Adrian und Alexander" Anmerkungen zu Wolfgang Menges Hörfunkanfängen 1" 1 Großen Dank für die Einladung zu dieser Tagung, die mir das Vergnügen erlaubt, über die Hörfunkserie Adrian und Alexander zu sprechen, deren Titel ich in meinem Vortragstitel mit Bedacht rückwärts gesetzt habe, also von hinten nach vorn zu lesen, und das nicht nur, weil wir das Ganze heute, nach über sechzig Jahren, gleichsam von hinten her noch einmal aufrollen. Es gibt noch einen weiteren Grund für dieses Rückwärts, der wird aber erst am Schluss verraten." 0:57, danach:" Dies will ich vorausschicken: Adrian & Alexander, mit Start im November 1951, für einige Wochen unterbrochen in 1953, dann durchgehend alle vierzehn Tage gesendet bis Dezember 1971, ab 1959 unter dem Titel Hallo - Nachbarn. Eine Sendung mit Adrian und Alexander, ist die allererste von den vielen Serien, die der große Serienschreiber aller kommenden Stahlnetze, Motzkis, Tetzlaffs und Tatorte konzipiert und geschrieben hat. Es ist auch die mit der längsten Dauer. Sie hatte zwanzig Jahre lang Bestand. Und damit nicht genug: Mit Adrian und Alexander hat sich Menge selbst sozusagen von Anfang an auf seine lange Serienreise geschickt, aber damit eben auch mindestens zwei weitere Serienwirkungen gezeitigt:" 0:22 Lienau Anfang" Hier zu hören die so hoch geschätzte Kollegin Marianne Lienau, die im Westdeutschen Rundfunk, zusammen mit Hanno Reuther, 1967 das tägliche Kritische Tagebuch aus der Taufe gehoben hat. Das Kritische Tagebuch war auch eine Serie, nämlich eine tägliche, Montags bis Freitags, immer 19 Uhr dreissig, die wie keine andere für die Kulturkritik im Hörfunk der westdeutschen Bundesrepublik den Maßstab gesetzt hat. Marianne Lienau war als Schülerin eine Intensiv-Hörerin von Adrian und Alexander und hat überdies als einzige je ein Feature über diese Sendung produziert, zeitig genug, nämlich bereits Anfang der 1980er Jahre, als die meisten Akteure dieser Sendung, anders als heute, noch lebendig waren. " 0:18 Schüler unterm Bett" Aber nicht nur Marianne Lienau, sondern auch eine weitere Serie, die hier gewissermaßen vor Ihnen steht, ist durch Adrian und Alexander mit in Gang gesetzt worden. Ich werfe ungern Kinderbilder an die Wand, aber dieses Mal muss es sein. Frau Lienau hat noch die Anfänge aus der frühen 1950er Jahren gehört, ich bin sicherlich erst mit 9 oder 10 auf Adrian und Alexander gestoßen, aber ich bin darauf gestoßen, und habe diese Hörerfahrung als eine Art unmerkliche Signifikanz Jahrzehnte lang im Hinterkopf behalten, denn ich wusste ja nichts über die Autorschaft von Menge, Stuebs, Roering und die anderen, sondern habe das Alles dem Münch zugeschrieben, den man dann ja auch gelegentlich später in Filmen wieder sah. Und außerdem war ja tolle Musik darin. Ein wohltuende Prise in dieser schrecklichen Nachkriegsenge der Kleinstadt am Niederrhein 1 Der Televisionär. Forschungskonferenz zum 90. Geburtstag von Wolfgang Menge, 10.04.2014, Ubierring 40 // 50678 Köln Raum 11" 1 / 6
2 mit den verstockt schweigenden Eltern und Lehrern. Das alles muss so um 1960 herum gewesen sein, und heisst auch, dass Adrian und Alexander auch nach 1956, also auch im neugegründeten WDR weiterhin gesendet worden ist. Zu hören also im ganzen Norden und Westen der Republik einschließlich Westberlins, zwanzig Jahre lang, immer Samstags, kurz vor Mitternacht. " 0:17 Lienau " Nachdem Frau Lienau mir die Erlaubnis gab, in ihrem alten Stück für diesen Vortrag zu räubern, schrieb sie mir vor ein paar Tagen Folgendes: " Ich bin übrigens sicher, dass meine frühe Prägung durch "Adrian und Alexander" meine spätere Arbeit im Kritischen Tagebuch stark grundiert hat - da wurde, bei den diversen Konflikten, immer auch der sardonische