Hartmut Koschyk/Stefan Leible/Klaus Schäfer (Hrsg.) Anlegerschutz und Stabilität der Finanzmärkte



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Transkript:

Hartmut Koschyk/Stefan Leible/Klaus Schäfer (Hrsg.) Anlegerschutz und Stabilität der Finanzmärkte

Bayreuther Studien zum Wirtschafts- und Medienrecht Band 7 Herausgegeben von der Forschungsstelle für Wirtschafts- und Medienrecht an der Universität Bayreuth (FWMR) für diese von den Professoren Dr. Nikolaus Bosch, Dr. Torsten Eymann, Dr. Jörg Gundel, Dr. Peter W. Heermann, Dr. Stefan Leible, Dr. Martin Leschke, Dr. Markus Möstl, Dr. Jürgen E. Müller, Dr. Ansgar Ohly

Anlegerschutz und Stabilität der Finanzmärkte von Hartmut Koschyk/Stefan Leible/Klaus Schäfer (Hrsg.) JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2012

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Alle Rechte vorbehalten 2012 JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh Druck: Bookstation GmbH, Sipplingen Satz: Societas Verlag (www.societas-verlag.de) Printed in Germany ISBN 978-3-86653-224-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: www.jwv.de

Inhaltsverzeichnis Vorwort................................. 5 Abkürzungsverzeichnis......................... 9 Hartmut Koschyk Anlegerschutz und Stabilität der Finanzmärkte........... 17 Peter Konesny, Karl-Peter Schackmann-Fallis, Mirko Weiß Systemstabilität im deutschen Bankenmarkt: Erfahrungen und Handlungserfordernisse........................ 37 Uwe Blaurock Was hat der Gesetzgeber aus der Finanzkrise gelernt? Die Neuregulierung der Finanzmärkte..................... 71 Christian Koziol Eine ökonomische Analyse der Regulierung von Leerverkäufen... 91 Stephan Heinemann/Franz Weinberger Das Verbot ungedeckter Leerverkäufe und seine Grenzen...... 99 Oliver Entrop Retail-Zertifikate im deutschen Markt................ 111 Rolf Sethe Verschärfte Regeln für Anlageberater im Retail-Bereich...... 131 Martin Weber Kodex zur Anlageberatung. Gute Sitten und optimale Entscheidungen 155

8 Inhaltsverzeichnis Marc-Philippe Weller Die Dogmatik des Anlageberatungsvertrages Legitimation der strengen Rechtsprechungslinie von Bond bis Ille / Deutsche Bank. 183 Karl Matthäus Schmidt Die Zeit ist reif für ein neues Banksystem.............. 203 Peter A. Gundermann Beratervergütung und Haftungsmaßstab............... 209 Julius F. Reiter Produktinformationsblätter und Haftung.............. 229 Alexander Rauch/Lucas Günther/Alexander Zenefels Podiumsdiskussion zum Thema Banken und Vermittler an die Kette? Notwendigkeit und Grenzen neuer Regeln für den Anlegerschutz............................... 235 Autoren und Herausgeber....................... 245 Stichwortverzeichnis.......................... 249

Retail-Zertifikate im deutschen Markt Oliver Entrop I. Einleitung................................. 114 II. Ausgestaltung und Funktionsweise des Marktes für Retail -Zertifikate 115 1. Marktüberblick........................... 115 2. Beispielhafte Zertifikate...................... 117 3. Index-Zertifikate.......................... 119 4. Kapitalschutz-Zertifikate..................... 119 5. Diskont-Zertifikate......................... 120 6. Weitere Zertifikate......................... 120 7. Der Handel in Zertifikaten.................... 122 III. Fairness der Preise........................... 123 1. Duplikation und Hedging von Zertifikaten............ 123 2. Empirische Studien zur Preissetzung............... 125 IV. Zusammenfassung und Ausblick.................... 129 Literatur und Quellen: Baule, Rainer (2011): The Order Flow of Discount Certificates and Issuer Pricing Behavior, erscheint in: Journal of Banking and Finance; Baule, Rainer / Entrop, Oliver / Wilkens, Marco (2008): Credit Risk and Bank Margins in Structured Financial Products: Evidence from the German Secondary Market for Discount Certificates, in: Journal of Futures Markets, Vol. 28, No. 4, S. 376-397; Baule, Rainer / Tallau, Christian (2011): The Pricing of Path-Dependent Structured Financial Retail Products: The Case of Bonus Certificates, erscheint in: Journal of Derivatives; Baubonis, Charles / Gastineau, Gary / Purcell, David (1993): The Banker s Guide to Equity Linked Certificates of Deposits, in: Journal of Derivatives, Vol. 1, No. 2, S. 87-95; Benet, Bruce A. / Giannetti, Antoine / Pissaris, Seema (2006): Gains from Structured Product Markets: The Case of Reverse-Exchangeable Securities (RES), in: Journal of Banking and Finance,

