www.handelsblatt.com DIE KÜNSTLICHE LAWINENAUSLÖSUNG ZUR SICHERUNG VON STRAßEN ÜBERBLICK UND VERTEILUNG DER ANLAGEN IN ÖSTERREICH ANJA BRUCKER MSC. SIR SALZBURGER INSTITUT FÜR RAUMORDNUNG UND WOHNEN INNSBRUCKER HOFBURGGESPRÄCHE 01.03.2016
DIE KÜNSTLICHE LAWINENAUSLÖSUNG ZUR SICHERUNG VON STRAßEN 1. EINFÜHRUNG 2. WARUM DAS THEMA WICHTIG IST 3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN ÖSTERREICH UND AKTEURE 4. ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG: LIMITATIONEN, VORTEILE UND EINSCHÄTZUNG DES ZUKÜNFTIGEN EINSATZES 5. DISKUSSION - SCHLUSSFOLGERUNGEN Stuben, Arlberg 3
1. EINFÜHRUNG: KÜNSTLICHE LAWINENAUSLÖSUNG ALS TEMPORÄRE SCHUTZMAßNAHME DEFINITION Auslösung einer Lawine mit künstlichen Mitteln zu einem festgelegten Zeitpunkt (ONR-24805 2010:8) ZIEL Stabilitätstest der Schneedecke (STOFFEL 2011) Möglichst kontrollierter Lawinenabgang Portionsweise Entladung Spontane Lawinenabgänge verhindern und Sperrzeiten gering halten www.bergrettung.at 4
2. WARUM DAS THEMA WICHTIG IST Schutz von Verkehrswegen = sehr kostenintensiv Fokus bisher: Permanente MN Lawinengalerie Felbertauern www.rieder.at Lawinenverbau St.Anton 1998 GöF Aktuell: Künstliche Lawinenauslösung gewinnt an Bedeutung für Verkehrswege, da: 1) weitreichende technische Neuerungen der Sprengsysteme und Detektionsmöglichkeiten sowie Pionierarbeit 2) es Lawinen gibt, die nicht sinnvoll permanent gesichert werden können 3) unterbrochene Verkehrswege = indirekte Schäden Lawinenwächter Lechtalstraße 4) finanzielle Mittel knapper werden (KEILER 2004) 5) geringere Investitionskosten 5
2. WARUM ICH MICH MIT DIESEM THEMA BESCHÄFTIGT HABE? Lawinenerlass Vorgaben Bund Keine/Kaum konkrete Vorgaben Wenig Forschungsarbeit oder Daten 6
3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN ÖSTERREICH (STAND ENDE 2013) Erste Anlage? ca. 100 ortsfeste Anlagen für >20 Straßenabschnitte Anwendung deutlich höher als angenommen! Keine Bahnstrecken Wie viele Anlagen gibt es in der Schweiz? 7
3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN ÖSTERREICH (STAND ENDE 2013) Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich 8
3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN TIROL (STAND ENDE 2013) ca. 11 Straßenabschnitte, 50 Anlagen 3 Projekte in Bau / fertig gestellt? 2 kombinierte Projekte Tirol gewisse Vorreiterrolle in Ö Richtlinien zur Straßensicherung Ziel: einheitliches Vorgehen und Festlegung von Mindeststandards Erstes Bundesland 9
3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN TIROL (STAND ENDE 2013) 10
3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN TIROL (STAND ENDE 2013) Anlagen in Bau oder Planung zur Sicherung von Straßen und fallweise anderen Sicherungsobjekten in Tirol. Anlagen/Lawinenname Bau od. geplante Errichtung Sicherung von Egertrinnenlawine Betrieb ab 2013/14 - L237 Kühtaistraße Ulmicherbachl-Lawine Bau 2013 - B188 Paznauntalstraße - Gemeindestraße - Siedlungsgebiet der Weiler Ulmich und Nederle Burgbach-Lawinen Bau 2014 - L16 Pitztalstraße - Gemeindestraße - 7 Wohnhäuser (Weiler Burg und Moosbruck) Plattachlehnelawine, Petznerbachlawine Winterstalllawine Astigtobellawine und Ganderwiesenlawine (bei Mautstelle St. Jakob a. Arlberg) Sehr unsicher, evtl. 2014 Erste Überlegungen, noch sehr unsicher - L240 Venter Straße - B197 Arlbergstraße - S16 Arlbergschnellstraße - Bahnlinie ÖBB - Gemeindestraße 11
