Antibiotikagabe bei Harnwegsinfektionen - Ratgeber zur Antibiotikatherapie

Ähnliche Dokumente
Universitätsklinikum Jena Zentrale Notfallaufnahme

Universitätsklinikum Jena Zentrale Notfallaufnahme

Materialauswertung Harnwege

Allgemeinmedizin kurz & bündig

Fachinformation Harnwegsinfektionen Regionale Erreger- und Resistenzstatistik 2016 für Urine

1 Infektion der Atemwege

Enterobacteriaceae E. coli. unter besonderer Berücksichtigung multiresistenter Isolate

Harnwegsinfekte nach Nierentransplantation Symposium 25 Jahre Transplantationszentrum Stuttgart

Regionale Resistenzsituation am Beispiel der Kreisklinik Mühldorf

Diagnostik und Therapie des Harnwegsinfektes

Harnwegsinfektionen von der Hausarztpraxis bis zur Intensivstation. Professor Christian Ruef Institut für Infektiologie und Spitalhygiene

Harnwegsinfektionen. Luigia Elzi und Felix Burkhalter Infektiologie & Nephrologie

«Schmerzhaftes Wasserlassen» Vom Symptom zur Diagnose. Dr. med. Christine Gutmann Oberärztin FB Infektiologie/Spitalhygiene

Empfehlungen zur Antibiotikaverschreibung bei häufigen ambulant erworbenen Infektionen. Kriterien für die Antibiotikaverschreibung

Lokales Resistenzprofil bakterieller Erreger unkomplizierter Harnwegsinfektionen. LORE Kiel. Dr. Anette Friedrichs UKSH Kiel

Umgang mit multiresistenten Erregern (MRE) aus der Sicht des Mikrobiologischen Labor. Dr. med. Arno Köster

ESBL heißt jetzt MRGN Neues über multiresistente gramnegative Erreger. Prof. Dr. C. Wendt

Rationale Antibiotikatherapie in der ambulanten Versorgung. Dr. Mathias Flume Geschäftsbereichsleiter Versorgungsqualität

Dr. med. Stefan Schmitt MVZ Dr. Klein Dr. Schmitt & Kollegen, Kaiserslautern AGIL e.v. Grünstadt

Aktuelle Therapie des Harnwegsinfektes bei der Frau. Prof. Dr.med. Eva-Maria Grischke Univ. Frauenklink Tübingen

Multiresistente Erreger. Welche sollen es denn diesmal sein? Stäbchen? Kokken? Spiralen?

Hygiene in der Arztpraxis

49. Fortbildungsveranstaltung für Hals-Nasen- Ohrenärzte

BMJ2017;359:j4784. Journal Club Veronika Bättig

Infekte bei ADPKD. ADPKD Patientenveranstaltung Donnerstag, 22. März 2018, 18:00 Uhr

50. Fortbildungsveranstaltung für Hals-Nasen- Ohrenärzte

Problemkeime in der niedergelassenen Praxis

Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten

Antibiotikatherapie im Kassenärztlichen Notdienst. Dr. Bettina Tiemer Laborärztliche Gemeinschaftspraxis www. mrsaplus.

Begriffsverwirrung ESBL KPC VRE MDR NDM XDR PDR

ESBL. Konsequenzen für die stationäre Pflege

Alles Cipro? Unkomplizierte Harnwegsinfektionen werden heute anders behandelt

Vorstellung des MRE Netzwerkes Vogtlandkreis

LINKS zum Thema Multiresistente Erreger (MRE), Stand

Aktuelle Therapie des Harnwegsinfektes bei der Frau wie hilfreich sind Leitlinien? Prof. Dr.med. Eva-Maria Grischke Univ. Frauenklink Tübingen

Antibiotikaverbrauch in der Arztpraxis in Hessen

Klebsiella pneumoniae

Aktuelle Resistenzsituation in Klinik und Praxis

Mikrobiologische Surveillance oder nicht, das ist hier die Frage,. Heinz Burgmann

Antibiotikaverbrauch in der Arztpraxis in Hessen

Harnwegsinfektionen Mikrobiologische Diagnostik

Trends und Resistenzeckdaten 2010

ESBL ESBL. Dies bedeutet eine Resistenz gegenüber Antibiotika! Übersicht. Übersicht. Was genau? Besiedlung / Infektion. Ursachen. Infektion.

