BBiG-Handlungshilfe. Das neue Berufsbildungsgesetz für die betriebliche Praxis der JAV



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Transkript:

BBiG-Handlungshilfe Das neue Berufsbildungsgesetz für die betriebliche Praxis der JAV

Inhalt: 1. Berufsbildungsgesetz Um was geht es? 5 2. Die Reform des Berufsbildungsgesetzes: Was hat sich geändert? 2.1 Änderungen durch die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes 8 9 3. Lehrjahre sind keine Herrenjahre Was darf der Ausbilder und was darf er nicht? 3.1 Gliederung der Ausbildung 3.2 Ausbildungsmittel 3.3 Berufsschule 3.4 Berichtsheft 3.5 Charakterliche Förderung des Auszubildenden 3.6 Ausbildungsvergütung 12 12 15 15 18 19 20 4. Ein leidiges Thema: Schneeschippen, Fegen, Kopieren... Ausbildungsfremde Tätigkeiten 21 5. Der Ausbilder lässt sich kaum blicken... 5.1 Persönliche Eignung 5.2 Fachlich geeignet 5.3 Eignung des Ausbildungsbetriebes 23 24 25 26 6. Wenn Zwei sich binden... Der Ausbildungsvertrag 6.1 Aufbau und Struktur der Berufsausbildung 6.2 Beginn und Ende der Ausbildung 6.3 Ausbildung außerhalb der Ausbildungsstätte 6.4 Die tägliche Ausbildungszeit 6.5 Dauer der Probezeit 6.6 Ausbildungsvergütung 6.7 Urlaubsanspruch 28 29 29 30 30 31 31 32 2 3

6.8 Kündigungsmöglichkeiten 6.9 Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen 6.10 Nichtige Vereinbarungen 7. Hätte ich das gewusst... Die Pflichten eines Auszubildenden 7.1 Aufgetragene Aufgaben sorgfältig auszuführen 7.2 Weisungen folgen 7.3 Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen 7.4 Geltende Ordnung 7.5 Werkzeuge und Maschinen 7.6 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 8. Alles hat ein Ende... Wie endet ein Ausbildungsverhältnis? 8.1 Kündigung durch den Ausbildenden 8.2 Kündigung durch den Auszubildenden 9. Je nach Lust und Laune? Ausbildung verlängern oder verkürzen 9.1 Anrechnung beruflicher Vorbildung 9.2 Abkürzung der Ausbildung 9.3 Verlängerung der Ausbildung 9.4 Übernahme nach der Ausbildung: Weiterbeschäftigungsanspruch 10. Böse Überraschung? Die Sache mit dem Schadenersatz... 11. Alles Gute für die Zukunft? Das Ausbildungszeugnis 12. Tipps zum Weiterlesen Auszüge aus dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) 33 33 33 35 35 35 36 36 36 37 38 39 40 41 41 42 42 43 44 46 49 50 1. Berufsbildungsgesetz Um was geht es? Mit großen Erwartungen haben viele Jugend- und Auszubildendenvertretungen, Betriebs- und Personalräte und Gewerkschaften die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes verbunden. Eine verbindliche Regelung zur Ausbildungsverpflichtung, eine bessere Verzahnung von Berufsschule und Ausbildung im Betrieb und eine konkret verbesserte Qualitätssicherung der Ausbildung das sind wichtige Forderungen des DGB. Das zum 1. April 2005 geänderte Berufsbildungsgesetz (BBiG) bleibt jedoch weitgehend hinter diesen Forderungen zurück. Berufsbildungsgesetz: Wichtige Grundlage für die betriebliche Ausbildung Trotzdem bleibt das Berufsbildungsgesetz eine wichtige Grundlage für die betriebliche Ausbildung. Es regelt Rechte und Pflichten der Auszubildenden, die Aufgaben des Ausbilders und stellt den Rahmen für die Ausbildung dar. Von zentraler Bedeutung für Qualität der Berufsausbildung ist die im BBiG mehrmals erwähnte zuständige Stelle. Dabei handelt es sich um die jeweiligen Kammern, z. B. Industrie- und Handelskammer (IHK), Handwerkskammer (HWK) oder Ärztekammer. Diese Stellen haben die Durchführung der Berufsausbildung mitzugestalten. Die zuständigen Stellen sind auch für die Zulassung zur Abschlussprüfung zuständig. Bei der Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes im Betrieb hat die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) wichtige Aufgaben. Die JAV hat nach 70 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bzw. 61 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und entsprechender Landespersonalvertretungsgesetze (LPersVGn) darüber zu wachen, dass die geltenden Gesetze, die zu Gunsten von Auszubildenden und jugend- 4 5

lichen Arbeitnehmern bestehen, eingehalten werden. Damit ist vor allem das Berufsbildungsgesetz gemeint. Die JAV hat deshalb die besondere Verantwortung, auf die Einhaltung von Qualitätskriterien der Ausbildung zu achten. Die JAV steht aber nicht allein vor diesen Aufgaben: Da sowohl Betriebs- oder Personalrat als auch Jugend- und Auszubildendenvertretung für die Angelegenheiten junger Arbeitnehmer und Auszubildender zuständig sind, verpflichten das Betriebsverfassungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze beide Gremien zum gemeinsamen Handeln. Die Zusammenarbeit von Betriebs- oder Personalrat und JAV ist der Schlüssel einer erfolgreichen Interessenvertretung für die Auszubildenden. Bei der betrieblichen Ausbildung hat der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte nach 96 ff. BetrVG, sodass auch über ein Einigungsstellenverfahren Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Ausbildung bestehen, wenn Gespräche mit dem Arbeitgeber nicht zum Erfolg führen. Im BPersVG besteht nach 75 Abs. 3 Mitbestimmung in Fragen der Berufsausbildung. (LPersVGn entsprechend) In Zeiten, in denen Kosten für die Ausstattung der Ausbildungsabteilungen oft zulasten Auszubildender reduziert werden sollen, die Zahl der Ausbildungsplätze eingeschränkt wird oder Auszubildende als billige Aushilfskräfte eingesetzt werden, hat die JAV gemeinsam mit dem Betriebs- oder Personalrat eine besondere Verantwortung. Das setzt voraus, dass die JAV auch über Bestimmungen, die für die Auszubildenden bestehen, Bescheid weiß. Inhalt der Broschüre Diese Broschüre stellt die Neuerungen sowie die Eckpunkte des Berufsbildungsgesetzes dar. Folgende Schwerpunkte sind dabei von besonderer Bedeutung: Die Pflichten des Ausbilders, der die Ausbildung ordnungsgemäß zu organisieren hat. Natürlich muss die JAV auch über die Pflichten des Auszubildenden Bescheid wissen, damit es keine böse Überraschung gibt, etwa eine Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb oder eine nicht bestandene Prüfung. Ausbildungsfremde Tätigkeiten Was ist damit gemeint und was kann dagegen getan werden? Die Eignung des Ausbildungsbetriebes Auf was hat die JAV zu achten? Der Inhalt des Ausbildungsvertrages Was gehört in den Vertrag, was darf nicht vereinbart werden? Wann macht es Sinn, die Ausbildung zu verlängern oder zu verkürzen? Und zum Schluss: Das Ausbildungszeugnis Was unterscheidet qualifiziertes und einfaches Zeugnis? Welchen Anspruch hat ein Auszubildender, auf was ist beim Inhalt zu achten? Die Broschüre soll verdeutlichen, welche Möglichkeiten für Auszubildende, JAV und Betriebs- und Personalrat nach dem Berufsbildungsgesetz bestehen. 6 7

