Sparkasse Hagen. Inflation. die Methode, den Geldschein zu halbieren, ohne das Papier zu verletzen. 13.02.2013



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Transkript:

Inflation die Methode, den Geldschein zu halbieren, ohne das Papier zu verletzen. Leon Henderson (1895-1986 / amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler) 13.02.2013 Peter Kampmann Sparkassenbetriebswirt

2

Inflation die Methode, den Geldschein zu halbieren, ohne das Papier zu verletzen. Inflation: Was ist das? Normale und nicht normale Inflation Die Inflation und die Staatsschulden Vorsicht Realzinsfalle! Sind Sachwerte die Lösung? Rückblick und Ausblick Prognose 3

4

Meine Damen und Herren, herzlich willkommen zu meinem Vortrag. Ich freue mich, dass wieder zahlreiche Mitglieder unserer Erfa-Gruppe unserer Einladung gefolgt sind. Diesmal habe ich ein Thema bearbeitet, das uns alle schon seit Jahren wie ein Damokles-Schwert begleitet. Ein Thema, von dem die Fachleute schon seit Jahren sagen, dass es anspringt. Ich werde heute versuchen zu erläutern, was da springt, warum und wen es anspringt. Ich habe dazu eine Arbeit aus dem Makro Research der DekaBank bearbeitet, die wir vor einigen Jahren in Frankfurt besucht haben. Die dortigen Volkswirte Dr. Ulrich Kater und Dr. Holger Bahr waren so freundlich, mir Ihre Genehmigung zur Bearbeitung zu erteilen. Natürlich kommen wir auch heute nicht gänzlich an der Staatsschuldenkrise vorbei und um meine bekannte Prognose werde ich mich auch heute nicht drücken. Meine Damen und Herren, Inflation ist was schlechtes! Geldentwertung, Kaufkraftverlust, früher war das aber billiger, die Inflation ist der Feind des kleinen Mannes alles Gedanken, die einem bei dem Begriff Inflation in den Sinn kommen, oder nicht? Inflation ist jedenfalls nichts, über das wir uns gemeinhin freuen! Warum gibt es Inflation und welche Folgen hat sie? Alles Fragen, auf die ich heute in meinem Referat eingehen möchte. Inflation, was ist das? Früher schaute man ins Lexikon, natürlich schaut man heute erst mal bei Wikipedia nach: Danach kommt Inflation aus dem Lateinischen und bedeutet Sich-Aufblasen; das Aufschwellen und bezeichnet in der Volkswirtschaftslehre eine allgemeine Erhöhung der Güterpreise, die entsprechend das Absinken der Kaufkraft zur Folge hat. Inflation ist demnach die fortschreitende Entwertung des Geldes, oder wie es regelmäßig definiert wird, der anhaltende, mehrjährige Anstieg des allgemeinen Preisniveaus. Kurzfristige Erhöhungen einzelner Preise sind damit nicht gemeint. 5

3 Um Inflation zu messen, hat das statistische Bundesamt einen so genannten Warenkorb zusammengestellt, der aus regelmäßigen Umfragen bei typischen deutschen Privathaushalten gefüllt wird. Der Warenkorb soll damit die Verbrauchsgewohnheiten von uns allen bzw. einem normalen deutschen Privathaushalt widerspiegeln. Der Warenkorb wird i. S. Inhalt und Gewichtung der Waren regelmäßig angepasst, die Preise werden monatlich erhoben. Der Verbraucherpreisindex ist damit nichts anderes als der Gesamtpreis des Korbes. Verglichen mit dem Vormonat ergibt sich die Inflationsrate. Für das reibungslose Funktionieren einer Marktwirtschaft ist es sehr wichtig, dass die Inflationsrate sich in Grenzen hält. Die an einer Wirtschaft beteiligten Akteure können ansonsten nicht mehr vernünftig planen und das Wirtschaftswachstum würde gebremst. Daher ist es die Aufgabe von unabhängigen Notenbanken, für eine niedrige Inflationsrate und damit für Preisstabilität zu sorgen. Es ist völlig normal, dass die Preise von einzelnen Gütern oder Gruppen steigen, bestes Beispiel sind Heizöl und Kraftstoffe. Knappe Güter werden teurer, aber reichlich vorhandene Güter werden auch billiger oder steigen kaum im Preis. Volkswirte sprechen hier von einer Verschiebung der relativen Preise. Ein Beispiel aus der Praxis: Im Zuge der Globalisierung und der Intensivierung des Welthandels sind elektronische Geräte im Preis gefallen. Telefonieren und Internetsurfen kostet aufgrund der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes heutzutage viel weniger als noch vor zehn Jahren. Beispiele für deutliche Teuerungen sind Nahrungsmittel, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen und Bildungsdienstleistungen. Wir leben heute in einer Niedriginflationswelt! Das haben wir der Geldpolitik der Notenbanken in den letzten 40 Jahren zu verdanken, die mit immer ausgefeilteren Instrumenten dafür gesorgt haben, dass die schädlichen starken Schwankungen der Vergangenheit eingedämmt 6

