Neue Wege zur strategischen Einkaufsoptimierung. der KPMG-Datenbank Krankenhaus



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Transkript:

Die finanzielle Situation vieler deutscher Krankenhäuser ist dramatisch. Während 2012 rund 40 Prozent der Kliniken rote Zahlen schrieben, wird einer Prognose der Deutschen Krankenhausgesellschaft(DKG) zufolge 2013 sogar etwa die Hälfte aller Häuser einen Verlust ausweisen müssen. Als Ursache dafür ist das Auseinandergehen der Kosten-Erlös-Schere anzusehen. Einer Studie zur Finanzlage der Krankenhäuser zufolge erwarten die Krankenhausentscheider Mehrkosten zum einen im Ärztlichen Dienst, zum anderen aber im Sachkostenbereich. Diese Kostenentwicklung werde durch den zweiprozentigen Orientierungswert nicht adäquat abgebildet. Die UntersuchungkommtzudemzudemErgebnis, dass Krankenhäuser große Einsparpotenziale im Beschaffungsbereich liegen lassen. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Krankenhausverantwortlichen auf die alte Kaufmannsweisheit m Einkauf liegt der Gewinn besinnen und Maßnahmen zur nachhaltigen Reduktion des Sachaufwands einleiten, die im vorliegenden Artikel beschrieben werden. PowerShoppingfür Krankenhäuser Neue Wege zur strategischen Einkaufsoptimierung Foto: Mopic- Fotolia ENKAUF Dr. Nicolas Krämer Kaufmännischer Direktor Marienkrankenhauses Soest Alexander Bartel Partner Lischke Consulting GmbH Krankenhausleistungen konstatieren sich als Dienstleistungen und sind dementsprechend personalintensiv. Gemäß der KPMG-Datenbank Krankenhaus 300 beträgt die durchschnittliche Personalaufwandsquote 59,44%, wobei der Wertebereich zwischen 47 und sogar 69 % schwankt, während die mittlere Materialaufwandsquote bei nur 25,01%(Wertebereich zwischen 19 und 32 %) liegt. Einsparungen im Personalbereich stellen aber ein hochsensibles Thema dar und sind häufig mit Schließungen ganzer Kliniken, Fachabteilungen oder von Funktionsbereichen verbunden, während sich Optimierungen in der Beschaffung leichter und schneller umsetzen lassen. Schmerzen bereitet den Häusern zudem bereits seit vielen Jahren der drastische Rückgang der öffentlichen Fördermittel zur Finanzierung der Einkäufe, die bundesweit seit 1991 real um 46 % gesunken sind. Einkaufsstrategie als Bestandteil der Gesamtstrategie Um trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen als Krankenhaus erfolgreich zu agieren, bedarf es einer übergeordneten Gesamtstrategie, die nicht selten auf einem moderaten Wachstum hinein in renditestarke Nischen basiert, zum Beispiel über Zentrenbildungen und die Etablierung so ge- 43

ENKAUF nannter Leuchttürme. Dem Einkauf kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. EsreichtbeiWeitemnichtaus,Mitglied eines Einkaufsverbunds zu werden mehr als 80 % der Kliniken haben sich bereits zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammengeschlossen und dann davon auszugehen, dass die Preise nachhaltig optimiert sind und das Thema Einkauf somit als erledigt abgehakt werden kann. Vielmehr bedarf es einer Einkaufsstrategie, die auf die Gesamtstrategie abgestimmt sein muss. Es geht auch nicht nur darum, Einsparungen zu generieren, sondern um Profitabilitätssteigerungen. Organisatorische Herausforderungen und Lösungsansätze Zunächst ist die Rolle des Einkaufs innerhalb eines Hauses oder eines Klinikverbundes zu definieren. Probleme resultieren häufig aus der für Krankenhäuser typischen organisatorischen Säulenstruktur. Die in den meisten Häusern bereits umgesetzte Zentralisierung des Einkaufs führt oft dazu, dass sich die Distanz zwischen Verwaltung und dem medizinischen Dienst vergrößert. Nur selten passt dieser sein Bestellverhalten dann an die ausgehandelten günstigen Lieferantenverträge sowie das Produktportfolio an. Versuche der Beschaffungsabteilung, Kosten zu kontrollieren, werden vom ärztlichen und pflegerischen Personal häufig als Gefährdung der medizinischen Qualität wahrgenommen. Umgekehrt fehlt dem klinischen Personal