112 Oliver Entrop Vol. 30, No. 1, S. 111-132; Breuer, Wolfgang / Perst, Achim (2007): Retail Banking and Behavioral Financial Engineering: The Case of Structured Products, in: Journal of Banking and Finance, Vol. 31, No. 3, S. 827-844; Burth, Stephan / Kraus, Thomas / Wohlwend, Hanspeter (2001): The Pricing of Structured Products in the Swiss Market, in: Journal of Derivatives, Vol. 9 (Winter), No. 2, S. 30-40; Chen, Andrew H. / Kensinger, John W. (1990): An Analysis of Market-Index Certificates of Deposit, in: Journal of Financial Services Research, Vol. 4, S. 93-110; Chen, K. C. / Sears, R. Stephen, (1990): Pricing the SPIN, in: Financial Management, Vol. 19, No. 2, S. 36-47; Deutscher Derivate Verband (2011): Marktvolumen von derivativen Wertpapieren. Januar 2011; Entrop, Oliver / Schober, Alexander / Wilkens, Marco (2011): The Pricing Policy of Banks on the German Secondary Market for Leverage Certificates: Interday and Intraday Effects. Working Paper, University of Passau, Catholic University of Eichstätt-Ingolstadt, University of Augsburg, February 8, 2011; Entrop, Oliver / Scholz, Hendrik / Wilkens, Marco (2009): The Price-Setting Behavior of Banks: An Analysis of Open-End Leverage Certificates on the German Market, in: Journal of Banking and Finance, Vol. 33, No. 5, S. 874-882; Glaser, Markus (2001): Behavioral Financial Engineering, in: Fallstudien zum rationalen Entscheiden, hrsg. v. Franz Eisenführ, Thomas Langer und Martin Weber, Berlin, S. 167-190; Henderson, Brian J. / Pearson, Neil D. (2011): The Dark Side of Financial Innovation: A Case Study of the Pricing of a Retail Financial Product, in: Journal of Financial Economics, Vol. 100, No. 2, S. 227-247; Hens, Torsten / Rieger, Marc Oliver (2009): The Dark Side of the Moon: Structured Products from the Customer's Perspective, Working Paper, University of Zurich, February 10, 2009; HSBC Trinkaus (2010): Zertifikate und Optionsscheine, 11. Aufl., Düsseldorf; Hull, John C. (2011): Options, Futures, and Other Derivatives, Upper Saddle River; Jarrow, Robert A. / van Deventer, Donald R. (1998): The Arbitrage-free Valuation and Hedging of Demand Deposits and Credit Card Loans. Journal of Banking and Finance, Vol. 22, No. 3, S. 259-272; Köndgen, Johannes (2010): Structured Products from the Perspective of Investor Protection: Can the Courts Police the Market or Do We Need More Regulation? in: Unternehmen, Markt und Verantwortung, hrsg. v. Stefan Grundmann, Brigitte Haar Hanno Merkt, Peter O. Mülbert, Marina Wellenhof, Harald Baun, Jan von Hein, Thomas von Hippel, Katharina Pistor, Markus Roth und Heike Schweitzer, Berlin, S. 2113-2141; Muck, Matthias (2006): Where Should You Buy Your Options? The Pricing of Exchange-Traded Certificates and OTC Derivatives in Germany, in: Journal of Derivatives, Vol. 14 (Fall), No. 1, S. 82-86; Muck, Matthias (2007): Pricing Turbo Certificates in the Presence of Stochastic Jumps, Interest Rates and Volatility, in: Die Betriebswirtschaft, 67. Jg., Nr. 2, S. 224-240; Rieger, Marc Oliver (2009): Optionen, Derivate und strukturierte Produkte: Ein Praxisbuch, Stuttgart; Rieger, Marc Oliver (2011): Probability Misestimation and Preferences in Financial Investment Decisions, erscheint in: Journal of Behavioral Finance; Schmitz, Philipp / Weber, Martin (2007): Buying

