Durchfall unter Antibiotika: was kann präventiv getan werden? Ursachen des Durchfalls unter Antibiotika Klinik des Antibiotika-assoziierten Durchfalls C. difficile Erreger und Pathogenese Ursachen der Zunahme von C. difficile im ambulanten und stationären Bereich Was kann präventiv getan werden? Hygienemaßnahmen bei C. difficile-infektion Prof. Dr. med. M. Trautmann Institut für Krankenhaushygiene Klinikum Stuttgart
Ursachen des Antibiotika-assoziierten Durchfalls Normale Darmflora wird durch Antibiotika zerstört. Dadurch ungenügende Verwertung der Nahrung Einige Antibiotika beschleunigen direkt die Darmbewegung (sog. prokinetische Wirkung) Pathogene Erreger, die nicht von dem gegebenen Antibiotikum erfasst werden, können überwuchern: Clostridium difficile (ca. 20 % der Fälle) Andere Clostridien (z. B. Clostridium perfringens) Salmonellen Pilze?
Klinik des antibiotika-assoziierten Durchfalls Definition der Diarrhoe: 3 flüssige Stühle pro Tag an 2 aufeinanderfolgenden Tagen Beginn meist 2-3 Tage nach Start der Antibiotikatherapie Zunächst wässrig-breiige, später in einem Teil der Fälle blutige Stühle oft verbunden mit Darmkrämpfen Hohes Fieber ist ein Alarmzeichen Bei Fieber >38,5 C, aufgetriebenen Bauch und Störung der Bewußtseinslage -> Arzt rufen bzw. Klinikeinweisung
Clostridium difficile: Anaerobes, grampositives, sporenbildendes Stäbchenbakterium Sporenform: resistent gegen Alkohole und Aldehyde, sehr langlebig in der Umwelt
Schwer kranke Patientin mit einer postoperativen C.-difficile-Colitis. Stehende Dickdarmschlingen und Spiegelbildung. Hohes Fieber und Schocksymptomatik
Warum ist C. difficile der Haupterreger des antibiotika-assoziierten Durchfalls? Der Erreger ist gegen die meisten modernen Antibiotika resistent Da der Erreger umweltresistente Sporen bildet, hält er sich lange auf kontaminierten Oberflächen (Wochen und Monate!!) Typische Risikoflächen sind Toilettensitze, Spültasten, der Rand von Nachtstühlen, Wasserhahngriffe, Bettholme, Türkliniken Der Erreger ist gegen viele Desinfektionsmittel resistent. Händedesinfektion nützt daher gar nichts!
Zunahme der C.-difficile-assoziierten Diarrhoe als Entlassungsdiagnose in Deutschland Inzidenz pro 100.000 120 100 80 60 40 20 0 Männer Frauen keine Angabe 2004: 66 % der Patienten älter als 70 Jahre 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Reichardt C et al. Deutsche Med Wochenschr 2007;132:223-228 Epidemiol Bulletin 2008;15:116-119
Protonenpumper-Hemmer: Einfluss auf C.-difficile-Inzidenz? Cunningham R, Dial S. J Hosp Infect 2008;70:1-6
Zusammenhänge aus der Statistik in Großbritannien Anzahl x 1000 Antibiotikaverschreibungen 60 PPI-Verschreibungen Gemeldete C.-diff.-Fälle 46 50 40 33 30 20 52 56 16 18 19 20 22 10 0 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Was kann präventiv getan werden? Erste Frage: Müssen es immer Antibiotika sein?? 90 % aller ambulant erworbenen Infektionen (Sinusitis, Harnwegsinfekt usw.) heilen spontan ab. Natürliche Therapieoptionen von Infektionen erwägen! Wenn Antibiotika gegeben werden müssen, von vornherein vorbeugen mit Probiotika Von Anfang an leichte Kost, viel Tee, Banane, Weißbrot Nachbarpatienten schützen! Bei C. difficile Zimmer täglich gründlich reinigen. Händewaschen! Toilettenbereich mit Zitrusreiniger reinigen!