wurden. Die Europäische Zentralbank hat das Ziel, die Inflationsrate mittelfristig unter, aber nahe bei 2 % zu halten. Warum gerade 2 % Inflation? Die Definition der Geldwertstabilität der Europäischen Zentralbank ist eine Inflationsrate von 2 %. Die Teuerungsrate soll möglichst niedrig sein, aber trotzdem ausreichend weit weg von Null. Notenbanken tun sich sehr schwer bei der Bekämpfung einer Deflation, daher ist ein Sicherheitsabstand zu negativen Inflationsraten zu wahren. Historisch und empirisch haben sich knapp 2 % als eine gute Inflationsrate herausgestellt. 4 Zuviel Geld ist der Nährboden für starke Preissteigerungen, daher steuert die EZB über die Leitzinsen eine angemessene Geldversorgung der Volkswirtschaft. Der monetäre Mantel sollte passen wie im richtigen Leben. Ist er zu eng, hemmt er das Wirtschaftswachstum oder würgt es sogar ab. Ist er zu weit, drohen Inflationsgefahren. Meine Damen und Herren, wie bekämpfen die Notenbanken die Inflation und sorgen für Geldwertstabilität? Zentrales Instrument der Notenbank ist der Zinssatz für kurzfristiges Geld, zu dem sich Kreditinstitute bei ihr Geld leihen können. Werden diese Zinsen angehoben, wird die Geldbeschaffung für die Banken teurer. Dann geben die Banken das Geld ebenfalls teurer an die Unternehmen über gestiegene Kreditzinsen weiter. Möglicherweise werden Investitionen dann gebremst, wenn wegen der Zinsen die Anschaffungen unrentabel werden. Unsere privaten Kredite für Konsum und Immobilienfinanzierung werden ebenfalls teurer, die sinkende Nachfrage führt zu Produktionsrückgängen, Löhne werden gebremst und Arbeitsplätze abgebaut. Das Wachstum der Realwirtschaft wird verlangsamt. Die Unternehmen können keine höheren Preise bei den Verbrauchern durchsetzen. Fazit: die Inflationsrate sinkt wegen der steigenden Notenbankzinsen. 7

Gegenbeispiel: Fallen die Notenbankzinsen, werden Investitionen rentabler, Mehrinvestitionen und Mehrausgaben privater Haushalte kurbeln die Wirtschaft an und damit auch die Inflation. Eigentlich ganz einfach, wären da nicht die zeitlich verzögerte Wirkung solcher geldpolitischer Maßnahmen und oft stark schwankende Rohstoffpreise, die beispielsweise dafür sorgen, dass die Ziele der Notenbanken trotz sorgfältigster Steuerung verfehlt werden. Die vieldiskutierte Unabhängigkeit der Notenbanken ist eine der Grundvoraussetzungen für eine Zielerreichung. Nur wenn sie nicht vor den Karren der Finanzpolitik gespannt werden, können sie erfolgreich für Geldwertstabilität sorgen. Sie dürfen auf keinen Fall den Schuldenabbau von Staaten finanzieren. Meine Damen und Herren, die Notenbankzinsen sind extrem niedrig. Dies ist schon länger so und wird nach meiner Meinung auch noch länger so bleiben. Die Notenbanken drehen die Geldhähne weit auf und fluten die Finanzmärkte mit sehr viel Geld. Krisenbedingt kaufen sie Staatsanleihen und vergeben längerfristige Kredite an das Bankensystem. Wird daraus eine unbeherrschbare Inflation? Nein! Die Notenbanken stellen zwar billiges Geld reichlich zur Verfügung, die Banken horten es aber für Notfälle. Die Kette setzt sich nicht fort, das Geld geht nicht als billige Kredite in die Unternehmen und an Konsumenten. Solange die Konjunktur lahmt und nicht boomt, ist auch kein Investitionsboom zu erwarten. Damit fehlt der entfesselte Arbeitsmarkt mit hohen Lohnsteigerungen. Damit fehlt auch ein stark steigendes Preisniveau und damit fehlt auch die hohe Inflation. Erst nach Weitergabe der Liquidität in die Wirtschaft und einer expansiven Kreditvergabe droht eine Inflationsgefahr. 8