Retail-Zertifikate im deutschen Markt 113 and Selling Behavior of Individual Investors in Option-like Securities, Working Paper, University of Mannheim, June 26, 2007; Stoimenov, Pavel A. / Wilkens, Sascha (2005): Are Structured Products Fairly Priced? An Analysis of the German Market for Equity-Linked Instruments, in: Journal of Banking and Finance, Vol. 29, No. 12, S. 2971-2993; Stuttgart Stock Exchange (2010): Exchange Rules of the Stuttgart Stock Exchange, 14 June 2010; Szymanowska, Marta / Horst, Jenke T. / Veld, Chris (2009): Reverse Convertible Bonds Analyzed, in: Journal of Futures Markets, Vol. 29, No. 10, S. 895-919; Wasserfallen, Walter / Schenk, Christoph (1996): Portfolio Insurance for the Small Investor in Switzerland, in: Journal of Derivatives, Vol. 3 (Spring), No. 3, S. 37-43; Wilkens, Marco (2005): Strukturierte Produkte im Retailbanking Gewinner und Verlierer. in: Governance von Profit- und Nonprofit-Organisationen in gesellschaftlicher Verantwortung, hrsg. v. Dietrich Budäus, Wiesbaden, S. 291-310; Wilkens, Sascha / Erner, Carsten / Röder, Klaus (2003): The Pricing of Structured Products in Germany, in: Journal of Derivatives, Vol. 11 (Fall), No. 1, S. 55-69; Wilkens, Marco / Scholz, Hendrik / Völker, Jörg (1999a): Duplikation und Bewertung strukturierter Finanzprodukte Callable Step-Up Bonds, in: Die Bank, 4/1999, S. 262-268; Wilkens, Marco / Scholz, Hendrik / Völker, Jörg (1999b): Analyse und Bewertung von Aktienanleihen und Diskontzertifikaten, in: Die Bank, 5/1999, S. 322-327; Wilkens, Sascha / Stoimenov, Pavel A. (2007): The Pricing of Leverage Products: An Empirical Investigation of the German Market for Long and Short Stock Index Certificates, in: Journal of Banking and Finance, Vol. 31, No. 3, S. 735-750

114 Oliver Entrop I. Einleitung Zertifikate sind seit den neunziger Jahren eine der wesentlichen und erfolgreichsten Finanzmarktinnovationen im deutschen Retailbereich. Sie werden von Banken emittiert und stellen formal unbesicherte Schuldverschreibungen dar. 1 Im Gegensatz zu klassischen Schuldverschreibungen, die in der Regel feste Zins- und Tilgungszahlungen vorsehen, weisen Zertifikate die Besonderheit auf, dass ihr Zahlungsprofil ganz oder teilweise an die Entwicklung anderer Assets wie Aktien, Aktienindizes, Anleihen, Rohstoffe, Währungen, Fonds oder Ähnliches gekoppelt ist. Zertifikate unterliegen nicht der Einlagensicherung. Somit sind Investoren in gleicher Weise wie bei klassischen Schuldverschreibungen dem Ausfallrisiko der Emittentin ausgesetzt. 2 Ein Beispiel dafür, dass dieses Risiko schlagend werden kann, sind die Zertifikate der Investmentbank Lehman Brothers, die im September 2008 im Zuge der Finanzkrise ausfiel. Die Einführung von Finanzinnovationen für institutionelle und auch private Investoren wird in der Literatur in der Regel positiv betrachtet. Sie ermöglichen insbesondere privaten Investoren die Investition in Auszahlungsprofile, die sie anderweitig auf Grund von Marktunvollkommenheiten wie institutionalisierten Marktzugangsbeschränkungen (zum Beispiel auf Optionsmärkten) oder sehr hohen Transaktionskosten nicht oder nur zu sehr hohen Kosten erwerben können. 3 Ökonomen sprechen in diesem Zusammenhang von der Vervollkommnung der Kapitalmärkte. Umgekehrt existiert auch eine kritische Sichtweise, insbesondere auf Zertifikate im Retailbereich, wie die Titel aktueller Arbeiten wie The Dark Side of Financial Innovation: A Case Study of the Pricing of a Retail Financial Product von Henderson und Pearson (2011) oder The Dark Side of the Moon: Structured Products from the Customer s Perspective von Hens und Rieger (2009) illustrieren. Hintergrund dieser Überlegungen ist in der Regel zum einen die Beobachtung, dass die Preise von Zertifikaten auch an Börsen die Emittenten gegenüber den Investoren zum Teil stark bevorteilen. Zum anderen wird zunehmend aus Sicht der Behavioral Finance argumentiert, dass die Emittenten kognitive Biases der Privatinvestoren ausnutzen, um Zertifikate zu konstruieren, die optisch attraktiver wirken als sie ökonomisch sind. Spiegelbildlich würden demnach Investoren Auszahlungsprofile nachfragen, die sie rationaler Weise eigentlich nicht erwerben sollten. 4 Bemerkenswerter Weise ist der deutsche Markt einer der weltweit größten Märkte für Zertifikate, das heißt für derivative Produkte, im Retailbe- 1 Vgl. zum Beispiel Baule/Entrop/Wilkens (2008). 2 Zur Integration von Ausfallrisiken in die Analyse von Zertifikaten am Beispiel von Diskont-Zertifikaten vgl. Baule/Entrop/Wilkens (2008). 3 Vgl. zum Beispiel Henderson/Pearson (2011) und die dort angegebene Literatur. 4 Vgl. in diesem Kontext zum Beispiel Glaser (2001), Breuer/Perst (2007), Hens/Rieger (2009) und Henderson/Pearson (2011).

