Evaluation der Modelle zur Hausarztzentrierten Versorgung auf Basis von 73 b SGB V in fünf Bundesländern (VdAK und KVen)

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Transkript:

1 Evaluation der Modelle zur Hausarztzentrierten Versorgung auf Basis von 73 b SGB V in fünf Bundesländern (VdAK und KVen) Projektdarstellung - Stand: 23.05.2007 Hintergrund Mit Einführung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) zum 1.1.2004 wurde die Möglichkeit zum Aufbau sogenannter hausarztzentrierter Versorgungsmodelle ins Leben gerufen ( 73 b SGB V), deren Bedeutung durch das im Februar 2007 verabschiedete GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz bestätigt wurde. Nunmehr sollen alle Krankenkassen ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (Hausarztzentrierte Versorgung ) anbieten. Die Umsetzung der Hausarztzentrierten Versorgung ist bisher sehr unterschiedlich, sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch hinsichtlich der Reichweite der Verträge. So existieren derzeit Verträge auf Bundes- und Landesebene sowie solche für spezifische Arztgruppen. Laut Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit haben sich bisher rund 4,6 Millionen Versicherte in ein Hausarztmodell ihrer Krankenkasse eingeschrieben (Stand Januar 2007). Obwohl eine Evaluation der Hausarztzentrierten Versorgung gesetzlich nicht vorgesehen ist, besteht ein grundsätzliches Interesse, Auswirkungen der Vertragsumsetzung in medizinischer und finanzieller Hinsicht bewerten zu können. Deshalb wurde das AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH in Göttingen vom VdAK unter Mitwirkung der an der Evaluation beteiligten Ersatzkassen beauftragt, ein Konzept hierzu vorzuschlagen und umzusetzen. Ebenfalls in die Konzeption und Umsetzung der Evaluation eingebunden sind die Kassenärztlichen Vereinigungen der jeweiligen Regionen. Tabelle 1 stellt die an der Evaluation beteiligten Regionen und Projektbeteiligten dar.

2 Tabelle 1: An der Evaluation beteiligte Regionen Region Vertragsbeginn Operativer Start An der Evaluation beteiligte Ersatzkassen In die Evaluation eingebundene KVen Hessen 04/2005 06/2005 DAK, TK, KKH, HMK, HEK KV Hessen Niedersachsen 07/2005 10/2005 DAK, HMK KV Niedersachsen Nordrhein 07/2005 07/2005 DAK, TK, KKH, HMK, HEK KV Nordrhein Nord- Württemberg 12/2004 04/2005 DAK, TK, HMK, HEK KV Baden-Württemberg Westfalen-Lippe 07/2005 08/2005 DAK, HMK KV Westfalen-Lippe Evaluationskonzept Die Evaluation der Modelle zur Hausarztzentrierten Versorgung in den beschriebenen fünf Regionen wird in Form einer prospektiven, kontrollierten Kohortenstudie durchgeführt. Prospektiv bedeutet, dass die Parameter, an denen der Erfolg der Modelle gemessen werden soll, zu Beginn des Projektes klar definiert wurden. Der Aufbau einer Vergleichsgruppe ist notwendig, um die Entwicklung in den Modellen zur Hausarztzentrierten Versorgung von allgemeinen Trends abzugrenzen. Die Bildung von Kohorten schließlich ist erforderlich, um die unterschiedlichen Einschreibezeitpunkte der Versicherten in die HZV zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat die Evaluation die Aufgabe, ein Controlling für grundlegende Projektmerkmale in den Regionen aufzubauen. Als Datenbasis stehen in erster Linie GKV- Routinedaten zur Verfügung. Dies hat den Vorteil, dass keine weiteren Dokumentationsoder Befragungserfordernisse an die beteiligten Praxen und Patienten gestellt werden, schränkt den Untersuchungsgegenstand aber auf die Fragestellungen ein, die mit Routinedaten beantwortet werden können. Weitere Erhebungen (z.b. Versichertenbefragungen zur Lebensqualität, Einbeziehung klinischer Daten aus den beteiligten Praxen sind prinzipiell denkbar und wünschenswert, aber (zu) aufwändig und deshalb vorläufig nicht Gegenstand dieses Projektes. Hinzu kommen projektspezifische Dokumentationen zu den Teilnehmerzahlen und zur Umsetzung bestimmter Vertragsbestandteile. Alle Arzt- und Patientendaten werden von den Datenlieferanten anonymisiert, so dass eine Identifizierung einzelner Ärzte oder Patienten ausgeschlossen ist.

