Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte Koordinierungsstelle DGB-Bundesvorstand Berlin, Abt. Internationales, Referat Migrationspolitik

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Transkript:

Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte Koordinierungsstelle DGB-Bundesvorstand Berlin, 11.04.03 Abt. Internationales, Referat Migrationspolitik int-rc Bewertung der Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft zur Verwirklichung des Art. 13 EG-Vertrag und deren Umsetzung in nationales Recht Verabschiedet auf der Sitzung des Netzes am 22. Mai 2001, aktualisiert durch eine Arbeitsgruppe des Netzes im April 2003 Grundsätzliche Bemerkungen Art. 13 EG-Vertrag ermächtigt den Rat der EU geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung zu bekämpfen. Diesem Auftrag kam der Rat im Jahr 2000 durch Verabschiedung folgender Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen nach: 1. Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, vom 29. Juni 2000 2. Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, vom 27. November 2000 und 3. ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen (2001 2006). Das Netzwerk gegen Rassismus, für gleiche Rechte hat bereits im März 2000 in einer Stellungnahme zu den Richtlinienvorschlägen der Kommission die Schaffung europaweit geltender Rechtsgrundlagen als Mindeststandards zur Bekämpfung von Diskriminierungen begrüßt. Das Netz gegen Rassismus ist der Auffassung, dass die vom Rat beschlossenen Richtlinien wichtige Fortschritte gegenüber den bisherigen rechtlichen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Diskriminierung darstellen. Der Begriff Rasse wird jedoch insbesondere in einem Antidiskriminierungsgesetz grundsätzlich abgelehnt. Dieser Begriff ist wegen seiner im deutschen Sprachraum üblichen Verwendung als biologische Kategorie Teil des Problems. Ohne Anführungsstriche oder den Zusatz sogenannte stellt er die Übernahme einer rassistischen Position dar. Die oft zitierte Verwendung des Begriffs im Grundgesetz spricht für eine Abschaffung an dieser Stelle, nicht jedoch für eine Übernahme in andere Texte. Die Richtlinien bedürfen einer umfassenden Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland, mit dem Ziel, die Möglichkeiten für den Schutz vor individueller und struktureller Diskriminierung zu verbessern. Dazu ist eine Unterstützung der beschwerten Personen durch Organisationen und Verbände notwendig. Dazu ist auch notwendig, vermeintlich neutrale Vorschriften und Verfahrensweisen, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung entgegen stehen, zu verändern. Letztlich ist die Verände-

rung von Verhaltensweisen sowie formellen und informellen Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen eine wichtige Voraussetzung für ein gesellschaftliches Klima, in dem Menschen unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Nationalität oder sexueller Identität, des Geschlechts, ihres Alters oder einer Behinderung gleichberechtigt sind. Hierzu sind vielfältige niederschwellige Unterstützungs- und Beratungsangebote in den unterschiedlichen Bereichen einzurichten, wie z.b. Büros für Nichtdiskriminierung, Beauftragte für Gleichbehandlung sowie bestehende Strukturen zu nutzen. Es kommt darauf an, diese miteinander zu vernetzen und die Aufgabe der Gleichbehandlung als Querschnittsaufgabe in allen Bereichen (Betriebe, Dienstleister, Behörden, Verwaltungen usw.) zu verankern. Notwendig ist auch eine öffentliche Begleitung der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht, bei der sowohl die Bevölkerung für diskriminierendes Verhalten sensibilisiert als auch eine positive Orientierung im Hinblick auf Werte, wie Gleichbehandlung und Chancengleichheit vermittelt wird. Insbesondere sind auch die in der EU-Richtlinie benannten Zielgruppen hinsichtlich der Umsetzungspflicht der Bundesrepublik für einen zukünftig weitreichenden rechtlichen Schutz vor