Ein Spaziergang durch die Welt der Musiktheorie oder Was alles in einer Dur-Tonleiter steckt!

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Transkript:

Ein Spaziergang durch die Welt der Musiktheorie oder Was alles in einer Dur-Tonleiter steckt! von Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de Das wichtigste beim Lernen an sich ist es nicht nur neue Informationen anzusammeln, sondern auch die Zusammenhänge zu verstehen, denn nur so wird das Neue wirklich verinnerlicht und brauchbar für die Praxis. Und als positiven Nebeneffekt spart man sich das sture Büffeln und Auswendiglernen, weil die einzelnen Informationen besser miteinander verlinkt sind. Ich vergleiche das Phänomen mit den Zusammenhängen immer so: Wissen, das kreativ eingesetzt werden kann ist wie ein Netz auf dem man sich bewegt. Und je mehr Querverbindungen existieren, je engmaschiger das Netz also ist, desto müheloser und natürlicher kann man sich darauf bewegen. Ausgangspunkt dieses Spazierganges durch die Welt der Theorie ist eine der gebräuchlichsten Strukturen unseres musikalischen Universums: die Dur-Tonleiter Zum einen ist sie uns allen sehr geläufig, denn jeder, der ein Instrument lernt, begegnet ihr sehr bald im Unterricht. Und selbst wer kein Instrument spielt, ist meist in der Lage eine einfache Dur-Tonleiter zu singen. Zum anderen kann man anhand der Dur-Tonleiter eine Menge Zusammenhänge entdecken. Unter anderem zwischen Intervallen, Modi, Skalen, Akkorden, Akkordsymbolen, Stufen, Funktionen, und einer für die Improvisation geeigneten Terminologie. Damit schafft man sich eine ganze Menge hilfreiches Werkzeug zum Improvisieren, Komponieren, Arrangieren, Begleiten, Analysieren, Musik-Verstehen... Aber genug des Vorwortes. Jetzt schreiten wir zur Tat. ---------------------------------- Wir wollen der Einfachheit halber die C-Dur Tonleiter verwenden. D.h. auf dem Notenpapier gehören dazu alle Noten auf und zwischen den Linien; einfach ohne irgendwelche Vorzeichen (# und b). Auf dem Klavier sind das alle weißen Tasten. Üblicherweise fasst man Tonleitern innerhalb einer Oktave zusammen (d.h. von einem Ton bis zum nächsthöheren gleichnamigen Ton (z.b. c1 - c2), wobei alles folgende natürlich für alle Oktavlagen gilt. Ich empfehle an dieser Stelle allen, denen die C-Dur noch nicht so geläufig ist, einfach mal ihr Instrument zur Hand zu nehmen und so lange herum zu suchen und zu herum zu singen, bis das Ganze etwas klarer wird. Außerdem ist es eine gute Idee sich eventuell Notenpapier zur Hand zu nehmen und die folgenden Beispiele mitzuschreiben, weil durchs Selbermachen sich vieles besser einprägt 1 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Als ersten Schritt werden wir nun diese Töne nummerieren. Und zwar einfach von 1 bis 7, da es bei einer normalen Dur-Tonleiter innerhalb einer Oktave ja 7 Töne gibt. Eine kleine Sonderbehandlung bekommt der 7. Ton, den wir nicht einfach nur 7 nennen, sondern M7 (für Major Seventh = große Septime). Warum das Ganze? Es dient lediglich dazu um Verwechslungen vorzubeugen und um eindeutig klar zu machen, dass dieser 7. Ton eine große Septime von Grundton entfernt ist. Warum diese Ausnahme nötig ist, wird später noch deutlicher werden. Apropos, hier kommen wir auch schon zum nächsten Punkt: Intervalle Es gibt folgende Arten von Intervallen: reine Intervalle (perfect) große oder kleine Intervalle (major or minor) verminderte Intervalle (diminished) übermäßige Intervalle (augmented) Primen, Quarten, Quinten und Oktaven Sekunden, Terzen, Sexten und Septimen wenn ein reines oder kleines Intervall um einen Halbton erniedrigt ist wenn ein reines oder großes Intervall um einen Halbton erhöht ist Wenn man nun bei unserer C-Durtonleiter immer vom Grundton C ausgeht und von dort die Stufen der Leiter abzählt, dann sieht man auch woher die Intervalle ihre lateinischen Namen haben: 1. Ton = Prime 2. Ton = Sekunde 3. Ton = Terz 4. Ton = Quarte 5. Ton = Quinte 6. Ton = Sexte 7. Ton = Septime (8. Ton = Oktave) 2 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Es