KREDITVERGABE UND ZAHLUNGSMORAL SERBIEN
Serbien (Oktober 2013) Sicherungsinstrumente unverzichtbar / Zahlreiche Möglichkeiten für Bonitätschecks Belgrad (gtai) - Kredite in Serbien sind überwiegend in Euro oder anderen Fremdwährungen fakturiert. Das hohe Zinsniveau hemmt die Kreditvergabe. Unternehmen beklagen finanzielle Engpässe. Aktuell sind etwa 20% aller Darlehen notleidend. Die Zahlungsfristen in der Wirtschaft lagen 2012 bei durchschnittlich 134 Tagen. Seit Ende März 2013 schreibt ein Gesetz für Transaktionen unter lokalen Firmen ein Zahlungsziel von maximal 60 Tagen vor. Bonitätsauskünfte sind recht einfach zu erhalten. Kreditvergabe Mit Blick auf die immerhin rund 30 im Land aktiven Banken, davon die größten vollständig oder zumindest teilweise in ausländischer Hand, bietet der serbische Finanzsektor eigentlich gute Voraussetzungen für ein aktives Kreditgeschäft. Dem steht jedoch vor allem das recht hohe Zinsniveau entgegen. Zwar hat sich der Leitzins der serbischen Nationalbank seit einem Zwischenhoch im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 mit 17,75% zwischenzeitlich kontinuierlich nach unten bewegt. Angesichts eines Niveaus von 11,0%, auf dem er zuletzt seit Juni 2013 verharrte, fällt er aber immer noch recht hoch aus. Entsprechend lag nach Angaben der Nationalbank der gewichtete Zinssatz für alle vergebenen Unternehmenskredite (in lokaler und Fremdwährung) im Juli 2013 mit 9,76% in durchaus ansprechender Höhe. Der Anteil der Kredite in Fremdwährung (hauptsächlich in Euro) lag Ende März 2013 bei knapp 72%. Experten zufolge gelten in der Praxis bei Fremdwährungskrediten deutliche Aufschläge zwischen fünf und sieben Prozentpunkten auf den jeweiligen Euribor-Referenzsatz als nicht ungewöhnlich. Wegen der hohen Kosten vor Ort für Investitionen wird daher ausländischen Akteuren dazu geraten, solche Engagements nach Möglichkeit über das Mutterhaus zu finanzieren. Zudem zwingt auch eine beträchtliche Quote notleidender Kredite die Banken zu einer gewissen Zurückhaltung und Vorsicht bei Unternehmensfinanzierungen. Letzten, für den Monat März 2013 vorliegenden Daten der serbischen Nationalbank zufolge, galten 19,9% aller Kredite als notleidend. Von diesen entfielen 57% auf Ausleihungen an Unternehmen. Am höchsten mit 47 und 35% fielen dabei am Stichtag 31.3.13 die Ausfallquoten bei Krediten des Bausektors und der Immobilienbranche aus. Im verarbeitenden Gewerbe und im Einzelhandel sind die Kredite zu 23 und 19% notleidend gewesen. Gleichwohl sind Kredite durchaus erhältlich. Für frisches Geld sorgt nicht zuletzt auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE). Diese hat die in der Vergangenheit ausgewählten serbischen Banken oder deren Leasingablegern zum Teil schon mehrfach umfangreiche Darlehen mit dem klaren Fokus auf kleinste, kleine und mittelgroße Unternehmen gewährt. Zu den Empfängern zählten bisher etwa die Institute ProCredit Bank, Unicredit Banka, Banca Intesa oder Societe Generale banka. Um Zahlungsverzögerungen oder gar Zahlungsausfälle zu vermeiden, kann Angaben des Anbieters von B2B-Wirtschaftsinformationen Dun & Bradstreet im aktuellen Report zu Serbien zufolge ein einfaches Akkreditiv (LC) durchaus als Sicherungsinstrument bei Handelsgeschäften ausreichen. Um mögliche Risiken weiter zu minimieren wird jedoch geraten, besser von einem bestätig- Germany Trade & Invest www.gtai.de 1
