10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention: Wie ist der Umsetzungsstand am deutschen Arbeitsmarkt?

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Transkript:

DGB Abteilung Arbeitsmarktpolitik Nr. 8 / Dezember 2016 10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention: Wie ist der Umsetzungsstand am deutschen Arbeitsmarkt? Am 13. Dezember 2006 haben die Vereinten Nationen die UN-Behindertenrechtskonvention verabschiedet. Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention sieht ein gleiches Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderung vor. Deutschland hat die UN-BRK 2009 unterzeichnet und sich damit zur schrittweisen Umsetzung der Forderungen verpflichtet. Allerdings ist die Situation von Menschen mit Behinderung am deutschen Arbeitsmarkt am zehnten Geburtstag der Konvention immer noch durch eine starke Benachteiligung geprägt. A. Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen dauerhaft überdurchschnittlich hoch Menschen mit Behinderung sind in Deutschland deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit erfasst die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen. Diese lag 2015 bei 13,4 Prozent, die vergleichbare allgemeine Arbeitslosenquote betrug 8,2 Prozent. Seit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesregierung in 2009 erfolgten überwiegend bewusstseinsbildende Maßnahmen zur besseren Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt. Diese haben jedoch hinsichtlich des Abbaus der Arbeitslosigkeit keine nennenswerten Erfolge gebracht. Im Gegenteil, die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen ist langsamer gesunken, als die allgemeine Arbeitslosigkeit. Der Abstand zwischen beiden Gruppen hat sich seit 2009 sogar deutlich vergrößert. Gliederung: A. Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen dauerhaft überdurchschnittlich hoch B. Arbeitsmarktmaßnahmen stark gekürzt C. Besonderes Problem: Zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit D. Bessere Betreuung notwendig: Initiative DGB und BDA E. Mehr schwerbehinderte Erwerbspersonen, aber Beschäftigungspflicht wird nur unzureichend erfüllt F. Was bringt das Bundesteilhabegesetz? G. Was bleibt zu tun? Forderungen des DGB Auch in dem zweiten Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, den die Bundesregierung im Sommer 2016 verabschiedet hat, benennt sie keinerlei Zielsetzungen oder aus Sicht des DGB geeignete Maßnahmen, um die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen tatsächlich zu senken.

Grafik 1: Arbeitslosenquoten im Verlauf 19,0% 17,7% 17,0% 15,0% 15,8% 14,7% 14,6% 14,8% 14,8% 14,1% 14,0% 13,90% 13,40% 13,0% 12,0% 11,5% 11,0% 9,0% 10,0% 10,5% 10,0% 9,1% 8,8% 8,8% 8,60% 8,20% 7,0% 5,0% 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Allgemein (1) Schwerbehinderte (2) B. Arbeitsmarktmaßnahmen stark gekürzt Um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben zu fördern, gibt es in Deutschland ein breites Angebot, welches die Ausgestaltung von Arbeitsplätzen, die Qualifizierung behinderter Menschen und Zuschüsse an Arbeitgeber umfasst. Bei der Förderung arbeitsloser Menschen mit Behinderung hat die damalige Bundesregierung 2010 jedoch tiefgreifende Sparmaßnahmen beschlossen. Seitdem wurden die Mittel deutlich gekürzt, begründet mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit nach der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2009/2010. Allerdings gehen die Kürzungen weit über den Rückgang der Arbeitslosigkeit hinaus. So ist die Zahl der Arbeitslosen in 2015 im Vergleich zu 2009 um 18 Prozent gesunken. Die Zahl der Teilnehmenden in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ist mit 46 Prozent jedoch weitaus stärker zurückgegangen. Die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen ist entgegen dem Trend sogar gestiegen (um 6 Prozent). Diese Entwicklung wurde jedoch nicht durch eine besondere Förderung mit Maßnahmen abgefangen. Im Gegenteil, auch bei den Maßnahmen für schwerbehinderte Menschen gab es 34 Prozent weniger Teilnehmende als in 2010. Schwerbehinderte Menschen sind durch die Kürzungen der Bundesregierung damit sogar stärker betroffen. Seite 2