Retail-Zertifikate im deutschen Markt 115 reich. Nahezu sämtliche große deutsche und europäische Banken sind als Emittenten vertreten. 5 Vor diesem Hintergrund ist es Ziel des vorliegenden Beitrags, einen Überblick über den deutschen Markt für Zertifikate zu geben, aktuelle Entwicklungen aufzuzeigen und ausgewählte wesentliche Ergebnisse aktueller Untersuchungen zum Zertifikatemarkt darzustellen und einzuordnen. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist hierbei die Fairness der Preise von Zertifikaten. Der weitere Beitrag ist wie folgt aufgebaut: Der folgende Abschnitt II befasst sich mit der Ausgestaltung und Funktionsweise des Marktes für Retail -Zertifikate. Zunächst gibt Abschnitt II.1 einen aktuellen Marktüberblick. Abschnitt II.2 stellt ausgewählte Zertifikate dar, während Ab- schnitt II.3 die Funktionsweise des Handels der Zertifikate in Deutschland beleuchtet. Abschnitt III stellt wesentliche Ergebnisse der Fairness der Preise für Zertifikate zusammen. Abschnitt III.1 konzentriert sich auf die Duplikation und das Hedging von Zertifikaten, während Abschnitt III.2 wesentliche Ergebnisse empirischer Untersuchungen zur Qualität der Börsenkurse von Zertifikaten aufbereitet. Der letzte Abschnitt IV fasst den Beitrag zusammen. II. Ausgestaltung und Funktionsweise des Marktes für Retail -Zertifikate 1. Marktüberblick Der Markt für Zertifikate in Deutschland bestand im Januar 2011 aus rund 600.000 Zertifikaten mit einem Gesamtvolumen von ca. 107 Mrd. EUR, wobei allein im Januar 2011 fast 120.000 Zertifikate 6 neu emittiert wurden. 7 Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Entwicklung zwischen 2004 und 2011 und verdeutlicht das immense Wachstum der letzten Jahre. Der Rückgang Ende 2008 im Zuge der Finanzkrise 8 ist mittlerweile nahezu wieder aufgeholt. 5 Jeweils aktuelle Überblicke sind zum Beispiel auf www.onvista.de zu finden. 6 Bei der Interpretation dieser großen Anzahl von Neuemissionen ist zu beachten, dass eine Vielzahl von hoch spekulativen Zertifikaten mit sehr kurzer Laufzeit existiert; so werden so genannte Day-Turbos zum Beispiel schon am Abend des Emissionstages fällig. 7 Vgl. Deutscher Derivate Verband (2011). Zur Regulierung von Zertifikaten vgl. Köndgen (2010). 8 Der Rückgang im Zuge der Finanzkrise ist wesentlich auf den Einbruch der Finanz-, insbesondere der Aktienmärkte in dieser Zeit zurückzuführen, da eine Vielzahl der Zertifikate positiv an Aktien oder Aktienindizes gekoppelt sind.

116 Oliver Entrop Abbildung 1: Entwicklung des Zertifikatevolumens (in Mrd. EUR) 9 Zertifikate werden üblicherweise in zwei unterschiedliche Klassen eingeteilt: a) Hebelprodukte und b) Anlageprodukte. Hebelprodukte machten zu Beginn des Jahres 2011 nur ca. 1,6 % des Marktvolumens aus, waren jedoch für rund 35,5 % der Börsenumsätze verantwortlich. 10 Die Hebelprodukte gliedern sich wiederum ungefähr hälftig in die klassischen Optionsscheine und in Knock-out-Produkte. 11 Sie werden von privaten Investoren typischerweise nur sehr kurzfristig gehalten, wobei die Haltedauer von Optionenscheinen etwas länger ist (im Durchschnitt 9 Tage) als bei Knock-out-Produkten (im Durchschnitt 1 Tag) und dienen zur Spekulation auf kurzfristige Bewegungen des Marktes beziehungsweise des jeweiligen Underlyings. 12 Demgegenüber machen so genannte Anlageprodukte 98,4 % des Marktvolumens in Zertifikaten aus. Diese werden typischerweise von privaten Investoren als mittel- oder langfristige Anlage genutzt und sind von den Emittenten dementsprechend als Alternative oder Ergänzung zu Aktien, Anleihen, Fonds und ähnlichen Finanzinstrumenten konzipiert. 53,0 % der Anlagezertifikate bezogen sich im Januar 2011 auf Aktien, Aktienkörbe oder Aktienindizes, 43,4 % auf entsprechende Rentenpositionen und der Rest auf Währungen, Rohstoffe und Hedge Fonds. 13 10 Vgl. Deutscher Derivate Verband (2011). 11 Vgl. zu Optionsscheinen exemplarisch Hull (2011) und zu Knock-out-Produkten Entrop/Scholz/Wilkens (2005). 12 Vgl. für detaillierte Untersuchungen zu Optionsscheinen Schmitz/Weber (2007) und zu endlichen Turbo-Zertifikaten als Beispiel für Knock-out-Produkte Entrop/Schober/Wilkens (2011). 13 Vgl. Deutscher Derivate Verband (2011).

