WOLFGANG KOEBLE Die Teilschlussrechnung im Architekten- und Ingenieurvertrag Der Jubilar ist einer der bekanntesten aktuellen Baurechtler Deutschlands und hat sich in seinem schriftstellerischen Werk vielfach und eingehend mit Fragen des Architekten- und Ingenieurrechts befasst. Aus diesem Grunde lag es nahe, einen Beitrag aus diesem Rechtsgebiet zu wählen. I. Die Teilschlußrechnung ist vor allem aus dem Bauvertragsrecht bekannt. Dort genießt sie einen gewissen Stellenwert und es finden sich vertragliche Regelungen aber auch Bestimmungen in der VOB (B), die sich mit der Teilschlussrechnung beschäftigen (dazu 1.). Auch im Hinblick auf die Vertragsbeziehungen mit Architekten und Ingenieuren besteht jedoch ein erhebliches praktisches Bedürfnis für den Einsatz der Teilschlußrechnung (dazu 2.). Das wurde von Vertragsverfassern schon erkannt, weshalb insbesondere in Vertragsformularen der öffentlichen Hand die Teilschlußrechnung hier in die Formularpraxis schon in großem Umfang Einzug gehalten hat (dazu 3.). Die Kategorien Abschlagszahlungsrechnung und Schlussrechnung sind klar umrissen. Sowohl im Bauvertragsrecht als auch in der HOAI sind die Voraussetzungen genau bestimmt. Während für die Schlussrechnung nach 8 Abs. 1 HOAI die vertragsgemäße Erbringung der Leistungen und die Übergabe einer prüfbaren Honorarschlussrechnung erforderlich ist, können Abschlagszahlungen nach dem Buchstaben des 8 Abs. 2 HOAI in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Leistungen gefordert werden. In letzterer Hinsicht ist allerdings umstritten, ob genauso wie die Schlussrechnung auch hier Prüffähigkeit gegeben sein muss 1. Umstritten ist ferner, was der Begriff nachgewiesene Leistungen bedeuten soll und ob hier Abnahmefähigkeit der Leistung erforderlich ist oder die bloße Erbringung dieser Leistung ausreicht 2. Immerhin aber gibt es für die Abschlagszahlungsforderung im Architektenrecht eine Regelung und das unterscheidet sie von der Zwischenrechnung und auch von der Teilschlussrech nung. Wie die letzteren beiden Arten von Rechnungen einzuordnen sind, ist im folgenden zu klären. 1 vgl. zum Streitstand Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdn. 980 2 für letzteres Werner/Pastor, aao; a.a. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., 8 Rdn. 61 123
Wolfgang Koeble 1. Die VOB (B) kennt die Teilschlussrechnung als eine besondere Art der endgültigen Abrechnung eines Vertragsverhältnisses ( 16 Nr. 4 VOB (B)). Als Voraussetzung für die Stellung einer Teilschlussrechnung und die Fälligkeit der entsprechenden Teilschlusszahlung nennt die VOB (B), dass es sich um in sich geschlossene Teile der Leistung handeln muss und hinsichtlich dieser Teile der Leistung eine Teilabnahme erfolgt ist. Eine große praktische Bedeutung hat die Regelung jedoch nicht, weil der Begriff in sich geschlossene Teile der Leistung restriktiv ausgelegt wird und solche Teilleistungen nur dann vorliegen, wenn sie nach allgemeiner Auffassung nicht lediglich Bestandteil einer Gesamtleistung sind, sondern auch für sich als funktionell selbständig beurteilbare Bauleistung bestehen und vergeben werden können 3. Die Formulierung in sich abgeschlossene Teile der Leistung findet sich neben dem 12 Nr. 2 VOB (B) auch in 632a BGB und verursacht dort ebenfalls erhebliches Kopfzerbrechen. Liegen jedoch die beiden genannten Voraussetzungen vor, dann wird die Teilschlusszahlung beim Bauvertrag fällig, der Auftraggeber kann unter weiteren Voraussetzungen in Verzug kommen und auch die sonstigen Wirkungen der Schlussrechnung greifen ein. Letzteres bedeutet neben dem eigenständigen Verjährungsbeginn auch die entsprechende Geltung der Ausschlusswirkung des 16 Nr. 3 Abs. 2 5 VOB (B) 4. 