Diskriminierung umfassend zu informieren. Im Gegensatz zum Vorgehen beim Konsultationsverfahren des BMJ zum zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetz sollten zudem Vertreter und Vertreterinnen von Minderheiten aktiv in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen werden. Das künftige Antidiskriminierungsgesetz sollte eine eindeutige Formulierung gerechtfertigter Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit enthalten und diese auf Ausnahmen beschränken, die im Einklang mit dem Grundgesetz stehen. Das Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte ist der Auffassung, dass mittelfristig auch Diskriminierungen wegen der Staatsangehörigkeit verboten werden sollten. Nach Auffassung des Netzes müssen rechtliche Regelungen zur Verbesserung des Schutzes vor Diskriminierungen als Teil einer an Gleichbehandlung, Integration und Partizipation ausgerichteten Politik der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten gestaltet werden. Daher begrüßt das Netz, dass die Umsetzung der Richtlinien durch ein Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Diskriminierungen unterstützt wird. Ausdrücklich soll an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass entsprechend des Aktionsplanes gegen Rassismus auch andere Programme der Gemeinschaft wie z.b. EQUAL, für die Durchsetzung einer gemeinsamen Strategie zur Förderung der Gleichbehandlung genutzt werden. Teil dieser gemeinsamen Strategie müssen auch politische und strukturelle Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit sein, u.a. in den Bereichen schulische und außerschulische Bildung, Unterstützung von Selbstorganisationen sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der sozialen Sicherung. Eine Umsetzung der Richtlinien kann nicht allein durch die Programme der Europäischen Gemeinschaft geleistet werden. Notwendig ist auch eine Verankerung einer umfassenden Strategie zur Förderung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in den Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten sind zur Umsetzung innerhalb der ihnen durch die Richtlinien gesetzten Fristen verpflichtet. Abgesehen von der Ausnahmeregel bezüglich der Ungleichbehandlung wegen Behinderung oder Alter müssen beide Richtlinien spätestens 3 Jahre nach ihrer Verabschiedung umgesetzt worden sein, d. h. bis 19. Juli (Art. 16 RL 2000/43/EG) bzw. 2. Dezember 2003 (Art. 18 RL 2000/78/EG). Das Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte fordert daher die Bundesregierung und die im Bundestag vertretenen Parteien auf, umgehend tätig zu werden und fristgerecht ein umfassendes Antidiskriminierungs- und Gleichbehandlungsgesetz zu verabschieden. 2

Sachlicher Geltungsbereich: Der sachliche Geltungsbereich des Gesetzes muss wegen der in allen Lebensbereichen existierenden Ungleichbehandlungen aufgeführt werden. Er darf aber nicht abschließend formuliert sein. Rechtsschutz und Klagemöglichkeiten Das Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte begrüßt die Möglichkeit, dass Verbänden und Organisationen das Recht zur Einreichung einer Klage eingeräumt wird. Es hält ein einfaches Akkreditierungsverfahren, ähnlich dem im Umweltrecht für ausreichend. Eine Akkreditierung sollte von einem Landesministerium (z.b. Arbeit und Soziales) ausgesprochen werden. Das Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte ist zwar der Auffassung, dass zur Geltendmachung individueller Ansprüche eine Einwilligung der beschwerten Person erforderlich ist, dennoch sollte wie in einigen EU-Ländern möglich bei Klagen gegen eine generelle diskriminierende Handhabung gesetzlicher oder (kollektiv-)vertraglicher Bestimmungen die Möglichkeit zur Klage gegen die Bestimmung eingeräumt werden, ohne dass eine Beschwerde einzelner Betroffener vorliegt. Das Netz begrüßt, dass Ansprüche von Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verletzt fühlen, gerichtlich geltend gemacht werden können. Hierbei