Grundlagen der chemischen xidation 10 2 Grundlagen der chemischen xidation 2.1 xidationsmittel Bei der xidation erfolgt eine Abgabe von Elektronen aus Atomen, Ionen oder olekülen in Anwesenheit eines xidationsmittels. Allgemein versteht man unter xidationsmittel solche Elemente und Verbindungen, die bestrebt sind, durch Aufnahme von Elektronen unter Übergang zu einem energieärmeren Zustand stabile Elektronenschalen auszubilden [25]. In der Abluftreinigung finden hauptsächlich Sauerstoff, zon oder Wasserstoffperoxid als unmittelbare xidationsmittel Anwendung. Weiterhin können durch diese freie Radikale entstehen, die ebenfalls eine oxidierende Wirkung besitzen (z.b. Hydroxylradikale). Ein aß für die Stärke eines xidationsmittels ist das Redoxpotential, welches eine Beziehung des Potentials eines Redoxsystems gegen die Normal-Wasserstoffelektrode bzw. einer anderen Bezugselektrode angibt. In Tabelle 2.1 sind die Standardelektrodenpotentiale ausgewählter xidationsmittel gegenüber der Normal-Wasserstoffelektrode im wäßrigen edium aufgeführt. Je größer das Potential eines Stoffes, desto größer ist seine oxidierende Wirkung. Tabelle 2.1 Standardelektrodenpotentiale ausgewählter xidationsmittel [26, 27] Standardeletrodenpotential E 0 [V] xidationsmittel (ph-wert=0) Sauerstoff 1,2 Wasserstoffperoxid 1,77 zon 2,07 atomarer Sauerstoff 2,42 Hydroxylradikale (H-Radikal) 2,8 Sauerstoff Aufgrund des relativ geringen Standardelektrodenpotentials kommt Sauerstoff erst bei hohen Temperaturen (>500 C) als xidationsmittel bei der Abluftreinigung in Betracht. Eine öglichkeit der Anwendung bei niedrigeren Temperaturen wäre der Einsatz von Katalysatoren. Jedoch arbeiten katalytische Verfahren in Bereichen geringer Schadstoffkonzentrationen häufig unwirtschaftlich, da erst bei höheren Konzentrationen (2- g/m³) ein autothermer Betrieb möglich ist [4].
Grundlagen der chemischen xidation 11 Wasserstoffperoxid Wasserstoffperoxid ist eine in Wasser mischbare und in vielen organischen Lösungsmitteln lösliche Flüssigkeit. Wasserstoffperoxid stellt mit einem Standardelektrodenpotential von 1,77 ein gutes xidationsmittel dar. Den Zerfall von Wasserstoffperoxid unterscheidet man in den Einelektronen- und Zweielektronenmechanismus [22]. Dabei entstehen beim Einelektronenmechanismus Hydroxylradikale (H -Radikale) und beim Zweielektronenmechanismus Peroxyradikale (H -Radikale). Nachteilige Eigenschaften des Einsatzes von Wasserstoffperoxid als xidationsmittel sind aus der Abwasserbehandlung bekannt. Dabei kommt es bei höheren Temperaturen zu einem expotentionellen Anstieg der Zerfallsgeschwindigkeit. Dies erfordert eine Zugabe von Stabilisatoren, die diese Zersetzungsreaktion inhibieren. Dadurch bedingt wird bei den meisten technischen Anwendungen Wasserstoffperoxid nur unterhalb 80 C eingesetzt [28]. zon zon ist ein farbloses und stechend riechendes Gas. Als eine aktive Form des Sauerstoffes äußert das zon sehr starke oxidierende Eigenschaften. Eine wesentliche Charakteristik ist der dreiatomige olekülaufbau und die Isomeriebeziehung zum Sauerstoff. Außer zon ist kein weiteres elementares Gas bekannt, daß einen physikalisch und chemisch so genau gekennzeichneten Isomeriefall hat, wie ihn das zon beim Sauerstoff aufzeigt. zon gehört mit einem Standardelektrodenpotential von 2,07 zu einem der stärksten xidationsmittel. Es oxidiert fast alle etalle zu ihrer höchsten xidationsstufe. Sauerstoff- und Hydroxylradikale Die xidation durch - bzw. H -Radikalen spielt bei photochemischen Prozessen (Photolysereaktionen) eine wichtige Rolle. Eine Vielzahl von photochemischen Reaktionen sind aus der Atmosphärenchemie bekannt. Weiterhin treten diese echanismen bei der xidation mit UV-Licht auf. Bei Photolysereaktionen kommt es zum Zerfall eines oleküls durch Licht, wobei das photolytisch gespaltene olekül in einen instabilen Zustand tritt und durch Energieabgabe an andere oleküle stabilisiert wird. Eine Quelle von H -Radikalen stellen die Folgeprodukte der Photolyse des zons dar. Durch Strahlung im Wellenlängenbereich 10nm < λ < 1200nm entsteht aus zon atomarer Sauerstoff im Grundzustand ( P ) [29, 0], (Gl. 2.1) P hν 2
