Organspende-Konsil. kompakt-information. detail-information. 1.1 Zeitpunkt. 1.2 Kontraindikationen. 1.3 Unterstützung durch die DSO



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Transkript:

Organspende-Konsil kompakt-information detail-information 1.1 Zeitpunkt 1.2 Kontraindikationen 1.3 Unterstützung durch die DSO 1.4 Krankenhausinterne Festlegungen 1.5 Risiko-Evaluierung 1.5.1 Alter 1.5.2 Malignom 1.5.3 Infektion 1.5.4 Eingeschränkte Organfunktion 1.6 Statistische Erfassung

Organspende-Konsil 1 kompakt Das orientierende Konsil mit der DSO dient der Klärung der Voraussetzungen für eine Organspende [feststellung des todes/hirntoddiagnostik, entscheidung zur organspende] und dem Ausschluss einer medizinischen Kontraindikation Zeitpunkt Unbeeinflussbar fortschreitender Verlust der Hirnstammfunktionen bei Patienten mit akuter primärer oder sekundärer Hirnschädigung und kontrollierter Beatmung. Klinische Symptome Koma Pupillen weit/mittelweit, fehlender Lichtreflex bds. fehlender okulozephaler Reflex bds. fehlender Cornealreflex bds. fehlende Trigeminus-Schmerzreaktion bds. fehlender Pharyngeal-/Trachealreflex [ Hirntod und Hirntoddiagnostik] Kontraindikationen HIV-Infektion akute Infektion mit Hepatitis-Viren (HBV, HCV) floride Tuberkulose Sepsis bei nachgewiesenen multiresistenten Keimen nicht kurativ behandeltes Malignom außer einigen Hirntumoren Eine Altersbegrenzung zur Organspende existiert nicht. Entscheidend sind die aktuellen Organfunktionen. AKTUALISIERUNG 07/2003 In Zweifelsfällen schafft ein orientierendes Konsil mit der DSO Klarheit.

ORGANSPENDE-KONSIL 1 Organspende-Konsil 1 Dieses Konsil dient Ihnen zur Klärung der Voraussetzungen für eine Organspende (Feststellung des Todes/Hirntoddiagnostik, Entscheidung zur Organspende) und dem Ausschluss einer medizinischen Kontraindikation. Weiterhin sollten hier schon erste gemeinsame Absprachen über das weitere Vorgehen und die Unterstützung der DSO im Organspendeprozess getroffen werden. 1.1 Zeitpunkt Ein orientierendes Organspende-Konsil mit der DSO ist indiziert, wenn bei einem Patienten mit akuter primärer oder sekundärer Hirnschädigung (im Verlauf der Therapie bei kontrollierter Beatmung) ein unbeeinflussbar fortschreitender Verlust der Hirnstammfunktionen mit folgenden klinischen Symptomen beobachtet wird: Koma Pupillen weit/mittelweit, fehlender Lichtreflex bds. fehlender okulozephaler Reflex bds. fehlender Cornealreflex bds. fehlende Trigeminus-Schmerzreaktion bds. fehlender Pharyngeal-/Trachealreflex [ KAPITEL 2 HIRNTOD, HIRNTODDIAGNOSTIK ] Eine Altersgrenze für die Organspende gibt es nicht. Entscheidend sind die aktuellen Organfunktionen. In Zweifelsfällen sollten Sie Rücksprache halten.

ORGANSPENDE-KONSIL 2 1.2 Kontraindikation Aktuelle Kontraindikationen für eine Organspende sind System- oder Infektionserkrankungen, die eine (vitale) Bedrohung für die Empfänger darstellen würden: HIV-Infektion akute Infektion mit Hepatitis-Viren (HBV, HCV) floride Tuberkulose Sepsis bei nachgewiesenen multiresistenten Keimen nicht kurativ behandeltes Malignom (außer: primäre Hirntumore, Basaliome und Spinaliome) Ergänzende Informationen dazu finden Sie unter [ KAPITEL 1.5 RISIKO-EVALUIERUNG ] AKTUALISIERUNG 07/2003