sollten die Unterlassung einer Diskriminierung sowie der Schadenersatz im Vordergrund stehen. Schadensersatz in Geld muss nach Wahl des Betroffenen neben der Naturalrestitution stehen, da die Naturalrestitution, wenn sie zu einem Kontrahierungszwang führt, in Diskriminierungsfällen zu unzumutbaren Ergebnissen führen kann. Regelmäßig dürfte ein in der Höhe abschreckend wirkender Schadensersatz in Geld der Situation angemessener sein. Berücksichtigt werden müssen bei der Bemessung des Schadenersatzes auch die Folgeschäden (z.b. höhere Fahrtkosten zur Arbeitsstelle, weil jemand eine Wohnung nicht bekommen hat). Weiter muss ein expliziter, spürbarer Schmerzensgeldanspruch vorgesehen werden, da durch Diskriminierung häufig gerade kein ausgleichspflichtiger finanzieller Schaden entsteht, sondern psychische Belastungen. Zumindest in Fällen schwerer Diskriminierung soll der Anspruch nicht den im deutschen Rechtssystem üblichen, engen Voraussetzungen zum Nachweis einer psychischen Verletzung unterliegen: Wie bei einer schweren Körperverletzung sagt auch bei einer schweren Diskriminierung die Lebenserfahrung, dass das Opfer Schmerzen erleidet. Es sollte den Opfern daher nicht zugemutet werden, mit Hilfe von Gutachtern darzulegen, wie intensiv sie sich durch die Diskriminierung getroffen fühlen und ob sie in gerichtsverwertbarer Weise darunter leiden. Beweislast Das Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte unterstützt ausdrücklich das Ziel, die Beweislast für die von Diskriminierung betroffenen Personen zu erleichtern. Die Richtlinie sieht vor, dass dann, wenn Tatsachen glaubhaft gemacht werden, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Eine derartige Beweiserleichterung ist unabdingbar erforderlich, da im Bereich der mittelbaren Diskriminierung, z.b. beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen, beschwerte Personen kaum eine Möglichkeit besitzen, juristisch verwertbare Beweise vorzulegen. 3

Zur Glaubhaftmachung soll es nach Auffassung des Netz gegen Rassismus genügen, wenn plausible Indizien (einschließlich statistischer Daten) für eine Diskriminierung vorgetragen werden. Antragsteller- und Zeugenschutz Das Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte ist der Auffassung, dass neben dem Schutz von Personen, die sich über Ungleichbehandlungen beschweren oder Verfahren zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einleiten oder eingeleitet haben, auch Zeugen vor Viktimisierung geschützt werden müssen. Einrichtung von Stellen, die mit der Förderung der Gleichbehandlung befasst sind Das Netz gegen Rassismus nimmt zur Kenntnis, dass - gegenüber dem Vorschlag der Kommission die Stelle/n auf der Bundesebene auch Teil einer Einrichtung sein können und nicht mehr unabhängig sein müssen. Eine Ansiedlung der Aufgaben der Stelle/n bei einer staatlichen Einrichtung oder Ministerium wird nach wie vor aus folgenden Gründen abgelehnt: a) Diskriminierungen kommen nicht nur im Bereich der zivilrechtlichen Vertragsverhältnisse, sondern auch bei Behörden und staatlichen Stellen vor. Nur eine unabhängige Stelle kann auch unabhängige Untersuchungen zum Thema erstellen, denn sie kann sich nicht selbst zum Gegenstand der Untersuchung machen. b) Viele von Diskriminierung betroffene Personen brauchen zur Unterstützung Stellen, denen sie umfassend vertrauen. Dies ist bei staatlichen Stellen häufig nicht gegeben. c) Beim Vorgehen gegen Diskriminierungen durch Behörden kommt eine staatliche Einrichtung in Interessenkonflikte. Das Netz gegen Rassismus empfiehlt daher die Einrichtung einer unabhängigen Stelle auf der nationalen Ebene, die mit folgenden Kompetenzen ausgestattet werden und neben den in der Richtlinie beschriebenen insbesondere folgende Aufgaben erfüllen muss: 1. Die nationale/n Stelle/n sind mit einem eigenen Etat und eigenem Stab auszustatten. 