aus Perspektive der Verwaltung das Kostenbewusstsein. Die Trennung von medizinischer und ökonomischer Verantwortung verhindert somit langfristige Einsparungen. Ein häufig zu beobachtender Effekt ergibt sich aus dem Marketingdruck, den Pharmaunternehmen auf Chefärzte ausüben. Nachdem der Einkauf einen guten Preis verhandelt hat, bringt der Hersteller häufig ein neues, besseres und teureres Produkt auf den Markt. Nicht selten ist zu beobachten, dass keine Produktstandardisierungen vorgenommen werden und somit jede Bestellung und jede Lieferung neue Herausforderungenmitsichbringt,diedieProzesse verkomplizieren, die Mitarbeiterbindung erhöhen und die Prozesskosten somit entsprechend hoch sind. Abhilfe schafft hier das nstallieren von Produktgruppenteams, die in regelmäßigen Produktklausuren das Sortiment überprüfen und gemeinsam Maßnahmen zur Optimierungen ergreifen. Hierbei gilt es folgende Optimierungshebel für die Kern-Beschaffungskategorien zu nutzen, um neben der Bewertung neuer Produktlösungen nach weiteren Kosten- und Prozessoptimierungen zu suchen: Kommerzielle Hebel Bündelung von Mengen und Leistungen Erhöhung der Nutzung von Rahmenverträgen zur Bündelung von Einkaufsvolumina Konzentration auf zwei bis drei Kernlieferanten je Einkaufsgruppe oder Bildung von Lieferanten- Pools zur Zusammenarbeit mit den besten Partnern Bündelung mehrerer Einkaufsgruppen bei gleichen Lieferanten Bezug ausgewählter Materialgruppen über einen Einkaufsverbund Nachvollziehen der Preiskalkulation nternepreisvergleichemitkrankenhäusern im Verbund Externe Preisvergleiche: Nutzung des Wettbewerbs und Erhö- Abb. 1: Die Vorgehensweise im Überblick 44

hung des Drucks auf Lieferanten durch Schaffung von Markt- Transparenz Verstehen der Gesamtkosten durch Aufgliedern der Leistungsbestandteile bzw. Komponenten und Aufbau eines Kostenmodells Etablierung von Best Practices (Laufzeit von Verträgen, Zahlungskonditionen, Bonus-Vereinbarungen) Mehrere Verhandlungsrunden durchführen, um Kostenziele zu erreichen Fachliche und organisatorische Hebel Verbesserung der Produktbeschreibung Technische Vereinfachung, Reduzierung von Leistungen und Standardisierung von Spezifikationen (z.b. nur noch drei Klassen von Herzschrittmachern) Quantifizierung relativer Kosten unterschiedlicher Spezifikationen Förderung der Standardisierung und Portfoliobereinigung durch Bildung zentraler Koordinationseinheiten, z. B. virtuelle Produktgruppenteams Verbesserung der Verbrauchssteuerung Jährliche Prognose der Beschaffungsvolumina für ausgewählte Einkaufsgruppen und Nachhaltung anhand definierter Kennzahlen (z.b. Materialverbrauch in Relation zu Patienten-Aufkommen) Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte und Abstimmung der Lagerhaltung mit Lieferanten Optimierung von Prozessen (Erhöhung des Automatisierungsgrads bei der Abwicklung von Vorgängen) Der Einkauf nimmt im Rahmen der Produktgruppenteams unterschiedliche Rollen wahr, z. B. als Moderator in Workshops und Koordinator der Einkaufsaktivitäten, als Experte für medizinische Beschaffungsmärkte sowie als Bedarfs- und Kostenmanager. Wie in ndustrieunternehmen üblich, muss die Rolle des Einkaufs strategisch weiterentwickelt werden. Bei der Entwicklung und Etablierung eines klinikweit anerkannten Einkaufs ist die Geschäftsleitung gefragt, eine geeignete Einkaufsorganisation mit sinnvoller Verteilung dezentraler und zentraler Aufgaben zu definieren. Umsetzung in Projektform Nachhaltige Einspareffekte in der Beschaffung lassen sich am besten mit externen Unternehmensberatern erzielen. Sie vermitteln zwischen den Berufsgruppen und helfen, in anderen ndustrien gesammelte Erfahrungen auf das Unternehmen Krankenhaus zu übertragen. Generell lassen sich das Preisniveau, die Verkleinerung des Produktportfolios und der Verbrauchsmengen sowie die Prozesskosten als Stellhebel für die Beschaffungsoptimierung identifizieren. Bevor ein Projekt aufgesetzt werden kann, muss zunächst das Einsparungsziel konkretisiert werden. Dieses beträgt in der Regel zwischen vier und sieben Prozent des gesamten Einkaufsvolumens,welchessichausdeninAbbildung 1 zusammengefassten Produktgruppen Medizinischer Bedarf, Verwaltung, Pharma, Technik, Medizinische Dienstleistungen und Medizintechnik zusammensetzt. ENKAUF Abb. 2: Fiktives Projekt-Beispiel für ein Beschaffungsportfolio(Ausgabenanalyse) 45