2. Die Reform des Berufsbildungsgesetzes: Was hat sich geändert? Zum 1. April 2005 ist das geänderte Berufsbildungsgesetz (BBiG) in Kraft getreten. Die Änderungen wurden im Vorfeld lange diskutiert und konnten letztendlich nach einer Einigung im Bundesrat beschlossen werden. Ziel des Berufsbildungsgesetzes ist es, eine umfassende und bundeseinheitliche Grundlage für die berufliche Bildung zu schaffen. Das Gesetz regelt Rechte und Pflichten der Auszubildenden und ist deshalb ein wichtiges Instrument für die JAV, die Berufsausbildung betrieblich zu beeinflussen. Die Basis der Berufsausbildung ist das duale System : Die berufliche Ausbildung erfolgt getrennt in den Lernorten Schule und Betrieb. Neben der betrieblichen Ausbildung zählt deshalb der Besuch der Berufsschule zu einem wichtigen Bestandteil der Berufsausbildung. Beim Inhalt des Unterrichtes und der Ausstattung der Berufsschule haben Betriebs- oder Personalrat und JAV jedoch keine Mitwirkungsrechte. Daran hat sich auch durch die Reform des Berufsbildungsgesetzes nichts geändert. Ein besonderer Mangel des Gesetzes: Es fehlen Regelungen zur Übernahme von Auszubildenden. Hier bleibt es weiter Aufgabe der Gewerkschaften, über Tarifverträge Regelungen zur Übernahme durchzusetzen. Auch wurde weder ein Anspruch auf Ausbildungsplätze noch eine konkrete Verpflichtung der Unternehmen, bei Nichtausbildung eine Ausbildungsplatzabgabe zu zahlen, in das Berufsbildungsgesetz aufgenommen. Dabei ist die Ausbildung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1980 das auch heute noch Gültigkeit hat eine gesellschaftliche Aufgabe der Unternehmen, die damit für fehlende Ausbildungsplätze verantwortlich sind. Die Gewerkschaftsjugend fordert deshalb weiterhin eine Ausbildungsplatzabgabe: Wer nicht ausbildet, muss zahlen! 2.1 Änderungen durch die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes Die wesentlichen Änderungen des Berufsbildungsgesetzes aus Sicht von JAV und Betriebs- und Personalrat sind: 20 BBiG: Probezeit Die Probezeit ist auf vier Monate verlängert worden. Innerhalb der Probezeit kann jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von beiden Seiten, also vom Ausbildungsbetrieb und vom Auszubildenden, gekündigt werden. Diese Neuregelung verschlechtert die rechtliche Situation der Auszubildenden. JAV und Betriebs- oder Personalrat haben darauf zu achten, ob Tarifverträge eine günstigere Regelung vorsehen. 8 BBiG: Verkürzung/Verlängerung der Ausbildung Bisher konnte auf Antrag des Auszubildenden die Ausbildungszeit verkürzt werden. Durch die Neuregelung des Berufsbildungsgesetzes ist jetzt ein gemeinsamer Antrag von Auszubildenden und Ausbildenden erforderlich, wenn die Ausbildungszeit verkürzt werden soll. Die rechtliche Position des Auszubildenden verschlechtert sich somit. Eine Neuerung kann Auszubildenden in besonderen Situationen helfen: die der Teilzeitausbildung. Der Antrag auf Verkürzung 8 9

der Ausbildung kann sich auch auf die Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Ausbildungszeit beziehen. Dabei wird die Ausbildungsvergütung nicht gekürzt. So wird erstmalig eine Teilzeitausbildung möglich, wenn ein berechtigtes Interesse des Auszubildenden vorliegt. Dies kann die Betreuung des eigenen Kindes der Auszubildenden oder die Pflege eines pflegebedürftigen Angehörigen sein. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur, wenn die erfolgreiche Beendigung der Ausbildung in kürzerer Zeit von den Leistungen her zu erwarten ist. Wer sich jetzt aber schon am Strand in Spanien sieht, sollte bedenken: Der Auszubildende hat sich mit dem Ausbildungsbetrieb abzustimmen. Nur wenn Ausbildungsabschnitte im Ausland dem Ausbildungsziel dienen, wird der Auslandsaufenthalt als Teil der Berufsausbildung angesehen. Während des Aufenthalts im Ausland besteht für den Ausbildungsbetrieb die Pflicht, die Ausbildungsvergütung und die Sozialversicherung weiter zu zahlen. Auch der Anspruch auf Urlaub bleibt erhalten, als wäre der Ausbildungsort weiter im Inland. 10 Abs. 5 BBiG: Ausbildungspartnerschaften der Unternehmen Nach 10 Abs. 5 BBiG können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte und die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist. Mit anderen Worten: Verschiedene Ausbildungsbetriebe können Ausbildungspartnerschaften bilden. Besonders für Kleinbetriebe ist das eine wichtige Regelung. 2 Abs. 2 BBiG: Zusammenarbeit von Betrieb und Schule Die Zusammenarbeit der Lernorte Betrieb und Berufsschule soll nach 2 Abs. 2 BBiG gefördert werden. Wie soll das gelingen? Die Ausbildungsordnung des jeweiligen Ausbildungsberufs soll zukünftig Ausbildungsinhalte der Lernorte besser aufeinander abstimmen. 2 Abs. 3 BBiG: Ausbildung im Ausland Nach 2 Abs. 3 BBiG ist es zukünftig möglich, einen Teil der Berufsausbildung im Ausland zu absolvieren. Die Gesamtdauer soll ein Viertel der Ausbildungsdauer nicht überschreiten. Bei dreijähriger Berufsausbildung kann deshalb ein Auslandsabschnitt von bis zu neun Monaten ermöglicht werden. 10 11