Grundton moniert. Man muss sich eben die richtigen Vorbilder aussuchen! " Dieses Stichwort nehme ich gerne auf: Sardonisch. Das trifft es. Das ist ein gleichsam durchs Leben geprüftes Lachen, " Sardonios geloos. Das beschreiben schon Vergil und Homer, es ist ein bitter böses, von einer angeblich auf Sardinien wachsenden Droge hervorgerufenes Lachen, das das Gesicht zu einer fremden Maske verzerrt, ein Lachen, das bei den archaischen Festen hinter den Masken erschallte, wenn man die Alten auf der Insel ins Totenreich überführte, kein Zynismus, kein Sarkasmus, sondern ein höhnisches und verhöhnendes Lachen, das auf keine Seele mehr zählt, ein Spott auf den Tod und auf das Leben gleichermaßen. Das würde passen." 1:14 Hallo Nachbarn" Das ist sie, das ist diese sardonische Stimme, die in der TV-Ausgabe einen Adrian ohne Alexander mimt, eingerichtet von Joachim Roering unter der Ägide von Henri Regnier, dem ersten Unterhaltungschef Fernsehen des NDR, nicht ohne zuvor mit Wolfgang Menge darüber in bitteren Streit geraten zu sein, denn Menge schreibt in keiner der 16 monatlichen Ausgaben mit, wird nirgendwo auch nur namentlich erwähnt, weder als Initiator noch als Formaterfinder. Leitung der Sendung wird vielmehr Joachim Roering, der zugleich auch Autor der Hörfunkfassung ist. Im Fernsehen kommt neben Peter Frankenfeld unter anderen Eckart Hachfeld zum Zuge. Auf drei Seiten macht der Spiegel 1964 tüchtig Werbung für das Ganze. " Das von Gründgens-Schauspieler Richard Münch, 48, servierte Monats -Magazin meidet die intime Brettl -Atmosphäre des Bühnenkabaretts. Statt dessen mischen die Hamburger TV-Redakteure, alle technischen Hilfsmittel des Fernsehens nutzend, aus Nachrichten, pointierten Kurzkommentaren. Filmszenen, Dokumentarphotos und Aktualitäten-Chansons ein politisch satirisches Panoptikum. Graphische Gags wechseln mit karikierenden Stummfilmszenen: Das inhaltsleere Zeremoniell des "Staatsempfangs an sich" wird von zwei anonymen Homburg-Herren dargestellt, die zu verfremdeter Marschmusik an einer Kompanie leerer Soldatenstiefel vorbeidefilieren. Ein "Tagesschau" -Filmausschnitt vom CDU-Parteitag in Hannover dokumentierte den Frohsinn des versammelten Parteivolks (Adenauer: "Sie werden erstaunt fragen: Wat isse 'ne Erdlöw?" im Saal Beifall und Gelächter). Und vertraute Bildschirm-Markenware wurde persifliert, als Richard Münch in 2 / 6
Grzimek -Pose, ein munteres Äffchen auf den Schultern, den deutschen Großwild - Schießern mahnend ins Gewissen sprach. " 3 Die TV-Ausgabe von Hallo Nachbarn nimmt den sardonisch spöttischen Gestus seiner Hörfunkvorlage durchaus auf, wird aber nach 16 Monaten abgesetzt. Die 17te Folge wird nicht mehr gesendet, sondern erscheint als Schallplatte und als Buch bei Merlin. Walter Jens schreibt das Vorwort; Und wenn der Mist sich haushoch türmt, stinkt niemals der Mist selber, sondern stets nur die Gabel, die ihn berührt. - Kritik ist verächtlich, Kunst hat gesund zu sein, der Intellektuelle gehört nicht zum Volk. Gegen diese Vorurteilsstruktur eines tief antidemokratischen Konservatismus der frühen 1960er Jahre kommt die TV- Sendung nicht an. " Halten wir - anders als die zeitgenössischen Berichte und Buchausgaben - jedoch fest: Idee und Konzept dieser ersten Fernsehsatire von 1964 stammt von Wolfgang Menge. Seine Briefe an den Justiziar des NDR finden sich noch in den Akten, in denen er völlig zu Recht auf seine Rechte an der Fernsehfassung pocht. Offenbar ist er damit nicht durchgedrungen. Erst viereinhalb Jahrzehnte später finden wir Elemente dieser ersten selbstreferentiellen Fernsehbrikolage ansatzweise wieder in der Heute Show des ZDF, wenn auch mit viel zu viel albernem Slapstick und Comedy versetzt." 