ENKAUF Herangehensweise in drei Phasen Die Umsetzung eines Projekts zur strategischen Optimierung des Sachaufwands erfolgt idealerweiseindeninabbildung2dargestellten drei Phasen. Während Phase 1 auf die Realisierung kurzfristiger Einsparungen abzielt, gehtesinderzweitenunddritten Phase um Nachhaltigkeit und die Ausschöpfung weiterer Potenziale. Für ein adäquates Projektmanagement wird während der Phasen eine Projektorganisation bestehend aus Lenkungsausschuss, Projektteam und Arbeitsgruppen eingerichtet. Dem Lenkungsausschuss kommt die Rolle des obersten Entscheidungsträgers zu. Das Entscheidungsgremium wird federführend durch ein Mitglied der Geschäftsführung betreut, um die Ergebnisse und die Qualität der Projektarbeit sicherzustellen. Die Steuerung der am Projekt beteiligten Mitarbeiter übernimmt das Kernteam, bestehend aus Vertretern der involvierten Bereiche. Angesichts der Projektbedeutung und Komplexität sollten ein Projektleiter und verantwortliche Teilprojektleiter für die Produktgruppenteams benannt werden. Die Projektleitung gewährleistet eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Projektgremien und berichtet regelmäßig an den Lenkungsausschuss. Darüber hinaus empfiehlt es sich, in der ersten Lenkungsgruppensitzung die Vereinbarung konkreter Spielregeln für die Zusammenarbeit zu vereinbaren. Hierunter fallen beispielsweise Vereinbarungen zum Berichtswesen, zur Bewertung von Einkaufsmaßnahmen und zum Kommunikationsprozess sowie die Festlegung möglicher Eskalationswege. Phase 1 Ziel der ersten Phase ist die Entwicklung einer übergreifenden Einkaufs- und Warengruppenstrategie. Aus den hier zu treffenden strategischen Richtungsentscheidungen wird ein Großteil der weiteren Projektarbeit abgeleitet. Beispielsweise hängt die später zu treffende Wahl des anzuwendenden nstrumentariums zur Realisierung der Einsparpotenziale entscheidend von der Klassifizierung des jeweils zu beschaffenden Produktes ab. DienhaltevonPhase1lassensich überblicksartig wie folgt beschreiben: Analyse und Systematisierung aller Beschaffungsausgaben und Vertragsverhältnisse Bildung von Einkaufsgruppenportfolios Priorisierung der Einkaufsgruppen m Ergebnis entsteht eine Art Landkarte, die einen gesamthaften Überblick über die vorhandenen Warengruppen und ihre jeweilige Bedeutung im Beschaffungsportfolio verschafft. Entwicklung produkt- bzw. materialgruppenspezifischer Beschaffungsstrategien Maßnahmenplanung und -umsetzung Die erste Projektphase beginnt mit einer Ausgabenanalyse zur Verifizierung der Einsparpotenziale sowie weiterer Potenziale und Stellhebel(vgl. Abbildung 2). Dazu werden je Materialkategorie Workshops der Produktgruppenteams durchgeführt, in denen mit den Arbeitsgruppenmitgliedern Maßnahmen zur Umsetzung der Optimierungspotenziale für alle A- und B- Lieferanten der jeweiligen Materialgruppe sowie übergeordnete Materialgruppenstrategien abgestimmt werden. Zunächst ist das Beschaffungsportfolio sorgfältig durch ABCbzw. XYZ-Analysen zu untersuchen und zu kategorisieren. Kriterien für die Bewertung sind beispielsweise die Anzahl der Bestellungen, das damit verbundene Einkaufsvolumen, die Höhe des zu erwartenden Einsparpotenzials oder die Komplexität der Waren und Leistungen. m Ergebnis entsteht eine Art Landkarte, die einen gesamthaften Überblick über die vorhandenen Warengruppen und ihre jeweilige Bedeutung im Beschaffungsportfolio verschafft. Die Ergebnisse der Materialgruppenanalyse werden in Form von Workshops und Arbeitsgruppen mit den Mitarbeitern des Krankenhauses besprochen. Ziel ist eine Priorisierung der Materialgruppen und Lieferantenverträge entsprechend ihres Einsparpotenzials, um anschließend zielgenaue, materialgruppenspezifische Beschaffungsstrategien sowie entsprechende Maßnahmen ableiten zu können(vgl. Abbildung 3). So kann zum Beispiel innerhalb eines Lieferantenportfolios eine ntensivierung der Wettbewerbssituation durch dual sourcing oder Lieferanten-Bündelungen hergestellt werden. Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang insbesondere die Bildung von temporären Teams aus denjenigen Mitarbeitern, die geeignet erscheinen, in der zukünftigen Struktur die Rolle der so genannten Materialgruppenverantwortlichen zu übernehmen. Um den Wettbewerb zwischen den Lieferanten zu intensivieren, werden in einem nächsten Schritt Ausschreibungen durchgeführt. Außerdem geht es um die Reduktion und Bündelung von Lieferanten zur Generierung von Skaleneffekten. Das Kernstück der ersten Projektphase stellt die Durchführung einer so genannten Lieferantenkonferenz dar, zu der die wichtigsten A-Lieferanten eingeladen werden, um diesen die Möglichkeit zu geben, verbesserte Angebote vorzulegen. Die B- und C-Lieferanten werden nicht zur Lieferantenkonferenz eingeladen, sondern schriftlich gebeten, ihre Zahlungskonditio- 46

ENKAUF Abb. 3: Beispiel Materialgruppenstrategie für medizinisches Verbrauchsmaterial nen zu ändern. Hierbei geht es in erster Linie um beabsichtigte Skontogewinne, in zweiter Linie um eine Verlängerung der Zahlungsziele, da sich diese positiv auf die Liquidität des Krankenhauses auswirken. Phase2und3 Nach Abschluss von Phase 1 empfehlen sich sowohl eine Substitutionsanalyse, um teure durch günstige Artikel zu ersetzen, sowie eine Kosten-Nutzenanalyse, die darauf abzielt, die Artikel herauszufiltern, die sich für eine Wiederaufbereitung eignen. Außerdem sollte ein Konzept zur strategischen mplementierung von Wiederaufbereitungsprozessen entwickelt werden. Wiederum in Workshops werden Szenarien für Sortimentsbereinigungen erarbeitet, die von Produkttests zur Anpassung des Portfolios begleitet werden. Um die Beschaffung gemäß der neu definierten Materialgruppenstrategien sicherzustellen und die gewünschte Effekte zu realisieren, sind im Rahmen der dritten Phase die Einkaufsprozesse und Versorgungskonzepte zu implementieren und an die Mitarbeiter des Krankenhauses zu kommunizieren. Nur bei Einhaltung der Prozesse und kontinuierlichen Verbesserung werden die Einsparungen auch sicher eintreten und sich in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagen. Daher sollten zu Projektbeginn ein Einkaufscontrolling und ein Verbrauchsmanagement aufgebaut werden, das die Einkaufseffekte über alle Pha- Nur bei Einhaltung der Prozesse und kontinuierlichen Verbesserung werden die Einsparungen auch sicher eintreten sen und darüber hinaus misst und Vorschläge zur Ergreifung von Gegenmaßnahmen bei Abweichung macht. Fazit und Ausblick Hier spricht der Preis, 20 Prozent auf alles, Geiz ist geil Werbebotschaften wie diese sind für viele Konsumenten längst zur Maxime geworden. Wer spart, ist doch nicht blöd. Vielen Krankenhäusern hingegen fehlt trotz des immensen Kostendrucks die letzte Entschlossenheit, wirklich den besten Einkaufspreis zu erzielen, Produkte zu bündeln und Verschwendung entgegenzuwirken. Die Bemühungen beschränken sich in der Regel auf die Mitgliedschaft in einer Einkaufsgemeinschaft. Dies muss sich ändern. Zukünftig muss dem Einkauf eine strategische Bedeutung zukommen. nnovative Ansätze wie der hier vorgestellte, können einen wertvollen Beitrag leisten, die Überlebensfähigkeit eines Krankenhauseszusichern. Dr. Nicolas Krämer Kaufmännischer Direktor des Marienkrankenhauses Soest Lehrbeauftragter der FOM Hochschule für Oekonomie& Management, Essen Widumgasse 5 59494 Soest www.marienkrankenhaus-soest.de Alexander Bartel Partner Lischke Consulting GmbH Haus der Seefahrt Hohe Brücke 1 20459 Hamburg www.lischke.com Literatur bei den Verfassern 47