Tabelle 1: Arbeitslose, insgesamt Entwicklung Arbeitslose und Teilnehmende in ausgewählten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen Teilnehmer in Maßnahmen insgesamt Arbeitslose, schwerbehindert Schwerbehinderte Teilnehmer in Maßnahmen insgesamt 2009 2015 Veränderung in % 3.414.531 2.794.664-18% 963.729 520.732-46% 168.096 178.809 +6% 48.157 31.920-34% Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Berechnungen des DGB C. Besonderes Problem: Zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit Eine Schwerbehinderung ist ein deutliches Vermittlungshemmnis. In allen Altersgruppen sind prozentual mehr Schwerbehinderte länger als 12 Monate arbeitslos, als nicht Schwerbehinderte. Dies gilt insbesondere für die unter 45-Jährigen. Bei den über 45-Jährigen nähern sich die Anteile an. Kommt zu der Schwerbehinderung ein höheres Alter, sind die Chancen nach Job-Verlust auf eine neue Beschäftigung äußerst gering. Für die über 55- Jährigen gilt - ob schwerbehindert oder nicht - mehr als die Hälfte ist länger als ein Jahr arbeitslos. Im Vergleich zu 2009 hat sich der Anteil der Langzeitarbeitslosen in fast allen Altersgruppen mit und ohne Schwerbehinderung erhöht. Nur bei den über 55 Jährigen ist er gleich hoch geblieben. Da längere Arbeitsunfähigkeitszeiten die Arbeitslosigkeit genauso unterbrechen, wie die Teilnahme an Maßnahmen, ist bei ehrlicher Betrachtung der Anteil der Personen die langzeitarbeitslos sind, weil sie längere Zeit kein Beschäftigungsverhältnis hatten, noch höher, als durch die Statistik abgebildet. Seite 3

Tabelle 2: 2015 (2009) nicht Anteil der Langzeitarbeitslosen an Arbeitslosen im Hartz-IV-System nach Altersgruppen schwerbehindert schwerbehindert 15-24 Jahre 25-34 Jahre 35-44 Jahre 45-54 Jahre über 55Jahre 17% (14%) 39% (38%) 50% (49%) 55% (53%) 61% (61%) 26% (23%) 46% (45%) 55% (53%) 58% (56%) 62% (62%) Quelle: Statistik der BA, eigene Berechnungen D. Bessere Betreuung notwendig: Initiative von DGB und BDA Menschen mit einer Behinderung können durch spezielle Reha-Maßnahmen gefördert werden, wie bspw. eine Umschulung, wenn der alte Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann oder eine behindertenspezifische Ausbildung bei Jugendlichen. Diese Rehabilitation ist für die Integration in den Arbeitsmarkt notwendig. Für Menschen, die im Hartz IV-System betreut werden, ist die Wahrscheinlichkeit eine Rehabilitations-Maßnahme zu erhalten, deutlich geringer als in der Arbeitslosenversicherung. In den Jobcentern gibt es keinen eigenen Topf für Rehabilitation. Die Maßnahmen müssen aus dem ohnehin schon knappen Eingliederungstitel finanziert werden. Vor allem kleiner Jobcenter stoßen so schnell an ihre finanziellen Grenzen. Zur Betreuung dieser sogenannten Rehabilitanden (Menschen mit Behinderung) halten die Arbeitsagenturen spezielle Vermittler-Teams vor. Bei den Jobcentern, die für die Betreuung der Langzeitarbeitslosen zuständig sind, gibt es solche Teams jedoch nicht immer. Das hat zur Folge, dass Reha-Bedarf nicht immer erkannt wird. Aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel bei den Jobcentern wird er teilweise auch nicht anerkannt. Von allen Rehabilitanden in der Grundsicherung befanden sich im Juli 2016 nur 18 Prozent in Maßnahmen, bei den Rehabilitanden der Arbeitsagenturen dagegen 73 Prozent. Zusammen mit den Arbeitgebern hat der DGB deshalb eine Initiative im Verwaltungsrat der BA gestartet, mit dem Ziel die Betreuung aller Rehabilitanden bei den Arbeitsagenturen anzusiedeln. Dies hat den Vorteil, dass behinderte Menschen in jedem Fall durch spezialisierte Fachkräfte beraten würden und tatsächlich behindertenspezifische Förderung erhielten. Nach diesem Vorschlag sollen die Vermittler/Innen der Jobcenter die Rehabilitanden zur Arbeitsagentur weiterleiten, die dann das gesamte Reha-Verfahren betreut. Nach Abschluss der Rehabilitation übernehmen die Jobcenter wieder die Vermittlung. Die Kosten für die Maßnahmen für Hartz-IV Bedürftige wurden bislang teilweise durch die Jobcenter getragen bzw. aufgrund der Budgetierung des Haushalts nicht gewährt. Der Vorschlag von DGB und BDA beinhaltet deswegen, dass die Arbeitslosenversicherung für fünf Jahre die Kosten übernimmt. Seite 4