0:11 Papierkorb + Opener Dez1959 1:14" Das TV- Hallo Nachbarn arbeitet im normalen Abendprogramm mit Adrian und der medialen Selbstreferenz, aber ohne Alexander. Sendezeit kurz vor Mitternacht am Samstag. Schon das macht den Unterschied. Alle Verwechselungen der Hörfunksendung mit der späteren und parallel laufenden TV-Ausgabe kommen einzig daher, dass Menge selbst ab Ende der 1950er Jahre seine Sendung offenbar in Hallo Nachbarn umtauft und sie zudem variiert, neue Personen hinzufügt, einen Oberschlesier zum Beispiel und eine Putzfrau. Was bleibt, ist neben Münch, Alexander und den Meldungen aus dem Papierkorb die dramaturgisch ausserordentlich wichtige Funktion der Musik, die immerhin etwa insgesamt ein Drittel jeder halben Stunde ausmacht." 2:52 Musik, Andere Fig., Tonlage " Die Tonlage, die von der ersten Sendung an stimmt. Hörfunk-dramaturgisch ein wichtiges Wort: Tonlage. Sehr schwer, diese Praxis-Metapher wissenschaftlich zu übersetzen. Es ist die Konstellation, das Setting, der Set-Up der Sendung, die Menge hier meint. Es gibt zur Entstehungsgeschichte dieses Tonlage wenig Quellen, und die beste der wenigen ist hier wiederum Wolfgang Menge selbst, den Gundolf Schneider Freyermuth, damals Reporter für den Stern, 1987 zum ersten Mal auf Sylt trifft ihm folgende Sätze entlockt:" M: Bin dann als Redakteur zum Rundfunk gegangen. Aber ich wußte nicht, was ich dort machen sollte. Ich habe da immer rumgesessen und in der Nase gebohrt, ich hatte eine Sendung zu betreuen, die hieß Karussell, das waren so eine Kabarett-Sendung und entweder haben mir die Beiträge gefallen, dann habe ich sie genommen, oder sie haben mir nicht gefallen, dann habe ich sie nicht genommen, ich habe nie redigiert. [ ] Ich habe den Redakteur immer gefragt, es muß doch etwas zu tun geben. Aber der selbst tat überhaupt nichts und konnte mich nicht verstehen, das war so ein ehemaliger Emigrant 3 / 6
aus England, ein leider zu Unrecht vergessener Redakteur... Und so habe ich "Hallo Nachbarn" angefangen. " 4 Menge hat seinen ersten Schritt in den Rundfunk also Ende 1950 getan, nämlich als Freier Mitarbeiter der Redaktion Unterhaltendes Wort, dessen Leiter Albin Stuebs hiess " Es war dieser Albin Stuebs, der Wolfgang Menge für den Rundfunk entdeckt hat. Menge wird, das ist ziemlich klar, von einem gemeinsamen Bekannten an Stuebs vermittelt worden sein und das war Selfton Delmer. Stuebs, Ex-KPD-Mitglied, proletarischer Schriftsteller, der Wolfgang-Bücher-mäßig bereits 1920 Deutschland durchwanderte, hatte mit Selfton Delmer in London ab 1943 versucht, einen Arbeitersender aufzubauen. Dieser Selften Delmer war dann ab 1945 der Chef Wolfgang Menges, als der nämlich sein Volontariat im German News Service macht, dem späteren Deutschen Pressedienst, dessen Leiter Delmer war. Stuebs, radioerfahren und über zwanzig Jahre älter als Menge, leitet die erste Redaktion im NWDR, in der Menge andockt, und Stuebs war zugleich der wichtigste Mentor der NWDR Radioschule, die drei ziemlich vorzeigbare Jahrgänge gezeitigt hat, aus denen unter anderem ein gewisser Gerd Ruge hervorgegangen ist. " Albin Stuebs, den Menge, wenn er überhaupt auf ihn zu sprechen kann, stets lobend erwähnt, war ein enthusiastischer Nachwuchsförderer. Und Stuebs hat dann wohl auch diesen vermutlich eher schüchternen, arroganten und hoch begabten jungen Mann, der unbedingt Kabarettist werden wollte, zunächst einmal mit der Redaktion von Kabarett- Sendungen betraut. Stuebs hat Menge sozusagen die Pike in die Hand gegeben. Ja, es gab das Karussell und einige andere Kabarettreihen in der Redaktion Stuebs, die Menge jetzt zu betreuen hatte, und ja, Stuebs und Menge hatte den gleichen britischen oder angelsächsischen Background, Menge durch sein Assistenzjahr