Serbien (Oktober 2013) ten Akkreditiv (CLC) Gebrauch zu machen. Auch sind Bankgarantien verbreitet. Experten warnen jedoch vor fingierten Garantiezusagen, die beispielsweise mit gefälschten Swift-Belegen vorgetäuscht werden. Um sich abzusichern, sollte der entsprechende Dokumentenverkehr nur über die Bank laufen. Als beste Option, Zahlungsausfälle zu vermeiden, wird gerade bei Erstgeschäften auch in Serbien nach wie vor empfohlen, eine möglichst hohe Anzahlung zu vereinbaren. Rabatte und Skonti als Anreize zum Erreichen eines bestimmten Zahlungszieles sind vereinzelt anzutreffen. Insgesamt werden diese jedoch nur recht zögerlich eingesetzt. Zahlungsmoral Einer Umfrage des serbischen Arbeitgeberverbandes von Mitte 2012 zufolge könnte es um die Zahlungsmoral serbischer Unternehmen durchaus besser bestellt sein. Die Teilnehmer der Studie hatten mit durchschnittlich 134 Tagen - ein Jahr zuvor 129 Tage - in der Regel deutlich länger auf ihr Geld zu warten, als in den jeweiligen Vertragswerken vereinbart. Die meisten Fälle von Zahlungsverzug hatten die Unternehmen der Studie zufolge in geschäftlichen Beziehungen mit anderen Unternehmen hinzunehmen. Nach der Anzahl der Nennungen folgten dahinter der kommunale Sektor und staatliche Einrichtungen, die es mit der Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen ebenfalls recht häufig nicht so genau nahmen. Die allgemein üblichen Zahlungsfristen in Serbien sind in den letzten Jahren je nach Branche recht unterschiedlich ausgefallen, in der Regel wurden aber eher lang- als vergleichsweise kurzfristig angelegte Zahlungsziele vereinbart. Für einen Schub in Richtung Ausweitung der Zahlungsfristen hatte nicht zuletzt ein großer, in weiten Landesteilen marktbestimmender Einzelhändler gesorgt. Das Unternehmen hatte vor einiger Zeit alle seine Lieferanten aufgefordert, statt bisher 90 nun 180 Tage als Zahlungsziel zu akzeptieren. Laut Arbeitgeberverband fielen Mitte 2012 die tatsächlichen Zahlungsfristen im Bausektor mit durchschnittlich 223 Tagen am längsten aus. Mit 220 Tagen bewegte sich die Energiewirtschaft nur knapp dahinter. Produzenten von Lebensmitteln sollen in der Regel etwa 182 Tage auf ihr Geld gewartet haben. Bei Herstellern und Anbietern von Textilien und Bekleidung waren es im Durchschnitt 172 Tage, von weißer Ware 158 Tage, von Möbeln 152 Tage sowie von Computertechnik 119 Tage. Mit diesem Status quo zeigen sich jedoch weder die meisten Unternehmen noch die Politik zufrieden. Entsprechend hat sich das serbische Parlament in Anlehnung an die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr Ende 2012 dieser Angelegenheit angenommen, auch um die Liquidität kleiner und mittelgroßer Unternehmen nachhaltig zu stärken. Einem neuen Gesetz zufolge dürfen Verträge zwischen in Serbien registrierten Privatunternehmen mit Wirkung vom 31.3.13 nur noch Zahlungsziele von bis zu 60 Tage vorsehen. Für Verträge mit einem privaten Unternehmen als Gläubiger und der öffentlichen Hand als Schuldner sieht das Gesetz als maximal zulässige Zahlungsfrist sogar nur 45 Tage vor. Für das vertragswidrige Nichteinhalten dieser Fristen sieht das Gesetz neben den Verzugszinsen auch Strafzahlungen vor, die bis zu umgerechnet knapp 17.500 Euro reichen können. 2 Kreditvergabe und Zahlungsmoral