Wie wird Inflation genau gemessen? Eine wichtige Größe: Was konsumieren wir alles? Hier hilft uns der so genannte Warenkorb. Einmal alle fünf Jahre notieren 60.000 ausgewählte Haushalte in ganz Deutschland akribisch alle eingekauften Güter wie Lebensmittel, Kleidung, Miete, Strom etc. mit Menge und Preis. Diese Haushalte stellen 3 Monate lang alle Einnahmen und Ausgaben dem Statistischen Bundesamt zur Verfügung. Aus diesen Angaben ergibt sich der Warenkorb. Die zweite Größe: Preisänderungen! Hierzu werden von 600 Preiserhebern einmal monatlich die Preise der Preisrepräsentanten festgehalten. Das sind die Preise der meistgekauften Produkte aus repräsentativen Läden in ganz Deutschland. Sind alle Daten gesammelt, errechnet man mit Ihrer Hilfe einen gewichteten Durchschnittspreis für den Warenkorb, der mit den Ergebnissen des Vorjahres verglichen wird. 5 Die amtlichen Inflationszahlen wischen wir in Diskussionen häufig einfach vom Tisch. Mancher mag sogar eine absichtliche Fälschung unterstellen. Eines ist ganz klar: hierzulande ist die amtliche Statistik keine Fälschung, solche Gedanken sind absurd. Wenn uns die Zahlen allerdings oftmals zweifelhaft vorkommen, liegt das auch an der gefühlten Inflation. Meist merken wir eine gefühlte Inflation dann, wenn wir über Energie- und Nahrungsmittelpreise reden. Die Preissteigerungen fallen uns um so stärker auf, je häufiger wir die entsprechenden Güter kaufen, so sagen zumindest die Verhaltensforscher, die das Phänomen untersucht haben. Angeblich bemerken wir Teuerungen auch stärker bei Gütern, die wir bar oder mit der Karte bezahlen als bei denen, deren Rechnungen vom Konto abgebucht werden. Lt. Wissenschaft nehmen wir Preiserhöhungen auch stärker wahr als Preissenkungen. Hedonische Preisberechnung? Als hedonisch (griechisch) bezeichnet man eine Bewertungsmethode, die ein Objekt nach seinen inneren und äußeren Werten beurteilt. Ein Beispiel: 2007 kostet ein aktueller Aldi-Laptop 500 Euro Das Gerät kostet in 2012 auch 500 Euro, ist aber doppelt so schnell dank besserer Prozessoren. Also berechnen die Statistiker, dass man für 500 Euro ein viel besseres Gerät erhält und stellen in die entsprechenden Preisberechnungen nur 250 Euro ein. Leider sind aber beim Kauf des Gerätes doch 500 Euro aus unseren Geldbörsen verschwunden.. 6 Wie bedeutsam der Effekt der gefühlten Inflation sein kann, lässt sich darstellen, wenn man genau die Gütergruppen gegenüber dem 9

amtlichen Warenkorb übergewichtet, die die genannten Eigenschaften aufweisen. So erreichte 2008 die auf diese Art ermittelte gefühlte Inflationsrate Spitzenwerte um die 12 %. Auch im Jahr 2002 wich die gefühlte Inflation viel stärker von der amtlich gemeldeten Preisentwicklung ab, als in normalen Zeiten. Grund war hier offensichtlich die Euro-Bargeld-Einführung. Weder die Durchschnittsbildung bei der offiziellen Inflationsrate noch das Phänomen der gefühlten Inflation stellen den Wert und die Korrektheit der amtlichen Statistik in Frage. Für alle von uns jeden Einzelnen- gilt vielmehr eine individuelle Inflationsrate. Im Hinblick auf die Zielgröße der Geldpolitik taugt natürlich nur die gemessene durchschnittliche Preissteigerung, das ist klar. Mit der Entwicklung der Preise für den persönlichen Verbrauch hat das aber nichts zu tun. Die Inflationsrate einer einzelnen Person hängt natürlich stark vom tatsächlichen Warenkorb der jeweiligen Person ab. Da die Preisentwicklung für die einzelnen Güter überaus unterschiedlich ist, haben manchen Konsumenten eben eine durchaus beträchtlich höhere, andere eine deutlich niedrigere Inflationsrate als die offiziell veröffentlichte. Übrigens kann man sich auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes seinen eigenen Warenkorb zusammenstellen und die individuelle Inflationsrate ermitteln. (www.destatis.de) 7 10

