziodynamischen und einer potenziostatischen Prüfung. Zunächst wird eine Kalibration auf dem Grundmaterial vorgenommen. Dabei wird das Lochkorrosionspotenzial anhand einer Stromdichte-Potenzialkurve ermittelt. Anschliessend erfolgt eine potenzio-statische Prüfung mit einer etwas unterhalb des

Lochkorrosionspotenzials gewählten Prüfspannung, was der durch die Inhomogenität des Stahls und die kleine Messfläche bedingten Streuung des Lochkorrosionspotenzials Rechnung trägt. Ein Beispiel für eine mittels elektrochemischen Beizens (Wechselstromverfahren) durchgeführte Schweissnahtnachbehandlung ist in Abb. 2-4 dargestellt. Bei vielen Messungen wurde bei an der Luft gelagerten Teilen, teilweise auch mehrere Wochen nach dem Beizen, ein unerwartet schlechtes Korrosionsverhalten festgestellt. So zeigten beispielsweise die Stromdichte-Potenzialkurven von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl 1.4571 eine Woche nach dem Pastenbeizen eine ausserordentlich hohe Passivstromdichte und ein tiefes Korrosionspotenzial (Abb.5). Beide Effekte können durch das Fehlen eines ausreichend schützenden Passivfilms erklärt werden, was in diesem speziellen Fall auf eine unzureichende Reinigung der Werkstücke und Neutralisation der Beizsäuren zurückgeführt werden konnte. Es wurde dann geprüft, inwieweit die Korrosionsbeständigkeit der Bauteile durch eine Lagerung in Leitungswasser oder durch eine Passivierung in 5% HNO3 verbessert werden konnte. Die Passivierungsbehandlung führte zu signifikant verringerten Passivstromdichten, was die Ausbildung eines bedeutend schützenderen Passivfilms belegt. Die Lagerung in Leitungswasser mit einer Karbonathärte von 14.6 f H. ergab sogar noch ein besseres Verhalten. Aufgrund dieser Beobachtung kann geschlossen werden, dass die Neutralisation der Säuren in der Beizpaste durch den Bikarbonatpuffer im Leitungswasser sehr effizient war und die Voraussetzung für die Bildung eines Passivfilms geschaffen hat. Abb. 5: Stromdichte-Potenzialkurven von Bauteilen aus Werkstoff 1.4571 mit verschiedenen Nachbehandlungen, 0.1 M NaCl, Polarisationsgeschwindigkeit 10 mv/s [4] Abb. 6: Rauschereignisse > 2mV von geschliffenen und in unterschiedlichen Atmosphären ausgelagerten Stählen 1.4301 und 1.4571, 1 M NaCl, ph 3 [6] Eine schlechte Passivfilmausbildung wurde in vielen Fällen aber auch bei einwandfrei behandelten Bauteilen festgestellt. Offensichtlich wird für die Ausbildung eines ausreichend schützenden Films je nach Oberflächenzustand und Lagerbedingungen deutlich mehr Zeit benötigt als dies in der einschlägigen Literatur angegeben wird. In den meisten Fällen konnte durch eine Wasserlagerung von 12 bis 24 h bereits eine deutliche Verstärkung des Passivfilms und eine entsprechende Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit erreicht werden. Fallweise war aber auch eine Passivierungsbehandlung erforderlich, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Sehr ähnliche Beobachtungen wurden übrigens auch bei Untersuchungen

von Passivfilmen mittels elektrochemischen Rauschens gemacht [6]. Abb. 6 zeigt die unterschiedliche Passivierungsgeschwindigkeit von 2 nichtrostenden Stählen in trockener und feuchter Atmosphäre. Als Mass für die schützende Wirkung des Passivfilms dient hier die Anzahl Transienten während des Rauschversuchs. Die elekrochemischen Messungen mit dem ec-pen lieferten in einigen Fällen auch Hinweise auf das Vorhandensein visuell nicht erkennbarer ferritischer Verunreinigungen. Dieses äusserte sich primär im Vorhandensein von ungewöhnlich grossen Streuungen bei der Ermittlung des Lochkorrosionspotenzials. Schlussfolgerungen Die Auswahl des für den Einsatz auf der Baustelle geeigneten Beizverfahrens muss anhand der zu reinigenden Bauteile und die Umgebungsbedingungen individuell getroffen werden. Da das Beizen auf der Baustelle immer mit Erschwernissen verbunden ist, kommt der Kontrolle des Beizerfolgs eine erhöhte Bedeutung zu. Im Gegensatz zur visuellen Inspektion erlauben elektrochemische Prüfmethoden direkte Aussagen über die Korrosionsbeständigkeit der behandelten Oberflächen aus nichtrostendem Stahl. Mit dem ec-pen steht ein Sensor zur Verfügung, mit dem unter Baustellenbedingungen rasch und einfach elektrochemische Messungen auch an komplexen Bauteilen durchgeführt werden können.. Literatur [1] Merkblatt 826: Beizen von Edelstahl Rostfrei, Informationsstelle Edelstahl Rostfrei Düsseldorf (2006) [2] Elektropolieren und Polieren nichtrostender Stähle, Informationsstelle Edelstahl Rostfrei Düsseldorf (1995) [3] Büchler M., Voûte C.-H., Bindschedler D., Stalder F.: Vor-Ort-Korrosionsprüfung leicht gemacht, Technica 19, 53 (2004), 44 [4] Büchler M., Voûte C.-H., Bindschedler D., Stalder F.: Ein neuer elektrochemischer Sensor: Der ec-pen in industriellen Anwendungen, gwa 8, xx (2004), 575 [5] «Réseaux et ouvrages publics, Altération et corrosion Prévention et protection», CEOCOR, Brüssel (2007) [6] Göllner J., Heyn A., Bierwirth M., Sarmiento Klapper H.: Untersuchungen zur Stabilität von Passivschichten, Tagungsband der 3-Länder Korrosionstagung Korrosion nichtrostender Stähle Auf die Oberfläche kommt es an, Wien (2008)