3. Lehrjahre sind keine Herrenjahre Was darf der Ausbilder und was darf er nicht? erforderlich ist. Die Berufsausbildung ist deshalb planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert durchzuführen. Und zwar so, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann. Beispiel: Ein Beispiel aus der Praxis: Die Ausbildung ist aus Sicht der Auszubildenden sehr eintönig. Den Ausbilder scheint nicht zu interessieren, wann die Auszubildenden verschiedene Abteilungen durchlaufen. Es wird auch kaum etwas erklärt, vielmehr sollen die Auszubildenden sich gegenseitig unterstützen und in Fachbüchern nachlesen. Die Auszubildenden beschweren sich bei der Personalabteilung, die jetzt erst einmal die weitere Entwicklung abwarten will. Ein Plan, wer wann in welche Abteilung kommt, liegt dem Personalchef nicht vor. Was sagt das Berufsbildungsgesetz dazu? Im 14 Abs. 1 BBiG sind die Pflichten des Ausbildenden definiert. Zunächst zu dem Begriff, der vielleicht etwas verwirrt: Ausbildender ist der Betriebsinhaber, ein Vorstand oder der Geschäftsführer also die Person, die für den Betrieb verantwortlich ist. Wie kann der planmäßige Ablauf organisiert werden? Für jeden anerkannten Ausbildungsberuf existiert eine Ausbildungsordnung mit einem Ausbildungsrahmenplan. Diese muss der JAV zur Verfügung stehen. Die Ausbildungsordnung ist eine wichtige Grundlage für die Ausbildung. Sie hat nach 5 Abs. 1 BBiG folgende Angaben zu umfassen: Die Bezeichnung des Ausbildungsberufes Die Ausbildungsdauer: Sie soll nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen Das Ausbildungsberufsbild: Die beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die mindestens Gegenstand der Berufsausbildung sind Eine Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Vermittlung der beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die auch als Ausbildungsrahmenplan bezeichnet wird Dieser Ausbildende kann selbst ausbilden oder was häufiger der Fall ist einen Ausbilder damit beauftragen. 3.1 Gliederung der Ausbildung Die Prüfungsanforderungen Die Ausbildungsordnung kann auch weitere Anforderungen festschreiben: Eine klare Gliederung der Ausbildung ist für Ausbilder und Auszubildende wichtig. Nach 14 Abs. 1 Nr.1 BBiG hat der Ausbildungsbetrieb dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels Eine Zwischenprüfung Die überbetriebliche Berufsausbildung, d.h., dass Teile der Berufsausbildung in geeigneten Einrichtungen außerhalb des Aus- 12 13

Tipp: bildungsbetriebes durchgeführt werden, wenn und soweit es die Berufsausbildung erfordert Dass Auszubildende einen schriftlichen Ausbildungsnachweis führen (Berichtsheft) Ausbildungsordnungen verlangen, dass der Auszubildende berufstypische Situationen kennen lernt. Bei einer Bankkauffrau kann dies ein Kundenberatungsgespräch sein, bei einem Informatik-Kaufmann geht es um Projektarbeit. Dabei soll nicht nur die berufliche Fachkompetenz, sondern auch Methoden- und Sozialkompetenz vermittelt werden. Also die Frage, wie kann der Auszubildende mithelfen, anfallende Probleme im Arbeitsablauf zu lösen. Alle Ausbildungsordnungen sind unter www.bibb.de erhältlich. Der konkrete Ablauf vor Ort ist im betrieblichen Ausbildungsplan geregelt: Die klare Gliederung der Ausbildung sollte sich aus dem betrieblichen Ausbildungsplan nach 14 Abs. 1 BBiG ergeben, aus dem die zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildung ersichtlich ist. Die zeitliche und sachliche Gliederung und die Einteilung der Ausbildungsabschnitte müssen sich an der Reihenfolge der Prüfungen sowie dem Lehrplan an der Berufsschule orientieren, sind aber auch von Fähigkeiten und Vorkenntnissen der Auszubildenden abhängig. Oberstes Ziel bei der Strukturierung: Die Planung liegt im Interesse des Ausbildungserfolges. Gute Möglichkeiten von JAV und Betriebs- und Personalrat Die JAV kann gemeinsam mit dem Betriebs- oder Personalrat rechtlich durchsetzen, dass ein verbindlicher und auf die betriebliche Situation angepasster Ausbildungsplan erstellt wird. Der Ausbildungsplan sollte sich nach den Fragen richten: Wann wird was wo wie lange vermittelt? Nach 98 Abs. 1 BetrVG besteht Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Umsetzung des Ausbildungsplanes. Der Personalrat hat nach 75 Abs. 3 BPersVG vergleichbare Möglichkeiten. (LPersVGn entsprechend) Die zeitliche und sachliche Gliederung in Form von Versetzungsplänen für einzelne Bereiche oder Abteilungen sollten durch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt werden. 3.2 Ausbildungsmittel Der Ausbildungsbetrieb hat nach 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG den Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe, zur Verfügung zu stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind. Dieser Anspruch bezieht sich jedoch nur auf die betriebliche Ausbildung, da aufgrund des dualen Ausbildungssystems Unterrichtsmaterial der Berufsschule nicht vom Betrieb zur Verfügung gestellt werden muss. 3.3 Berufsschule Der Ausbildungsbetrieb hat den Auszubildenden zur Teilnahme an der Berufsschule freizustellen. Darüber hinaus besteht nach 14 Abs. 1 Nr. 4 BBiG auch die Pflicht, den Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule anzuhalten. Was bedeutet zum Besuch anzuhalten? Im Prinzip nichts anderes, als den Auszubildenden aufzufordern. Ein Beispiel: Fehlt ein Auszubildender im Berufsschulunterricht ohne berechtigten Grund, hat ihn der Ausbilder aufzufordern, die 14 15