3 Der Vorteil der Einbeziehung mehrerer Regionen liegt unter anderem auch darin, dass nicht nur globale Aussagen zu den medizinischen und wirtschaftlichen Effekten möglich sind, sondern auch die Wirkungsweise spezifischer Vertragselemente (wie z.b. Zweitmeinungsverfahren), die in den Regionen unterschiedlich gestaltet sind, analysiert werden kann. Abbildung 1 zeigt die im Rahmen der Evaluation relevanten Betrachtungsebenen. Arztspezifische Analysen sind dagegen nicht notwendig, um die Fragestellungen der Evaluation zu beantworten und gehören daher ausdrücklich nicht zu den Aufgaben der Evaluation. Abbildung 1: Betrachtungsebenen der Evaluation Westfalen - Lippe Hessen Nieder - sachsen Welche Ergebnisse zeigen sich insgesamt? Welche Ergebnisse zeigen sich in den einzelnen Regionen (analog: Kassen)? Nord-Würt - temberg Nordrhein Subgruppenanalysen: wie haben sich spezifische Vertragselemente (z.b. Zweitmeinungsverfahren, Facharztzugang) ausgewirkt? Entwicklung der Erfolgsindikatoren für die Hausarztzentrierte Versorgung In den regionalen Verträgen sind Ziele festgelegt, die mit der Einführung der Modelle zur Hausarztzentrierten Versorgung verbunden werden, diese sind aber zumeist nicht so konkret formuliert, dass sich hieraus direkt Kenngrößen für die Erfolgsbeurteilung ableiten lassen. Deshalb wurde im Rahmen der Evaluation aus allen Projektbeteiligten eine Expertengruppe gebildet, die auf Basis der vorhandenen Verträge Indikatoren zur Erfolgsmessung abgestimmt hat, die sich möglichst auf alle Regionen anwenden lassen. Nützlich waren dabei vorliegende Erfahrungen aus Projekten mit Qualitätszirkeln zur Pharmakotherapie und Arztnetzen, in denen AQUA und die Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg schon seit mehreren Jahren mit Indikatoren auf Basis von GKV-Routinedaten arbeitet. Im Einzelnen erfolgten hierzu folgende Entwicklungsschritte (vgl. Abbildung 2):

4 Abbildung 2: Entwicklung der Indikatoren zur Evaluation Juni 2006: Vorschlagsliste für mögliche Indikatoren zur Bewertung der Hausarztzentrierten Versorgungsmodelle (AQUA-Institut) Juli 2006: 1. Workshop der Projektgruppe aus kassenärztlichen Vereinigungen, Ersatzkassen, VdAK und Evaluationsinstitut zur Bewertung und Weiterentwicklung der Vorschlagsliste. August-September 2006: Schriftliches Rating der Indikatoren durch die am Projekt beteiligten kassenärztlichen Vereinigungen, Ersatzkassen und VdAK. Oktober 2006: 2. Workshop zur Bewertung der Indikatoren. Entscheidung über Arbeitsfassung für die erste Auswertung. Unterscheidung von primären und sekundären Erfolgsindikatoren. November 2006 März 2007 Datenlieferungen und erste Auswertungen. März 2007 3. Workshop der Projektgruppe zur Analyse der ersten Probeauswertungen. Adaption der Indikatoren, dort, wo es z.b. aus technischen Gründen notwendig war. November 2007 4. Workshop zur Analyse der Jahre 2004-2006. Auf dieser Datenbasis sind voraussichtlich erste Aussagen hinsichtlich der Ergebnisse möglich