Normale und nicht normale Inflation Meine Damen und Herren, langsame Geldentwertung ist normal! Eine gewisse Mindestmenge an Inflation erleichtert das Funktionieren der marktwirtschaftlichen Prozesse, sie ist somit das Schmiermittel der Wirtschaft. Bei zu niedriger Inflation droht die Wirtschaft in eine Deflationsspirale abzugleiten, damit sind sinkender Wohlstand und Arbeitslosigkeit verbunden. Sollte sich eine Deflation sogar verfestigen, ist der Weg zurück äußerst schwierig und die Bekämpfung einer Deflation ist durch die Notenbanken bis heute sehr unsicher, ganz im Gegenteil zur Inflation, bei der den Notenbanken gute Instrumente zur Verfügung stehen. Hyperinflation ist allerdings nicht normal! Kommt eine Inflation einmal in Fahrt, die Preise nehmen von Jahr zu Jahr zu bis hin zu einer galoppierenden Inflation mit dramatischer Geldentwertung, dann spricht man von Hyperinflation. Deflation ist auch nicht normal! Von Deflation spricht man bei dauerhaft sinkenden Preisen. Deflation hemmt Konsum, lässt die Wirtschaft schrumpfen, den Unternehmen brechen die Umsätze weg. Arbeitkräfte- Abbau und Verluste sind die Folge. Durch fehlende Arbeitsplätze sinkt der Konsum noch mehr.. Hyperinflation mit anschließender Währungsreform hat es hier bei uns schon mal gegeben. Anders als damals, als Deutschland in völlig zerrütteten Verhältnissen lebte, haben die Notenbanken heute die notwendigen Instrumente, damit uns die Normalität einer moderaten Inflation erhalten bleibt. Die Inflation und die Staatsschulden Meine Damen und Herren, wie viele Schulden kann ein Land sich leisten? Hier gibt es eine schöne Parallele zum privaten Kreditnehmer. Von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hängt die Kreditwürdigkeit ab, in beiden Fällen. Warum soll das bei Staaten anders sein als bei mir? Ein wachstumsstarkes Land kann also mehr Schulden machen, wie ein schwaches, ein großes Land mehr als ein kleines. Deshalb werden gemeinhin auch die Schulden mit der jährlichen Wirtschaftsleistung eines Landes verglichen, i. d. R. nimmt man hierfür das Bruttoinlandsprodukt (BIP). 11

Bei den westlichen Industriestaaten beginnt die rote Zone beim Übersteigen der Staatsschulden von 80% des BIP. Die aktuelle Quote der Verschuldung der gesamten Weltwirtschaft beträgt ca. 70 %. Allein in den USA kratzt die Schuldenquote bereits an der Marke von 110 %, wir Deutschen liegen etwa bei 80 %. Anders als früher sind die Staaten nicht mehr langfristig finanziert. Das bedeutet ein ständiges Ersetzen auslaufender Anleihen durch neue. Sobald die Kapitalmärkte einen Anstieg der Inflationsraten feststellen, wird die neue Schuldenaufnahme teurer. Dieser Prozess kann für die Staaten sehr teuer werden. Mit einer Inflation allein kann man heute daher der Staatsverschuldung nicht mehr Herr werden. Vorsicht Realzinsfalle! Es ist extrem unwahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren eine große Inflation mit einem großen Knall alle Finanzanlagen auslöscht. Kann man deshalb ruhig warten, bis die Niedrigzinszeiten vorbei sind? Die niedrigen Zinsen sind aus Sicht der Schuldner sehr willkommen, denn sie sind ein Instrument, die Schulden langsam zu entwerten. Leider sind dabei aber die Geldvermögen in Gefahr. Anleger müssen auch dann, wenn sie keinen großen Knall i. S. Geldentwertung erwarten, über die Finanzanlagen nachdenken, da die Niedrigzinsen eine reale Entwertung bedeuten. Sichere Anlagen (Bundesanleihen und Bankguthaben) verzinsen sich z. Zt. deutlich unterhalb der Inflationsrate. Je nach Anlageart beträgt der negative Realzins bis zu 2%. In der Realzinsfalle sitzen alle Anlagen, deren Verzinsungen nicht mindestens die Inflationsrate erreichen. Kurze Zeiträume negativer Realzinsen sind nicht außergewöhnlich, diesmal ist die Periode niedriger Zinsen aber sehr lang. Eine wesentliche Änderung ist auch nicht in Sicht. Die US-Notenbank hat selbst schon auf das Jahr 2014 verwiesen, wenn dort von Zinserhöhungen die Rede ist. Für die EZB ist das m. E. nicht anders. Das private Geldvermögen in Deutschland betrug Ende 2011 gut 4,7 Bill. Euro, hiervon waren ca. 41 % in Einlagen geparkt, 22 % in Wertpapieren und 37 % bei Versicherungen. Überschlägig gerechnet ergibt sich eine reale Minderung des Geldvermögens von ca. 20 Mrd. Euro pro Jahr. Die Inflation ist damit der große Feind des Sparers, insbesondere, wenn der Anlagehorizont sehr lang ist, wie bei der Altersvorsorge. So niedrig die Inflationsraten auch sind, sie nagen Jahr für Jahr am Vermögen. Konkret bedeuten 2 % Inflation, dass nach rund 20 Jahren ein Drittel der Kaufkraft verloren ist. 100 Euro sind nach 20 Jahren also nur noch 12