ist zu beachten, dass in einer Durtonleiter die Intervalle vom Grundton aus nach oben immer entweder reine oder große Intervalle sind. Also: 1. Ton = reine Prime 2. Ton = gr. Sekunde 3. Ton = gr. Terz 4. Ton = reine Quarte 5. Ton = reine Quinte 6. Ton = gr. Sexte 7. Ton = gr. Septime (8. Ton = reine Oktave) Wenn wir schließlich noch die entsprechenden Halbtonschritte abzählen und das mit dem vorhin zu den Intervall-Arten Gesagten kombinieren, folgt daraus diese Aufzählung: Anzahl der Halbtonschritte Name des Intervalls theoretische Intervalle (die eingeklammerten Intervalle kommen so selten vor, dass wir sie jetzt nicht weiter beachten müssen) 0 Halbtonschritte Prime (verminderte Sekunde) 1 Halbtonschritt kl. Sekunde (übermäßige Prime) 2 Halbtonschritt gr. Sekunde (verminderte Terz) 3 Halbtonschritt kl. Terz (überm. Sekunde) 4 Halbtonschritt gr. Terz (verm. Quarte) 5 Halbtonschritt reine Quarte (überm. Terz) 6 Halbtonschritt übermäßige Quarte / verminderte Quinte (der sogenannte Tritonus) 7 Halbtonschritt reine Quinte (verm. Sexte) 8 Halbtonschritt kl. Sexte überm. Quinte (ziemlich gängig!) 9 Halbtonschritte gr. Sexte verm. Septime (ziemlich gängig!) 10 Halbtonschritte kl. Septime (überm. Sexte) 11 Halbtonschritte gr. Septime (verm. Oktave) 12 Halbtonschritte reine Oktave (überm. Septime) Anmerkung: die Sache mit den seltenen und eher theoretischen Intervallen habe ich kurz angerissen um zu zeigen wie logisch (fast) alles in der Musik-Theorie vor sich geht. 3 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

So, zurück zu unserer C-Dur Tonleiter, in der inzwischen jeder Ton neben dem normalen (absoluten) Notennamen (C-D-E-F-G-A-H) auch noch einen relativen (d.h. einen auf den Grundton bezogenen) Namen hat: nämlich die Zahlen (1-2-3-4-5-6-M7) Interessant ist noch zu bemerken, dass sich bis auf 2 Ausnahmen zwischen allen Stufen der Dur- Tonleiter Ganztonschritte (= 2 Halbtonschritte) befinden. Die Ausnahmen, bei denen nur ein Halbtonschritt zwischen den Stufen vorkommt, sind 3-4 und M7-8 (8 = 1 nur eine Oktave höher). Das ist also die Struktur einer jeden Durtonleiter! Ganz egal in welcher Tonart sie steht! Der Vorteil davon, wenn man die Struktur kennt und über Intervalle Bescheid weiß ist klar: All das, was mit verschiedenen Tonarten zusammen hängt, ist plötzlich kein Problem mehr oder zumindest einfach nachzuvollziehen (Transponieren, Vorzeichen...). Als zweiten Schritt machen wir folgendes: Wir markieren die 1, die 3, die 5 und die M7: Damit haben wir bereits einen Akkord gebildet und optisch hervorgehoben. Akkorde werden in Terzen gebildet. Und tatsächlich, wenn wir abzählen: 3 ist von 1 eine Terz entfernt, 5 von 3 ebenfalls und M7 von 5 auch. Voilà! Das ist ein Vierklang auf C mit Dur-Terz (gr. Terz), reiner Quinte und gr. Septime oder englisch: C major, major7 und noch kürzer: C major 7 Und Voilà! Das ist unser erstes Akkordsymbol: Cmaj7 Genau so sind Akkordsymbole entstanden, nur (leider) nicht einheitlich und so gibt es ganz einfach für ein und den selben Akkord mehrere Symbole. Es gab immer wieder Versuche der Standardisierung, die kläglich gescheitert sind und ich persönlich finde das auch gar nicht schlimm. Denn Vielfalt auf der Welt ist doch wundervoll und bei den Akkordsymbolen muss man lediglich die Zusammenhänge verstehen, dann kann man jedes Akkordsymbol egal wo und von wem auch immer geschrieben verstehen. Also, hier eine Auswahl von Akkordsymbolen, die alle so gut wie das gleiche bedeuten: Cmaj7, CMaj7, CMa7, CM7, C 7, C (C alleine kann auch nur den Dreiklang bedeuten; also1-3-5) usw. 4 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Nun kommen wir zu einem entscheidenden Schritt: Wie bereits erwähnt sind die Töne einer Tonleiter ja nicht auf einen speziellen Oktavbereich begrenzt; d.h. die entsprechenden Töne in den Oktaven darüber und darunter gehören auch zum Material der Tonleiter. Wir schreiben nun also noch mal eine Tonleiter mit sieben Tönen auf und zwar mit den gleichen Tönen von C-Dur, nur beginnen wir diesmal nicht mit C, sondern