2. Ebenso wie beim Bauvertrag besteht auch in verschiedenen Fällen bei Architekten- und Ingenieurverträgen ein Bedürfnis dafür, mit einer Teilschlussrechnung einen bestimmten Abschnitt abzuschließen und einen Schlussstrich zu ziehen. Mit diesem Schlussstrich sind dann verschiedene zusätzliche Wirkungen verknüpft: - Eintritt der Fälligkeit und unter weiteren Voraussetzungen des Verzugs hinsichtlich der teilschlussgerechneten Forderung. - Beginn der Verjährung für die Teilschlussrechnung. - Bindungswirkung an die Teilschlussrechnung unter den von der Rechtsprechung des BGH festgelegten Voraussetzungen. Das eigentliche praktische Bedürfnis, welches beide Vertragsparteien haben, ist die Erledigung etwaiger Problem- und Streitpunkte, die hinsichtlich der bis zum Stichtag erbrachten und abgerechneten Teilleistungen aufgetreten sind. Dieses Bedürfnis kann nicht nur bezogen auf einzelne Leistungsabschnitte bestehen, sondern auch dann, wenn verschiedene Objekte Gegenstand des Vertrages sind. In ersterer Hinsicht kann die Teilschlussrechnung bei Abschluss bestimmter Teilabschnitte praktische Bedeutung erlangen. So ergibt sich eine natürliche Zäsur nach den Leistungen bis zur Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4). Das betrifft alle Architekten- und Ingenieurleistungen, die in der HOAI geregelt sind. Entsprechendes gilt für den natürlichen Leistungsabschnitt nach Erbringung der gesamten Leistungen aus der Objektüberwachung (Leistungsphase 8). Denkbar sind auch noch weitere Zäsuren, so z.b. die vollständige 3 U. Locher, in: Ingenstau/Korbion, 15. Aufl., 16 Nr. 4 Rdn. 2 m.w.n. 4 Dazu Ingenstau/Korbion-U.Locher, 16 Nr. 4 Rdn. 5 f. 124
Die Teilschlussrechnung im Architekten- und Ingenieurvertrag Vorplanung (Leistungsphase 2), nach deren Vorliegen insbesondere bei Kostenschätzung die wirtschaftliche Realisierbarkeit vielfach entschieden wird. Entsprechendes gilt hinsichtlich dieser Leistungsphase auch für eine etwaige Bauvoranfrage betreffend die Genehmigungsfähigkeit eines bestimmten Objekts. Soweit eine stufenweise Beauftragung in Frage kommt, besteht umgekehrt auch ein Bedürfnis, die jeweilige Stufe als gesonderten Teil abrechnen zu können. Die stufenweise Beauftragung kommt insbesondere für Leistungsphasen 1 und 2, danach Leistungsphasen 3 und 4, danach wiederum die Leistungsphasen 5 8 und schließlich die Leistungsphase 9 in Frage. Ein weiteres erhebliches praktisches Bedürfnis für eine Teilschlußrechnung besteht dann, wenn mehrere Objekte Gegenstand der vertraglichen Leistung sind. Werden mehrere Gebäude dazu hin vielleicht sogar noch in mehreren zeitlich gestreckten Bauabschnitten auf der Grundlage eines Architektenvertrages oder eines Ingenieurvertrages errichtet, dann liegt es durchaus im Interesse beider Parteien, Klarheit über die einzelnen Glieder der Rechnung und des Auftrags zu erhalten. Auch der Auftraggeber will wissen, mit welchen Kosten er insbesondere im Hinblick auf weitere Investitionen für die erbrachte Teilleistung bei dem konkreten Objekt rechnen muss. Hat er hier eine Teilschlussrechnung mit der Wirkung einer Schlussrechnung vorliegen, kann er über deren Bezahlung ggf. Bindungswirkung erreichen und damit Sicherheit vor Nachforderungen erlangen. 