Retail-Zertifikate im deutschen Markt 117 Die Produktklasse der Anlagezertifikate ist in sich sehr heterogen. Abbildung 2 gibt einen Überblick über eine typische Kategorisierung verbunden mit den jeweiligen Anteilen an dieser Produktklasse. Den größten Anteil machten mit 40,3 % im Januar 2011 strukturierte Anleihen aus. Diese Kategorie umfasst primär Zertifikate, die klassischen Zins-Anleihen am nächsten sind, wie zum Beispiel Analoga zu kündbaren Anleihen, zu Floating Rate Notes mit Zinsober- oder -untergrenzen oder Ähnliches. Abbildung 2: Anlageprodukte nach Produktkategorien 14 Nach Einbrüchen an Aktienmärkten werden Kapitalschutz-Zertifikate verstärkt nachgefragt, was sich hier an einem Anteil von 21,0 % widerspiegelt. 15 Diese Zertifikate garantieren bei Fälligkeit einen bestimmten Mindestbetrag, der sich häufig an dem anfangs eingesetzten Kapital orientiert. Weitere bedeutende Produktkategorien sind Express-, Diskont-, Bonus- und Index-Zertifikate sowie Aktienanleihen. Im Weiteren wird die Funktionsweise ausgewählter Zertifikate dargestellt. 16 2. Beispielhafte Zertifikate Abbildung 3 enthält beispielhaft die Auszahlungsprofile dreier einfacher stilisierter Zertifikate auf den DAX. 17 Auf der x-achse ist jeweils der (auf 15 Auch strukturierte Anleihen haben natürlich in der Regel einen Kapitalschutz, werden jedoch häufig als eigene Kategorie geführt. 16 Vgl. für einen Überblick zu verschiedensten Zertifkateformen zum Beispiel Rieger (2009) und HSBC Trinkaus (2010). 17 Hierbei handelt es sich jeweils um die Grundform. Mit der Zeit haben sich verschiedenste Ausgestaltungen herausgebildet.

118 Oliver Entrop 100 normierte) Stand des Dax bei Fälligkeit des Zertifikates abgetragen, auf der y-achse die Zahlung aus dem Zertifikat bei Fälligkeit. 18 Abbildung 3: Auszahlungsprofile einfacher Zertifikate 18 Zahlungen vor Fälligkeit erfolgen hier der Einfachheit halber grundsätzlich nicht.