mit der zweiten Stufe von C-Dur: mit dem Ton D Als nächstes müssen wir die Töne wieder nummerieren wobei wir natürlich bei D mit 1 beginnen. Aber Achtung, hierbei ist Vorsicht geboten: Wir müssen genau beachten welche Intervalle (wie viele Halbtonschritte) zwischen den Tönen und dem neuen Grundton D sind. Also notfalls noch mal die Intervalltabelle zur Hand nehmen. Die Besonderheiten sind hier der 3. und der 7. Ton. Diese weichen von der Struktur der Dur-Tonleiter ab, denn beide sind einen Halbton tiefer, nämlich eine kl. Terz und eine kl. Septime. So etwas stellen wir dar, indem wir wie bei Noten die Vorzeichen verwenden (b für Erniedrigung und # für Erhöhung eines Tons). Also ist die Struktur dieser neuen Tonleiter, des sogenannten 2. Modus der C-Dur Tonleiter wie folgt: 1-2-b3-4-5-6-b7 Noch einmal zur Verdeutlichung die unterschiedlichen Strukturen des 1. und des 2. Modus einer Dur- Tonleiter: 1.Modus: 1 2 3 4 5 6 M7 2.Modus: 1 2 b3 4 5 6 b7 5 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Jetzt haben wir schon eine weitere Tonleiter oder Skala kennen gelernt und können genauso wie vorhin den dazugehörigen Akkord herausfinden: Also 1, b3, 5, b7 markieren und schauen, was dieser Akkord ergibt: Einen Vierklang auf D mit Moll-Terz (kl. Terz), reiner Quinte und kl. Septime oder englisch: D minor, minor 7 und noch kürzer: D min 7 Unser zweites Akkordsymbol: Dmin7 Auch hier gibt es wieder ein paar Symbole, die das gleiche bedeuten: Dmin7, Dm7, D-7 Man kann es schon ahnen... Ja, das was wir bisher von 2 Tönen der C-Dur Tonleiter ausgehend gemacht haben, kann man bei den restlichen 5 wiederholen. Und das werden wir tun, denn so bekommen wir eine Menge an unterschiedlichen Skalen, Akkorden und Akkordsymbolen, die alle miteinander zu tun haben, weil sie alle aus der selben Dur-Tonleiter stammen. Das ergibt einen großen Schatz an Material und Handwerkszeug zum Improvisieren, Begleiten, Komponieren, Arrangieren, Analysieren... Also, die Tonleiter beginnend von E: Das ergibt folgende Struktur: diesen Vierklang: und diese Akkordsymbole: Emin7, Em7, E-7 6 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Die Tonleiter beginnend von F: Struktur: Die Besonderheit liegt hier im 4. Ton, der einen Halbton höher ist als in der Struktur der Dur-Tonleiter (1.Modus). Also eine überm. Quarte vom Grundton F aus. Das wird wieder mit einem Vorzeichen dargestellt: #4 Vierklang: Akkordsymbole: Fmaj7, FMaj7, FMa7, FM7, F 7, F (F alleine kann auch nur den Dreiklang bedeuten; also1-3-5) Die Tonleiter beginnend von G: Struktur: 7 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Vierklang: Das ist eine Akkordstruktur, die wir bisher noch nicht hatten. Akkordsymbol: G7 Das einzige, wo es keine Alternativen gibt! Hier wird nun auch klar, warum wir diese genaue Darstellung von entweder M7 für gr. Septime oder b7 für kl. Septime brauchen: Bei G7 steht eine einzelne 7 für eine kleine Septime, und deshalb müssen wir z.b. bei der Struktur der Dur-Tonleiter mit 1-2-3-4-5-6-M7 durch M7 deutlich machen, dass es sich da um eine große Septime handelt. Die Tonleiter beginnend von A Struktur: Vierklang: wieder einer von den Moll-Akkorden mit kl. Septime Akkordsymbole: Amin7, Am7, A-7 8 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Und schließlich die Tonleiter beginnend von H: Struktur: Hier ist zum ersten Mal auch die 5 erniedrigt (keine reine Quinte wie bisher, sondern eine verminderte). Daraus resultiert ein ganz neuer Akkord-Typus: Vierklang: Es handelt sich um einen sogenannten verminderten Dreiklang mit kl. Septime. Da es auch einen verminderten Vierklang gibt, der aus vermindertem Dreiklang mit verm. Septime besteht (dazu später mehr), nennt man diesen Akkord hier auch halbvermindert. Akkordsymbole: Bmin7b5, Bm7b5, B-7b5, oder auch B 7, B Die Tonleiter beginnt auf H, das Akkordsymbol schreiben wir aber so: Bm7b5...??? Nein, kein Druckfehler, sondern eine Tatsache, die sich wahrscheinlich inzwischen schon herumgesprochen hat: Im deutschen Sprachraum sagen wir C-D-E-F-G-A-H Und im englischen heißt das selbe: C-D-E-F-G-A-B Ein deutsches B heißt auf englisch Bb (sprich: B flat). Da Akkordsymbole englisch sind und international gelten sollen, verwendet man die englische Schreibweise. 9 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