Schule zu besuchen. Ein berechtigter Grund zum Fehlen ist jedoch beispielsweise Krankheit, die durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden muss. Ein gesetzlicher Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten zum Besuch der Berufsschule besteht nicht, die JAV kann jedoch versuchen, auf freiwilliger Basis mit dem Arbeitgeber einen Fahrkostenzuschuss zu vereinbaren. Oftmals sind Fahrtkosten zur Berufsschule auch in Tarifverträgen geregelt. Unterrichtszeit ist Arbeitszeit. Die Freistellung durch den Arbeitgeber gilt für den Unterricht inklusive Pausen und für die Wegstrecke zwischen Betrieb und Berufsschule. Wenn der Unterricht vor 9.00 Uhr beginnt, muss der Auszubildende vorher nicht mehr zur Arbeit erscheinen. Als Jugendliche (unter 18) müssen Auszubildende in zwei Fällen nach der Berufsschule nicht mehr in den Betrieb: 1. Wenn der Unterricht länger als fünf Stunden (5 mal 45 Minuten) dauert, aber nur einmal die Woche. 2. Wenn Blockunterricht und mindestens 25 Unterrichtsstunden (jeweils 45 Minuten) an fünf Tagen in der Woche stattfinden. Die Berufsschulzeit ist also auf die vertragliche Arbeitszeit anzurechnen, allerdings gibt es einen Haken: Eine Freistellung ist nur dann möglich, wenn sich Unterrichtszeit und Ausbildungszeit überschneiden. Findet die Berufsschule also zu Tageszeiten statt, an denen nicht regelmäßige Ausbildung stattfindet, erfolgt keine Freistellung und keine Anrechnung. Es kann also passieren, dass Auszubildende in bestimmten Fällen weit über die vertraglich geregelte Arbeitszeit hinaus Zeit in Berufsschule und Betrieb verbringen, die absolute Höchstgrenze liegt aber bei der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Oft verlangen Ausbilder von volljährigen Azubis, dass sie nach der Berufsschule noch in den Betrieb kommen sollen. Das ist durchaus rechtmäßig, allerdings gilt: Von der täglichen Arbeitszeit wird die gesamte Zeit in der Berufsschule abgezogen, falls die Berufsschule während der üblichen Arbeitszeit stattfindet. Außerdem wird der Weg von der Berufsschule in den Betrieb auf die Arbeitszeit angerechnet. Ist die Zeit, die der Azubi nach der Berufsschule noch im Ausbildungsbetrieb verbringen kann, zu kurz, um dem Ausbildungszweck zu dienen weniger als 20 Minuten, kann der Ausbilder die Rückkehr des Azubis nicht verlangen. Für alle Azubis, die schon 18 Jahre oder älter sind, gilt: Volljährige sind für den Berufsschulunterricht freizustellen, die Teilnahme am Unterricht geht der betrieblichen Ausbildung vor ( 15 Berufsbildungsgesetz). Das gilt auch dann, wenn Auszubildende nicht mehr schulpflichtig sind. Die Freistellung umfasst dabei nicht nur die reine Unterrichtszeit, sondern auch die Zeiten des notwendigen Verbleibs in der Berufsschule, zum Beispiel unterrichtsfreie Zeiten, Pausen und die Wegzeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb. 16 17

3.4 Berichtsheft 3.5 Charakterliche Förderung des Auszubildenden Der Auszubildende ist nach 14 Abs. 1 Nr. 4 BBiG zum Führen von schriftlichen Ausbildungsnachweisen auch Berichtshefte genannt anzuhalten, soweit diese im Rahmen der Berufsausbildung verlangt werden. Die Pflicht zum Führen des Ausbildungsnachweises kann sich aus der Ausbildungsordnung oder aus dem Ausbildungsvertrag ergeben. Das Führen des Berichtsheftes erfolgt im Betrieb während der Ausbildungszeit. Der Ausbildungsnachweis soll der Systematisierung der Ausbildung dienen. Es wird dokumentiert, welche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt wurden und in welchen Ausbildungsabschnitten die Ausbildung wann erfolgt ist. Aus Sicht des Auszubildenden ist besonders wichtig: Das Berichtsheft muss wahrheitsgemäß geführt werden. Es dürfen nur Tätigkeiten aufgeführt werden, die auch tatsächlich ausgeübt wurden. Denn das Berichtsheft dient als Nachweis gegenüber der zuständigen Stelle, etwa der Handwerkskammer oder Industrie- und Handelskammer (IHK). Kommt beispielsweise ein Betrieb seinen Ausbildungspflichten nicht nach und kann der Auszubildende aus diesem Grund die Abschlussprüfung nicht bestehen, dient das Berichtsheft als wichtiges Beweismittel. Das Berichtsheft kann auch elektronisch geführt werden. Da der Betriebs- oder Personalrat auch Sichtvermerke abzeichnen muss und hierbei die JAV zu beteiligen ist, kann auch die Arbeitnehmervertretung den Inhalt der tatsächlichen Ausbildung des einzelnen Auszubildenden nachvollziehen. Der Ausbildungsbetrieb hat nach 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG dafür zu sorgen, dass Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet werden. Manche Ausbilder meinen deshalb, sie sind eine Art Ersatzeltern, die eine Erziehung nachholen können, die bisher versäumt wurde. Ist das Berufsbildungsgesetzt so zu verstehen? Die charakterliche Förderung des Auszubildenden bedeutet nicht, dass ein Ausbilder die Rolle des Erziehungsberechtigten übernimmt. Der Auszubildende soll sich vielmehr im technischen und organisatorischen Bereich des Betriebes zurecht finden, aber auch soziale Kompetenzen vermittelt bekommen. Der Hintergrund: Betriebe sind häufig Veränderungen ausgesetzt, die Anforderungen am Arbeitsplatz wandeln sich. Werden Auszubildende auf diese Flexibilität nicht vorbereitet, sind sie später als Arbeitnehmer schnell überfordert. Auch die Zusammenarbeit im Team oder der Umgang mit Konflikten ist wichtig. Wie spreche ich Probleme an? Traue ich mich als Auszubildender, den Ausbilder Fragen zu stellen, die mir noch unklar sind? Für den Ausbilder bedeutet dies auch: Der Auszubildende muss kritikfähig sein und die Möglichkeit haben, Ausbildungsinhalte, das Vorgehen im Betrieb oder Verhaltensweisen des Ausbilders in Frage stellen zu können. Der Ausbildungsbetrieb hat sicher zu stellen, dass der Auszubildende sittlich und körperlich nicht gefährdet wird. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Ausbilder die Auszubildenden nicht körperlich züchtigen darf. Das Tragen schwerer Gegenstände kann hier ebenso dazu gehören wie Arbeiten, bei denen die Gesundheit durch außergewöhnliche Hitze oder Kälte gefährdet wird. 18 19