Retail-Zertifikate im deutschen Markt 119 3. Index-Zertifikate Ein reines Index-Zertifikat hat ein sehr einfaches Auszahlungsprofil: Es verspricht die Zahlung des DAX-Standes bei Fälligkeit. Wird vom Ausfallrisiko der Emittentin abstrahiert, so entspricht der heutige Wert des DAX-Zertifikates gerade dem jeweils aktuellen DAX-Stand. 19 Indexzertifikate stellen eine einfache Möglichkeit dar, an Kursentwicklungen des jeweiligen Index 1-zu-1 zu partizipieren. Als Alternative bieten sich für private Investoren im Wesentlichen nur zwei Möglichkeiten an: Zum einen könnte der Investor die Aktien, die den DAX bilden, gemäß ihrer Indexgewichtung kaufen und müsste bei Änderungen der Indexzusammensetzung sein Portfolio entsprechend umschichten. Unter dem Gesichtspunkt von Transaktionskosten ist ein Indexzertifikat in der Regel deutlich günstiger. Alternativ könnte der Investor in Fonds investieren, die die Entwicklung des Index passiv nachbilden. Hierfür fällt eine (in der Regel geringe) Managementgebühr an. Allerdings ist der Investor in beiden Fällen nicht wie bei Zertifikaten dem Ausfallrisiko der Emittentin ausgesetzt. 4. Kapitalschutz-Zertifikate Kapitalschutz-Zertifikate zeichnen sich wie oben dargestellt dadurch aus, dass sie die Rückzahlung eines bestimmten Mindestbetrages garantieren. Im Beispiel erhält der Anleger stets mindestens 100 zurück, auch dann, wenn der DAX bei Fälligkeit des Zertifikates unter 100 gefallen ist. Steht der Dax oberhalb von 100, so wird der Anleger an diesem Gewinn gegenüber 100 beteiligt. Im Beispiel partizipiert der Anleger mit 30 %, er erhält also bei Dax-Ständen von 150 beziehungsweise 200 gerade 115 beziehungsweise 130. Die Garantie einer Mindestrückzahlung erhöht ceteris paribus den heutigen Wert des Zertifikates gegenüber einer ansonsten analogen Investition in den Dax, da es das Verlustrisiko begrenzt. Umgekehrt senkt die Unterpartizipation an den Dax-Ständen über 100 ceteris paribus den heutigen Wert. Die Kapitalsicherung wird letztendlich dadurch erkauft, dass auf eine 1-zu-1-Partizipation an den Gewinnen aus einem stark steigenden Dax verzichtet wird. Diese Zertifikate eignen sich damit letztlich für Investoren, die ihr Kapital nicht verlieren wollen, jedoch an positiven Entwicklungen des DAX partizipieren möchten. 19 Bezieht sich das Indexzertifikat auf einen Kursindex wie den EuroStoxx 50, so liegt der heutige Wert unter dem jeweiligen Indexstand, da Zertifikateinhaber nicht an Dividendenausschüttungen des zugrundeliegenden Aktienkorbes partizipieren, vgl. allgemeiner Hull (2011).

120 Oliver Entrop Ein analoges Auszahlungsprofil könnte der Investor sich jedoch auch direkt zusammenstellen, beispielsweise durch Investitionen in einen Zerobond und eine Call-Position auf den DAX. 5. Diskont-Zertifikate Die untere Sub-Abbildung von Abbildung 3 stellt das Auszahlungsprofil eines Diskont-Zertifikates dar. Hier erhält der Anleger bei Fälligkeit wie bei Index-Zertifikaten den Stand des Dax ausgezahlt, jedoch nicht mehr als 150. Das Auszahlungsprofil ist somit nach oben durch den sogenannten Cap (hier 150) beschränkt. Der heutige Wert des Zertifikates liegt folglich unter dem heutigen Dax-Stand, da auf die Beteiligung an einem stark steigenden Dax verzichtet wird. Umgekehrt führt der niedrigere Einstandspreis dazu, dass der Investor auch dann eine positive Rendite erzielen kann, wenn der DAX sich nicht oder nur wenig verändert. 20 Diskont-Zertifikate eignen sich dementsprechend primär für Anleger, die von einer Seitwärtsbewegung beziehungsweise einem nicht zu stark steigenden DAX ausgehen. Wie in Abschnitt II.3 gezeigt wird, ist dies ein Auszahlungsprofil, das der normale Investor anderweitig nicht einfach erwerben kann, da er dafür Optionsscheine schreiben können müsste. 6. Weitere Zertifikate Neben obigen ausgewählten, lange etablierten einfachen Zertifikaten existieren deutlich komplexere Auszahlungsprofile. Ein Beispiel sind Express- Zertifikate, deren Funktionsweise in Abbildung 4 stilisiert dargestellt ist. 21 Das Zertifikat hat eine feste Laufzeit und die Rückzahlung bei Fälligkeit hängt davon ab, wie der Stand des Underlying, zum Beispiel des DAX, im Verhältnis zu einem festgelegten Vorzeitigen Auszahlungslevel und gegebenenfalls einer weiteren Barriere liegt. Möglicherweise wird das Zertifikat aber auch früher fällig; dies ist dann der Fall, falls das Underlying zu bestimmten Zeitpunkten über dem Vorzeitigen Auszahlungslevel liegen sollte. Das Auszahlungsprofil hängt also insbesondere davon ab, ob zu bestimmten Zeitpunkten das Underlying über einer gewissen Schranke liegt. Das Auszahlungsprofil anderer Zertifikate, wie zum Beispiel Bonus- Zertifikate 22, hängt in ähnlicher Weise davon ab, ob das Underlying während bestimmter Zeiträume bestimmte Schranken über- oder unterschreitet. 20 Vgl. für Details zur Bewertung von Diskont-Zertifikaten zum Beispiel Wilkens/Scholz/Völker (1999b) und Baule/Entrop/Wilkens (2008). 21 Für Details zu Express-Zertifikaten vgl. zum Beispiel HSBC Trinkaus (2010). 22 Vgl. zu Bonuszertifikaten zum Beispiel Baule/Tallau (2011).