3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN SALZBURG (STAND ENDE 2013) 3 Straßenabschnitte Einziger Autobahnabschnitt (A10) seit 2005 von ASFINAG 8 Sprenganlagen Anja Brucker 12
Öff. Privatstr. Öff. Straßen. 3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN SALZBURG (STAND ENDE 2013) SALZBURG - ortsfeste automatische Lawinenauslöseanlagen - bereits installiert Straße Abkürz. Gmd. Bezirk Tauernautobah n Pinzgau er Straße A10 B311 Flacha u Saalfel den St. Joh. i.p. Zell am See Benzegg (Osthang) Labeckbru nn-lawine Jahr Finanziert durch 2005 ASFINAG ASFINAG 2006 LSV LSV (Errichtung und Betrieb) Betreiber ABM Flachau Anlagenname Antragsteller Straßenmeisterei Bruck Anlagen 2 Lawine nwächt er IS 3 Gazex Felberta uernstr aße Mittersil l Zell am See Felbertaue rn 1-3 1997 Felbertaue rnstraßen- AG Felbertaue rnstraßen- AG Felbertau ernstraß en-ag 3 Lawine norgeln LSV=Landesstraßenverwaltung, IS=Inauen-Schätti, Gmd.=Gemeinde, ABM=Autobahnmeisterei 13
3. ÜBERBLICK: VERTEILUNG DER ANLAGEN IN VORARLBERG (STAND ENDE 2013) 24 Sprenganlagen Arlberggebiet Anja Brucker Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich 14
Öff. Str. Öff. Privatstr. Öffentliche Straßen VORARLBERG - ortsfeste automatische Lawinenauslöseanlagen - bereits installiert Straße Abkürz. Gmd. Bezirk Anlagenname Jahr Antragsteller Arlbergstraße* L197 Klösterle Bludenz Arlbergstraße (bei Stuben) L197 Klösterle Bludenz Sprengseilbahn Himmeleck Radar Himmeleck Sprengseilbahn Albona Ost und West Z1 Grubenjoch 1986 LSV LSV 1988 nicht bekannt Bescheid seit 2003 Finanziert durch LSV, Stubener Fremdenverkehrsg esellschaft, Gmd. Klösterle Betreiber LSV, Bauhof Rauz Skigebiet Anlagen Sprengseilbahn Radar am Bauhof Rauz 2 Sprengseilbahnen Lawinenwächter IS Z2 Taelibach 2003 Lawinenwächter IS Lechtalstraße L198 Lech Bludenz Z3 Unterer Erzberg 2003 Lawinenwächter IS Errichtung: LSV Laufender Betrieb: Z4 Ochsenboden 2003 Lawinenwächter IS LSV, Gmd. Lech (1/3 der Z5 Guggiskante 2006 Lawinenwächter IS Betriebskosten), Gmd. Lech bzw. LSV Z6 Alpenrosenhang 2006 Skigebiet Lech Skigebiet Lech Lawinenwächter IS Z7 Birkenhang 2003 Lawinenwächter IS Z8 Manzabon 2003 Lawinenwächter IS Z9 Omeshorn Süd 2003 Lawinenwächter IS Z10 Omeshorn Nord 2005 Lawinenwächter IS Radar Omeshorn 2005 Radar Arlbergstraße L197 Klösterle Bludenz Silvretta Hochalpenstr. Gaschurn Bludenz Pfannenkopf Radar Pfannenkopf Portal 1 oben Portal 2 unten Kehre 30 2009 LSV LSV 2012 Vlbg. Illwerke AG Vlbg. Illwerke AG Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich LSV, Bauhof Rauz Vlbg. Illwerke AG VORARLBERG - ortsfeste automatische Lawinenauslöseanlagen - Überlegungen für weitere mögliche Anlagen Arlbergstraße (bei Stuben) * Parkplatz Rauz bei Valfagehrbahn L197 Klösterl e Bludenz LSV=Landesstraßenverwaltung, IS=Inauen-Schätti, Gmd.=Gemeinde, ABM=Autobahnmeisterei, SPM=Sprengmast Anlage am Erzberg Richtung Stuben ca. 8 Lawinenwächter an 3 Standorten Radar 1 Wyssen SPM 1 Wyssen SPM 1 Wyssen SPM nicht bekannt nicht bekannt nicht bekannt nicht bekannt nicht bekannt 15