Neue Wege zur Reduktion der Antibiotikaverordnung bei Atemwegsinfektionen.

MRSA, ESBL und mehr ProblemKeime (und Niere) J.Mattes 5.Mai 2012 Rosenheim

Kurzfassung (K) Vorbemerkung Die Kurzfassung beinhaltet die wichtigsten Grundlagen und alle konsentierten Empfehlungen. Die genaue Beschreibung der Me

Harnwegsinfektion und Antibiotikaresistenz. Fall 1. Ein Fall aus der Praxis. Dr. C. Käch und Dr. A. Cusini

Unkomplizierte Harnwegsinfektionen Update 2018

Krankenhaushygiene und Infektionsschutz: Gefahren erkennen: Neue Erreger auf dem Vormarsch

ESBL. Konsequenzen für die ambulante Pflege

Kompetenzfeld Harnwegsinfekte PD Dr. S. Wille

Antibiotika-Empfindlichkeit von HWI-Erregern

ANTIBIOTIKATHERAPIE BEI IMPLANTATERHALTUNGSVERSUCH

Antibiotikaresistenz - update

Multiresistente Erreger und Antibiotikaresistenzen

Zielgerichtete Therapie der Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhoe von Anfang an

Empirische antibiotische Therapie bei schwerer Sepsis

Religion. Die 10 Gebote der Infektiologie Antibiotika in der Praxis

Die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes. -Was hat sich geändert?-

Umgang mit MRSA in der Arztpraxis

Wiederkehrende Harnwegsinfekte -vermeidbar oder Schicksal? Dr. Livio Mordasini Klinik für Urologie Universitätsspital Bern

kindlichen Blase? { Harnwegsinfektionen im Kindesalter Infektttag C. Kahlert - Infektiologie KSSG/OKS 1

EINSENDERINFORMATION ANTIBIOTIKA-DOSIERUNGEN NACH EUCAST. Karlsruhe, im März Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

ESBL und VRE berühmt und berüchtigt. Carola Schönborn Fachkrankenschwester für f r Hygiene, Charité

Mirkobiologische Diagnostik und Befundung bei MRGN Dr. med. Martin Chwoika

Multiresistenzen bei gramnegativen Bakterien

Epidemiologie. Weissbuch: Breitspektrumcephalosporine Fluorochinolone

Definition der Multiresistenz

Empfehlungen der KRINKO zum Umgang mit ESBL MRGN. Prof. Dr. C. Wendt

Urogenitale Infekte und Antibiotische Resistenzen: Wie vermeiden wird den Wirkungsverlust unserer Wunderwaffen?

Antibiotika und gute Veterinärpraxis

Therapie von Harnwegsinfektionen. Dr. med. Anna-Sophie Villiger Oberärztin Frauenklinik

Rationale Antibiotikatherapie

- HYSA - Netzwerk Hygiene in Sachsen-Anhalt

Multiresistente Gram-negative Bakterien (MRGN) Problemkeime des 21. Jahrhunderts

Antibiotikatherapie bei Wundinfektionen in der ambulanten Medizin - Probeentnahme/Abstrichtechnik

Referat Aufgabe der Arbeit ist, durch die retrospektive Analyse von 1544 Patienten, die von 1988 bis 1992 und 1996 wegen Urolithiasis in der

Bedeutung, Behandlung, Prophylaxe

Bedeutung von Kreuzresistenz und Mehrfachresistenz bei bakteriellen Erregern für die Initialtherapie Michael Kresken. 21./22. März 2016, Königswinter

Multiresistente Keime in medizinischen Institutionen ausserhalb Akutspital

Therapie von Infektionen beim alten Menschen

Harnwegskatheter Was gilt es zu beachten?