Retail-Zertifikate im deutschen Markt 121 Abbildung 4: Funktionsweise Express-Zertifikate 23 Derartige Zahlungsprofile können anderweitig von privaten Investoren nicht erworben werden. Die Frage ist, ob der normale Investor derartige Finanzinstrumente in Bezug auf ihre Funktionsweise und ihren Risikogehalt überhaupt versteht. 24 Aktuelle Arbeiten wie zum Beispiel Rieger (2011) deuten darauf hin, dass private Investoren die Risiken derartiger Zertifikate, hier die Wahrscheinlichkeit des Über- oder Unterschreitens einer Schranke systematisch falsch einschätzen und folglich zum Beispiel den Risikogehalt eines Express-Zertifikates falsch beurteilen. Allgemein ist festzustellen, dass die angebotenen Produkte über die Zeit komplexer werden. Dies könnte an einer möglichen Nachfrage der Privatanleger nach immer spezielleren und komplexeren Auszahlungsprofilen liegen. Nicht auszuschließen ist umgekehrt eine Entwicklung, die Hender- 23 In Anlehung an HSBC Trinkaus (2010), S. 220. 24 Die Diskussion, ob Privatinvestoren derartige Zahlungsprofile überhaupt benötigen, soll hier nicht geführt werden.

122 Oliver Entrop son und Pearson (2011) als Erzeugung von strategischer Komplexität bezeichnen. Demnach versuchten Emittenten, durch Komplexität aus potenziell informierten Investoren uninformierte Investoren zu machen. Theoretische Arbeiten implizieren, dass derartiges Verhalten nicht notwendigerweise zum Rückzug der Kunden führt; vielmehr existieren Gleichgewichte, in denen die Emittenten die Komplexität nutzen können, höhere Margen durchzusetzen. 25 Umgekehrt ist jedoch auch zu konstatieren, dass sich die Emittenten wie auch die Börsen in den letzten Jahren verstärkt bemühen, Privatinvestoren durch umfassende Veröffentlichungen über die Produkte und ihre Risiken aufzuklären. 26 7. Der Handel in Zertifikaten Zum (geringen) Teil werden Zertifikate im Primärmarkt über Filialen vertrieben, auch können sie zum Teil in einer Emissionsphase über Direktbanken gezeichnet werden. Der überwiegende Großteil wird jedoch direkt börseneingeführt und kann dann über Börsen oder auch direkt über eigene Handelsplattformen der Emittenten von den Investoren erworben werden. Demensprechend existiert auch ein umfangreicher Sekundärmarkt für Zertifikate, da fast alle börsennotiert sind. Die beiden bedeutendsten Börsen für Zertifikate in Deutschland sind die EUWAX (European Warrant Exchange) in Stuttgart und Scoach, ein Subsegment der Deutschen Börse in Frankfurt/M. Die Besonderheit des Börsenhandels von Zertifikaten liegt dabei in dem strikt Market-Maker-basierten System. Die Emittenten sind verpflichtet, kontinuierlich An- und Verkaufskurse für gewisse Mindestmengen zu stellen, zu denen sie bereit sind, Zertifikate zu kaufen und zu verkaufen. 27 Dies sichert die Liquidität im Markt und sorgt dafür, dass Investoren ihre Zertifikate im Grundsatz jederzeit handeln können. Daneben können die Zertifikate in der Regel direkt über die jeweilige Emittentin gehandelt werden. Diese Konstruktion verdeutlicht, dass die Emittenten nicht nur die Preise im Primärmarkt, sondern auch im Sekundärmarkt dominieren. 28 Darüber hinaus sind den Marktteilnehmern an den Börsen Leerverkäufe in Zertifikaten explizit verboten 29 und über die Handelssysteme der Emittenten per Konstruktion ausgeschlossen. Dies impliziert, dass etwaige Überpreisungen, das heißt zu hohe Preise im Vergleich zum finanzmathematisch fairen Wert, von potenziellen Arbitrageuren nicht ausgenutzt werden können. Damit besteht die Möglichkeit, dass die Emittenten die Preise von Zertifikaten grundsätzlich zu ihren Gunsten stellen. Da die Zertifika- 25 Vgl. Henderson/Pearson (2011) für Details. 26 S. als Beispiel HSBC Trinkaus (2010). 27 Vgl. für Details Stuttgart Stock Exchange (2010), Abschnitt 47. 28 Vgl. Baule/Entrop/Wilkens (2008). 29 Vgl. für Details Stuttgart Stock Exchange (2010), Abschnitt 49.