3. STATUS-QUO-ANALYSE - AKTEURE 17
4. BEFRAGUNG: EINSCHÄTZUNG AUS SICHT VON EXPERTEN LIMITATIONEN & VORTEILE IM VERGLEICH ZU PERMANENTEN MAßNAHMEN (2013) Limitationen z.b. Anlage defekt od. Ladungsvorrat zu Ende Unsicherheitsfaktoren/Restrisiko zb Auslauflänge Beurteilung Sprengerfolg ohne Detekt. Sekundärlawinen, post-controlled Schäden Sturzbahn wird glatter / Ablagerungen Hoher Personalstand und hohe Abhängigkeit von Personen und lokalem Fachwissen Viele Lawinenstriche hintereinander In/oberhalb Wald kein Einsatz Sperre notwendig Vorteile z.b. Geringere Investitionskosten Kürzere Errichtungsdauer Stabilitätstest + kontinuierliche Auseinandersetzung Nicht auf Bemessungsereignis dimensioniert flexiblerer Einsatz Erzberg, Lech Einzelfallbetrachtung wichtig! 18
4. BEFRAGUNG: EINSCHÄTZUNG AUS SICHT VON EXPERTEN ZUKÜNFTIGER EINSATZ VERKEHRSWEGE (2013) Einsatz für Verkehrsinfrastruktur wird positiv beurteilt Trotz einiger kritischer Aspekte zukünftig vermehrter Einsatz zu erwarten Vordergründig finanzielle Aspekte: Das Zupflastern der Anbruchgebiete wird halt nicht auf Dauer leistbar sein. Die Kernfrage wird immer der Betreiber sein Bundesländerspezifische Unterschiede in der Einschätzung des Bedarfs Einsatz von Detektionsgeräten zur Erfolgskontrolle wichtig, z.b. Radar am Gegenhang 19
5. DISKUSSION Diskussion hat in der Praxis längst begonnen Limitationen? - Wald? Wild? - Grundeigentümer/innen? Vorteile? - Investitionskosten, life-cycle-costs, indirekte Schäden? - ökolog. Auswirkungen? Ressourcenverbrauch im Vgl. zu perm. MN? - Landschaftsbild? www.fbsd.ch Restrisiko viele Quellen der Unsicherheit www.waldwissen.net Lawinenverbau St.Anton 1998 GöF 21
5. DISKUSSION - SCHLUSSFOLGERUNGEN Chance für bestimmte Streckenabschnitte - zunehmendem Kostendruck - steigenden Sicherheitserwartungen - Ansprüchen auf uneingeschränkte Mobilität gerecht zu werden. wertvolle Ergänzung, aber EINZELFALLBETRACHTUNG wichtig! Essentiell: - genaue Sicherheits- und Einsatzkonzepte - zuverlässige Kommunikationswege und gute Ausbildung der LK - Klärung rechtlicher Rahmenbedingungen = Grundvoraussetzung - Grenzen und Restrisiken der Systeme besser zu kennen - Wissenschaftliche Begleitung bei Errichtung neuer Anlagen und Auswertung der Sprengerfolge - Erfahrungsaustausch 22
5. DISKUSSION - SCHLUSSFOLGERUNGEN Forschungsbedarf: - Kostenvergleich der Sprengsysteme / life-cycle-costs Analysen - Auswertung Sprengerfolge unter Einbeziehung von Wetter- und Schneedaten - Lawinendynamik besser verstehen Detektionsanlagen 23