3. Das besondere Bedürfnis für die endgültige Abrechnung bestimmter Abschnitte wurde vom öffentlichen Auftraggeber schon längere Zeit erkannt. In den Vertragsmustern der öffentlichen Hand für Architekten und Ingenieure finden sich deshalb unterschiedliche Regelungen über die Teilschlussrechnung. Die Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (RBBau) sehen für Architekten- und Ingenieurverträge eine Teilschlussrechnung bzw. Teilschlusszahlung unter folgenden Voraussetzungen vor ( 7 Abs. 2 AVB): Eine Teilschlusszahlung einschließlich Umsatzsteuer wird für die Haushaltsunterlage Bau gewährt, wenn die Haushaltsunterlage Bau baufachlich genehmigt ist und der Auftragnehmer eine prüfbare Rechnung eingereicht hat. Entsprechendes wie für die HU-Bau gilt in anderen Fällen von öffentlichen Aufträgen, wie z.b. für die NATO-Vorlage-B. Die Fälligkeitsvoraussetzung für die Schlusszahlung ist die Baufachliche Genehmigung der HU-Bau und die Prüfbarkeit der eingereichten Rechnung. Einer Teilabnahme bedarf es also zwar nicht. Die Anforderungen sind jedoch ähnlich hochgesteckt, weil immerhin die Baufachliche Genehmigung der HU-Bau notwendig ist. Zwar wird diese Baufachliche Genehmigung auch konkludent erteilt werden können. Jedoch bedarf es in ähnlicher Form wie hinsichtlich der Teilabnahme des Vorliegens von Umständen, die Rückschlüsse entweder auf die Billigung oder aber mindestens auf die Verwertung der erbrachten Leistung zulassen. Eine Besonderheit, die die Wirkung der Teilschlusszahlung wieder einschränkt, enthält 7 Abs. 3 AVB. Da 125
Wolfgang Koeble nach kann nämlich die Abrechnung auch noch nachträglich berichtigt werden und ein Rückforderungsanspruch geltend gemacht werden, wenn das Honorar abweichend vom Vertrag oder aufgrund unzutreffender anrechenbarer Kosten zu hoch ermittelt wurde. Ob dieser vertragliche Rückforderungsanspruch, der dazu hin noch ausdrücklich eine Berufung auf 818 Abs. 3 BGB ausschließt, der Inhaltskontrolle ( 307 BGB) Stand hält, kann im vorliegenden Zusammenhang nicht untersucht werden. Ebenso wie kirchliche Vertragsmuster oder Vertragsmuster von Verbänden enthalten auch die kommunalen Vertragsmuster für Architekten- und Ingenieurverträge Regelungen über die Teilschlusszahlung. Das gilt nicht nur für die Fälle der stufenweisen Beauftragung und die Abrechnung der jeweiligen Stufe, sondern darüber hinaus auch z.b. für die Zäsur nach der Leistungsphase 8 ( 7 Abs. 2 AVB zum kommunalen Vertragsmuster): Nach vertragsgemäßer Erbringung der Leistungsphasen 1 8 kann das Honorar für die Leistungsphasen 1 8 abgerechnet werden (1. Teilhonorar- Schlussrechnung). Die Teilabnahme der Leistung ist auch hier nicht Fälligkeitsvoraussetzung, sondern wie in 8 Abs. 1 HOAI die vertragsgemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen. Damit genügt ein objektives Moment, ebenso wie für die Fälligkeit von Abschlagszahlungen und es bedarf nicht des subjektiven Elements der Billigung der entsprechenden Leistung