5 Die entwickelten Indikatoren umfassen insgesamt sechs Themenbereiche: I Beteiligung an den HZV-Modellen II Beschreibung der Kohorten III Umsetzung der Vertragsbestandteile IV Indikatoren für den Bereich Koordinierung der Versorgung V Indikatoren für den Bereich Leitlinienkonforme Therapie VI Indikatoren für den Bereich Kostenentwicklung/ Wirtschaftlichkeit Von den insgesamt 57 Indikatoren dieser sechs Kapitel hat die Projektgruppe die folgenden zehn Indikatoren als primäre Erfolgsindikatoren zur Beurteilung der Hausarztzentrierten Versorgung ausgewählt: 1. Zahl der verschiedenen konsultierten Hausärzte je Versicherten 2. Zahl der verschiedenen konsultierten Fachärzte je Versicherten 3. Anteil der Facharztkonsultationen mit Überweisung 4. Anteil der stationären Aufnahmen für Eingriffe aus dem AOP-Katalog an allen stationären Aufnahmen 5. Anteil der stationären Einweisungen mit Zweitmeinungsverfahren (nur in bestimmten Regionen anwendbar) 6. Anteil der Versicherten mit Gesundheitsuntersuchungen 7. Gesamtkosten (Krankenhaus, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Krankengeld) je Versicherten 8. AU-Tage je Versicherten 9. Arzneimittelkosten je Versicherten 10. Verordnungsanteil von Generika am Gesamtmarkt An den ausgewählten Indikatoren ist zu erkennen, dass sich die meisten Indikatoren auf den Bereich Koordinierung der Versorgung beziehen (Indikatoren 1 bis 6). Der zweite große Bereich, den die Liste der primären Indikatoren beinhaltet, ist der Bereich Kostenentwicklung/Wirtschaftlichkeit. Die wesentliche Begründung dafür, neben dem Anteil der HZV-Teilnehmer mit Gesundheitsuntersuchungen keine weiteren klinischen Indikatoren aufzunehmen, war, dass diese möglicherweise zu spezifisch sind. Obwohl sich die gefundenen klinischen Indikatoren aus den allgemein formulierten Vertragszielen ableiten lassen, bleibt doch festzuhalten, dass in der Regel keine spezifischen Interventionsmaßnahmen unmittelbar aus dem Vertrag erfolgen.

6 Daher sollen diese Indikatoren zwar auch analysiert und beobachtet werden, werden aber nicht zur Beurteilung des Projekterfolges herangezogen. Nach der erstmaligen Darstellung der Indikatoren für den Basiszeitraum 2005 ist eine anschließende jährliche Aktualisierung der Berichte bis einschließlich 2008 geplant. Zum Projektende werden zusätzliche inferenzstatistische Analysen durchgeführt, die eine tiefergehende Diskussion ermöglichen. Kurzdarstellung der zehn primären Erfolgsindikatoren im Einzelnen Zahl der verschiedenen konsultierten Hausärzte je Versicherten (Primär #1) Dieser Indikator beschreibt die durchschnittliche Zahl der verschiedenen konsultierten Hausärzte, zu denen ein Versicherter im Bezugszeitraum mindestens einen Arztkontakt hatte. Es werden alle Hausärzte, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum Hausarztmodell, in die Analyse einbezogen. Der Indikator gibt einen Hinweis darauf, wie stark die Bindung der Versicherten an ihren Hausarzt ist. Wenn sich die HZV-Versicherten vertragskonform im Sinne der Einschreibebedingungen verhalten, müsste der Wert für ihre Gruppe niedriger liegen als derjenige der Vergleichsgruppe. Zahl der verschiedenen konsultierten Fachärzte je Versicherten (Primär #2) Als Fachärzte werden in diesem Zusammenhang Ärzte verstanden, die nicht der Facharztgruppe Allgemeinmedizin (Hausarzt) im Sinne der Berechtigung zur Teilnahme an der HZV angehören. Der Indikator stellt die durchschnittliche Zahl der verschiedenen Fachärzte dar, die pro Versichertem im Betrachtungszeitraum konsultiert werden (mit oder ohne Überweisung). Fachgruppen, für die eine direkte Inanspruchnahme vorgesehen ist (z.b. Augenärzte), werden bei der Erstellung des Indikators nicht berücksichtigt. Je besser die Versorgung durch den Hausarzt koordiniert wird, desto gezielter erfolgt die Inanspruchnahme von Fachärzten. Die Zahl der verschiedenen in Anspruch genommenen Fachärzte sollte daher bei HZV-Versicherten geringer sein als in der Vergleichsgruppe.

