Richtlinien für das Zufüttern von gesunden, reifen Neugeborenen im Krankenhaus

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ABM-Protokolle Ein wichtiges Ziel der Academy of Breastfeeding Medicine ist die Entwicklung klinischer Protokolle für den Umgang mit häufigen medizinischen Problemen, welche den Stillerfolg beeinflussen können. Diese Protokolle dienen nur als Richtlinien für die Versorgung stillender Mütter und deren Kindern und beschreiben nicht die einzig mögliche Behandlung. Sie dienen nicht als Standard für die medizinische Versorgung. Veränderungen in der Behandlung können in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen des individuellen Patienten angebracht sein. Klinisches Protokoll Nr. 3 Richtlinien für das Zufüttern von gesunden, reifen Neugeborenen im Krankenhaus Definitionen: Zufütterung: Nahrung oder Flüssigkeit als Ersatz für das Stillen. Dies schließt auch abgepumpte Muttermilch und Frauenmilch aus Milchbanken ein. Jegliche Nahrung, die vor dem Ablauf von 6 Monaten, der empfohlenen Dauer ausschließlichen Stillens, zusätzlich zum Stillen gegeben wird, wird damit als Zufütterung bezeichnet. Beikost: Nahrung, die ergänzend zum Stillen gegeben wird. Diese Bezeichnung wird für Nahrung benutzt, die zusätzlich zum Stillen nach dem Ende des 6. Lebensmonates für eine adäquate Ernährung notwendig ist. Hintergrund Wird Müttern und ihren neugeborenen Babys kurz nach der Geburt unter entsprechender Anleitung und Unterstützung die Möglichkeit zum Stillen angeboten, so beginnen die meisten Mutter-Kind-Paare eine Stillbeziehung. Einige Kinder können am ersten Tag noch Schwierigkeiten beim Erfassen der Brust und beim Stillen haben, sie werden aber mit der Zeit, unter guter Beobachtung und bei minimaler Unterstützung, erfolgreich an der Brust zu trinken beginnen. Die Aufnahme der geringen Kolostrummengen ist für die Magengröße eines Neugeborenen angemessen und ausreichend, um Hypoglykämien beim reifen, gesunden Neugeborenen zu verhindern. (1; 16; 19) Gesunde, reife Neugeborene verfügen auch über genügend Körperwasser, um ihre Stoffwechselprozesse aufrecht zu erhalten. (11; 14; 15) Deshalb benötigen die meisten gestillten Kinder keine Zufütterung. Da manche stillenden Frauen bezweifeln, 1

daß ein Neugeborenes durch Kolostrum ausreichend ernährt wird, ist es möglicherweise wichtig, sie in ihrem Tun zu bestätigen und Unterstützung beim Stillen sowie Erklärungen zur Physiologie des Stillens anzubieten. Die Zufütterung kann den Aufbau der Milchbildung verhindern und hat Nebenwirkungen auf das Stillen (z.b. verspätete Laktogenese, Brustschwellung). Es kann zu Veränderungen in der kindlichen Darmflora kommen, zu Kontakt mit Allergenen (in Abhängigkeit von Inhalt und Art der Fütterung) und/oder einer Störung der Mutter/Kind-Bindung. (3) Bevor mit irgendeiner Art von Zufütterung begonnen wird, ist eine Beurteilung des Mutter/Kind-Paares, einschließlich der direkten Beobachtung einer Stillmahlzeit, notwendig. Die im Folgenden vorgestellten Indikationen und Methoden des Zufütterns beziehen sich auf reife (37 42 Wochen), gesunde und gestillte neugeborene Kinder. Indikationen für das Zufüttern Für das Zufüttern von reifen, gesunden Neugeborenen gibt es nur wenige Indikationen. (13) (Tabelle 1) Tabelle 1. Indikationen für das Zufüttern von reifen, gesunden Neugeborenen 1. Hypoglykämie, die sich auch unter häufigem Stillen nicht verbessert (1) 2. Trennung a) Mütterliche Erkrankung, die zu einer Trennung von Mutter und Kind führt (z.b. Psychose, Eklampsie oder Schock) b) die Mutter befindet sich nicht im gleichen Krankenhaus (z.b. mütterlicher Tod) 3. Kind mit angeborenem Stoffwechseldefekt (z.b. Galaktosämie) 4. Kind ist nicht in der Lage, an der Brust zu trinken (z.b. angeborene Fehlbildungen oder Krankheiten) 5. Mütterliche Medikamente, die beim Stillen kontraindiziert sind (4) Es gibt einige wenige andere klinische Situationen, in denen das Zufüttern unter Umständen angebracht ist. Tabelle 2 listet mögliche Gründe für die Gabe solcher Zufütterungen auf. Der Arzt muss im Einzelfall entscheiden, ob die Vorteile des Zufütterns die möglichen Nachteile überwiegen. 2

