Verband Österreichischer Schweinebauern 1200 Wien, Dresdnerstr. 89/19 Tel.: 01/334 17 21-31, Fax: 01/334 17 13 e-mail: office@schweine.at, Homepage: http://www.schweine.at, DVR: 0956015; ZVR: 414658906 Factsheet Ferkelschutzkorb -Diskussion Der Anfang März von Gesundheitsminister ausgeschickte Entwurf zur Änderung der ersten Tierhalteverordnung stellt für die heimischen sauenhaltenden Betriebe eine Bedrohung ihrer Existenz dar. Die betroffenen Betriebe müssten innerhalb kurzer Zeit die Abferkelställe umbauen und die Ferkelschutzkörbe entfernen und das inmitten im Umstellungsprozess zur Gruppenhaltung. Folgende Argumente und wissenschaftlichen Untersuchungen untermauern die Bedenken von Seiten der Landwirtschaft: 1. Ferkelschutzkörbe in den Abferkelbuchten dienen dazu Ferkel vor dem Erdrücken der Muttersau zu schützen. Laut Prof. Hoy von der Universität Gießen kommt es durch ein Verbot der Kastenstände bzw. der Ferkelschutzkörbe, auf Basis seriöser Literaturangaben und gestützt auf eine große Anzahl weltweit durchgeführter Vergleichsuntersuchungen, kalkulatorisch in Österreich zu einem Anstieg der Ferkelverluste pro Jahr um 4,9 bis 8,8 Prozent. In Zahlen bedeutet das jährlich 358.000 bis 643.000 mehr erdrückte Ferkel. Somit kann nicht von einer Verbesserung des Tierschutzes gesprochen werden, wenn dadurch den Ferkeln zusätzliche Leiden zugefügt werden! Wissenschaftliche Untersuchungen Von 26 Untersuchungen, die weltweit durchgeführt wurden, kamen 23 zu dem Ergebnis, dass bei der Haltung von Sauen in frei abferkelnden Systemen höhere Verluste als bei der Aufstallung der ferkelführenden Sauen im Ferkelschutzkorb auftraten. In Tabelle 1, um nur eine Studie zu nennen, sind die Ergebnisse aus dem Haus Düsse (Deutschland) zusammengefasst. Es wurden die Ferkelverluste im
Vergleich der Haltung von Sauen mit oder ohne Ferkelschutzkorb (Vario-Fit-Bucht und Ulrich 2000-Bucht) untersucht. Man kam zu dem Ergebnis, dass die gesamten Ferkelverluste in den Vario-Fit-Buchten um 3,2 Prozent und in den Buchten Ulrich um 3,3 Prozent höher lagen als bei den Buchten mit Ferkelschutzkorb. Die Erdrückungsverluste in der Vario-Fit Bucht waren fast doppelt so hoch als bei den Buchten mit Ferkelschutzkorb. Ferkelschutzkorb Freilauf ohne Mistgang 14,39% Verluste 17,65% Verluste Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass durch den Einsatz von Ferkelschutzkörben die Ferkelverluste deutlich sinken.
Laut Prof. Dr. Hoy von der Universität Gießen gibt es laut vorliegenden physiologischen Untersuchungen keinen Anlass zu der Annahme, dass Sauen im Ferkelschutzkorb schwerer Angst ausgesetzt sind. Die Einzelhaltung der Sau im Ferkelschutzkorb führt nicht per se zu Schmerzen, Leiden oder Schäden. Bei verschiedenen Untersuchungen gab es weder bei der Herzfrequenz (inklusive der Herzschlagvariabilität) noch bei der ermittelten Körpertemperatur, als mögliche belastungs- oder angstanzeigenden Indikatoren, Unterschiede zwischen den geprüften Haltungssystemen. 2. Sauen mit guten Muttereigenschaften neigen dazu ihre Ferkel zu schützen auch auf Kosten der Betreuer. Es sollte auch den Landwirten ein gewisser Schutz vor bissigen oder aggressiven Muttersauen möglich sein. Gerade in der ersten Lebenswoche besteht die intensivste Betreuungsphase beim einzelnen Ferkel. Dem Landwirt und dem Tierarzt muss es möglich sein, die Muttersauen sowie auch die Ferkel während der Geburt und auch in der Säugephase gefahrlos betreuen zu können. Ferkelschutzkörbe bieten somit für die Ferkel und die Betreuer Schutz! 3. Dieser nationale Alleingang hätte schwerwiegende Auswirkungen für Österreich. Als Vorbilder in Sachen Tierschutz werden oft Schweden, England und die Schweiz genannt. Diese Feststellung sollte jedoch genauer betrachtet werden: England In England gilt seit 1999 lediglich ein Verbot der Einzelhaltung von tragenden Sauen, das bedeutet vom Zeitpunkt der Abferkelung bis zum Zeitpunkt des Belegens ist der Ferkelschutzkorb nach wie vor erlaubt auch wenn diese Tatsache in der öffentlichen Diskussion oft falsch ausgelegt wird! Schweiz In dem Nicht-EU-Land Schweiz sind Ferkelschutzkörbe seit 1977 verboten. Die Schweiz schottet den Markt für Schweinfleisch ab und zahlt den Landwirten Ausgleichszahlungen für tierschutzbedingte Einbußen. Somit kann man die Schweiz nicht mit Österreich vergleichen. Aber auch hier bröckelt zunehmend die