So, jetzt sind wir mit allen Stufen von unserer C-Dur Tonleiter durch. Glückwunsch! Als Früchte unserer Arbeit haben wir bei genauem Hinsehen sieben unterschiedliche Skalen und vier unterschiedliche Akkordtypen bekommen alles aus den gleichen sieben Tönen (C-D-E-F-G-A-H). Der 5. Akkordtypus, der noch fehlt um die fünf Haupt-Akkordarten, die es gibt, komplett zu machen, wurde bereits kurz erwähnt. Es ist der verminderte Vierklang z.b. B 7 (bzw. B dim 7). Ein Vierklang mit kl. Terz, verminderter Quinte und verminderter Septime (1-b3-b5-bb7), der aber nicht aus einer Dur- Tonleiter, sondern aus einer anderen Tonleiter stammt (B 7 z.b. aus C harmonisch Moll). Aber das und vieles mehr ist Thema von weiteren Spaziergängen durch die Welt der Musik- Theorie. So sieht es jetzt aus, unser Notenblatt, in dem eine Vielzahl an Informationen steckt und das ein anschauliches Bild gibt, wie alles miteinander zusammenhängt. Einige Informationen kommen noch dazu, um das Bild weiter zu vervollständigen und vielleicht auch auf den nächsten Spaziergang einzuladen: Die Stufen-Nummerierung mit römischen Zahlen und auch die Funktionsbezeichnungen. Das alles bezieht sich auf die Akkorde einer Tonalität und hat mit den Themen Kadenzen, Akkordprogressionen, Changes, Modulation usw. zu tun. Die Skalen-Namen der sieben Modi der Dur-Tonleiter. Genau das sind übrigens die berühmten Kirchentonarten. 10 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

11 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de

Zum Schluss noch eine sehr aufschlussreiche Betrachtung von Skalen und Akkorden, die besonders dann interessant wird, wenn es um Akkorderweiterungen (Tensions / Options) geht: Ein Akkord und seine Skala sind ein und das selbe! Wenn man nämlich einen Akkord immer weiter in (den entsprechenden) Terzen schichtet, kommt man irgendwann genauer gesagt nach 2 Oktaven wieder beim Grundton an. Und wenn man diese Töne dann wieder innerhalb einer Oktave anordnet, erhält man die Skala. Deshalb gilt: 2=9, 4=11 und 6=13 Bei Akkorderweiterungen verwendet man für gewöhnlich diese höheren Zahlen für die Akkordsymbole (z.b. G7/9/13, oder C7#9b13 oder Am9b5...) Aber wie gesagt: Das ist ein anderer Spaziergang! Noch einmal: Herzlichen Glückwunsch! Diese Theorie ist die eine Seite der Medaille. Die Praxis ist die andere! Und alle Theorie ist nichts ohne die Praxis!!! Also geht es nun darum, das Gelernte auf seinem eigenen Instrument umzusetzen. Dazu gibt es einige Übungen. Sinnvolle und weniger sinnvolle. Welche, die was bringen und andere, die langweilig sind und nur Quälerei bedeuten. Zum Glück gibt es die Möglichkeit so damit umzugehen, dass man auf eine effektive, kreative und spielerische Art und Weise die Sache zum Leben erweckt. Denn das Ziel sollte sein so zu üben, dass aus der Theorie ein praktischer, musikalischer Gebrauch wird. Es gibt nichts langweiligeres, als wenn einer immer nur Skalen rauf und runter spielt. Deshalb gilt auch hier: Ausschlaggebend ist nicht was man macht, sondern wie man es macht! Und irgendwann denkt man beim Spielen darüber nicht mehr nach, sondern man macht Musik! Eine hervorragende Gelegenheit einen Spaziergang in die Welt der Musik-Praxis zu machen, bietet ein Workshop mit Gleichgesinnten. Hier wird nach dem Prinzip learning by doing in entspannter Atmosphäre und unter kompetenter Anleitung vor allem auch mal einfach nur nach Gehör improvisiert. Hier kann man sich in Ruhe den verschiedenen weiteren musikalischen Themen widmen, wie Konsonanz und Dissonanz, Spannung und Entspannung, Entwicklung, Phrasierung, Timing..., und last but not least: "meaning"! Mehr Infos zum diesen Themen und zu Improvisations-Workshops im gesamten deutschsprachigen Raum unter: www.improvisierenlernen.de 12 2004 Steven Bolarinwa www.improvisierenlernen.de