oder Teilleistung. Das erscheint aus der Sicht beider Vertragsparteien angemessen. Weshalb sollte der Auftraggeber eine Teilabnahme erklären und erklären müssen, damit Fälligkeit einer Teilschlusszahlung eingreift. Die über die Fälligkeit der Teilschlusszahlung hinaus gehenden Folgen einer Teilabnahme sind so nachhaltig, dass sie dem Auftraggeber im Stadium des Vertragsablaufs nicht abverlangt werden können. Umgekehrt ist es dem Architekten und dem Ingenieur nicht zuzumuten, außer dem Nachweis der erbrachten Leistung auch noch das subjektive Element der Billigung seitens des Auftraggebers schon in diesem Stadium nachweisen zu können. Erforderlich und ausreichend ist die vertragsgemäße Erbringung der Leistungen, wofür allerdings objektiv die Abnahmefähigkeit bzw. Teilabnahmefähigkeit gegeben sein muss 5. Die zitierten Vertragsmuster der öffentlichen Hand enthalten eine durchaus akzeptable und ausgewogene Regelung über die Teilschlussrechnung und Teilschlusszahlung. Die Anforderungen dürfen demgegenüber in vertraglichen oder etwaigen gesetzlichen Regelungen nicht überspannt werden. Zur Ergänzung bzw. Änderung des 8 HOAI wäre dem Verordnungsgeber eine den zitierten Vertragsmustern entsprechende Formulierung zu empfehlen, wonach nämlich eine prüfbare Teilschussrechnung übergeben sein muss und die entsprechenden Teilleistungen vertragsgemäß erbracht worden sein müssen. 5 Str.; so Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8 Rdn. 61; a.a. Werner/Pastor, Rdn. 918 m.w.n. 126
Die Teilschlussrechnung im Architekten- und Ingenieurvertrag II. Nachdem die HOAI und das BGB die Teilschlussrechnung nicht kennen, muss geklärt werden, welche Wirkungen eine vom Auftragnehmer mit und ohne rechtliche bzw. vertragliche Grundlage als Teilschussrechnung aufgestellte und übergebene Rechnung nach sich zieht. Aus der Sicht der Vertragsparteien verkürzt sich das Problem der Teilschlussrechnung darauf, ob die Wirkungen einer Schlussrechnung schon eintreten können, bevor eine Schlussrechnung möglich ist. - Wäre die Teilschlussrechnung als Schlussrechnung anzusehen, dann kämen ihr folgende Wirkungen zu: - Die Teilschlussrechnung hätte Fälligkeit zur Folge und ihr wäre damit auch (klagweise) Durchsetzbarkeit verliehen wie einer Schlussrechnung, - durch Mahnung bzw. nach Ablauf eines Monats ab Zugang wäre Verzug gegeben mit der Folge, dass Verzugsschäden und Zinsen erstattet werden müssten, - die Verjährung des Vergütungsanspruchs würde beginnen und - die Honorarschlussrechnung würde unter den von der Rechtsprechung festgelegten Voraussetzungen Bindungswirkung entfalten. Die zunächst genannten Wirkungen sind unproblematisch, weil die gleichen Folgen auch dann eintreten, wenn die Auslegung ergibt, dass die Teilschlussrechnung als Abschlagszahlungsrechnung anzusehen ist. Zu klären ist aber, ob auch die Teilschlussrechnung selbständig verjährt (dazu 1.) und ob sie ggf. Bindungswirkung haben kann (dazu 2.). 