Dazu gehören auch Aufgaben, bei denen der Auszubildende wegen mangelnder Erfahrung möglicherweise Unfallgefahren nicht erkennen kann. Der Ausbilder hat psychische Belastungen auszuschließen, beispielsweise indem der Auszubildende sich bei einer Aufgabe nicht völlig überfordert fühlt. 3.6 Ausbildungsvergütung Zur Pflicht des Ausbildungsbetriebes zählt auch die Bezahlung. Denn während in früheren Zeiten ein Lehrgeld vom Auszubildenden zu zahlen war, besteht inzwischen nach 17 BBiG ein Vergütungsanspruch des Auszubildenden. Die Ausbildungsvergütung muss im Ausbildungsvertrag angegeben sein. Sehr oft wird die Höhe der Vergütung durch einen Tarifvertrag bestimmt, den die jeweilige Gewerkschaft für ihre Mitglieder abgeschlossen hat. Aber auch wenn kein Tarifvertrag gilt, ist die Höhe der Vergütung nicht allein Sache des Betriebes. Laut Berufsbildungsgesetz muss die Ausbildungsvergütung angemessen sein und das bedeutet, dass die Vergütung nicht mehr als 20% unter der üblichen tariflichen Vergütung liegen darf! Wie hoch die übliche tarifliche Vergütung ist, erfährt man bei der Gewerkschaft oder dem Betriebs- oder Personalrat. Die Vergütung ist nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt. Die Vergütung für den laufenden Monat muss dir spätestens bis zum letzten Arbeitstag des Monats gezahlt werden. Bei Krankheit muss die Vergütung sechs Wochen lang fortgezahlt werden, danach zahlt die Krankenkasse Krankengeld. 4. Ein leidiges Thema: Schneeschippen, Fegen, Kopieren... Ausbildungsfremde Tätigkeiten Ein Beispiel aus der Praxis: Die Auszubildenden der Schnell-Geld-Bank müssen im Winter Schnee schippen. Ute ist der Meinung, dass dies keine Aufgabe von Bank-Azubis ist. Der Ausbilder argumentiert jedoch, dass dies in den letzten Jahren immer so war, seitdem die Hausmeisterstelle eingespart wurde. Außerdem könnten die Kunden sonst die Schalterhalle nicht erreichen, versucht er Ute zu überzeugen. Die Auszubildenden sehen das jedoch anders. Was sagt das Berufsbildungsgesetz dazu? In 14 Abs. 2 BBiG steht: Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind. Die Klärung der Frage, ob eine Aufgabe der Ausbildungsordnung entspricht oder ausbildungsfremd ist, hängt häufig vom Einzelfall ab. Entscheidend ist das jeweilige Berufsbild und die pädagogische Zielsetzung. Ausbildungsfremde Tätigkeiten sind nach 14 Abs. 2 BBiG unzulässig. Dazu zählen beispielsweise ständige Kopierarbeiten, Ablagetätigkeiten oder permanente Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Auszubildende dürfen nicht als billige Aushilfskräfte zum Ausgleich für eine verfehlte Personalplanung eingesetzt werden. Dazu können auch grobe Reinigungsarbeiten zählen, die außerhalb der Verkaufs- und Lagerräume oder auf der Straße zu erledigen sind. Auch die Beauftragung des Auszubildenden, Frühstück durch Botengänge zu besorgen, Beispiel: 20 21

ist unzulässig. Ebenso das Schneeschippen bei Bank-Auszubildenden. Der Ausbilder hat dafür zu sorgen, dass ausbildungsfremde Tätigkeiten unterbleiben. Klappt dies nicht, haben JAV und Betriebsoder Personalrat darauf hinzuweisen und für Abhilfe zu sorgen! 5. Der Ausbilder lässt sich kaum blicken... Ein Beispiel aus der Praxis: Der Ausbilder macht auf die Auszubildenden keinen guten Eindruck. Er ist oft gereizt und auf viele Fragen kann er erst am nächsten Tag antworten, wenn er in seinen Unterlagen nachgelesen hat. Manchmal lässt er sich in der Woche nur einmal bei den Auszubildenden sehen. Beispiel: Nach vier Monaten entscheidet sich der Auszubildende Jens, den Personalleiter auf die Situation anzusprechen. Der Personalchef sieht jedoch keine Möglichkeit etwas zu ändern, da der Ausbilder nun schon seit Jahren diese Aufgabe wahrnimmt und auch noch seiner Tätigkeit als Teamleiter nachkommen muss. Sven ist nach diesem Gespräch frustriert und sieht keine Möglichkeit, etwas zu ändern. Was sagt das Berufsbildungsgesetz dazu? Seit August 2003 ist die Ausbildereignungsverordnung (AEVO) ausgesetzt. Demnach müssen ausbildende Betriebe keinen Nachweis mehr über Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter zur Ausbildung von Jugendlichen erbringen. Trotzdem gilt: Der Ausbilder hat eine Reihe von Pflichten und er muss geeignet sein, um überhaupt ausbilden zu können. Auch die Eignung des Ausbildungsbetriebes ist nach dem Berufsbildungsgesetz zu prüfen. Auszubildende darf nach 28 Abs. 1 BBiG nur ausbilden, wer persönlich und fachlich geeignet ist. Aufgabe der Ausbilder ist es, die notwendigen praktischen und theoretischen Kenntnisse zu vermitteln. 22 23