Abweichungen von der 60-Tage-Frist in Verträgen zwischen Privatunternehmen sind in zwei Fällen möglich. Zum einen sind Zahlungsziele von bis zu 90 Tagen möglich, wenn Ratenzahlung vereinbart wird. Dabei müssen jedoch mindestens 50% der fällig werdenden Gesamtsumme innerhalb der ersten Hälfte der vertraglich fixierten Zahlungsfrist beglichen werden. Zum anderen sind Zahlungsziele von mehr als 60 Tagen zulässig, wenn der Schuldner entweder einen bedingungslose und unwiderrufliche Bankgarantie stellt, die bei erster Aufforderung zur Auszahlung kommt, oder aber einen von einer Bank garantierten Wechsel. Ob mit dem Gesetz das Ziel erreicht werden kann, den im Land auftretenden Zahlungsverzug deutlich einzudämmen, bleibt nach Meinung von Praktikern jedoch offen. Sie verweisen auf die aktuellen Realitäten in der serbischen Geschäftswelt, die häufig von finanziellen Engpässen, aber gleichzeitig auch von informellen Absprachen unter Vertragspartnern geprägt ist. Entsprechend dürften auch die Strafen, die bei Vertragsbruch fällig werden könnten, kaum eine wirkliche Drohkulisse darstellen. In Einschätzungen von Experten dazu hieß es lapidar nur: Wo kein Kläger, da kein Richter! Bonitätsprüfung von Geschäftspartnern Im Vergleich zu anderen Ländern in Südosteuropa sind in Serbien Bonitätsauskünfte vergleichsweise einfach zu erhalten. Wem anfänglich überschaubare Grundinformationen ausreichen, die in der Regel aber durchaus eine Erstbeurteilung des potenziellen Partners ermöglichen, der kann diese teilweise sogar kostenlos erhalten. Zu entsprechenden Quellen zählen beispielsweise die serbische Nationalbank NBS, das offizielle Portal aller serbischen Gerichte oder die staatliche Agentur für das Unternehmensregister APR. Die NBS hält unter anderem eine Funktion für die Abfrage zu Konten von Unternehmen und Privatpersonen bereit. Dort sind ebenfalls Angaben zu Schuldtiteln abrufbar. Dabei sind beispielsweise Informationen zu aktuell anhängigen Zwangsvollstreckungen genauso einsehbar wie bis Mai 2005 zurückliegende Angaben zu etwaigen Zwangsvollstreckungen. Auch das Gerichtsportal ermöglicht den Einblick in beschlossene oder in Verhandlung befindliche Zwangsvollstreckungen bei Handelsgerichten. Die APR lässt dank ihres Informationsangebots gewisse Anhaltspunkte zur Geschäftslage zu, indem dort Eckdaten der Geschäftsberichte der Unternehmen veröffentlicht werden. Neben diesen Offerten der öffentlichen Hand können Interessenten sich aber durchaus auch bei der einen oder anderen kommerziellen Auskunftei ohne Bezahlung einen ersten Blick zur Bonität möglicher Partner verschaffen. So hält beispielsweise das Unternehmen Rating, das mit Dun & Bradstreet kooperiert, auf seiner Internetseite eine frei abrufbare Kurzbewertung des aktuellen Geschäftsgebarens serbischer Unternehmen bereit. Auf einen Blick kann so ersehen werden, ob diese aktuell überhaupt einer Geschäftstätigkeit nachgehen, über gesperrte Konten verfügen, sich in einem Insolvenzverfahren befinden oder gerichtliche Vergleichsverfahren gegen sie anhängig sind. Neben der AHK Serbien zählt vor Ort auch die Oesterreichische Kontrollbank AG (OeKB) zu möglichen Anlaufstellen für Firmeninformationen. Das Institut ist in Serbien mit einem Gemeinschaftsunternehmen zum Management finanzieller Risiken vertreten. Lokaler Partner dabei ist die staat- Germany Trade & Invest www.gtai.de 3
Serbien (Oktober 2013) liche Agentur für Exportversicherung und -finanzierung (Agencija za osiguranje i finansiranje izvoza Republike Srbije - AOFI). Auch unterhält der Bankenverband des Landes ein Kreditbüro für Firmenauskünfte. Bonitäts- und weitere Wirtschaftsinformationen erteilen auch Creditreform, Coface, EOS Matrix Srbija oder Bisnode. Diese sowie weitere Akteure wie ICAP-Serbia, Poslovni Plan, Creditexpress Srbija, Solventpoint oder Pro Kolekt kümmern sich zudem auch um das Inkasso. Verschiedentlich bieten auch in Deutschland ansässige Dienstleister an, im Verbund mit lokalen Partnern Forderungen gegen Unternehmen