in London, Stuebs durch fast ein Jahrzehnt britischer Emigration, Menge liebte englische Musik und auch Stuebs kannte sie gut und importierte übrigens später reihenweise die englischen Krimis a la Gestatten Cox und Detective Camel Bluff als Premieren ins deutsche Nachkriegsradio. Stuebs hat jahrelang, vermutlich bis zu seiner Pensionierung 1963, Adrian und Alexander Skripte geschrieben. Wir wissen nicht wie viele es waren, niemand hat Buch geführt. " Es sind ohne nur fünf Sendungsbänder erhalten, davon ist eine von Menge geschrieben, zwei stammen von Stuebs und zwei von Joachim Roering, der ab 1963 - mit Beginn der Stahlnetz-Zeit bei Menge - die letzten acht Jahre die Sendung allein bestritten hat. Den Unterschied dieser Autorschaft kann man nicht hören, so stark ist das Konzept, das Menge entwickelt hat. Heute, in Hollywoods Serienwelt von HBO bis Showtime, würde man sagen: Wolfgang Menge war der Showrunner von Adrian und Alexander, und die anderen waren seine Schreiber im Writers Room. Aber wir sind in der 1950er Jahren und wir sind im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Von den insgesamt 26 mal 20 Sendungen, die Hallo Nachbarn mit Adrian und Alexander im NDR hatten, sind ganze fünf noch erhalten. Gerade also weniger 1 Prozent. Manuskripte? Ja ein paar mehr, aber die sind verstreut in verschiedenen Handakten des NDR-Bestands im Hamburger Staatsarchiv. So viel, nur am Rande, zu der Frage, wie es um das Programmvermögen des öffentlich rechtlichen Rundfunk bestellt ist, das professionell zu archivieren eben kein Rundfunkauftrag im Sinne des Grundgesetzes ist. Deswegen, so behaupten die Anstalten, 4 / 6
hätten sie dafür kein Geld und keine Sorgfalt aufzubringen. Menge, der Sardoniker, hat natürlich zeitlebens vermutet, seine Gegner und Neider im NDR hätten die Bänder absichtlich gelöscht. Das Gegenteil beweisen kann niemand. " 1987 erzählt Wolfgang Menge dem Stern-Reporter Gundolf über die Anfangszeiten weitere Details:" 5 Es war eigentlich eine Sendung, wie ich sie gerne gehört hätte. Die Bedingungen, die ich damals gestellt habe, war: Samstagabends, ne halbe Stunde vor Mitternacht, bevor man so ins Bett geht, dann möchte ich für Leute, die alleine im Bett liegen und persönlich angesprochen werden [ ] Ich habe fünfzig Sprecher ausprobiert, bis ich die wunderbare Stimme von dem Münch fand [ ] " Damit war die Struktur der Sendung klar. Erstens die Sendezeit: eine Geisterhalbestunde kurz vor 12, zweitens schräge Musik, drittens die kuriose Meldung oder jede Meldung als Kuriosität dekonstruiert, viertens die deklamatorisch so elegante und zugleich so schön abgeschleckte Intellektuellenstimme von Richard Münch" 0:30 Münch" Zur Wahl der Stimme des Richard Münch, ohne dessen ganz speziell timbrierte Diktion aus der klassischen Reinhardt-Schule die Sendung undenkbar gewesen wäre, - zu dieser Stimmenwahl gehört aber auch die Selbstverkennung des Schauspielers Münch in Bezug auf seine eigene Stimme und die Technik ihrer Herzenswärme. Münchs Stimme mag erwärmen, aber sie lässt auch erschauern. Der ungemein medienkluge Menge mag vielleicht auch Münchs Stimme abgelauscht haben, wie in ihr noch die kalte Diktion eines Harry Giese wieder hallt, des Sprechers aller Nazi-Wochenschauen. Und ganz sicherlich hat er schnell gesehen, wie für man für diesen Diskurs aus rein technischer Herzenswärme die Worte setzt. Münchs Herzenswärme ist von einer Zärtlichkeit, die in der Sekunde erfriert und erstarrt, eine sardonische Zärtlichkeit eben. " Und dann eben fünftens, das Alles-Entscheidende des Plots von Hallo Nachbarn: Adrians Partner, die andere Stimme oder die Stimme des anderen. Sie ist da, aber sie ist nicht definiert. Menge nennt sie im Interview von 1987 einen Homunkulus." 