ORGANSPENDE-KONSIL 3 1.3 Unterstützung durch die DSO Eine Organspende ist ein seltenes Ereignis im Krankenhaus. Alle notwendigen Schritte von der Einleitung bis zur Organentnahme stellen Sie vor ungewohnte Anforderungen. Wir, die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), haben deshalb ein Konsiliar- und Unterstützungsangebot etabliert, das es ermöglicht, Sie bei allen Maßnahmen im Spendeprozess jederzeit umfassend zu beraten und zu entlasten: Unterstützungsspektrum der Deutschen Stiftung Organtransplantation Orientierendes Konsil Klärung der Voraussetzungen einer Organspende, Ausschluss einer medizinischen Kontraindikation, Besprechung weiterer Schritte Vermittlung eines neurologischen Konsils Hirntoddiagnostik Entscheidung zur Organspende Gespräch mit den Angehörigen Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft Freigabe bei nicht-natürlicher Todesursache Organprotektive Intensivtherapie Beratung, Unterstützung vor Ort Durchführung spezieller Laboruntersuchungen z.b. Toxikologie, Infektionsserologie, Gewebetypisierung Koordination der Organentnahme Eurotransplant (Organvermittlung), Entnahmeteams, Transporte (Teams, Organe)

ORGANSPENDE-KONSIL 4 1.4 Krankenhausinterne Festlegungen Geplante Abläufe und feste Zuständigkeiten in Ihrem Hause erleichtern die Arbeit, insbesondere bei eher seltenen Ereignissen wie Organspenden. Die Koordinatorin oder der Koordinator der DSO kann Ihnen helfen, diese Festlegungen zu erstellen. Krankenhausinterne Festlegungen Wer ist autorisiert, eine Organspende einzuleiten (Konsil mit DSO)? Wer ist im Krankenhaus an der Hirntoddiagnostik beteiligt (bzw. welche Abteilung)? Wer stellt die Betreuung und Information der Angehörigen sicher und kümmert sich um die Entscheidungsfindung zur Organspende (Angehörigengespräch mit Arzt, Pflegepersonal und/oder Koordinator)? Wer trifft Festlegungen zur organprotektiven Intensivtherapie? Wer unterstützt die weiteren Schritte im Krankenhaus (Laboruntersuchungen, apparative Zusatzdiagnostik, OP-Planung, Versorgung des Leichnams)? [ CHECKLISTE KRANKENHAUSINTERNE ABLÄUFE ] Wichtig für Ihre Festlegungen ist auch, mit uns zu vereinbaren, welchen konkreten Unterstützungsumfang Sie von uns erwarten. Diese klinikinternen Vorbereitungen und die getroffenen Absprachen mit der DSO erleichtern eine situationsgerechte Zusammenarbeit und sorgen für die notwendige Handlungssicherheit des beteiligten Personals.

ORGANSPENDE-KONSIL 5 1.5 Risiko-Evaluierung Eine erhebliche Diskrepanz zwischen der notwendigen und der tatsächlichen Zahl gespendeter Organe ist seit mehreren Jahren kennzeichnend für die Situation der Transplantationsmedizin in Deutschland. Die Festlegung von Organspenderkriterien muss auf der einen Seite den optimalen Nutzen für den Empfänger (Transplantatfunktion) und dessen Schutz vor übertragbaren Erkrankungen sowie auf der anderen Seite die Dringlichkeit der Transplantation berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um teilweise konkurrierende Einflussgrößen. Der optimale Nutzen und der Schutz vor übertragbaren Erkrankungen erfordert eine restriktive Indikationsstellung, während im Falle einer dringlichen Transplantation bei der bestehenden Knappheit an Spenderorganen weitgefasste Kriterien akzeptiert werden müssen. Bestimmte, im folgenden aufgeführte klinische Umstände stellen zwar keine sicheren Kontraindikationen zur Organspende, wohl aber Risikokonstellationen dar: Risikokonstellationen Alter [ 1.5.1] Malignom [ 1.5.2] Infektion [ 1.5.3] eingeschränkte Organfunktion [ 1.5.4] aktuelle i.v.-drogensucht [ 1.5.3] AKTUALISIERUNG 07/2003 Hier ist in jedem Einzelfall, mit Unterstützung durch die Koordinatorinnen und Koordinatoren der Deutschen Stiftung Organtransplantation, eine individuelle Abwägung erforderlich. Diese Abwägung stützt sich auf zusätzliche anamnestische, klinische und laborchemische Untersuchungen sowie konsiliarische Stellungnahmen von Transplantationsmedizinern. Sie erfordert eine enge Kooperation zwischen der Intensivstation und dem Koordinator.