KÜNSTLICHE LAWINENAUSLÖSUNG ZUR SICHERUNG VON STRAßEN IN ÖSTERREICH Danke für die Aufmerksamkeit Download Masterarbeit: http://bfw.ac.at/r z/bfwcms.web?d ok=9814 24
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1. Einführung / 2. Problemstellung, Zielsetzung & Methodik / 3. Ergebnisse I: Status-Quo / 4. Ergebnisse II: Einschätzung von Experten / 5. Diskussion / 6. Zusammenfassung & Ausblick 3. ERGEBNISSE I: STATUS-QUO-ANALYSE RECHTLICHE GRUNDLAGEN Rechtliche Situation sehr komplex (KHAKZADEH 2004) Rechtliche Unsicherheiten viele Bereiche tangiert Wer ist wofür zuständig? Behördenverfahren Beurteilung Gefahrensituation Sperrung von Verkehrswegen Sprengung Haftungsfragen - Keine einheitliche Verfahren Kompetenzverteilung - Grundsätzlich BH in Praxis örtl. LK - Tirol: LKgesetz - idr BH als Straßenpolizeibehörde (StVO) VO - bei Unaufschiebbarkeit auch andere Organe ( 44b StVO) - z.t. Gemeinde - Verordnung der zuständigen Behörde (idr BH) über vorbereitende Verkehrsmaßnahmen ( 44a StVO) - Lawinensprengbefugnis erforderlich - Allgemeine Rechtsgrundlagen - Schaden zivil- oder strafrechtliche Haftungen möglich Anja Brucker Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich 26
1. Einführung / 2. Problemstellung, Zielsetzung & Methodik / 3. Ergebnisse I: Status-Quo / 4. Ergebnisse II: Einschätzung von Experten / 5. Diskussion / 6. Schlussfolgerungen 1. EINFÜHRUNG: KÜNSTLICHE LAWINENAUSLÖSUNG ALS TEMPORÄRE SCHUTZMAßNAHME RISIKOKREISLAUF Grundsatzentscheid künstl. Auslösung + Sicherheitskonzept Lawinenkommissionen - Hohe Frequenz Dokumentation z.b. NXD-Modelle Planung und Errichtung automatischer Sprenganlagen Räumung / Freigabe Straße Sprengung Ausbildung Lawinenkommission, Kommunikations-, Absperr- und Ablaufpläne, etc. Beurteilung Sprengerfolg und Gefahrensituation Entscheidung Auslösung Anja Brucker Eigener Entwurf nach Stötter & Zischg 2008 und Kienholz et al 2004 Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich 27
1. Einführung / 2. Problemstellung, Zielsetzung & Methodik / 3. Ergebnisse I: Status-Quo / 4. Ergebnisse II: Einschätzung von Experten / 5. Diskussion / 6. Zusammenfassung & Ausblick 1. EINFÜHRUNG: KÜNSTLICHE LAWINENAUSLÖSUNG ALS TEMPORÄRE SCHUTZMAßNAHME MÖGLICHKEITEN DES LAWINENSCHUTZES Lawinenschutzmaßnahmen permanent temporär aktiv passiv aktiv passiv z.b. Galerie z.b. Raumplanung Künstliche Lawinenausl. z.b. Lawinenlagebericht Anja Brucker Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich 28
1. Einführung / 2. Problemstellung, Zielsetzung & Methodik / 3. Ergebnisse I: Status-Quo / 4. Ergebnisse II: Einschätzung von Experten / 5. Diskussion / 6. Zusammenfassung & Ausblick 5. DISKUSSION Restrisiko - Unterschiedliche Beurteilung durch Experten - Viele Quellen der Unsicherheit Minimierung der Quellen der Unsicherheit Lawinenwächter Lechtalstraße Sperre Wetterstationen und Detektionsgeräte Umfassende Ausbildung Einsatzkonzept und Durchführungsroutine mit Stop-Kriterien Regelmäßige Wartung Kommunikation Akteure genaue Ablaufpläne Anja Brucker Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich 29