1:32" Ich fasse zusammen: " Adrian und Alexander ist die erste Serie, die Wolfgang Menge schreibt, und es ist eine Hörfunk-Serie, die einen so starken Plot, also ein so starkes strukturelles diegetischästhetisches Gerüst hat, oder in den Worten Menges: eine so starke Tonlage hat, dass sie über zwanzig Jahre hält und nur deshalb 1971 endet, weil die Karriere von Richard Münch im Deutschen Film derart Fahrt aufgenommen hat, dass man ihn nicht mehr regelmäßig bekommt und auch wohl nicht bezahlen kann. Da Menge selbst als Autor schon nicht mehr dabei, aber es ist immer noch seine Serie und sein Plot. Nebenher hat Menge noch viele andere, vergleichsweise konventionelle Hörfunk-Sendungen fabrizierte, seine Reihen zu Ostasien vornean, von denen es noch etwa 40 oder 50 erhaltene Sendungen gibt. Aber Adrian und Alexander ragt heraus, weil er Menge damit eine Urform des Radios skandiert, 5 / 6
nämlich das Stimm-Duo. Eine Urform nicht des deutschen, aber des us-amerikanischen nd damit angelsächsischen Radios. " Die Harmony-Boys, Bill Jones und Earny Hare war eine der ersten Stimm-Duo-Serien im frühen US-Radio der 1920er Jahre, gleich gefolgt von Amos n Andy, dem Stimmduo der beiden Blackslang sprechenden weissen Schauspieler, die vierzig Jahre lang die Geschichte zweier Afroamerikaner spielen, über Bob und Ray, Fibber McGee and Molly bis hin zu Edgar Bergen und Charlie Mc Carthy, um nur an ein paar ganz wenige aus der Vielzahl der US-Radio-Serial-Duos zu erinnern. " 6 Immer geht in diesen großen Serials der Radiogeschichte um eine Verdoppelung und Verschiebung des Orts der Stimme im Radio. Insofern die Stimme keinen klaren Ort hat, insofern ihr Changieren inszeniert wird, beginnt sie uns zu faszinieren, denn auch der Ort unserer eigenen Stimme ist im Grunde zutiefst unsicher. " So inszeniert es auch der Plot von Adrian und Alexander. Adrians Stimme behauptet sich zwar stets als die Stimme des Wir, des Du und Ich und Wir alle gemeinsam. Im Schnitt zehnmal pro Folge schreibt Menge dem Adrian ein joviales Wir in den Text als eine Art Lokalisierung eines gemeinsamen Radiosinns, auch noch im Echo der Durchhaltestimme von Harry Giese, dem Wochenschausprecher. Aber schon in der nächste Zeile folgt die sardonische Brechung des Ganzen durch eine verborgene Stimme mit zwei kleinen B s hinter Alex. Die Codierung lautet: Adrian versteht das olle de Klöök Klöök" Alexanders, wir als Hörer aber verstehen es nicht. Damit kommt ein verborgener Sinn ins Spiel, der sich als Blödsinn entlarvt und genau diese Brechung lässt ab jetzt den Ort aller Stimmen changieren, weil es ja das Wir Adrians und damit aber auch den gemeinsamen Ort des Hörens hopp nimmt und paradoxisiert. Zu wem also spricht, der im Radio redet? Vielleicht zu allen? Vielleicht zu keinem? Und sagt diese Stimme irgendetwas Verständliches oder Wichtiges? Oder hebt sich am Ende aller Unsinn auf? Mit Adrian und Alexander inszeniert Wolfgang Menge genau diese Oszillation des Im Radio Sprechens. Das macht das Radio zu jenem seriellen Medium, das wir, wenn wir es erst mal entdeckt haben, immer wieder einschalten müssen." Und wie kommt der junger Menge auf all das? Wie kommt zu so einem tiefen Wissen, wenn man es doch gar nicht haben kann? Wie kann man soviel über das Radio wissen, wenn man gerade erst dabei ist, die allerersten Schritte ins Medium zu wagen? " Nun, Wolfgang Menge hat es uns erzählt. Typisch Menge. Es war, als er diesen Anfängertrick ausprobiert hat, - ein ganz simples, materiales technisches Artefakt. Revers Audio nennt man das heute." Das klingt ein wenig nach einem Film von David Lynch und jedenfalls nicht wie eine sardonische Radiosatire. Dann also doch - das Ganze lieber richtig herum. 6 / 6