7 Die direkte Inanspruchnahme von Fachärzten ist in den Verträgen regional unterschiedlich geregelt: - Nord-Württemberg: Augen- u. Frauenärzte. - Alle anderen Regionen: Augen-, Frauen- und Kinderärzte, psycholog. Psychotherapeuten u. psycho-therapeutische Ärzte. Anteil der Facharztkonsultationen mit Überweisung (Primär #3) Als Fachärzte werden in diesem Zusammenhang Ärzte verstanden, die nicht der Facharztgruppe Allgemeinmedizin (Hausarzt) im Sinne der Berechtigung zur Teilnahme an der HZV angehören. Der Indikator stellt den Anteil der Facharztkonsultationen mit Überweisung an allen Facharztkonsultationen dar. Fachgruppen, für die eine direkte Inanspruchnahme möglich ist (z.b. Augenärzte, siehe Definition bei Indikator Primär #2), werden bei der Erstellung des Indikators in Bezug auf die betreffende Region nicht berücksichtigt. Im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung ist zu erwarten, dass Konsultationen anderer Facharztgruppen (als die der Allgemeinmediziner/Hausärzte) im Regelfall nur mit Überweisungen erfolgen. Der Anteil von Facharztkonsultationen mit Überweisung sollte daher bei HZV-Versicherten höher liegen als in der Vergleichsgruppe. Anteil der stationären Aufnahmen für Eingriffe aus dem AOP-Katalog an allen stationären Aufnahmen (Primär #4) Der Indikator zeigt den Anteil der stationären Aufnahmen für Eingriffe nach 115 b Abs. 1 SGB V (AOP-Katalog, ohne Leistungen der Kategorie 2) an allen stationären Aufnahmen. Möglichst sollten alle Leistungen, die ambulant erbracht werden können, auch tatsächlich ambulant erbracht werden (Grundsatz: ambulant vor stationär). Im Hinblick auf eine verbesserte Koordinierung und Steuerung ist im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung ein geringerer Anteil an stationären Aufnahmen aus dem AOP-Katalog zu erwarten als in der Vergleichsgruppe (Bezugsebene sind alle stationären Aufnahmen). In die Analysen werden auch Selbsteinweisungen und Einweisungen durch andere Ärzte einbezogen.

8 Anteil der stationären Einweisungen mit Zweitmeinungsverfahren (Primär #5, nur in bestimmten Regionen anwendbar) Der Indikator gibt den Anteil der stationären Aufnahmen mit Zweitmeinungsverfahren an allen stationären Aufnahmen an. Er gibt einen Einblick in die Umsetzung des Zweitmeinungsverfahrens. Dieses ist in Nord-Württemberg und in Niedersachsen Vertragsbestandteil der Hausarztzentrierten Versorgung. Anteil der Versicherten mit Gesundheitsuntersuchungen (Primär #6) Der Indikator beschreibt, bei wie viel Prozent der Versicherten, die über 35 Jahre alt sind, eine Gesundheitsuntersuchung (GU) durchgeführt wurde. Die GU ist ab dem 2. Quartal 2005 über die EBM-Ziffer 01732 (1732) detektierbar. Vorher lautete die EBM-Ziffer 160 und optional inkl. Krebsfrüherkennung 161 und 162. Nach 25 SGB V haben Versicherte, die das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben, jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten. Die durchzuführenden ärztlichen Maßnahmen sollen sich insbesondere auf die Früherkennung von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie des Diabetes mellitus erstrecken. Die Untersuchungen sollen zur Früherkennung der betreffenden Krankheiten die jeweils relevanten Risikofaktoren einbeziehen. Die ärztlichen Maßnahmen sollen mögliche Gefahren für die Gesundheit der Anspruchsberechtigten dadurch abwenden, dass Verdachtsfälle eingehend diagnostiziert, erkannte Krankheiten rechtzeitig einer Behandlung zugeführt und Änderungen gesundheitsschädigender Verhaltensweisen frühzeitig bewirkt werden. Die Versicherten haben jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung. Eine erneute Gesundheitsuntersuchung ist daher jeweils erst nach Ablauf des auf die vorangegangene Gesundheitsuntersuchung folgenden Kalenderjahres möglich. Insofern ist für den Indikator im Projektverlauf eher ein Wert bei 50% anzunehmen. Gesamtkosten (Krankenhaus, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Krankengeld) je Versicherten (Primär #7) Der Indikator benennt die direkt bezifferbaren, leistungsbezogenen Ausgaben (Krankenhaus, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Krankengeld), die durchschnittlich pro Versichertem entstehen. Damit ist er ein wesentlicher Indikator für die Wirtschaftlichkeit.