5.1 Persönliche Eignung 5.2 Fachlich geeignet Persönlich nicht geeignet ist nach 29 BBiG insbesondere, wer Fachlich geeignet nach 30 BBiG ist, wer die Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen darf oder beruflichen sowie wiederholt oder schwer gegen das BBiG verstoßen hat. Ein wiederholter Verstoß muss häufig auftreten, bei einem schwereren Gesetzesverstoß entsteht beispielsweise ein schwerer Schaden für den Auszubildenden, z. B. körperlicher Schaden. Die Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes knüpfen an das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) an. Nach 25 JArbSchG darf Jugendliche nicht ausbilden, beaufsichtigen oder anweisen, wer beispielsweise wegen die berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind. Die beruflichen Fähigkeiten setzen eine Berufspraxis und theoretische Kenntnisse voraus. Diese Fähigkeiten fehlen, wenn ein Arbeitnehmer keine Kenntnisse in dem Ausbildungsberuf hat. Dies ist auch der Fall, wenn nur für Teilgebiete der Ausbildungsordnung Kenntnisse vorliegen. eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren, Nach 30 Abs. 2 BBiG besitzt die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, wer einer vorsätzlichen Straftat, die unter Verletzung der Pflichten als Ausbilder zum Nachteil von Kindern oder Jugendlichen begangen wurde, zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist. Ausbilder müssen in der Lage sein, ihre Berufserfahrung an die Auszubildenden weiterzugeben und über die Vermittlungstechniken hinaus in schwierigen Entwicklungsphasen zu helfen. 1. die Abschlussprüfung in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung bestanden hat, 2. eine anerkannte Prüfung an einer Ausbildungsstätte oder vor einer Prüfungsbehörde oder eine Abschlussprüfung an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Schule in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung bestanden hat oder 3. eine Abschlussprüfung an einer deutschen Hochschule in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung bestanden hat und eine angemessene Zeit in seinem Beruf praktisch tätig gewesen ist. 24 25

Probleme mit dem Ausbilder: Die rechtlichen Möglichkeiten von JAV und Betriebs- oder Personalrat Die Ausbilder müssen nach 30 BBiG die erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse besitzen. Aufgabe der Ausbilder ist es, die notwendigen praktischen und theoretischen Kenntnisse zu vermitteln. JAV und Betriebs- oder Personalrat haben darauf zu achten, dass dem Ausbilder vom Arbeitgeber auch ausreichend Zeit für die Ausbildertätigkeit zur Verfügung gestellt wird. Auch Weiterbildungsmöglichkeiten sollten angeboten werden. Treten trotzdem vermehrt Probleme mit Ausbildern auf, ist deren Eignung zu hinterfragen. Der Betriebsrat hat nach 98 Abs. 2 BetrVG die Möglichkeit, die Abberufung eines Ausbilders zu beantragen, wenn dieser die arbeitspädagogische oder fachliche Eignung nicht besitzt oder seine Aufgabe vernachlässigt. Dies kann auch arbeitsgerichtlich durchgesetzt werden. betriebsorganisatorischen Struktur etwa in der Werkhalle oder im Büro eingerichtet sein, die über die üblichen Werkzeuge, Geräte, Bildschirme und Materialien verfügen, an denen jedoch auch eine Betreuung durch den Ausbilder sichergestellt ist. Die Ausbildungsstätte muss für die Vermittlung der vorgesehenen Fertigkeiten und Kenntnisse über eine ausreichende Einrichtung und Ausstattung verfügen. Dazu gehört nicht nur eine Grundausstattung an Maschinen, Werkzeugen, Apparaten oder Geräten, sondern auch Ausbildungsmittel wie Computersoftware oder Übungsstücke. 5.3 Eignung des Ausbildungsbetriebes Ein Ausbildungsbetrieb hat besonderen Anforderungen gerecht zu werden. Auszubildende dürfen nach 27 BBiG nur eingestellt und ausgebildet werden, wenn die Ausbildungsstätte nach Art und Einrichtung für die Berufsausbildung geeignet ist. Zur Ausbildungsstätte zählt der gesamte Betrieb oder der Betriebsteil, in dem die Ausbildung stattfinden soll. Dies kann eine Produktionsstätte, die Verwaltung oder eine überbetriebliche Ausbildungsstätte sein. Ein Ausbildungsplatz ist ein Ort im Ausbildungsbetrieb, an dem ein Auszubildender im Ausbildungsberuf ausgebildet werden kann. Dies können speziell eingerichtete Räume sein, etwa Ausbildungswerkstätten, Ausbildungslabors oder Übungsräume. Es können aber auch besondere Ausbildungsplätze innerhalb der bestehenden 26 27