Retail-Zertifikate im deutschen Markt 123 te, wie in Abschnitt II.2 dargestellt, zum Teil vergleichsweise kompliziert sind, ist die Fairness der Preise für private Investoren nur schwer oder gar nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund existiert für verschiedene Länder mittlerweile eine Vielzahl von Studien, die die Qualität der Preise der Market Maker untersuchen. Der folgende Abschnitt liefert unter anderem einen Überblick über die bisherigen diesbezüglichen Ergebnisse. III. Fairness der Preise 1. Duplikation und Hedging von Zertifikaten Am Beispiel des Diskont-Zertifikates aus Abbildung 3 soll im Weiteren dargestellt werden, wie der faire Wert von Zertifikaten im Grundsatz bestimmt werden kann. Diese Überlegungen sind sowohl für den Investor als auch die emittierende Bank vergleichsweise wichtig. Ist der faire Wert bekannt, kann der Investor abschätzen, ob der offerierte Preis für ihn attraktiv ist; umgekehrt kann die emittierende Bank ihre Margen und Hedgingkosten bestimmen. Das Grundprinzip ist vergleichsweise einfach: Duplikation. Grundidee ist, heute ein Portfolio aus einfachen Basisfinanztiteln zusammenzustellen, das bei Fälligkeit des Zertifikates in jedem Umweltzustand zur selben Auszahlung wie das Zertifikat führt. 30 Dieses Vorgehen wird im Weiteren an dem schon besprochen Diskont-Zertifikat verdeutlicht. Abbildung 5 enthält das Auszahlungsprofil dreier Finanztitel in Abhängigkeit des Dax-Standes bei Fälligkeit des Zertifikates. Die schwarze Linie zeigt nochmals das Auszahlungsprofil des Diskont-Zertifikates aus Abbildung 3. Die hell-grau gestrichelte Linie gibt das Auszahlungsprofils eines Zero-Strike Calls auf den DAX, das heißt eines Calls auf den DAX mit einem Strike in Höhe von 0, an. Die dunkel-grau gestrichelte Linie zeigt das Auszahlungsprofil eines short Calls auf den Dax mit Strike in Höhe des Caps des Zertifikates (hier 150). 32 Beide Calls haben die gleiche Fälligkeit wie das Diskont-Zertifikat. 30 Vgl. zu diesem Vorgehen hier und im Folgenden beispielhaft Wilkens/Scholz/Völker Funktionsweise Express-Zertifikate 31 (1999a), Wilkens/Erner/Röder (2003) und Wilkens (2005). 32 Zu grundlegenden Derivaten wie Optionen vgl. exemplarisch Hull (2011).

124 Oliver Entrop Abbildung 5: Duplikation Diskont-Zertifikat Addiert man beide Call-Positionen, so ergibt sich exakt das Auszahlungsprofil des Diskont-Zertifikates. Folglich stellt ein Diskont-Zertifikat ökonomisch ein Portfolio aus diesen beiden Calls dar. An einem vollkommenen Markt entspricht der faire Wert des Diskont- Zertifikates dem Wert dieses Portfolios. Aus Sicht der Banken kann der Markt als (nahezu) vollkommen angenommen werden, so dass dieser Wert der faire Wert aus Sicht der Bank ist; für Privatinvestoren existieren jedoch Marktzugangsbarrieren und/oder vergleichsweise hohe Transaktionskosten. In obigen Beispiel kann der normale private Investor keine Short-Position in einem Call eingehen. Demenstprechend stellt der obige faire Wert für den privaten Investor nur eine Preisuntergrenze dar.33 Bei Emission des Diskont-Zertifkates geht die Bank grundsätzlich eine Risikoposition ein, da der Rückzahlungsbetrag ex ante unbekannt ist. Beispielweise muss sie dem Investor bei Fälligkeit umso mehr (weniger) zahlen, je höher (niedriger) der DAX bei Fälligkeit steht. Wie gehen die Emittenten intern mit diesem Risiko, das heißt dieser Unsicherheit, um? Ziel der Banken im Zertifikatemarkt ist es nicht, von speziellen Marktentwicklungen zu profitieren, insbesondere wetten sie in diesem Markt nicht gegen ihre Kunden. Vielmehr handelt es sich bei Zertifikaten um ein Margengeschäft: Banken wollen keine Risiken eingehen, sondern (sichere) Margen generieren. Folglich hedgen sie das mit der Emissionen eines Zertifikates verbundene (Rückzahlungs-)Risiko. Zu unterscheiden sind hierbei der Makro- und der Mikro-Hedge. Beim Makro-Hedge werden die Risiken aus verschiedenen Produkten zunächst gesammelt und genettet; Teile 33 Vgl. zu derartigen Überlegungen im Kontext von Marktsegmentierungsargumenten zum Beispiel Entrop/Scholz/Wilkens (2009) sowie grundlegend Jarrow/van Deventer (1998).