Update Harnwegsdiagnostik

Multiresistente Erreger, insbesondere ESBL. J. Steinmann Institut für Medizinische Mikrobiologie

Antibiotikamanagement und Hygiene im ambulanten Bereich. Resistenzentwicklung (1) Resistenzentwicklung (2)

Blasenentzündung? Wirksam vorbeugen und unterstützend behandeln JETZT NEU

Gramnegative multiresistente Erreger eine unterschätzte Gefahr

Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen bakteriellen Erregern

Überblick über die Resistenzlage (insbesondere gramnegative Erreger)

MRE-Netz Rhein-Main Prof. Dr. Ursel Heudorf Marlene Scherer

Auftaktveranstaltung. zur Gründung regionaler Netzwerke Multiresistente Erreger im Freistaat Sachsen. 2. September 2010 Wiebke Sydow

EINSENDERINFORMATION ANTIBIOTIKA-DOSIERUNGEN NACH EUCAST. Karlsruhe, im August Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

Antibiotikaresistenz bei gramnegativen Bakterien

Hygienetag der KVB: 13. Mai 2017 Resistente Erreger: MRSA & Konsorten. Dr. Lutz Bader KVB-Fachreferent für Hygiene und Infektionsprävention

Maßnahmen für Niedergelassene Ärzte: Umgang mit MRSA-Patienten in der Arztpraxis

Zunehmende Gefahren durch resistente Bakterien in Deutschland: 7 Schritte zur Vermeidung unnötiger Antibiotikatherapie

Transkript:

Antibiotikagabe bei Harnwegsinfektionen - Ratgeber zur Antibiotikatherapie (Dr. med. Jutta Esser, Dr. phil. Martina Scharlach) Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Infektionen des Menschen. Frauen im jungen und mittleren Lebensalter erkranken um ein vielfaches häufiger als Männer. Mit zunehmendem Lebensalter sind Männer und Frauen allerdings gleich häufig betroffen. Der häufigste Infektionserreger von Harnwegsinfektionen ist Escherichia (E.) coli (rund 60 Prozent aller an ARMIN übermittelten Erreger aus Harnwegsmaterialien). Mikrobiologische Diagnostik Am häufigsten wird ein semiquantitativer Bakteriennachweis aus Mittelstrahlurin (am besten Morgenurin) genutzt. Dafür sollte die Patientenvorbereitung beachtet werden (siehe Leistungsverzeichnis des mikrobiologischen Labors). Eine Erregerzahl? 105 KBE/ml gilt bei negativem Hemmstofftest als pathologisch bei deutlichen klinischen Symptomen gilt das bereits bei Erregerzahlen von 103 bis 104 KBE/ml. Der Einsatz von Teststreifen (Nitrit, Leukozyten) ist bei eindeutiger Symptomatik unnötig, kann jedoch bei unklarer Symptomatik ergänzende Hinweise liefern. Hier sind die Bedingungen für falsch negative und falsch positive Testergebnisse zu beachten. Abnahmefehler (zum Beispiel Kontamination bei Uringewinnung) oder falsche Lagerung (zu lange, zu warm) können falsch erhöhte Erregerzahlen bewirken. Mehr als zwei Erregerarten in signifikanter Erregerzahl sind Hinweis auf Abnahme- beziehungsweise Lagerungsfehler. Indikationen für mikrobiologische Untersuchungen Komplizierte Harnwegsinfektionen Generell bei Männern und bei Kindern unter 12 Jahren Bei funktionellen oder anatomischen Anomalien Bei relevanten Nierenfunktionsstörungen und/oder Begleiterkrankungen, die eine Harnwegsinfektion begünstigen Rezidivierende Harnwegsinfektionen (das heißt? zwei Rezidive/Halbjahr beziehungsweise? drei Rezidive/Jahr) Pyelonephritis Nichtansprechen auf Therapie Schwangerschaft Z. n. urologischen Eingriffen (zum Beispiel Zystoskopie) Harnwegsinfektionen im höheren Lebensalter Kontrolle des Therapieerfolgs (außer bei unkomplizierter Zystitis)