Beispiel: 6. Wenn Zwei sich binden... Der Ausbildungsvertrag Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Ausbildungsvertrag kann auch mündlich geschlossen werden, das geht auch per Handschlag, hört Peter seinen Onkel erzählen. Wie kann ich aber nachlesen, was ich zu tun habe, fragt er. Was sagt das Berufsbildungsgesetz dazu? So einfach ist es nicht nach 10 Abs. 1 BBiG hat der Ausbildungsbetrieb die Pflicht, mit den Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag zu schließen. Diese Vorschrift einer schriftlichen Vereinbarung besteht zum Schutz des Auszubildenden, der so über seine Rechte und Pflichten in der Ausbildung Bescheid wissen soll. Es hat eine Vertragsniederschrift zu erfolgen, die vom Ausbildenden, dem Auszubildenden und dessen gesetzlichen Vertretern zu unterzeichnen ist. Eine Niederschrift in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Findet eine Ausbildung im Verbund statt, d.h. mehrere Betriebe sind an der Ausbildung beteiligt, so wird im Idealfall ein Vertrag zwischen einem der Betriebe als Hauptansprechpartner und dem Auszubildenden unter Verweis auf die anderen beteiligten Ausbildungsbetriebe geschlossen. Oft gibt es jedoch auch mehrere Verträge zwischen dem Auszubildenden und den beteiligten Betrieben. Wichtig ist jedoch dabei, dass schriftlich fixiert wird, wer bei Problemen als Ansprechpartner fungiert. 6.1 Aufbau und Struktur der Berufsausbildung Eine Übersicht über die sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung soll dem Auszubildenden verdeutlichen, wie die Ausbildung geplant wird. Es wird so die Möglichkeit gegeben, den vertragsgemäßen Ablauf zu kontrollieren. Die sachliche Gliederung muss sämtliche im Ausbildungsrahmenplan aufgeführten Kenntnisse und Fertigkeiten enthalten. Die zu vermittelnden Inhalte können dabei zusammengefasst und so gegliedert werden, dass Ausbildungseinheiten entstehen, die bestimmten Unternehmensfunktionen wie etwa Buchhaltung oder Verkauf oder bestimmten Abteilungen des Ausbildungsbetriebes z. B. Kundenberatung, Marketing, Produktion oder Einkauf zugeordnet werden. 6.2 Beginn und Ende der Ausbildung Beginn und Dauer der Berufsausbildung müssen sich aus dem Vertrag ergeben. Der Beginn ist ein bestimmter Kalendertag. Dies kann beispielsweise der 1. August eines Jahres sein. Die Dauer der Berufsausbildung ergibt sich aus der Ausbildungsordnung und ist in die Niederschrift aufzunehmen. Sofern Vorkenntnisse anerkannt werden, beispielsweise berufsvorbereitende Schulen, muss dies in der Vertragsniederschrift dokumentiert werden. Wird die Ausbildungszeit zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines Antrages bei der zuständigen Stelle z. B. Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer wegen guter Leistungen in Betrieb und Berufsschule verkürzt, ist ein Nachtrag zum Ausbildungsvertrag zu erstellen. Eine Vertragsniederschrift muss mindestens folgende Angaben beinhalten: 28 29

6.3 Ausbildung außerhalb der Ausbildungsstätte Die Ausbildungsstätte bezeichnet die Einrichtung, in der die Ausbildung stattfinden soll. Dieser Ort ist auch in den Ausbildungsvertrag aufzunehmen. Je nach Struktur des Betriebes kann sich die Ausbildungsstätte auch an mehreren Orten befinden. 6.4 Die tägliche Ausbildungszeit Die Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit kann nur im Rahmen der gesetzlichen Arbeitszeitregelungen vereinbart werden. Die regelmäßige tägliche Ausbildungszeit bezieht sich bei Jugendlichen (unter 18 Jahren) auf das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Die höchstzulässige Arbeitszeit beläuft sich grundsätzlich nach 8 Abs. 1 JArbSchG auf acht Stunden täglich. Bei erwachsenen Auszubildenden richtet sich die Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz. 3 Arbeitszeitgesetz regelt die Höchstdauer der täglichen Arbeitszeit an Werktagen. Unter Werktag ist Montag bis Samstag zu verstehen. Die werktägliche Höchstarbeitszeit beträgt grundsätzlich acht Stunden pro Woche: 6 Werktage mal 8 Stunden, also maximal 48 Stunden. Eine Ausdehnung der werktäglichen Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden ist möglich, wenn die Arbeitszeit in einem Ausgleichszeitraum von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen ungleichmäßig in der Weise verteilt wird, dass im Durchschnitt eine Arbeitszeit von acht Stunden werktäglich nicht überschritten wird. Zu beachten sind jedoch Tarifverträge, die auch für Auszubildende Bestimmungen zur Höchstarbeitszeit beinhalten können. Tarifverträge haben Vorrang. Es ist nur die Vereinbarung einer geringeren, davon abweichenden täglichen Arbeitszeit möglich. Aus der Ausbildungsordnung ist in der Regel keine tägliche Mindestausbildungszeit ersichtlich. 6.5 Dauer der Probezeit Sinn und Zweck der Probezeit ist, dass Ausbilder und Auszubildender Erfahrungen sammeln können: Der Auszubildende hat die Möglichkeit, den Betrieb kennen zu lernen und zu sehen, ob die Ausbildung für ihn das Richtige ist. Der Ausbildende will prüfen, ob der Auszubildende für den zu erlernenden Beruf geeignet ist und sich in das betriebliche Geschehen einarbeiten kann. Nach 20 BBiG hat die Probezeit mindestens einen Monat und höchstens vier Monate zu betragen. Während der Probezeit ist eine Kündigung durch den Ausbilder oder den Auszubildenden jederzeit ohne Grund und Kündigungsfrist möglich. Nach der alten Regelung des Berufsbildungsgesetzes war eine Probezeit von maximal drei Monaten möglich. Sollten tarifliche Regelungen bestehen, haben diese Vorrang. Gemäß 22 Abs. 2 bis 4 BBiG ist nach der Probezeit eine Kündigung nur aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist, d. h. fristlos bei schwerwiegenden Pflichtverstößen, möglich. Deshalb ist die Probezeit in der Vertragsniederschrift genau zu fixieren. 6.6 Ausbildungsvergütung Die Höhe der Vergütung ist mit einem genauen Euro-Betrag anzugeben, den der Auszubildende monatlich erhalten soll. Diese Angaben sollten unter dem Vorbehalt möglicher tariflicher Erhöhungen der Ausbildungsvergütung erfolgen. Tarifliche Regelungen zur Ausbildungsvergütung sind im Ausbildungsvertrag zu berücksichtigen. 30 31