67 Euro wert. Wer sein Geld also vor dem Inflationsfraß schützen will, muss darauf achten, dass die jährliche Verzinsung zumindest die Inflation ausgleicht. Doch damit nicht genug. Ausgerechnet bei den Anlagen zur Altersvorsorge kommt noch ein anderer Faktor hinzu. Gerade bei den Gütern und Güterklassen, die besonders ältere Menschen nutzen (z. B. Pflege und Gesundheitsdienstleistungen), steigen die Preise stärker als der Warenkorb des typischen deutschen Privathaushaltes. Somit spielt der inflationsbedingte Kaufkraftverlust bei älteren Menschen eine viel wichtigere Rolle. Sind Sachwerte die Lösung? Meine Damen und Herren, Sachwerte sind mit einer Kaufkrafterhaltungsautomatik ausgestattet! Doch Vorsicht, nicht alle Anlageklassen, die zu den Sachwerten gehören, funktionieren gleich gut. Aktien sind Unternehmensbeteiligungen und deren Entwicklung hängt von den zukünftigen Gewinnen des Unternehmens ab. Die Unternehmen sind mit den Preisüberwälzungen an der Inflation beteiligt, wenn höhere Preise durchsetzbar sind, steigen Umsatz und Gewinn. Das macht grundsätzlich Aktien im Bezug auf Inflationsraten attraktiv. Immobilien sind das Sinnbild der Stabilität bei Selbstnutzung und Vermietung, Gewerbeimmobilien spielen eine besondere Rolle bei Immobilienfonds. Gerade bei Gewerbeimmobilien sind die Mietverträge vielfach an den Preisindex gebunden und so quasi automatisch inflationsgeschützt. Steigende Immobilienpreise bieten zusätzlichen Schutz vor Geldentwertung. Inflationsindexierte Staatsanleihen bieten gewissermaßen eine fixe reale Rendite. Diese Anlageklasse ist ideal für ein Inflationsumfeld. Gold ist in Krisenzeiten und bei starker drohender Inflation immer gesucht und vermittelt ein Gefühl der Sicherheit. Tatsächlich hat der Goldpreis unter Schwankungen über eine lange Zeitspanne die Inflation ausgeglichen. Leider aber nicht mehr, da es keine laufenden Erträge bringt. Fazit: Vor der Inflation muss man Respekt, aber keine Angst haben. 13

Rückblick und Ausblick Welch ein langweiliges Jahr! Die Welt ist nicht am 21. Dezember untergegangen, die USA sind nicht von der fiskalischen Klippe gestürzt und nicht einmal Griechenland ist in 2012 pleite gegangen. Die Europäischen Währungsunion hat die Prophezeiungen der Euro-Skeptiker einfach ignoriert: Sie besteht noch immer und der Euro notiert mit 1,32 US $ wieder so hoch wie Silvester 2010. Natürlich zitiere ich an dieser Stelle wieder die Jahresendausgabe der Börsenzeitung: 8 Dax klettert 2012 um 29 Prozent Größtes Plus seit neun Jahren Entgegen fast sämtlichen Analystenprognosen kletterte der deutsche Leitindex binnen 12 Monaten auf 7.612 Punkte und notierte damit rund 1.000 Zähler höher, als ihm die meisten Analysten zum Jahresbeginn zugetraut haben. 14

Dax Stand 10.01.13 9 Zur Jahresmitte war der Index auf ein Niveau von 6.000 Punkten zurückgekehrt, als die Investoren um die Zukunft des Euro fürchteten. Im Juli setzte er zu einer markanten Rallye an, nachdem Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank, ein verbindliches Signal zum Erhalt des Währungsraumes gegeben hatte. Als dann auch noch das Bundesverfassungsgericht im September der Einführung des Rettungsmechanismus ESM zugestimmt hatte, lenkten internationale Investoren ihr Geld zurück an Europas Märkte. Hiervon konnte der deutsche Aktienmarkt in besonderem Maße profitieren. Ein noch größeres Plus wie der Dax konnte der MDax erreichen, der um 33,9 % auf 11.914 Punkte vorrückte. Der EuroStoxx 50 schaffte lediglich einen Anstieg um 13% und an der Wall Street kann der Dow Jones Industrial noch nicht einmal um 10 % voran. Umlaufrendite Stand 10.01.13 10 Mit Verspätung, dafür aber mit voller Wucht hat die anhaltende Finanzund Schuldenkrise die deutschen Versicherer erreicht. Noch werden satte Gewinne eingefahren, aber die Niedrigzinspolitik der EZB 15