1. Für Abschlagszahlungen hat die Rechtsprechung entschieden, dass eine selbständige Verjährungsfrist läuft 6. Entscheidende Frage ist, ob mit der Abschlagszahlung angeforderte, aber nicht bezahlte Beträge einer völlig selbständigen Verjährung unterliegen oder durch eine Schlussrechnung später, in eigentlich verjährter Zeit wieder aufgegriffen werden können. Für letzteres hat sich die Rechtsprechung des BGH entschieden und erklärt, Abschlagszahlungen und Schlussrechnungen beträfen andere Streitgegenstände und im Rahmen der Schlussrechnung könnten deshalb an sich verjährte Abschlagszahlungsforderungen wieder aufgegriffen werden 7. Erstellt nun der Auftragnehmer anstelle einer Abschlagszahlungsrechnung eine Teilschlussrechnung auf der Grundlage einer entsprechenden vertraglichen Regelung (vgl. oben I. 3.), dann fragt sich, ob die Rechtsprechung betreffend die Abschlagszahlungen anwendbar ist und später in einer Schlussrechnung an sich verjährte, in der Teilschlussrechnung enthaltene Positionen wieder aufgegriffen werden kann. Mit der vertraglichen Sanktionierung der Teilschlussrechnung 6 BGH BauR 1999, 267 = NJW 1999, 713 = LM Heft 4/1999, 241 BGB Nr. 14 m.anm. Koeble = ZfBR 1999, 98 7 BGH a.a.o.; Schlussrechnung und Schlussrechnung betreffen dagegen den gleichen Streitgegenstand: BGH BauR 2002, 1588 = NJW-RR 2002, 1596 = NZBau 2002, 614; BGH NJW-RR 2004, 167 = NZBau 2004, 98 127
Wolfgang Koeble haben die Vertragsparteien dieser Form der Rechnung auch eine Bedeutung zugewiesen, wie sie nur die Schlussrechnung haben kann. Damit tritt bei einer Teilschlussrechnung im Unterschied zur Abschlagszahlungsrechnung endgültige Verjährung ein, wenn nicht innerhalb der Verjährungsfrist eine Unterbrechung oder Hemmung erfolgt. Für Architekten- und Ingenieurverträge gilt damit für eine auf vertraglicher Grundlage bzw. entsprechender Vereinbarung erstellte Teilschlussrechnung das gleiche wie beim Bauvertrag 8, dass nämlich die entsprechenden Ansprüche selbständig verjähren. Zu klären ist noch, ob letztere Wirkung auch dann eintritt, wenn eine Teilschlussrechnung vertraglich nicht vorgesehen ist, jedoch der Auftragnehmer eine solche Teilschlussrechnung anstelle einer Abschlagszahlungsrechnung vorlegt. Wird diese Rechnung bezahlt, stellt sich vorrangig das Problem der Bindungswirkung 9. Diese wird meistens zu bejahen sein. Entfällt die Bindungswirkung ausnahmsweise, dann stellt sich die Frage der selbständigen Verjährung. Im Falle der Bezahlung hat das OLG Schleswig eine Vereinbarung zwischen den Parteien unterstellt, wonach die erbrachte Leistung nach Leistungsphase 8 teilschlussgerechnet werden könne und die Wirkungen der Schlussrechnung im Hinblick auf die Verjährung eingreifen könnten 10. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Beide Parteien wollten eine abschliessende Lösung die Rechnung und Bezahlung im Hinblick auf einen bestimmten, eingrenzbaren Leistungsabschnitt. Dann muss auch die Folge aus diesem übereinstimmenden Willen sein, dass die Konsequenzen wie bei ursprünglicher vertraglicher Regelung eintreten. Die Fälligkeit, der Verzug und die Verjährung knüpfen demnach in solchen Fällen an die Übersendung einer entsprechenden Teilschlussrechnung an. Das gleiche gilt selbstverständlich dann, wenn die Rechnung als Schlussrechnung bezeichnet ist und zu einem Zeitpunkt erstellt wird, in dem eigentlich eine Schlussrechnung mangels vertragsgemäßer Erbringung der gesamten Leistungen noch nicht möglich ist 11. Zu klären ist schließlich, ob die Restforderung aus einer unberechtigten Teilschlussrechnung auch dann selbständig verjährt, wenn eine Zahlung nicht erfolgt ist. Die bloße Erklärung, es handle sich um eine Teilschussrechnung, kann noch nicht zur Folge haben, dass sämtliche Wirkungen einer solchen Schlussrechnung eingreifen. Vielmehr ist im Hinblick auf die Verjährung die Teilschlussrechnung einer Abschlagszahlungsforderung gleichzusetzen. Das bedeutet, dass die Restvergütungsansprüche zwar selbständig verjähren, jedoch auch in verjährter Zeit noch in eine Schlussrechnung erneut eingestellt werden können 12. 