Fallzahl/Monat Umstellung auf Schmalspektrumantibiotika in der Klinik reduziert Durchfälle 60 Fluorchinolone 50 180 DDDs pro 1000 Liegetage Einführung einer intensivierten Antibiotikaberatung mit bevorzugter Anwendung von Schmalspektrumantibiotika 40 30 Fluorchinolone 20 75 DDDs pro 1000 Liegetage 10 07 b Fe 06 D ez 06 kt O A ug 06 06 Ju n 06 A pr 06 b Fe 05 D ez 05 kt O A ug 05 05 Ju n A pr 05 0 Talpaert MJ et al. J Antimicrob Chemother 2011;66:2168-74
Kein Effekt von Perenterol in neuester randomisierter, doppelblinder Studie Variable Evaluierbare Patienten, n S. boulardii Placebo p-wert 98 106 - Antibiotikaassoziierte Diarrhoe 15,1 % 13,3 % 0,84 C.-difficile-assoziierte Diarrhoe 2,8 % 2,0 % 1,0 17,6 % (n=68) 16,0 % (n=75) 0,83 Diarrhoe unter Hochrisikoantibiotika Pozzoni P et al. Amer J Gastroenterol 2011;107:922-931 Durchschnittsalter der Patienten: 79 J. Dauer der AnitibiotikaTherapie 9-10 Tage
Kann man Joghurt zur Prävention empfehlen? Ja!
Einsatz eines Lactobazillen-haltigen Präparates zur Prävention Studie an englischen Krankenhauspatienten Eingesetzt wurde ein Trinkjoghurt mit lebenden Lactobazillen (ActimelR, Fa. Danone) Kontrollgruppe erhielt sterilisierten Trinkjoghurt Einnahme von 2 x 100 ml Actimel Hickson M et al. Brit Med J 2008 online pro Tag parallel und bis 1 Wo. nach Antibiotikaeinnahme Studienendpunkt Diarrhoe und C.-difficile-Diarrhoe
Ergebnis: Lactobazillen-haltiges Präparat senkt beide Endpunkte % der Patienten 40 mit Diarrhoe Steriler Milchdrink Laktobazillenprodukt 30 20 10 p=0.001 p=0.007 19 56 7 9 57 53 0 Diarrhoe 0 56 Toxin-positiv
Starke Erregerdissemination auf der Haut bei C. difficile-colitis 70 Abstrich Haut % positive Kulturen Patienten mit toxin-positiver C.-difficile-Colitis Kultur von Handschuh nach Hautkontakt 60 eingeschlossen 50 Hautabstrich innerhalb von 1-3 Tagen nach 40 Diagnosestellung (5 x 20 cm großes Areal)(n=27) 30 Gleiches Areal mit Handschuh fest berührt, Handschuh danach auf Agarplatte gepresst 20 Selektivmedien für C. difficile beimpft 10 25/27 (93 %) Patienten kutan positiv 0 Hand Unterarm Brust Bauch Leiste Bobulski GS et al. Clin Infect Dis 2008;46:447-450
Ausscheidungsdauer von Clostridium difficile Prozent Patienten mit Kulturnachweis von C. difficile im Stuhl n=34 n=18 p=0.009 Tage Al-Nassir WN et al. Clin Infect Dis 2008;47:56-62
Hygiene bei C.-difficile-Colitis Einzelzimmerisolierung bis 48 h nach Ende der Diarrhoe Personal trägt langärmeligen Kittel, Einmalhandschuhe Tägliche Zimmer- und Naßzellenreinigung. Bei Ausbrüchen Sauerstoffabspalter verwenden! Händehygiene: Erst waschen mit Seitenlotion, dann trocknen (Papierhandtuch), dann erst Desinfektion Patient soll abschließend ausgiebig duschen, am besten mehrfach
Patientennahe Flächen mit häufigem Hand- oder Hautkontakt Häufige Wischdesinfektion mit Zitrusreiniger Bei Ausbrüchen: Sauerstoffabspaltendes Flächendesinfektionsmittel verwenden
Zusammenfassung Durchfall unter Antibiotika tritt in 10-50 % der der Fälle auf In ca. 20 % der Fälle: Clostridium difficile ursächlich Prävention: Studie zeigt keinen Effekt von Perenterol Joghurt: Laktobazillenhaltige Produkte (z. B. Actimel, Lactiflor (Aldi), LC sinnvoll. Gabe bis 7 Tage über Ende der Antibiotikatherapie hinaus Leichte Koste (Tee, Zwieback, Toast, weißer Reis) Hygiene beim Umgang mit Patienten. Patient soll nach Therapieende gründlich duschen