ORGANSPENDE-KONSIL 6 1.5.1 ALTER Im hohen Lebensalter ist vor allem die Entnahme der Nieren, der Corneae, aber auch der Leber möglich. Die obere Altersbegrenzung richtet sich weniger nach dem kalendarischen Alter, sondern nach dem Funktionszustand bzw. der Funktionsreserve der zur Explantation vorgesehenen Organe. Aus der Vorgeschichte sollten Erkrankungen und ihre Behandlung bekannt sein. 1.5.2 MALIGNOM Malignome sind prinzipiell eine Kontraindikation zur Organspende. Ausnahmen können allenfalls gelten für: Basaliome Carcinoma in situ der Cervix uteri Tumore des Zentralen Nervensystems (ZNS), bei denen allerdings differenzierte Regelungen zu beachten sind: Kein Ausschlussgrund zur Organspende benigne Meningiome hypophysäre Adenome Akustikusneurinome Kraniopharyngeome Astrozytome Grad I und II Oligodendrogliome Grad A und B sowie einige andere seltene Tumorformen Ausschlussgrund zur Organspende anaplastische Astrozytome anaplastische Oligodendrogliome Grad C und D Glioblastoma multiforme Medulloblastome sowie einige andere seltene maligne Tumore des ZNS Unter Experten ist umstritten, ob Patienten mit einem Astrozytom Grad II oder einer Gliomatosis cerebri für eine Organspende in Frage kommen.

ORGANSPENDE-KONSIL 7 Gerade bei Hirntumoren sollte die Unterstützung der Koordinatoren der DSO wahrgenommen werden, da es in diesem Zusammenhang von internationalen Fachleuten verabschiedete, sehr detaillierte Konsensusdokumente des EUROPARATs über die Akzeptanz von Organspendern mit Hirntumoren gibt. Auf Wunsch stellen Ihnen unsere Koordinatoren gerne diese Dokumente zur Verfügung. Besteht aktuell der Verdacht auf das Vorliegen eines Malignoms, muss eine histologische Abklärung mittels Schnellschnittverfahren erfolgen. Technisch kann dies am sichersten durch eine während der Organspende gewonnene Gewebeprobe erfolgen, die durch den Koordinator organisiert wird. Die Entnahme von Herzen für Empfänger mit höchster Dringlichkeit (High Urgency, HU) wird bei Spendern mit einer Tumorerkrankung in Einzelfällen diskutiert, da in diesem Fall eine Malignomübertragung äußerst selten ist. Hier ist eine Risikoabwägung durch das Empfängerzentrum zu treffen.

ORGANSPENDE-KONSIL 8 1.5.3 INFEKTION VIRALE INFEKTION Eine akute oder abgelaufene Infektion mit dem HIV-Virus stellt wegen des hohen Risikos einer Virus-Transmission eine Kontraindikation zur Organspende dar. Bei einem im persönlichen Umfeld des Spenders erkennbaren Risiko (z.b. i.v.-drogensucht) wird eine frühzeitige Beratung mit der DSO empfohlen, um weitere diagnostische Maßnahmen abzustimmen. Eine akute Infektion mit Hepatitis-Viren (HBV und HCV) stellt ebenfalls eine Kontraindikation zur Organspende dar. Eine abgelaufene Infektion mit Antikörpernachweis (HBV; anti-hbs; HCV; anti-hcv) stellen wegen des geringen Transmissionsrisikos keine Kontraindikation dar. Die Akzeptanz der Spenderorgane hängt in diesen Fällen vom Empfängerprofil ab (hohe Dringlichkeit, bestehender Impfschutz, Möglichkeit der antiviralen Behandlung). BAKTERIELLE INFEKTION Eine Organentnahme bei einer Infektion mit Nachweis von Erregern, die laut Antibiogramm nicht multiresistent sind, ist dann möglich, wenn die Infektion adäquat behandelt wurde und nach klinischen und laborchemischen Kriterien als beherrscht gilt oder im Abklingen begriffen ist. Dennoch ist eine Infektion mit systemischer Beteiligung im Sinne einer Bakteriämie schwerwiegender als eine lokale Infektion. Ergänzend sollten im Rahmen der Organspende Blutkulturen und Abstriche durchgeführt werden. Keimnachweis und Antibiogramm müssen als Befundkopien den transplantierenden Kliniken über den Koordinator zur Verfügung gestellt werden, damit eine adäquate Behandlung des Organempfängers vorgenommen werden kann. AKTUALISIERUNG 07/2003 ACHTUNG Das Sepsis-Syndrom mit Hypotension Thrombopenie und Verbrauchskoagulopathie stellt eine Kontraindikation zur Organentnahme dar, wenn das Sepsis-Syndrom nicht behandelbar ist und/oder zu einer schweren Organdysfunktion führt.