hinterlässt bereits deutliche Spuren auf den Ertragskonten der Versicherer. Die Geldschwemme und das niedrige Zinsniveau bringen das traditionelle Geschäftsmodell der deutschen Lebensversicherer auf zweierlei Weise in Gefahr: Zum einen sind die Kunden schwer enttäuscht. Bei klassischen Lebensversicherungen, in den neunziger Jahren abgeschlossen, haben sich die heutigen Prognosen gegenüber der anfänglichen Kalkulation in Sachen Ablaufleistung etwa halbiert. Zum anderen befindet sich das Konzept langfristiger Garantieleistungen selbst in Gefahr, die Garantiezinsen liegen im Branchendurchschnitt bei 3,2%, während die Durchschnittsverzinsung heute nur noch bei 3,6% liegt. Jede Wiederanlage auslaufender Anlagen wird heute mit Minizinsen deutlich niedriger verzinst als vorher und führt zu drastisch sinkenden Durchschnittsverzinsungen, die bald auch unter der Garantieverzinsung liegen könnten. Euro/USD Stand 10.01.13 11 Ein turbulentes Jahr hat der Euro hinter sich, weil die Währung zwar zum Jahresschluss bei gut 1,3227 Dollar und damit gut 2 US-Cent höher als zum Jahresanfang notierte, zur Jahresmitte ging es aber auf ein Tief von 1,2040 Dollar herunter. Die zähe Regierungsbildung in Griechenland und die Nöte des spanischen Bankensektors hatten damals erhebliche Sorgen um den Zerfall der Währungsunion geschürt. Nach Draghis Signal im Juli legte die Einheitswährung wieder zu. Der Euro und die Währungsunion haben wohl ihre Feuerprobe überstanden. 16

Gold (in Euro) Stand 10.01.13 12 Der Preis für die Feinunze Gold verteuerte sich im abgelaufenen Jahr um annähernd 10 % und stieg damit im achten Jahr in Folge. Mit einem Jahreshoch von 1.796 Dollar je Feinunze blieb die Notierung sehr deutlich unter dem Rekordhoch von 1.921 Dollar aus dem Vorjahr. Immerhin, in Euro gerechnet markierte der Goldpreis Anfang Oktober mit einem Stand von 1.381 Euro eine Bestmarke. Deutsche Privatpersonen haben laut einer repräsentativen Umfrage des Edelmetallhändlers Heraeus und der Steinbeis-Hochschule in Berlin unter mehr als 2.000 Personen inzwischen rund 8.000 Tonnen des Edelmetalls im Besitz. Dies entspricht einem Anteil von knapp 5% an der weltweit geförderten Goldmenge. In 2012 standen vor allem Notenbanken verstärkt auf der Käuferseite. So wuchsen z. B. die Bestände Brasiliens allein im Oktober um 17 Tonnen. Auch Kasachstan, die Türkei und Südkorea traten offen als Käufer auf und vergrößerten ihre Bestände. Öl (Brent in US$) Stand 10.01.13 13 Die Jahre 2011 und 2012 waren nicht arm an rohölspezifischen Krisen. Die Unruhen während des Arabischen Frühlings stoppten die Förderung in Libyen, Ägypten und dem Jemen. Zeitweilig ging die Tagesproduktion 17

von ca. 3 Mio. Fass pro Tag verloren. Der westliche Boykott iranischen Öls nahm 2012 bis zu 2 Mio. Fass pro Tag vom Markt. Dennoch blieben die Notierungen recht stabil. Die strategischen Reserven einzelner Länder mussten nicht angegriffen werden, da Gegengewichte vorhanden waren. Saudi-Arabien und Russland dehnten ihre Fördermengen auf deutlich mehr als 10 Mio. Fass pro Tag aus und auch der Irak konnte seine Produktion um 15% auf 3,1 Mio. Fass pro Tag steigern. Meine Damen und Herren, natürlich komme ich zum Ende meines Vortrages zur: Prognose Ich rufe hier noch mal meine Aussagen aus meinen Vortrag aus dem letzten Jahr in Erinnerung: Prognose für 2012 Quell e: Handelsbl att 14 Die Unternehmensgewinne werden in 2012 weiter steigen, bei den niedrigen Bewertungen der Aktien ist Spielraum für Kursanstiege gegeben. Die Prognosen der Experten gehen von 5.500 bis 7.600 Punkten im Dax aus. Wir haben in den ersten Wochen gesehen, wie schnell die 6.500 Punkte erobert wurden. Ich gehe daher von einer positiven Entwicklung bis ca. 7.000 Punkte aus. Die Zinsen für Bundesanleihen im Laufzeitbereich von 10 Jahren werden leicht steigen, ich gehe von einer Entwicklung bis ca. 2,5 % zum Jahresende aus. Zu vorsichtig! Wenn Mitte November Silvester gewesen wäre, dann hätte es gepasst. Aber die Jahresendrallye hat meine Prognose überholt. ich 18