6.7 Urlaubsanspruch Die Dauer des Urlaubs ist für die Gesamtdauer der Ausbildung und zwar für jedes Jahr gesondert anzugeben. Grundlage des Anspruches ist das Lebensalter des Jugendlichen zu Beginn des Kalenderjahres. 6.8 Kündigungsmöglichkeiten Beinhaltet die Niederschrift keine Angaben zum Urlaubsanspruch, ist der Vertrag nicht ungültig. Vielmehr besteht Anspruch auf Mindesturlaub nach den gesetzlichen oder tarifvertraglichen Regelungen. Tarifliche Regelungen sind im Ausbildungsvertrag zu berücksichtigen. Sollten diese nicht bestehen, gelten die gesetzlichen Vorgaben nach Bundesurlaubs- und Jugendarbeitsschutzgesetz. Die Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann, sind noch einmal aufzuführen, auch wenn die Regelungen nach 22 BBiG greifen, die nicht unterschritten werden dürfen. 6.9 Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen Jeder Beschäftigte hat entsprechend dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die Mindesturlaubsdauer beträgt 24 Werktage, d. h. vier Wochen, da der Samstag als Werktag definiert ist ( 3 Abs. 2 BUrlG). Für jugendliche Auszubildende gilt 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Der bezahlte gesetzliche Erholungsurlaub ist bei Jugendlichen länger als bei erwachsenen Arbeitnehmern. Der Urlaubsanspruch richtet sich nach Werktagen, bei denen entsprechend dem Bundesurlaubsgesetz der Samstag mitgezählt wird, auch wenn nach 15 JArbSchG die Fünf-Tage-Woche gilt: mindestens 30 Werktage (25 Arbeitstage), wenn der Jugendliche unter 16 Jahre alt ist, mindestens 27 Werktage (23 Arbeitstage), wenn der Jugendliche unter 17 Jahre alt ist, mindestens 25 Werktage (21 Arbeitstage), wenn der Jugendliche unter 18 Jahre alt ist. Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die für Auszubildende anzuwenden sind, müssen auch in der Niederschrift erwähnt werden. Der Auszubildende soll über seine Rechte aus Tarifvertrag oder betriebliche Vereinbarungen Bescheid wissen, damit er seine Ansprüche auch geltend machen kann. 6.10 Nichtige Vereinbarungen Die aufgelisteten Angaben sind Mindestangaben, die in jeder Niederschrift zum Berufsausbildungsverhältnis zu finden sein müssen. Darüber hinaus gehende Regelungen sind deshalb möglich. Allerdings sind bestimmte Ergänzungen unzulässig. Werden im Ausbildungsvertrag oder einer Ergänzung Vereinbarungen getroffen über die Verpflichtung des Auszubildenden, für die Berufsausbildung eine Entschädigung zu zahlen, mögliche Vertragsstrafen (z. B. zu spät in der Berufsschule erscheinen kosten 20 Euro), 32 33

den Ausschluss oder die Beschränkung von Schadensersatzansprüchen, die Festsetzung der Höhe eines Schadensersatzes in Pauschbeträgen, sind diese nach 12 Abs. 2 BBiG nichtig, d. h. unzulässig und als nicht vorhanden anzusehen. 7. Hätte ich das gewusst... Die Pflichten eines Auszubildenden Nicht nur der Ausbildungsbetrieb hat Verpflichtungen dem Auszubildenden gegenüber. Auch Auszubildende haben Pflichten. Dabei ist an oberster Stelle zu nennen: Auszubildende haben sich nach 13 BBiG zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Wobei bemühen bedeutet, auch ernsthaft lernen zu wollen. Deshalb: Verstößt der Auszubildende häufig gegen seine Pflichten, kann dies zur Kündigung führen. 7.1 Aufgetragene Aufgaben sorgfältig auszuführen Die aufgetragenen Aufgaben sind nicht nur Angelegenheiten, die vom Ausbilder verlangt werden, sondern auch Vorgaben der Ausbildungsordnung. Dies kann beispielsweise das Führen des Berichtsheftes sein, das aus diesem Grund auch während der Arbeitszeit zu führen ist. Die Pflicht, diese Aufgaben sorgfältig auszuführen, orientiert sich am Kenntnisstand des Auszubildenden. Je nach Ausbildungsstand ist deshalb der Begriff der Sorgfalt unterschiedlich auszulegen. Leitet ein Ausbilder den Auszubildenden nicht richtig an, kann auch keine sorgfältige Ausübung der Aufgabe erwartet werden. Dies heißt aber auch: Tätigkeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen und damit nicht zur Berufsausbildung gehören, dürfen dem Auszubildenden nicht aufgetragen werden. 7.2 Weisungen folgen Auszubildende haben den Weisungen zu folgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung erteilt werden. Den Weisungen ist jedoch nur zu folgen, wenn sie dem Ausbildungsziel dienen und den körperlichen Kräften des Auszubildenden angemessen sind. 34 35

Ausbildende, Ausbilder oder andere weisungsberechtigte Personen können Weisungen erteilen. Andere weisungsberechtigte Personen sind Fachkräfte wie Abteilungsleiter, Meister, Kundenbetreuer oder Vorarbeiter. Weisungen dürfen diese Fachkräfte aber nur erteilen, wenn sie im Rahmen der Ausbildung zuständig sind. 7.3 Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen Jeder Auszubildende hat an den Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, für die er nach 15 BBiG freigestellt wird. Zu den Ausbildungsmaßnahmen, an denen der Auszubildende teilnehmen muss, zählen der Berufsschulunterricht, Zwischen- und Abschlussprüfungen. Sofern vereinbart wurde, Ausbildungsmaßnahmen außerhalb des Betriebes durchzuführen, besteht auch zu diesen eine Pflicht zur Teilnahme. den ist die pflegliche Behandlung häufig Bestandteil der beruflichen Ausbildung. 7.6 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Kundendaten, Lieferantenlisten, Erfindungen oder bestimmte Patente bzw. Rezepte können Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sein. Der Auszubildende hat über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren. 7.4 Geltende Ordnung Der Auszubildende hat die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten. Dies kann eine Betriebsordnung sein, die zwischen Geschäftsleitung und Betriebs- oder Personalrat vereinbart wurde. Dazu kann auch die Pflicht zu Reinigungsarbeiten zählen, die zum reibungslosen Ablauf des Betriebes erforderlich sind vorausgesetzt, die ausgelernten Arbeitnehmer müssen diese Tätigkeiten auch ausüben. Andernfalls kann es sich um ausbildungsfremde Tätigkeiten handeln. 7.5 Werkzeuge und Maschinen Werkzeug, Maschinen, Materialien und andere Einrichtungen des Betriebes sind pfleglich zu behandeln. Der Auszubildende muss sorgfältig damit umgehen. Bei gewerblich-technischen Auszubilden- 36 37