Die Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen. Workshop: Gesetzliches Angehörigenvertretungsrecht quo vadis? - Impulsvortrag -

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Transkript:

Workshop: Gesetzliches Angehörigenvertretungsrecht quo vadis? - Impulsvortrag -

I. Rechtliche Ausgangssituation Vertretungsnotwendigkeit bei krankheits- bzw. altersbedingten Defiziten der Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit. Bislang zwei Säulen zur Kompensation des Vertretungsbedarfs: Vorsorgevollmacht bei privatautonomer Entscheidung Betreuung als staatliche Rechtsfürsorge Ist eine dritte Vertretungssäule denkbar? 2 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

Einzelne Rechtsnormen oder -figuren berechtigen bereits Dritte auf der Grundlage von Hypothesen oder Vermutungen zum Handeln für Andere: 1357 BGB 73 Abs. 2 Nr. 2 i.v.m. Abs. 6 S. 3 SGG 38 Abs. 2 SGB II Mutmaßliche Einwilligung Schaffung einer gesetzlichen Vertretungsmacht in der Annahme eines bestehenden Nähe- bzw. Schutzverhältnisses ist grds. nicht systemfremd. 3 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

II. Diskussion der gesetzlichen Angehörigenvertretung Erste vertiefte Beiträge hierzu etwa seit 2000/01 BR-Initiative zur Einführung gesetzlicher Angehörigenvertretung Keine Berücksichtigung im 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz v. 21.04.2005, Gründe für die Abstandnahme: 4 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

Politischer Widerstand im Bundestag Missbrauchsgefahr Hauptaugenmerk auf System der pauschalierten Betreuervergütung Danach verschiedene wissenschaftliche Abhandlungen. In Deutschland wurde Debatte inhaltlich und politisch aus hiesiger Sicht nicht zu Ende geführt. In Nachbarländern (Österreich, Schweiz) gibt es inzwischen Regelungsmodelle. 5 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

III. Wiedereintritt in die Überlegungen? Wiederbeleben der Diskussion wird inzwischen wieder für erwägenswert gehalten. Motive: Sparzwänge wegen der ungebrochenen Ausweitung des Betreuungswesens und seiner Kosten??? Beitrag zur Umsetzung der gesetzlichen Grundentscheidung Verantwortungsübernahme aus der Mitte der Zivilgesellschaft ( 1897 BGB, Betreuungsrecht im Familienrecht verankert) 6 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

Anerkennung und Aufwertung zur Verantwortungsübernahme bereitstehender naher Angehöriger ( Vertrauensvorschuss als Regelfall statt Generalmissbrauchsverdacht ) Schaffung eines ausgewogenen Verhältnis zwischen staatlicher Erwartungshaltung gegenüber Angehörigen (häusliche Pflege, Unterhaltspflicht) einerseits und staatlicher Reglementierung ihrer Aufgabenwahrnehmung andererseits Betreuungsverfahren als Belastung für Betroffene und Angehörige 7 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

Fazit: Neuer politischer Anlauf erfordert Bestimmung des Schutzbedürfnisses der Betroffenen und der Stellung der Angehörigen im System, Beachtung des bürokratischen Aufwandes einer möglichen Systemveränderung und ihrer Wirkungen auf den Rechtsverkehr. Bei Normierung einer gesetzlichen Angehörigenvertretung sind somit die Bedingungen entscheidend, unter denen dieser dritte Weg der Vertretung gegeben sein soll. 8 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

IV. Maßgebliche Parameter einer gesetzlichen Regelung zur Angehörigenvertretung 1. Vertretungsmacht generell oder nur bei Defiziten 2. Personenkreis der Vertretungsberechtigten 3. Lebenssachverhalte/Aufgabenbereiche der Vertretung 4. Zeitliche Reichweite 9 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

5. Berücksichtigung des Willens der Betroffenen 6. Verhältnis zur Vorsorgevollmacht 7. Missbrauchsvorkehrungen 8. Sicherheitsgarantien für den Rechtsverkehr 10 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 11 Dr. Axel Schröder, Justizministerium, 18.11.2014