Es gibt häufig klinische Situationen, in denen die Beurteilung und Überprüfung des Stillmanagements notwendig, aber das Zufüttern nicht indiziert ist: 1. Das schläfrige Kind, welches innerhalb der ersten 24 48 Stunden seltener als 8 bis 12 Mal stillt, weniger als 7 % seines Geburtsgewichtes verliert und keine Krankheitszeichen zeigt. 2. Das Kind mit Bilirubinserumkonzentrationen unter 20 mg % nach 72 Lebensstunden, wenn es gut stillt, angemessen Stuhl absetzt und weniger als 7 % an Gewicht verloren hat (2; 6). 3. Das Kind, welches während der Nacht unruhig ist oder über mehrere Stunden ununterbrochen stillt. 4. die schlafende Mutter Es gibt einige wenige andere klinische Situationen, in denen das Zufüttern unter Umständen angebracht ist. Tabelle 2 listet mögliche Gründe für die Gabe solcher Zufütterungen auf. Der Arzt muss im Einzelfall entscheiden, ob die Vorteile des Zufütterns die möglichen Nachteile überwiegen. Tabelle 2. Mögliche Indikationen für das Zufüttern bei reifen, gesunden Neugeborenen 1) Kindliche Indikationen a) Hypoglykämie, die durch Bestimmung des Blutglucosespiegels im Labor gesichert wurde, (Bedside Screening reicht nicht aus!) nachdem das Kind ausreichend gestillt wurde (1) b) Klinische Zeichen einer deutlichen Dehydratation c) Gewichtsverlust von 8 10 % des Geburtsgewichtes einhergehend mit einer verspäteten Laktogenese (5. Tag oder später) d) Verzögerte Darmtätigkeit oder fortdauernder Mekoniumabgang am 5. Lebenstag e) Unzureichende Milchaufnahme, obwohl ausreichend Milch vorhanden ist f) Hyperbilirubinämie i) Muttermilchikterus, bei dem das Kind trotz entsprechender Unterstützung beim stillen zu wenig Nahrung zu sich nimmt ii) Muttermilchikterus mit ansteigenden Bilirubinserumkonzentrationen über 20 bis 25 mg/dl bei einem sonst gut gedeihenden Kind, wobei eine Unterbrechung des Stillens aus diagnostischen Gründen hilfreich sein kann g) Niedriges Geburtsgewicht i) Wenn keine ausreichende Milchmenge zur Verfügung steht ii) Wenn ergänzende Nährstoffe indiziert sind 3