ORGANSPENDE-KONSIL 9 1.5.4 EINGESCHRÄNKTE ORGANFUNKTION An Hand der Behandlungsunterlagen ist die Frage zu klären, ob eine Funktionseinschränkung schon vor dem Auftreten der akuten Hirnschädigung bestand oder erst im Rahmen dieser Erkrankung aufgetreten ist. Beispielsweise ist eine passagere Nierenfunktionseinschränkung, deren Ursache bekannt ist und die als reversibel betrachtet werden muss, keine Kontraindikation zur Organentnahme. Passagere Organfunktionsstörungen sind in der Regel reversibel durch eine: adäquate Hydratation mit Elektrolytausgleich kreislaufwirksame Therapie und Fortsetzung der Intensivpflege Bei einer persistierenden Funktionseinschränkung und fehlender Fremdanamnese können durch eine intraoperative Biopsie möglicherweise weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Die medizinische Evaluierung sollte immer unter der Prämisse erfolgen, dass der Ausschluss einer Organspende wegen vermeintlicher Empfängerrisiken ohne konsiliarische Abklärung mit der DSO bei der Knappheit an Spenderorganen zwangsläufig zum Tod von Patienten auf der Warteliste führt. Gleichzeitig kann eine unvollständige Risikoabwägung auch dazu führen, dass ein Transplantatempfänger durch ein ungeeignetes Organ geschädigt wird. Eine gründliche und vollständige Risikoabwägung kann auch bei einer primär kritischen Ausgangssituation zu einer Organspende führen, die mit einer erfolgreichen Transplantation der Empfänger abschließt.

ORGANSPENDE-KONSIL 10 1.6 Statistische Erfassung Die Erkennung und Meldung aller potenziellen Organspender ist die Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Versorgung von Patienten mit chronischem oder akutem Organversagen. Wichtig für die präzise Einschätzung der Versorgungsmöglichkeiten durch die Transplantationsmedizin ist die Analyse der Indikation bzw. Kontraindikation zur Organspende bei allen Todesfällen auf Intensivstationen nach primärer oder sekundärer Hirnschädigung. Rechtliche Grundlage für die Erhebung ist der 11 des Transplantationsgesetzes (TPG) und 3 Abs. 3 des Koordinierungsstellenvertrages. In diesem Vertrag [ KAPITEL 8 ] mit Wirkung vom 16.07.2000 heißt es sinngemäß im 3 Abs. 3: Die Krankenhäuser mit Intensivstationen oder Beatmungsbetten tragen dafür Sorge, dass die von der Koordinierungsstelle beauftragten Ärzte über die Zahl der an einer primären und sekundären Hirnschädigung verstorbenen Patienten Auskunft erhalten. Insbesondere sind dabei die Gründe anzugeben, die zum Ausschluss einer Organspende geführt haben. Zur Erleichterung der Dokumentation fügen wir Ihnen einen einfachen, mit den Datenschutzbeauftragten der Länder abgestimmten Erhebungsbogen bei [ ANHANG]. Die Dokumentations- und Auswertungsintervalle sollten Bestandteil der Absprachen zwischen Ihrem Krankenhaus und der regionalen Organisationszentrale der DSO sein.