Bereitschaft der Konsumenten, höhere Preise als in anderen Nachbarländern zu bezahlen. Schweden Schweden wird oft als Musterland in Sachen Tierschutz genannt. Definitiv gilt bis dato ein 100-prozentiges Verbot der Einzelhaltung von Sauen in der EU nur in Schweden und das seit 1988. Prof. Dr. Bo Algers (schwedischer Experte) bestätigte, dass es durch dieses Verbot eine intensive, langwierige und kostspielige Betriebsumstellung, die auch einen Strukturwandel zur Folge hatte, gab. Es hat sich dahin gehend entwickelt, dass es in Schweden nur mehr Großbetriebe mit mehreren hunderten Zuchtsauen bzw. mehreren tausenden Mastschweinen gibt. Betriebe mit diesen Größenordnungen sind in Österreich aufgrund gesellschaftlicher Akzeptanzprobleme nicht erstrebenswert. Der Eigenversorgungsgrad an Schweinefleisch betrug in Schweden vor dem EU- Beitritt ca. 100 Prozent und liegt mittlerweile bei nur mehr 75 Prozent. Somit muss auch Schweden Schweinefleisch importieren und zwar vorwiegend aus Deutschland und Dänemark, die nach wie vor Ferkelschutzkörbe verwenden. Verweis zu Artikel Schweden-Österreich, Link einfügen Die Abschaffung in Österreich hätte ähnliche Auswirkungen zur Folge: Viele Landwirte könnten sich einen erneuten Stallbau nicht leisten, ein großflächiges Betriebesterben wäre die Folge somit würde Österreich den Selbstversorger- Status, der momentan bei 100 Prozent liegt, verlieren. Experten gehen davon aus, dass der Versorgungsgrad mit heimischem Schweinefleisch auf unter 70 Prozent zurückfallen würde. Das fehlende Fleisch müsste dann aus dem Ausland importiert werden aus Ländern, in denen der Ferkelschutzkorb erlaubt ist. 4. Als großer Kritikpunkt wird auch die Tatsache gesehen, dass es derzeit noch kein funktionierendes System der freien Abferkelung am nationalen und internationalen Markt gibt, welches den vielfältigen Ansprüchen der Sau, den Ferkeln und dem Tierbetreuer entspricht und praxistauglich ist. Solange die Abferkelbuchten mit freier Bewegung der ferkelführenden Sauen in der EU unter den Aspekten von Tierschutz und Tiergesundheit nicht sicher funktionieren und
zu erhöhter Ferkelsterblichkeit führen, ist das aus ethischer Sicht auf keinen Fall zu vertreten. 5. Die bereits erwähnten Saugferkelverluste in freien Abferkelsystemen führen neben dem verursachten Tierleid auch zu wirtschaftlichen Verlusten. Außerdem ist es aufgrund des steigenden Platzbedarfes bei gleichbleibender Stallfläche gegenüber herkömmlichen wirtschaftlichen Systemen notwendig, den Sauenbestand um fast 50 Prozent zu reduzieren (Griessler, Voglmayr). Zusätzlich müssen Baumaßnahmen erfolgen, um der neuen Verordnung gerecht zu werden, die wesentlich mehr Platz bei den Abferkelbuchten sowie im Deckzentrum vorsieht. Die heimischen Bauern haben zum Großteil schon in ihre Ställe investiert, da ab dem 1.1.2013 das neue EU-Gesetz für die Gruppenhaltung gilt. Somit müssen diese Betriebe innerhalb kürzester Zeit zweimal Umbaumaßnahmen tätigen, die sie in den Ruin treiben könnten. Man befürchtet, dass viele Landwirte diesem Druck nicht mehr gewachsen sein werden und auch nicht mehr in den Betrieb investieren können. Auch nicht zu vergessen ist der erhöhte Arbeitsaufwand bei dem System der freien Abferkelung, der durch das zusätzliche Management drastisch steigen wird und zusätzlich bewerkstelligt werden muss.