9 Insgesamt sollte die Kostenentwicklung für HZV-Versicherte durch die verbesserte Koordinierung der Versorgung günstiger sein als für die Vergleichsgruppe. AU-Tage je Versicherten (Primär #8) Bei diesem Indikator wird untersucht, wie hoch im Durchschnitt die Zahl der Tage ist, die ein Versicherter krankgeschrieben ist (AU-Tage, Tage mit Arbeitsunfähigkeit). Wenn sich die HZV-Versicherten vertragskonform im Sinne der Einschreibebedingungen verhalten, wäre zu erhoffen, dass der Wert ihrer Gruppe niedriger liegt als derjenige der Vergleichsgruppe, da eine unnötige, vermehrte Krankschreibung, die durch ein Doctor- Hopping verursacht wird, vermieden werden sollte. Arzneimittelkosten je Versicherten (Primär #9) Der Indikator zeigt die durchschnittlichen Kosten für Arzneimittel je Versicherten. Hier wird ein Teilaspekt des Indikators Primär #7 (Gesamtkosten) näher untersucht, was dem Aspekt Rechnung trägt, dass die Kosten für Arzneimittel einen beträchtlichen Anteil der gesamten Leistungsausgaben verursachen. Verordnungsanteil von Generika am Gesamtmarkt (Primär #10) Der Indikator beschreibt den Verordnungsanteil von Generika am Gesamtmarkt. Letzterer umfasst neben den Generika und den Erstanbieterpräparaten mit generikafähigen Wirkstoffen auch Arzneimittel mit nicht-generikafähigen Wirkstoffen. Bei einem Generikum handelt es sich um ein so genanntes Zweitanbieterprodukt, das erst dann auf den Markt kommt, wenn der Patentschutz für das Erstanbieterpräparat abgelaufen ist. Der Indikator zeigt im Wesentlichen Wirtschaftlichkeitsreserven auf, die durch die Verordnung von Generika erschlossen werden können.

10 Eine Ursache für Verordnung von Erstanbieterpräparaten trotz bestehender preisgünstiger generischer Alternativen können Compliance-Probleme sein, denen unter Umständen durch gezielte Information des Patienten begegnet werden kann. Innerhalb des generikafähigen Segmentes können möglicherweise weitere Einsparungen durch einen Preisvergleich der in Frage kommenden Präparate erzielt werden. Es reicht also nicht aus, nur die Generikaquote zu erfüllen. Vielmehr müssen zur Erschließung von wesentlichen Wirtschaftlichkeitsreserven insbesondere preisgünstige Generika ausgewählt werden. Ausblick Die Entwicklung der dargestellten Indikatoren zur Evaluation hausarztzentrierten Versorgung bildet einen Meilenstein im Rahmen des gesamten Projektes. Trotz der Beschränkung auf GKV-Routinedaten ist es den teilnehmenden Ersatzkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen gelungen, einen Konsens über aussagefähige Meßgrößen herzustellen. Parallel hierzu wurden im bisherigen Projektverlauf die Datenlieferungen zur Berechnung dieser Indikatoren organisiert und ein Verfahren zur Berücksichtigung der Morbidität bei der Bildung der Matched-Pairs entwickelt. Die ersten, vorläufigen Berichte wurden bereits im Rahmen der internern Projektgruppe diskutiert. Erste Aussagen können allerdings frühestens nach Analyse der Daten des Jahres 2006 durchgeführt werden. Diese sind für November 2007 geplant. Weitere Informationen und Auskünfte: Björn Broge AQUA Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung Im Gesundheitswesen GmbH Weender Landstr. 11, 37073 Göttingen

11 Literatur: Szecsenyi J: Einführung Qualitätsindikatoren. In Szecsenyi J et al. Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze. AQUA-Institut 2002. Download 15.5.2007: http://www.aquainstitut.de/leistung.html Schneider A, Broge B, Szecsenyi J. Müssen wir messen, um (noch) besser werden zu können? Die Bedeutung von Qualitätsindikatoren in strukturierten Behandlungsprogrammen und Qualitätsmanagement. Z Allg Med 2003. 79: 547-552 Wensing M, Broge B, Kaufmann-Kolle P, Andres E, Szecsenyi J. Quality circles to improve prescribing patterns in primary medical care: what is their actual impact? J Eval Clin Pract 2004; 10: 457 466 Schneider A, Dinant GJ, Szecsenyi J. Zur Notwendigkeit einer abgestuften Diagnostik in der Allgemeinmedizin als Konsequenz des Bayes schen Theorems. Z. ärztl. Fortbild. Qual.sich 2006; 100: 121-127 Rosemann T, Wensing M, Rueter G, Szecsenyi J. Referrals from general practice to consultants in Germany: If the GP is the initiator, patients' experiences are more positive. BMC Health Serv Res. 2006; 6: 5 Stock J, Szecsenyi J (Hrsg.): Stichwort: Qualitätsindikatoren. Erste Erfahrungen in der Praxis. KomPart Verlagsgesellschaft Bonn/Bad Homburg 2007 Perera R, Dowell T, Crampton P, Kearns R: Panning for gold: An evidence based tool for assessment of performance indicators in primary health care. Health Policy 2007; 80: 314-327