2. Unzweifelhaft kommt der vertraglich vereinbarten und nach den Anforderungen dieser Vereinbarung aufgestellten Teilschlussrechnung auch Bindungs- 8 vgl. für die VOB Ingenstau/Korbion-Keldungs, 2 Rdn. 56 9 vgl. dazu unten 2.; vgl. auch OLG Schleswig BauR 2003, 1425, das hier eine Vereinbarung der Parteien betreffend eine Teilschlussrechnung und den selbständigen Lauf der Verjährung im Hinblick auf später erhobene Zusatzforderungen annimmt 10 OLG Schleswig BauR 2003, 1425 11 vgl. dazu den erwähnten Fall des OLG Schleswig a.a.o. 12 vgl. zur Abschlagszahlungsforderung oben Fn. 6 128
Die Teilschlussrechnung im Architekten- und Ingenieurvertrag wirkung zu. Problematisch ist aber, ob die außer der Reihe und ohne Vertragsgrundlage aufgestellte Teilschlussrechnung ebenfalls Bindungswirkung im Sinne der Rechtsprechung hat. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Bindungswirkung nur noch unter sehr engen Voraussetzungen zu bejahen ist 13. Soweit diese Voraussetzungen vorliegen, stellt sich die Frage, ob Bindungswirkung auch bei einer ohne vertragliche Grundlage vorgelegten Teilschlussrechnung eintreten kann. Für Abschlagszahlungsrechnungen besteht unstreitig keine Bindungswirkung. Weder der Auftragnehmer noch der Auftraggeber sind gebunden. Beide können sich auch gegen die Faktoren und Inhalte der betreffenden Abschlagszahlungsrechnungen noch nachträglich wehren 14. Dagegen ist der Sachverhalt für die auch unberechtigt erstellte Teilschlussrechnung anders. Mit ihr werden die Anforderungen erfüllt, die die Rechtsprechung an die Voraussetzungen der Bindungswirkung stellt 15. III. Haben die Parteien eine Vereinbarung, wonach eine Teilschlussrechnung nach Erreichen eines bestimmten Abschnitts und unter bestimmten Voraussetzungen gestellt werden kann, nicht getroffen, fragt sich, welche Bedeutung eine dennoch erstellte Teilschlussrechnung haben kann. Festzustellen ist hier zunächst, dass die bloße Bezeichnung einer Rechnung noch nicht ihren endgültigen Charakter festlegt. Für das Vorliegen einer Schlussrechnung ist dies unstreitig. Umgekehrt ist die Bezeichnung als Schlussrechnung nicht erforderlich. Die Auslegung aller Umstände kann ergeben, dass auch bei Fehlen dieses Zusatzes eine Schlussrechnung vorliegen kann 16. Eine Schlussrechnung kann sogar dann vorliegen, wenn ein gleichzeitiges Vergleichsangebot gemacht wird und zusätzlich erklärt wird, die Schlussrechnung würde lauten... 