2. Die Stellen haben die Aufgabe, Empfehlungen zu allen Aspekten vorzulegen. Daher sollte/n die Stelle/n ein Anhörungsrecht in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages bekommen und bei der Gesetzgebungsarbeit der Regierung einbezogen werden. Sie arbeitet zusammen mit dem Bundestagspräsidenten und dem Petitionsausschuss. 3. Die Stellen sollen nicht nur Diskriminierungen aus Gründen der ethnischen Herkunft aufgreifen sondern auch Diskriminierungen aus Gründen der Religion, der Weltanschauung usw., denn bei vielen Ungleichbehandlungen ist nicht eindeutig zu unterscheiden, worauf sie beruhen. Wir sind der Auffassung, dass entsprechend der Position des Rates der EU ein horizontaler Ansatz gewählt werden sollte. 4. Zur Unterstützung von beschwerten Personen und deren Vertretungen durch Verbände ist ein Rechtsberatungsfond zur Klärung grundlegender Rechtsfragen einzurichten, der z.b. gutachterliche Tätigkeiten oder Musterprozesse finanzieren kann, wenn keine Prozesskostenhilfe oder sonstiger Rechtsschutz vorliegt. Aus diesen Gründen ist eine Ansiedlung bei einer staatlichen Stelle, gleich ob bei der Bundesausländerbeauftragten, beim Beauftragten für Aussiedlerfragen oder auch beim Bundesverwaltungsamt nicht akzeptabel. Möglicherweise könnte eine Regelung ähnlich wie beim Menschenrechtsinstitut gewählt werden. 4

Antidiskriminierungsbüros Eine wichtige Funktion bei der Beseitigung von Diskriminierungen haben bisher schon die wenigen vorhandenen Antidiskriminierungsbüros. Sie nehmen Beschwerden auf, gehen ihnen nach und beraten auch zivile und staatliche Stellen bei Maßnahmen zur Gleichbehandlung. Das Netz gegen Rassismus, für gleiche Rechte ist der Auffassung, dass auf der Landesebene, aber auch in den Kommunen, von Nichtregierungsorganisationen getragene Antidiskriminierungsbüros errichtet und ausgebaut werden müssen. Die Finanzierung ist sicher zu stellen. Gleichbehandlungsbeauftragte Bereits in der Stellungnahme zu den Richtlinienvorschlägen hat das Netz deutlich gemacht, dass zur Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in allen gesellschaftlichen Bereichen Beauftragte (können auch Stellen sein) für Gleichbehandlung einzurichten sind. Diese sind insbesondere in Betrieben, Behörden, Bildungseinrichtungen (Schulen) und bei Dienstleistungsanbietern einzurichten. Die Beauftragten handeln im Sinne der Vorbeugung vor Diskriminierung aber auch als Beschwerdestellen. Notwendig ist eine Zusammenarbeit mit den Antidiskriminierungsbüros und eine Zusammenarbeit mit Selbstorganisationen und den NGO s. Die Beauftragten haben die Aufgabe, Beschwerden von Personen, die von Diskriminierung betroffen sind anzunehmen, ihnen nachzugehen und Diskriminierungen abstellen. Auf der kommunalen Ebene erscheint es sinnvoll auch Einrichtungen zu schaffen, die Beschwerden gegenüber Anbietern von Dienstleistungen (Wohnungsbesitzern usw.) annehmen und unterstützen. Zu ihren Aufgaben gehören u.a. : - Bearbeitung und Dokumentation von Beschwerden - Unterstützung der Opfer - Empfehlungen für Präventionsmaßnahmen und Begleitung bei der Durchführung - Empfehlungen bei der Veränderung von Verfahrensweisen und Begleitung bei der Umsetzung - Öffentlichkeitsarbeit - Zusammenarbeit mit bestehenden Beratungsstellen. Zur Unterstützung der Arbeit auf der kommunalen Ebene ist die Einrichtung einer Beschwerde-Hotline sinnvoll. Die Kompetenzen und Aufgaben der Beauftragten sollten gesetzlich fixiert werden. Dazu gehört auch die Verantwortlichkeit für die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Rechtsangleichung Im Zuge der Schaffung eines Antidiskriminierungs- und Gleichbehandlungsgesetzes ist auch eine Angleichung der Bestimmungen der unterschiedlichen Rechtsinstrumente und ein Verfahren zu Normenbereinigung notwendig. D.h. es ist ein Rahmengesetzgebungsverfahren notwendig, in dem alle Bestimmungen in Gesetzen, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen aufgehoben werden. Das Netz fordert daher, den Art. 14 der Richtlinie 2000/43 umfassend zu erfüllen. 5