befinde mich allerdings in guter Gesellschaft, nur die Analysten des japanischen Brokers Nomura wagten damals eine Dax-Prognose von 7.600 Zählern und schafften damit annähernd eine Punktlandung. Prognose für 2013 Quell e: FAZ 15 Nach meiner Meinung werden die Notenbanken an ihrer sehr expansiven Geldpolitik festhalten. Anleger werden weiterhin auf deutsche Aktien setzen, weil die Anlagealternativen keinen positiven Realzins erbringen oder erhöhte Risiken beinhalten, wenn sie auskömmliche Renditen bringen. Außerdem wird die Weltwirtschaft nach einer Delle wieder anspringen. Die Leute von Nomura prognostizieren einen Dax zum Jahresende 2013 in Höhe von 8.890 Punkten, ich bin da etwas verhaltener und sehe den Leitindex zum Jahresende bei 8.200 Punkten. Damit bin ich aber etwas positiver als der Durchschnitt, der bei 8.069 Punkten liegt. Die Zinsen werden sich kaum bewegen, die Notenbanken werden ihren derzeitigen geldpolitischen Kurs auf absehbare Zeit nicht ändern. Die Rendite der 10jährigen Bundesanleihen kann durchaus von jetzt 1,31 % noch nach unten abrutschen, wenn hier weiter der sichere Hafen ist, in den alle bei Unwettern am Kapitalmarkt flüchten. Bei Öl und Gold ist aus reiner Marktsicht eine Seitwärtsbewegung anzunehmen, da Nachfragen stabil bleiben und die Inflation keine preistreibende Wirkung haben sollte. Lediglich geopolitische Risiken könnten diese Entwicklung stören und die Preise beeinflussen. 19

Meine Damen und Herren, Ich habe eben meine alljährliche Prognose zum Ende dieses Jahres vorgestellt. Heute möchte ich zum Abschluss meines Vortrages zusätzlich noch darstellen, wie es mit dem Dax weitergeht. Mit den aktuellen Prognosen nähern wir uns genau dem Stand, ab dem es in 2000 und 2007 rapide abwärts ging. Droht uns diese Entwicklung ein weiteres Mal, d.h. nix wie raus bei Dax 8.000. Nach dem Höchststand 2000 verlor der Dax drei Viertel an Wert, beim zweiten Mal 2007 halbierte er sich. Dieser Schock sitzt tief und viele Ableger, auch Profis, wollen sich diesmal rechtzeitig vom Markt verabschieden, ehe die anderen Marktteilnehmer auf dieselbe Idee kommen. Ist es sinnvoll, Aktien zu verkaufen, weil der Index sich einem historischen Hoch nähert? Wer an runde Zahlen oder so was glaubt, soll verkaufen. An Gewinnrealisierungen ist noch niemand arm geworden. Der Dax von heute mit fast 8.000 Punkten hat nichts mit den Dax- Ständen in 2000 und 2007 zu tun. Der Dax setzt sich aus den 30 größten börsennotierten Unternehmen zusammen, immerhin sind dort in Deutschland ca. 1,6 Mio. Menschen beschäftigt, dazu kommen weitere 2,2 Mio. im Ausland. Anders als damals stehen heute alle Unternehmen sehr viel besser da. Zusammengerechnet sind die Unternehmen auch deutlich geringer verschuldet als damals, sie haben mit 170 Milliarden Euro so viel Bargeld in den Kassen wie noch nie. Fast alle verdienen auch so viel wie noch nie. Quell e: Handelsbl att 16 Wichtig ist, wie hoch die Aktienkurse im Verhältnis zu den Gewinnen der Unternehmen notieren. Daran gemessen waren die Aktien 2000 sehr teuer, heute sind sie bei gleichem Indexstand eher billig. Dazu folgende Rechnung: Alle 30 Dax-Konzerne kosten im Durchschnitt elfmal so viel, 20