17. Eine als Teilschlussrechnung bezeichnete Rechnung kann durchaus im Wege der Auslegung als Abschlagszahlungsrechnung anzusehen sein 18. Entsprechendes gilt auch für eine vom Auftragnehmer als Zwischenrechnung bezeichnete Unterlage 19. Wenn noch aus irgend einer Formulierung hervorgeht, dass die Rechnung keinen endgültigen Charakter haben soll, dann handelt es sich immer um eine Abschlagszahlungsrechnung. Das gilt nicht nur bei aus- 13 vgl. BGH BauR 1993, 238 = NJW 1993, 659 = ZfBR 1993, 66; BGH BauR 1993, 239 = NJW 1993, 661; zu den Einzelheiten Werner/Pastor, Rdn. 794 ff.; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8 Rdn. 38 ff., jeweils m.w.n. 14 Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 2004, 12. Teil, Rdn. 327 m.w.n. 15 ebenso Werner/Pastor, Rdn. 808; Locher/Koeble/Frik, 8 Rdn. 9; Korbion/Mantscheff/ Vygen, HOAI, 6. Aufl., Rdn. 32 16 vgl. z.b. BGH BauR 1992, 265; BGH BauR 1996, 138 = NJW-RR 1996, 145 = ZfBR 1996, 37. 17 OLG Koblenz BauR 2000, 755 18 BGH BauR 1992, 265 19 BGH BauR 1996, 138 = NJW-RR 1996, 145 = ZfBR 1996, 37 129
Wolfang Koeble drücklichen Erklärungen, die Forderung insgesamt offen halten zu wollen, sondern auch dann, wenn einzelne Honorarberechnungsfaktoren in der Schwebe gehalten werden und insgesamt bei Vorbehalten jeder Art, soweit sie bestimmt sind. Fehlen dagegen solche Umstände und ergibt der Charakter der Rechnung sonst, dass eine Zäsur gemacht werden soll, dann ist die Teilschlussrechnung von der Wirkung her einer Schlussrechnung gleichzustellen. Zu klären ist ferner, wenn auf der Grundlage einer nicht vertraglich vorgesehenen Teilschlussrechnung geklagt wird, ob dann eine Abschlagszahlungs- oder Schlusszahlungsklage vorliegt. Die Entscheidung fällt ebenfalls auf der Grundlage der gesamten Umstände und wird im Regelfall bei Fehlen solcher Umstände als Schlussrechnung anzusehen sein. Hier ergäbe sich dann das Problem, dass z.b. bei noch nicht erfolgter Erledigung der Leistungsphase 9 die Fälligkeit zu verneinen wäre. Der Auftragnehmer könnte dann auf entsprechenden Hinweis auf eine Abschlagszahlung umsteigen. Das wäre aber eine Klagänderung, weil Schlussrechnung und Abschlagszahlungsrechnung unterschiedliche Streitgegenstände betreffen 20. IV. Die wesentlichen Ergebnisse sind folgende: 1. Die meisten Vertragsmuster der öffentlichen Hand, einiger Verbände und der Kirchen enthalten ausgewogene Regelungen über die Teilschlussrechnung und Teilschlusszahlung. In allen Fällen wird die Fälligkeit besonders im Interesse des Auftraggebers richtigerweise nicht von der Teilabnahme abhängig gemacht, sondern von der vertragsgemäßen Erbringung der Leistungen wofür nach umstrittener Auffassung die Teilabnahmefähigkeit erforderlich ist. 2. Sowohl die mit als auch die ohne vertragliche Grundlage aufgestellte Teilschlussrechnung sind geeignet, Fälligkeit und Verzug auszulösen, wenn die sonst dafür nötigen Voraussetzungen vorliegen. 3. Die in einer Teilschlussrechnung abgerechneten Ansprüche verjähren wie bei einer Schlussrechnung, wenn die Teilschlussrechnung entweder vertraglich vorgesehen ist oder vom Auftragnehmer bezahlt wird. Nachforderungen sind dann wegen Verjährung ausgeschlossen. Anderes gilt für die nicht vertraglich vorgesehene und nicht bezahlte Teilschlussrechnung und zwar auch dann, wenn die Auslegung ergibt, dass der Auftragnehmer eine Schlussrechnung erstellen wollte. 4. Erstellt der Auftragnehmer eine Teilschlussrechnung, so tritt Bindungswirkung ein, wenn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze im Einzelfall vorliegen, unabhängig davon, ob für die Teilschlussrechnung eine vertragliche Grundlage gegeben ist oder nicht. 20 BGH BauR 1999, 267 = NJW 1999, 713 = LM Heft 4/1999, 241 BGB Nr. 14 m.anm. Koeble = ZfBR 1999, 98 130