in Serbien beizutreiben. Exportfinanzierung Geschäftsbanken und spezielle Finanzierungsinstitute bieten verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten für Auslandsgeschäfte an. Die wichtigsten deutschen Kreditgeber im Exportgeschäft sind die Ausfuhrkredit-Gesellschaft (AKA) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Kontaktanschriften Deutsche und andere wichtige Banken vor Ort: ProCredit Bank Internet: www.procreditbank.rs Deutsche Bank, Commerzbank und KfW-Entwicklungsbank mit Repräsentanzen Banca Intesa Internet: www.bancaintesa.rs Komercijalna Banka Internet: www.kombank.com Unicredit Banka Srbija Internet: www.unicreditbank.rs Societe Generale banka Srbija Internet: www.societegenerale.rs Raiffeisen banka Internet: www.raiffeisenbank.rs 4 Kreditvergabe und Zahlungsmoral
Internationale und große einheimische Auskunfteien/Inkassodienste: AHK Serbien Internet: http://serbien.ahk.de Narodna banka Srbije (Nationalbank Serbiens) Internet: www.nbs.rs/internet/english/67/index.html Portal sudova Srbije (Gerichtsportal Serbiens) Internet: www.portal.sud.rs Agencija za privredne registre (Agentur für das Unternehmensregister) Internet: www.apr.gov.rs Creditreform Internet: www.creditreform.rs OeKB za finansijske usluge Internet: www.oekb-fss.rs Rating (lokaler Partner von Dun & Bradstreet) Internet: www.boniteti-rating.rs Coface Srbija Internet: www.coface.rs Bisnode Internet: www.boniteti.rs Udruzenje banaka Srbije - kreditni biro (Bankenverband - Kreditbüro) Internet: www.ubs-asb.com ICAP-Serbia Internet: www.icap.rs EOS Matrix Srbija Internet: http://rs.eos-solutions.com Poslovni Plan Internet: www.scoring.rs Creditexpress Srbija Internet: www.creditexpress.rs Solventpoint Internet: www.solventpoint.rs Germany Trade & Invest www.gtai.de 5
Serbien (Oktober 2013) Pro Kolekt Internet: www.prokolekt.rs Weitere Institutionen: AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbh: E-Mail: info@akabank.de, Internet: www.akabank.de KfW-IPEX-Bank: E-Mail: info@kfw-ipex-bank.de, Internet: www.kfw-ipex-bank.de Exportkreditgarantien des Bundes: Euler Hermes Kreditversicherungs-AG/Bereich Exportkreditgarantien E-Mail: info@exportkreditgarantien.de, Internet: www.eulerhermes.de Kleine und mittelständische Unternehmen können sich speziell unter folgender Telefonnummer beraten lassen: 040/88 34-90 082 Weitere Anschriften in Ihrer Nähe finden Sie unter www.agaportal.de Die Euler Hermes Deutschland AG und die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC) bearbeiten im Auftrag und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland die staatlichen Exportkreditgarantien. In diesem Konsortium ist Euler Hermes federführend. Private Exportkreditversicherer: Wichtige Anbieter finden Sie unter www.ixpos.de. 6 Kreditvergabe und Zahlungsmoral
Kontakt Impressum Herausgeber: Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbh Villemombler Straße 76 53123 Bonn Tel.: +49 (0)228/24993-0 Fax: +49 (0)228/24993-212 E-Mail: info@gtai.de Internet: www.gtai.de Hauptsitz der Gesellschaft: Friedrichstraße 60, 10117 Berlin Geschäftsführung: Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer Autor: Jan Triebel, Belgrad Redaktion/Ansprechpartner: Waldemar Lichter, Tel.: +49 (0)228/24993-218, E-Mail: Waldemar.Lichter@gtai.de Redaktionsschluss: Oktober 2013 Bestell-Nr.: 18470 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Layout: Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten der Bundesregierung für die Neuen Bundesländer aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.