2) Mütterliche Indikationen a) Verspätete Laktogenese (5. Tag oder später) und unzureichende Nahrungsaufnahme beim Stillen durch das Kind b) Unerträgliche Schmerzen beim Stillen, die sich auch nach Intervention nicht verbessern c) Die Mutter steht wegen schwerer Erkrankung und/oder örtlicher Trennung nicht zur Verfügung d) Primäre Insuffizienz der Milchdrüsen (primäres Brustdrüsenversagen), nachgewiesen durch geringes Brustwachstum während der Schwangerschaft und sehr geringe Milchbildung; Erkrankungen der Brust oder vorangegangene Brustoperationen, die zu geringer Milchbildung führen e) Verspätete Milchbildung i) Durch verbliebene Plazentareste (Milchbildung wird wahrscheinlich einsetzen, wenn die Plazentareste entfernt sind) ii) Sheehan-Syndrom (schwere postpartale Blutung, gefolgt von fehlender Milchproduktion) Adaptiert aus: Powers NG, Slusser W: Breastfeeding update. 2:Clinical lactation management. Pediatr. Rev 1997; 18:147-161. Empfehlungen 1) Gesunde Neugeborene brauchen auch bei zu geringer Nahrungsaufnahme in den ersten 24 48 Stunden keine zusätzliche Nahrung. Neugeborene jedoch, die aufgrund einer Krankheit nicht zum Stillen in der Lage sind, bzw. wenn deren Mütter aufgrund einer Krankheit nicht stillen können, müssen wahrscheinlich zusätzliche Nahrung erhalten. (13) 2) Zufütterung kann eine ärztliche Anordnung und eine Einverständniserklärung der Mutter erfordern. Wenn eine Mutter bei fehlender medizinischer Indikation eine Zufütterung verlangt, sollte die Beratung dieser Mutter durch das medizinische Personal, dokumentiert werden. Die sorgfältige Dokumentation jeder Zufütterung muß Inhalt, Volumen und Verabreichungsmethode sowie die medizinische Indikation bzw. den Grund des Zufütterns umfassen. 3) Wenn die Zufütterung nötig ist, sind die vorrangigen Ziele, die Ernährung des Kindes sicher zu stellen und die mütterliche Milchbildung zu verbessern, während gleichzeitig die Ursachen für das unzulängliche Stillen oder den inadäquaten Milchtransfer abgeklärt werden. 4) Wann immer möglich, ist es ideal, Mutter und Kind ein 24 Stunden-Rooming-In anzubieten, um das Stillen und damit die Milchbildung zu fördern. 4

5) Bei unvermeidlicher Trennung von Mutter und Kind, geringer oder fraglicher Milchbildung oder wenn das Baby nicht in der Lage ist, direkt an der Brust zu trinken, braucht die Mutter Anleitung und Ermutigung, ihre Milch abzupumpen oder von Hand zu entleeren, damit die Milchproduktion stimuliert und die gewonnene Muttermilch dem Kind zur Verfügung steht. 6) Die Mutter pumpt idealer Weise zu jedem Zeitpunkt, an dem das Kind zugefüttert wird, oder alle 2 bis 3 Stunden ihre Milch ab. (7; 13) Mütter sollten dazu ermutigt werden, mit dem Abpumpen der Milch am ersten Tag oder so früh wie möglich zu beginnen. Das Anschwellen der mütterlichen Brust soll vermieden werden, weil dies die Milchbildung weiter einschränken und zu anderen Komplikationen führen kann (13). 7) Vor der Gabe einer Zufütterung müssen die Kinder bei den Stillmahlzeiten genau beobachtet werden, wobei besonders auf die Stillposition, das Erfassen der Brust und den Milchtransfer geachtet werden muß (17). Die meisten Kinder, die bei ihrer Mutter bleiben und angemessen stillen, verlieren weniger als 7 % ihres Geburtsgewichtes. Ein Gewichtsverlust über 7 % kann auf eine unzureichende Milchbildung oder einen unzureichenden Milchtransfer hinweisen (5; 12). Ein Verlust von 8 10 % des Geburtsgewichtes kann im Normalbereich liegen, wenn alles andere einschließlich der ärztlichen Untersuchung unauffällig ist. Jedoch besteht hier Anlaß zur sorgfältigen Beobachtung und möglicherweise zur Unterstützung des Stillens. 8) Der Kinderarzt soll benachrichtigt werden, wenn a) das Kind neben der geringen Nahrungsaufnahme andere Krankheitszeichen zeigt, b) das Mutter/Kind-Paar die klinischen Kriterien aus Tabelle 1 erfüllt, c) das Kind mehr als 7 % des Geburtsgewichtes verloren hat. Methoden des Zufütterns Wenn die Zufütterung nötig ist, kann eine der folgenden Techniken verwendet werden: Brusternährungsset, Becherfütterung, Löffelfütterung, Pipettenfütterung, Fingerfütterung oder Flaschenfütterung (8; 10; 17; 18). Es gibt nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen über die Sicherheit und Effizienz der meisten alternativen Fütterungsmethoden und ihre Auswirkung auf das Stillen. Wenn es an Sauberkeit und Kühlmöglichkeiten mangelt, ist die Becherfütterung möglicherweise die beste Lösung. (18) Die Becherfütterung hat sich als eine sehr sichere Methode erwiesen und kann bei Kindern, die wiederholt zugefüttert werden müssen, dazu beitragen die Stillbeziehung zu erhalten (8; 9). Wahl der Zufütterungsnahrung Abgepumpte oder von Hand entleerte Muttermilch ist die Nahrung der ersten Wahl beim Zufüttern (17). Es kann während der ersten Tage allerdings schwierig sein, ausreichend Kolo- 5