Hinweise zur Antibiotikatherapie Bei der Auswahl des Antibiotikums ist auch das Alter zu berücksichtigen der Anteil resistenter E. coli-isolate steigt mit zunehmendem Lebensalter kontinuierlich an. Fluorchinolone und Cephalosporine müssen Reserveantibiotika bleiben: Sie sind kein Mittel der ersten Wahl bei einer unkomplizierten Zystitis. Beide Substanzen erhöhen das Risiko für Clostridium difficile-infektionen und die Selektion multiresistenter Erreger. Harnwegsinfektionen bei sonst gesunden Frauen Unkomplizierte Zystitis bei sonst gesunden Frauen Klinik: Dysurie, Pollakisurie, suprapubischer Schmerz, eventuell Hämaturie, sichtbare Trübung des Urins, kein Fieber Resistenzsituation von E. coli (ARMIN 2014: niedergelassener Bereich, Harnwegsmaterialien, Frauen < 50 Jahre; intermediärer und resistenter Anteil zusammengefasst): 44 Prozent gegen Ampicillin und Amoxicillin 31 Prozent gegen Aminopenicillin/Betalaktamaseinhibitor (zum Beispiel Sultamicillin) 21 Prozent gegen Cotrimoxazol und Trimethoprim "Für die unkomplizierte Zystitis liegen wenige valide Resistenzdaten vor, da in der Regel keine mikrobiologische Diagnostik durchgeführt wird. Eine Studie der Medizinischen Hochschule Hannover ermittelte für Trimethoprim geringere Resistenzraten (17,5 Prozent) bei Frauen mit der Diagnose 'unkomplizierte Harnwegsinfektion'." (Schmiemann et al. 2012) 7 Prozent gegen Fluorchinolone 4 Prozent gegen Cefpodoximproxetil 3 Prozent gegen Nitrofurantoin 2 Prozent gegen Fosfomycin Laut DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin) stellt auch die symptomatische und vor allem schmerzlindernde Therapie eine vertretbare Alternative zur sofortigen antibiotischen Behandlung dar. Unkomplizierte akute Pyelonephritis bei sonst gesunden Frauen Klinik: Flankenschmerz, Fieber Bei schweren Infektionen (das heißt mit systemischen Begleiterscheinungen wie Fieber, Übelkeit, Erbrechen und/oder Kreislaufinstabilität) sollte eine stationäre Einweisung erfolgen (Gefahr der Urosepsis), bei mildem bis moderatem Verlauf ist eine orale Antibiotikatherapie möglich.

Es sollte immer eine Ursachenforschung erfolgen. Resistenzsituation von E. coli siehe "Unkomplizierte Zystitis bei sonst gesunden Frauen" nach Antibiogramm umstellen Für die kalkulierte Antibiotikatherapie sollten nur Substanzen gewählt werden, die noch zu 90 Prozent wirken. Rezidivierende Harnwegsinfektionen Definition und Klinik: "Zweitinfektion" bei Infektion innerhalb von 14 Tagen, "Neuinfektion" bei Infektion nach mehr als 14 Tagen; "Honeymoon-Zystitis" bei Infektionen in zeitlichem Zusammenhang zum Geschlechtsverkehr;? zwei Rezidive/Halbjahr beziehungsweise? drei Rezidive/Jahr Gegebenenfalls gynäkologische Konsultation veranlassen (Descensus uteri mit Restharnbildung begünstigt Infektionen) Resistenzsituation von E. coli siehe "Unkomplizierte Zystitis bei sonst gesunden Frauen" nach Antibiogramm umstellen. Harnwegsinfektionen bei sonst gesunden Schwangeren Bei symptomatischem Harnwegsinfekt immer Erregernachweis einschließlich Antibiogramm durchführen. Gegebenenfalls Screening auf Bakteriurie mittels Urinkultur vorzugsweise im ersten Trimenon: Bei zweimaligem Nachweis von? 105 KBE/ml derselben Spezies im korrekt entnommenen Mittelstrahlurin ohne klinische Zeichen einer Harnwegsinfektion liegt eine in dieser Situation therapiebedürftige asymptomatische Bakteriurie vor. Eine asymptomatische Bakteriurie in der Schwangerschaft ist eine Indikation für eine Antibiotikatherapie; die Therapie sollte erst nach Vorliegen des Antibiogramms resistenzgerecht eingeleitet werden. Pyelonephritis einhergehend mit Flankenschmerz und Fieber tritt meist im letzten Trimenon auf; Antibiotikatherapie sollte i. v. begonnen (Cefuroxim beziehungsweise Cefotaxim) und Krankenhauseinweisung erwogen werden. Nach Therapieende Erregereradikation mittels Kultur überprüfen. Resistenzsituation von E. coli siehe "Unkomplizierte Zystitis bei sonst gesunden