Grundlagen der chemischen xidation 12 der sehr schnell mit molekularem Sauerstoff zu zon rekombiniert: P 2 (Gl. 2.2) Ein weiters olekül (z.b. N 2, 2 ) nimmt dabei die Überschußenergie des angeregten atomaren Sauerstoffs auf. Bei kürzeren Wellenlängen (λ<10 nm) entstehen bei der Photolyse von zon energetisch angeregte Sauerstoffatome ( ) [29, 1], (Gl. 2.) hν 2 von denen die meisten durch Stoßreaktionen mit N 2 oder 2 wieder in den Grundzustand P überführt werden (Gl. 2.4) und anschließend mit 2 zu zon rekombinieren (siehe (Gl. 2.1)). P (Gl. 2.4) Ein geringer Teil des energetisch angeregten Sauerstoffatoms ( ) reagiert mit Wasser bzw. Wasserdampf unter Bildung des H -Radikals [29, 2] H 2 2 H (Gl. 2.5) Der xidationsprozeß der H -Radikale verläuft über eine Radikalkette mit organischen Radikalen (R ), solange die radikalischen Kettenträger nicht abgefangen werden. Die Ursachen hierfür könnten in der Verringerung der Emission der Photolysequelle oder im verstärktem Auftreten von Kettenabbruchreaktionen liegen. Weiterhin ist ein Bildungsmechanismus bekannt, der die Erzeugung eines organischen Radikals R und eines H -Radikals aus der Reaktion eines Sauerstoffatoms mit einem Kohlenwasserstoff direkt oder in kurzer Reaktionsreihenfolge beschreibt []. Kohlenwasserstoff R H (Gl. 2.6) Die Entstehung von bzw. H -Radikalen kann neben den genannten Bildungsmechanismen ebenso über katalytisch aktivierte Reaktionen erfolgen. 2.2 Entstehung und Erzeugung von zon Der Entstehung von zon liegt eine Sauerstoffdissoziationsreaktion zu Grunde. Durch einen dissoziativen Stoß zwischen einem Sauerstoffmolekül im Grundzustand und einem energiereichen Partikel werden in einer endothermen Reaktion zwei Sauerstoffatome gebildet, die sich im Grundzustand ( P) oder im elektronischen Anregungszustand ( 1 D) befinden. Diese Dissoziationsreaktion erfolgt über mehrere angeregte Zustände des Sauerstoffmoleküls. Die
Grundlagen der chemischen xidation 1 dabei auftretenden Übergänge sind in Bild 2.1 mit Hilfe der Potentialkurven des Sauerstoffs durch Pfeile dargestellt [4]. 2 (X Σ ḡ ) Sauerstoffmolekül im Grundzustand 2 (b 1 Σ g ) metastabiles Sauerstoffmolekül ( P) Sauerstoffatom im Grundzustand ( 1 D) Sauerstoffatom im elektronisch angeregten Zustand Bild 2.1 Potentialkurve von Sauerstoff [5] Das elektronisch angeregte Atom ( 1 D) kann anschließend mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit seine Anregungsenergie durch einen superelastischen Stoß an ein Sauerstoffmolekül im Grundzustand abgeben, wodurch ein metastabiles Sauerstoffmolekül 2 (b 1 Σ g ) gebildet werden kann [6]. Dieses sowie andere metastabile Sauerstoffmoleküle können ebenso dissoziert werden. Gleichermaßen ist eine Dissoziation von Sauerstoff durch eine Schwingungsanregung über 2 (X Σ ḡ ) möglich. Anschließend an die Dissoziation findet eine Anlagerung der gebildeten Sauerstoffatome durch eine exotherme Dreierstoßreaktion an molekularen Sauerstoff statt, und es bildet sich zon im Grundzustand ( 1 A). ( P) 2(X Σg ) 1,084eV (Gl. 2.7) Hierbei ist ein dritter Reaktionspartner (z.b. ein Sauerstoffmolekül), an welchen die überschüssige Energie abgegeben wird. In den folgenden Kapiteln wird der Grundzustand des zons nur noch mit bezeichnet. Die bei diesen exothermen Reaktionen und bei den Dissoziationsreaktionen freiwerdenden Energien äußern sich hauptsächlich in einer Aufheizung des Gases.
Grundlagen der chemischen xidation 14 Die technische Erzeugung von zon kann durch verschiedene Verfahren realisiert werden. Eine Einteilung nach der Art des energiereichen Partikels, daß zur Dissoziation des Sauerstoffmoleküls notwendig ist, und der Energieform zur zonerzeugung ist in Tabelle 2.2 dargestellt. Tabelle 2.2 Verfahren zur zonerzeugung Verfahren zur zonerzeugung Photoinduktion mit UV-Licht Stille elektrische Entladung Elektronenstrahlbeschuß Thermische Funken- und Lichtbogenentladung Radiolyse Art des energiereichen Partikels Photon angeregte energiereiche Elektronen und Ionen beschleunigtes Elektron angeregte energiereiche Elektronen und Ionen Zerfallsprodukt eine radioaktiven Zerfallsreaktion