strum zu gewinnen. Die Mutter braucht dann Ermutigung und Anleitung. Wenn die Mengen des eigenen Kolostrums für die Bedürfnisse des Kindes nicht ausreichen, ist pasteurisierte menschliche Spenderinnenmilch gegenüber anderen Zufütterungsnahrungen zu bevorzugen. Der Arzt muß die möglichen Risiken und Vorteile anderer Zufütterungsnahrungen, wie z.b. von industriell hergestellter Anfangsmilch oder hydrolysierter Milch, gegenüber den zur Verfügung stehenden Ressourcen, Risikofaktoren, die sich aus der Familienanamnese ergeben wie Atopieanamnese, dem Alter des Kindes, den benötigten Milchmengen und den Auswirkungen auf die Stillbeziehung abwägen. Literatur: 1. Academy of Breastfeeding Medicine Protocol Committee. Clinical Protocol Number 1: Guidelines for Glucose Monitoring and Treatment of Hypoglycemia in Breastfed Neonates. ABM News and Views 1999;insert. 2. American Academy of Pediatrics. Practice parameter: management of hyperbilirubinemia in the healthy term newborn. [published erratum appears in Pediatrics 1995 Mar;95(3):458-61] [see comments]. Pediatrics 1994;Pt 1):558-65. 3. Blomquist HK, Jonsbo F, Serenius F, Persson LA. Supplementary feeding in the maternity ward shortens the duration of breast feeding. Acta Paediatrica. 1994;1122-6. 4. Committee on Drugs, The American Academy of Pediatrics. The transfer of drugs and other chemicals into human milk. Pediatrics 2001;776-89. 5. DeMarzo S, Seacat J, Neifert M. Initial Weight Loss and Return to Birth Weight Criteria for Breast-fed Infants: Challenging the 'Rule of Thumb'. American Journal of Diseases of Children 145, 402. 1991. 6. Gartner LM, Herschel M. Jaundice and Breastfeeding. Pediatric Clinics of North America 2001;389-400. 7. Hill PD, Brown LP, Harker TL. Initiation and frequency of breast expression in breastfeeding mothers of LBW and VLBW infants. Nursing Research 1995;352-5. 8. Howard CR, de Blieck EA, ten Hoopen CB, Howard FM, Lanphear BP, Lawrence RA. Physiologic stability of newborns during cup- and bottle-feeding. Pediatrics 1999;t-7. 9. Howard CR, Howard FM, Lanphear BP, Eberly S, Oakes D, Lawrence RA. Complementary Feeding Methods for Breastfed Babies. A Randomized Trial of Cup Versus Bottle and the Effect on Breastfeeding Success. Pediatric Research 49[4], 161A-161A. 2001. 6

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Übersetzung: Dr. Gabriele Kewitz, Dr. Ute Taschner Rückübersetzung: Harald Manninga 8

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