Frauen" Harnwegsinfektionen bei Männern Akute Zystitis bei Männern Klinik: Dysurie, Pollakisurie Bei Männern handelt es sich oft um eine komplizierte Harnwegsinfektion (DD Prostatitis, Geschlechtskrankheit) Gegebenenfalls entsprechenden Facharzt hinzuziehen nach Antibiogramm umstellen Resistenzsituation von E. coli (ARMIN 2014: niedergelassener Bereich, Harnwegsmaterialien, Männer; intermediärer und resistenter Anteil zusammengefasst): 58 Prozent gegen Ampicillin und Amoxicillin 43 Prozent gegen Aminopenicillin/Betalaktamaseinhibitor (zum Beispiel Sultamicillin) 29 Prozent gegen Cotrimoxazol und Trimethoprim 25 Prozent gegen Fluorchinolone 9 Prozent gegen Cefpodoximproxetil Akute Pyelonephritis bei Männern Bei schweren Infektionen (das heißt mit systemischen Begleiterscheinungen wie Fieber, Übelkeit, Erbrechen und/oder Kreislaufinstabilität) sollte eine stationäre Einweisung erfolgen (Gefahr der Urosepsis) Bei mildem bis moderatem Verlauf orale Antibiotikatherapie möglich Es sollte immer eine Ursachenforschung erfolgen. nach Antibiogramm umstellen. Resistenzsituation von E. coli siehe "Akute Zystitis bei Männern" Asymptomatische Bakteriurie Definition: Nachweis von? 105 KBE/ml im korrekt entnommenen Mittelstrahlurin einmalig (Männer) beziehungsweise wiederholt (Frauen) ohne klinische Zeichen einer Harnwegsinfektion Eine asymptomatische Bakteriurie ist keine Indikation für eine Antibiotikatherapie. Ausnahmen:

Schwangere (siehe oben) Patienten in besonderen Situationen (zum Beispiel Nierentransplantation, Chemotherapie et cetera) Patienten vor Schleimhaut verletzenden Eingriffen (zum Beispiel Zystoskopie) Harnwegsinfektionen bei Trägern von Urinkathetern Klinik: Nach CDC-Richtlinien müssen folgende Kriterien für HW-Infektion bei Trägern von Urinkathetern (ohne andere erkennbare Ursache) vorliegen: 1. Mindestens eines der folgenden Anzeichen ohne andere erkennbare Ursache: Fieber (> 38 C), suprapubisches Spannungsgefühl, Schmerzen oder Spannungsgefühl im costovertebralen Winkel und eine Urinkultur? 105 Kolonien/ml Urin mit nicht mehr als zwei Spezies von Mikroorganismen. 2. Mindestens eines der folgenden Anzeichen ohne andere erkennbare Ursache: Fieber (> 38 C), suprapubisches Spannungsgefühl, Schmerzen oder Spannungsgefühl im costovertebralen Winkel und Urinkultur mit? 103 und < 105 Kolonien/ml Urin mit nicht mehr als zwei Spezies von Mikroorganismen und Urinuntersuchung zeigt mindestens einen der folgenden Befunde: Harnteststreifen für Leukozytenesterase und/oder Nitrit positiv Pyurie (? zehn Leukozyten/ml) Keine Probenahme aus Urinbeutel Möglichst Probenahme aus neu gelegtem Urinkatheter Screening auf Bakteriurie ist bei Trägern von Harnwegskathetern nicht indiziert Eine asymptomatische Bakteriurie erfordert keine antibiotische Therapie Nachweis von Bakterien und Leukozyten im Urin ohne klinische Symptomatik ist nicht ausreichend für die Diagnose Harnwegsinfekt bei Trägern von Harnwegskathetern nach Antibiogramm umstellen Harnwegsinfektionen mit MRGN oder ESBL-bildenden Bakterien (MRGN = Multiresistente gramnegative Stäbchen, ESBL = Extended-Spectrum Beta- Lactamase) Klinische Symptome einer typischen Harnwegsinfektion ESBL-Bildung betrifft ausschließlich gramnegative Bakterien, meist E. coli und K. pneumoniae Erstnachweis von MRGN beziehungsweise ESBL-Bildnern am häufigsten bei Harnwegsinfekten Patienten in der Regel auch enteral besiedelt Resistenzsituation E. coli-3mrgn (ARMIN 2014: niedergelassener Bereich, Harnwegsmaterialien; intermediärer und resistenter Anteil zusammengefasst):

