Katholische Fachhochschule Freiburg



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Transkript:

Katholische Fachhochschule Freiburg Seminar Mittwoch 9.00-12.00 Uhr Raum 3303 Modul 5.3.1 Soziale Arbeit mit Gemeinwesen Prof. Dr. phil. Martin Becker

Wurzeln Begriff Ziele Konzepte Techniken community-organization (US-Elendsviertel) community development (Bildungsarbeit) Focus auf territorial, kategorial, funktional abgrenzbaren Netzwerken konservative Systemerhaltung, evolution. /revolutionäre Systemveränderung 1. wohlfahrtsstaatliche 2. integrative 3. aggressive 4. katalytisch/aktivierende GWA Soziometrie, Gesprächsmotivierung, Wahrnehmung, Interaktion, etc.

2 Wurzeln der Gemeinwesenarbeit/GWA community organization Verbesserung urbaner Infrastruktur / Settlement (Elendsviertel/ GB + Emigranten in USA) community development Bildungsverbesserung ländlicher Regionen (Besiedelung des mittleren Westens der USA) seit 1963 offizielle Methode Sozialer Arbeit in Deutschland seit den 70er Jahren etabliert

Merkmale der Gemeinwesenarbeit/GWA Focus auf großflächigen sozialen Netzwerken territorial (Gemeinde, Stadtteil, Quartier, Nachbarschaft, ) kategorial (Bevölkerungsteile untersch. Ethnien, Alters, ) funktional (Problemlagen: Wohnen, Arbeit, Verkehr, ) Ausgangspunkt meist soziale Konflikte (GWA als Frühwarnsystem für Konfliktgenese/-eskalation) Problemsicht mit gesellschaftlicher Perspektive (gegen Individualisierung sozialer Probleme) Ziel der GWA ist Aktivierung der Bevölkerung (Nutzung der Ressource Gemeinwesen zur Bewältigung sozialer Probleme)

Merkmale der Gemeinwesenarbeit/GWA trägerübergreifende Koordination und Kooperation (verschiedener Organisationen im Gemeinwesen) Methodenintegration (Einzelfallhilfe und Gruppenarbeit) Setzt auf Qualifizierung/Bildung der Bevölkerung (als Grundlage und Unterstützung der Bürgeraktivierung) Fachkräfte Sozialer Arbeit geben gezielte Anregungen, Unterstützung, Beratung, Koordination (um den Prozess der Aktivierung zu befördern)

Ziele konservative Systemerhaltung evolutionäre Systemveränderung revolutionäre Systemveränderung Konzepte wohlfahrtsstaatliche GWA integrative GWA katalytische/aktivierende GWA aggressive GWA

wohlfahrtsstaatliche Gemeinwesenarbeit Ziele bessere Ausstattung von Quartieren mit sozialen Diensten Koordination sozialer Dienstleistungen SozialarbeiterIn als DienstleistungsmanagerIn

integrative Gemeinwesenarbeit Ziele Ermittlung einer Bedürfnishierarchie Bedarfsdeckung durch Nutzung existierender und aktivierender Ressourcen Gemeinwesenintegration - Identifikation mit Gemeinwesen stärken - Interesse und Teilhabe am Gemeinwesen erhöhen - gemeinsame Wertvorstellungen entwickeln bessere Funktionalität / Stärkung der Selbstorganisation SozialarbeiterIn als Katalysator

katalytische/aktivierende Gemeinwesenarbeit Ziele Initiierung und Steuerung der Selbsthilfe Installation von Verbindungsleuten als Ansprechpartner SozialarbeiterIn als: - KatalysatorIn für Veränderungen - BeobachterIn von Prozessen - InformatorIn für die Bevölkerung - TrainerIn für Lernwillige - KritikerIn und ProvokateurIn um Bewegung zu erzeugen - VermittlerIn zwischen Fronten

aggressive Gemeinwesenarbeit Ziele Bedürfnisartikulation, Interessenvertretung, Verbesserung bleiben nicht an Strukturen/Machtverhältnisse stehen gezielte Organisation von Betroffenen zur Bildung von Gegenmacht mittels Einmischung (Saul Alinsky) SozialarbeiterIn als OrganisatorIn des Widerstands: - regt Bürgerorganisation an und berät diese im Kampf gegen etablierte Macht- und Herrschaftsstrukturen

Phasierung des Hilfe-Prozesses Aktion/ Durchführung Reflektion/ Evaluation Phasen der GWA Erkundung/ Information Planung/ Konzeption Problem-/ Zielfdefinition Je nach Konzept mit unterschiedlichen Techniken

Verfahren/Techniken der GWA Kontaktaufnahme/-pflege Zugang zum Gemeinwesen finden/erhalten Feldforschung Bild des Quartiers (Problemlagen, Ressourcen) erhalten - Aktionsforschung (Soziometrie, teiln. Beobachtung, Interv.) - Soziastrukturanalyse (objektive F: Demografie, Infrastrukt.) - Sozialraumanalyse (subjektive F: Meinungen, Informelles, lokale Gruppen/Milieus/Eliten, Identifikationsobjekte, )

Verfahren/Techniken der GWA Meinungsbildungsverfahren Förderung der Interessenartikulation - Techniken sozialer Gruppenarbeit (Diskussion/Moderation, Gesprächsmotivierung, ) - Verfahren politischer Partizipation (Gremienarbeit, Berichterstattung, Bürgeranhörung, Bürgerversammlung, ) politische Einflussnahme - provokative Techniken (Sitin, Goins, Boykott, ziviler Ungeh.) - disruptive Techniken (Demonstration, Mietstreik, Besetzung)

Resümee zur Gemeinwesenarbeit Revolutionäre politische Zielsetzungen entsprachen selten Realität und Interessen der Bevölkerung sozialräumliche Perspektive von Problemanalyse und Intervention haben sich durchgesetzt Soziales muss aus Sozialem erklärt werden Soziale Probleme sind aus ihrem sozialen Kontext zu thematisieren + methodisch zu bearbeiten GWA ist allgemeines Arbeitsprinzip Sozialer Arbeit

Katholische Fachhochschule Freiburg Seminar Mittwoch 9.00-12.00 Uhr Raum 3303 Modul 5.3.1 Soziale Arbeit mit Gemeinwesen Ihre Fragen / Meinungen? Prof. Dr. phil. Martin Becker