Alles Wachsen ist Veränderung. Einführung in die Grundlagen der Bindungstheorie Dipl.Psych.Birgit Milz Meier, Liestal Überblick Bindungstheorie Übergangsobjekt Intermediärer Raum Trennung und Übergänge Fähigkeiten und Bedürfnisse JOHN BOWLBY Bindung ist das gefühlsgetragene Band, das eine Person zu einer anderen spezifischen Person anknüpft und das sie über Raum und Zeit miteinander verbindet Bindung und Beziehung Biologisches Programm Bindung Überlebenssicherung durch Bindung an eine fürsorgende Person Attraktiv sein (Kindchen Schema) Verhaltensweisen haben, die die Nähe zur schützenden Person gewährleisten = Bindungsverhaltensweisen 1
Bindung Exploration Feinfühligkeit Die Pflegeperson muss die Signale des Kindes -wahrnehmen -richtig interpretieren -angemessen reagieren -prompt reagieren Feinfühligkeitskompetenz kann eingeschränkt sein durch Äussere Faktoren Innere Faktoren Innere Arbeitsmodelle Bilden sich aus vielen Interaktionserlebnissen Prägen die neuronale Entwicklung mit Machen das Verhalten von Bezugsperson und Kind in Bindungssituationen vorhersagbar Können durch bedeutungsvolle neue Bindungserfahrungen verändert werden 2
Sicher gebundene Kinder Unsicher-vermeidend gebundene Kinder Unsicher-ambivalent gebundene Kinder Bindungsstörungen Video-Demonstration Bindungsqualität des 14 Monate alten Säuglings in der Fremden Situation Zweimalige Trennung von der Mutter Beobachtung der Trennungs- und Begrüßungsreaktion Wechsel von Bindung und Erkundung unsicher-vermeidende Bindung kaum oder kein Trennungsprotest etwas eingeschränktes Spiel während der Trennung kein Wunsch nach Körperkontakt bei Rückkehr der Bindungsperson aktive Distanzierung von Bindungsperson unsicher-ambivalente Bindung extremer Trennungsprotest unstillbares Weinen, extreme Erregung keine Beruhigung nach Rückkehr der Bindungsperson trotz Körperkontakt Nähesuchen und Aggression gleichzeitig keine Rückkehr zum entspannten Spiel unsicher-desorganisierte Bindung widersprüchliche Verhaltensweisen von Nähesuchen und Vermeidung Verhaltensstereotypien Einfrieren der Bewegung Absencen, dissoziative Zustände 3
Bindung und psychische Entwicklung Sichere Bindung Schutz Unsichere Bindung Risiko Folgen der Bindungsentwicklung (1) Sichere Bindung Schutzfaktor bei Belastungen Mehr Bewältigungsmöglichkeiten Sich Hilfe holen Mehr gemeinschaftliches Verhalten Empathie für emotionale Situation von anderen Menschen Mehr Beziehungen Mehr Kreativität Mehr Flexibilität und Ausdauer Mehr Gedächtnisleistungen und Lernerfolge Folgen der Bindungsentwicklung (2) Un-Sichere Bindung Risikofaktor bei Belastungen weniger Bewältigungsmöglichkeiten Lösungen von Problemen eher alleine Rückzug aus gemeinschaftlichen Aktivitäten weniger Beziehungen Mehr Rigidität im Denken und Handeln Weniger prosoziale Verhaltensweisen schlechtere Gedächtnisleistungen und Lernerfolge in Zahlen Sicher gebunden ca. 50-60% Unsicher-vermeidend ca. 30-40% Unsicher-ambivalent ca. 10-20% Bindungsstörungen variiert Transgenerationale Perspektive Übereinstimmung der Bindungsrepräsentation der Eltern mit der Bindungsklassifikation der Kinder 70 % Bindungsqualität der Kinder mit hoher Zuverlässigkeit voraussagbar (Steele 1994) 4
Übergangsobjekt taktil - kinästhetische akustische olfaktorische Wirkung in Beziehung sein Intermediärer Raum (Winnicott) Erfahrungen in denen gleichermassen Innere Realität und äusseres Leben einfliessen Spiel - Raum Begegnungs - Raum Übergänge Aktivieren das Bindungssystem Rufen gemachte Beziehungs-und Trennungserfahrungen auf Werden entsprechend mehr oder weniger ängstigend erlebt Brauchen menschliche Begleitung Jugendalter Bindung als Entwicklungsthema Erwachsenenalter Beziehungsfähigkeit Identität, enge emotionale Beziehungen 6-10 Jahre körperliche, Leistungs -und soziale Kompetenz 3-6 Jahre Impulskontrolle Beziehung zu Peers 1-3 Jahre Exploration/ Autonomie 6-12 Monate Bindung 0-6 Monate Grundlegende Regulierung 5
Sicherer emotionaler Hafen? Begleitung im Übergang braucht altersentsprechende Feinfühligkeitskompetenz = emotionale und gedankliche Präsenz im hier und jetzt Wahrnehmung des Gegenübers sachliche Distanz Intermediärer Raum Alles Wachsen ist Veränderung Wir lassen einen Zustand, eine Welt,hinter uns und begegnen der Angst vor dem Ungewohnten.Eine Welt, in der Farben nicht mehr zueinander passen, heilige Worte erschüttern und Brüche zu Visionen werden,nimmt uns auf. Wir haben einen Bereich verlassen, aber den neuen noch nicht erreicht. Wir haben eine Sicherheit aufgegeben, aber noch keine neue bezogen. Über der staunenden Menge lässt der Trapezkünstler die Schaukel los und, wenn sein Zeitempfinden gestimmt hat, schnappt dann die andere Schaukel. Das ist der Flug ins Wachstum. Das ist der Wechsel, in dem wir unsere Nacktheit bis hin zum Schmerz empfinden. Aber es gibt kein Wachstum, ohne zu springen, ohne Brücken hinter sich zu lassen und dann grossäugig und fröstelnd an einem neuen Ufer zu stehen. Und doch, ohne Wachstum ist nichts. 6