wie die Unternehmen im letzten Jahr verdient haben und auch in 2013 verdienen werden, wenn die Gewinne stagnieren. Dies entspräche aber einer einer skeptischen Prognose, wahrscheinlich wird das Ergebnis in 2013 eher leicht besser ausfallen. In Zahlen: Die Gewinne betrugen rund 75 Milliarden und der Wert der Unternehmen beträgt ca. 830 Milliarden, übrigens soviel wie Apple oder Exxon allein. Gemessen an den Gewinnen kosten die Unternehmen damit sogar weniger als vor drei Jahren und damals stand der Dax nicht bei knapp 8.000, sondern bei etwas über 4.000 Punkten. Mit einem KGV von elf ist der Dax preiswert. Bemüht man die Historie, haben deutsche Anleger seit 1988 Aktien bei einem KGV von durchschnittlich 15,5 gekauft. Wenn man diesen Durchschnitt als fairen Preis ansieht und auf den Dax umrechnet, müsste der bei 10.780 Punkten liegen. Das wären 40% mehr als heute. Utopisch oder? Zur Erinnerung: das ist der Durchschnitt der sämtlichen Dax-Jahre und der Preis ist von den Aktionären tatsächlich bezahlt worden. Andere Rechnung: Wenn die Anleger dem Dax noch einmal einen so kräftigen Bewertungsaufschlag wie zur Jahreswende 1999/2000 zutrauen (damals schaltete allerdings der Internetboom bei den meisten Börsenteilnehmern das Risikobewusstsein aus), dann müsste der Dax auf über 20.000 Punkte steigen. Damals verdienten die Unternehmen 30 Milliarden Euro, zur Erinnerung: heute sind es 75 Milliarden, die Unternehmen waren höher verschuldet und hatten weniger Bargeld in der Kasse. Alles schlechtere Voraussetzungen damals als heute. Rechnungen haben auch Tücken, und die sollen hier nicht verschwiegen werden. Jedes Unternehmen ist unterschiedlich bewertet, einige sind billiger, andere teurer als der Durchschnitt. Beiersdorf führt die Liste der teuren Unternehmen an. Die Anleger bezahlen aktuell 29 Mal soviel wie das Unternehmen in einem Jahr verdient. Das entspricht aber ziemlich genau dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre und ist damit nichts Außergewöhnliches. Am billigsten ist derzeit die VW-Aktie, trotz des Kursanstieges der letzten Zeit. Die Aktie stieg immerhin um 400 Prozent in vier Jahren, der Gewinn jedoch um 1.500 Prozent. Gemessen am Nettogewinn von ca. 18 Milliarden bezahlen die Aktionäre nur den fünffachen Jahresgewinn. Aber Vorsicht: vielleicht kann VW diesen Rekordgewinn nicht wiederholen und die Aktie würde sich verteuern.. genau dieses Argument hatten die Anleger aber auch vor einem Jahr. Damals verdiente VW 15 Milliarden.. Helfen die Berechnungen wirklich? Aktien steigen nicht weil die Rechnung stimmt, sondern wenn sie nachgefragt sind. Die Börse reagiert nur zu 10 % auf Fakten, der Rest ist Psychologie. Dies ist ein 21

Zitat des Börsen-Altmeisters André Kostolany. Trotzdem und auch wenn die Rechnungen nichts beweisen: Die Voraussetzungen, dass es der Dax diesmal über die Hürde von 8.000 Punkten schafft und nicht gleich rapide abstürzt, sind gut! Sie sind auch viel besser als bei den letzten beiden Malen. Und noch ein Argument: Wer aussteigt und bei Dax 8.000 Aktien verkauft, muss sein Geld wieder anlegen. Dann sollte er Anlagen aussuchen, die sicherer als Aktien sind, sonst hätte er nicht aussteigen müssen. Weder Sparbuch noch sichere Staatsanleihen bieten positive Realrenditen. Selbst im Bereich der Unternehmensanleihen sind bei den sicheren Unternehmen keine tollen Risikoaufschläge zu erreichen. High Yield Bonds sind keine Lösung, das Renditeniveau ist höher, aber gegen ein Aktienportfolio ist hier auch das Risiko höher. Quell e: Handelsbl att 17 Dax 10.000 (s. Handelsblatt v. 18.1.13) also Utopie? Ich glaube nicht. Natürlich nicht in gerader Linie von heute 7.700 auf 10.000 Punkte und natürlich nicht in kürzester Zeit. Und nicht mit Garantie. Zu guter letzt noch ein Zitat von Warren Buffet (Vermögensverwalter und Anlageprofi): Seien Sie ängstlich, wenn die Welt gierig ist, und seien Sie gierig, wenn die Welt ängstlich ist. 22