Nachweise von E. coli-3mrgn-stämmen aus Harnwegen in den letzten Jahren ansteigend 2 Prozent aller E. coli-isolate bei Frauen < 50 Jahre 5 Prozent aller E. coli-isolate bei Frauen? 50 Jahre 8 Prozent aller E. coli-isolate bei Männern Hygienemanagement: Information und Schulung des Personals Aufklärung des Patienten (vor allem hygienische Händedesinfektion nach Toilettengang) Dokumentation und Information (auch an weiterbehandelnde Ärzte oder bei Krankenhauseinweisung) Sanierung von Trägern multiresistenter gramnegativer Erreger derzeit nicht möglich Kontrollabstriche für Patienten in häuslicher Umgebung nicht notwendig Im Pflegeheim keine Isolierung, gute Basishygiene ausreichend Informationsschriften zur Hygiene in der stationären und ambulanten Pflege hält das NLGA bereit unter www.pflegehygiene.nlga.niedersachsen.de Bei Nachweis von MRGN beziehungsweise ESBL-bildenden Erregern sind Betalaktamantibiotika wie Penicilline und Cephalosporine unwirksam (Ausnahme: Carbapeneme, die nur zur parenteralen Therapie zur Verfügung stehen empfohlene Antibiotika siehe Tabelle 8). Da unter den gramnegativen Infektionserregern neben der Bildung von ESBL ein zunehmendes Auftreten von klinisch und epidemiologisch bedeutsamen Mehrfachresistenzen zu beobachten ist, hat sich die KRINKO entschlossen, für die Erarbeitung von Empfehlungen von Maßnahmen zur Prävention eine eigene Definition der Multiresistenz bei gramnegativen Stäbchen zu verwenden. Die Klassifizierung der KRINKO orientiert sich nicht an genetischen sondern an rein phänotypischen Aspekten und legt die klinische Relevanz der Resistenz zu Grunde. Dementsprechend werden die Bezeichnungen 3MRGN und 4MRGN (MRGN = Multiresistente gramnegative Stäbchen) verwendet. Weitere Informationen: www.rki.de > Infektionsschutz > Infektions- und Krankenhaushygiene. Autorinnen: Literatur: Dr. med. Jutta Esser, Laborarztpraxis Osnabrück Dr. med. J. Enzenauer und Kollegen Dr. phil. Martina Scharlach (ARMIN-Daten und Redaktion), Niedersächsisches Landesgesundheitsamt Hooton TM et al.: Diagnosis, prevention, and treatment of catheter-associated urinary

tract infection in adults: 2009 International Clinical Practice Guidelines from the Infectious Diseases Society of America. Clin Infect Dis 2010;50(5):625-63 Kassenärztliche Bundesvereinigung: Wirkstoff Aktuell. Rationale Antibiotikatherapie bei Harnwegsinfektionen. Ausgabe 2/2012, Stand 14.03.2012 (Ergänzung vom 13.08.2014 zu Nitrofurantoin) Nicolle LE et al.: Infectious Diseases Society of America Guidelines for the Diagnosis and Treatment of Asymptomatic Bacteriuria in Adults. Clin Infect Dis 2005;40(5):643-654 Robert Koch-Institut: Definition nosokomialer Infektionen (CDC-Definitionen). 7. Auflage, Berlin 2011 S-3 Leitlinie AWMF-Register-Nr. 043/044: Harnwegsinfektionen. Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Deutsche Gesellschaft für Urologie (federführend). 06/2010 S-3 Leitlinie AWMF-Register-Nr. 053/001: Brennen beim Wasserlassen. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 05/2009 Schmiemann G et al.: Resistance profiles of urinary tract infections in general practice an observational study. BMC Urol 2012;12:33 Die Veröffentlichung ist Teil einer Ratgeber-Reihe zur oralen Antibiotikatherapie der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) und des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA). Der vollständige Ratgeber kann gegen eine Schutzgebühr von 10 Euro über die Internetseite des NLGA (www.nlga.niedersachsen.de) bestellt werden.