Durch die Übernahme der Kosten durch die Arbeitslosenversicherung könnten nach Einschätzung der Sozialpartner mehr Arbeitslose von passgenauen Reha-Maßnahmen profitieren. Durch das eigene Reha-Budget, welches es bei den Arbeitsagenturen gibt, wird sichergestellt, dass diese Maßnahmen finanziert werden können. Die passiven Leistungen (also Hilfe zum Lebensunterhalt, Wohnung, usw.) erhalten die Teilnehmer weiterhin von den Jobcentern. DGB und BA schlagen vor, dass die Arbeitslosenversicherung diese Mittel fünf Jahre lang aus Beitragsmitteln bezahlt. Eigentlich ist der Bund für die Finanzierung des Hartz-IV-Systems zuständig. Der Vorschlag ist an die Bedingung geknüpft, dass der Bund nach fünf Jahren seiner Verpflichtung tatsächlich nachkommt und die Finanzierung durch eine pauschale Kostenerstattung an die BA übernimmt. Hierfür sind einige gesetzliche Änderungen notwendig. Der Haushalt der BA würde durch die fünfjährige Übernahme der Kosten für Rehabilitanden der Grundsicherung voraussichtlich um 2,9 Milliarden belastet. DGB und BDA sind momentan im Gespräch mit der Politik, damit dieses Vorhaben möglichst noch in der aktuellen Legislaturperiode vom Gesetzgeber umgesetzt werden kann. E. Mehr schwerbehinderte Erwerbspersonen, aber Beschäftigungspflicht wird nur unzureichend erfüllt Insgesamt arbeiteten 2014 ca. 1,1 Mio. schwerbehinderte Menschen in Wirtschaft und Verwaltung. Der Trend ist leicht zunehmend. Allerdings ist auch die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen im gleichen Zeitraum angestiegen. Die steigende Zahl schwerbehinderter Erwerbspersonen (Beschäftigte und Arbeitslose) ist auch auf den demografischen Wandel in Deutschland zurückzuführen, mit einem wachsenden Anteil an älteren und schwerbehinderten Menschen an der Bevölkerung allgemein. Tabelle 3: Schwerbehinderte Erwerbspersonen Schwerbehinderte 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Erwerbspersonen schwerbehinderte 1.018.115 1.039.382 1.070.450 1.102.944 1.125.035 1.152.365 k.a. Beschäftigte schwerbehinderte Arbeitslose 168.133 175.357 180.315 176.040 178.632 181.110 178.809 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Seite 5

In Deutschland haben Unternehmen ab 20 Beschäftigte die Pflicht, mindestens 5 Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Erfüllen sie diese Beschäftigungspflicht nicht, müssen sie eine gestaffelte Ausgleichsabgabe zahlen. Wie auch schon in den Vorjahren wurde 2014 die gesetzliche Beschäftigungspflicht mit 4,7 Prozent nicht erfüllt. Die privaten Arbeitgeber weisen eine Beschäftigungsquote von nur 4,1 Prozent auf, die öffentlichen Arbeitgeber von 6,6 Prozent. Ein Viertel (39.100) der beschäftigungspflichtigen Unternehmen beschäftigen keinen einzigen schwerbehinderten Menschen. Dieser Anteil ist seit Jahren gleichbleibend hoch. F. Was bringt das Bundesteilhabegesetz? Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) bringt einige Neuerungen, die das Potential haben, die Situation von Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt zu verbessern. Am wichtigsten sind die geplanten verbesserten Ressourcen der Schwerbehindertenvertretung. Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) ist im Unternehmen Experte zu Fragen der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen und von Behinderung bedrohter Menschen, für die Ausgestaltung von barrierefreien Arbeitsplätzen, die Wiedereingliederung erkrankter Beschäftigter und die Zusammenarbeit mit Behörden und Leistungsträgern. Durch eine Freistellung ab 100 schwerbehinderten Beschäftigten, statt bislang ab 200 schwerbehinderten Beschäftigten, gewinnt die SBV mehr Zeit für ihre anspruchsvolle Arbeit. Zweitens, ist das Budget für Arbeit zu nennen. Dieses ist theoretisch ein gutes Instrument, um mehr Übergänge aus der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) an den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Allerdings bleibt abzuwarten, in welchem Umfang dadurch tatsächlich Arbeitsplätze entstehen. Auf die Arbeitslosenquote hat dieses neue Instrument keinen Einfluss, WfbM-Beschäftigte sind nicht erwerbsfähig und werden nicht als arbeitslos erfasst. Drittens setzt das BTHG auch im Bereich Abbau von Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung an, indem Modellvorhaben im Hartz IV-System gefördert werden und die Zielgruppe von Integrationsfirmen erweitert wird. Dies bleiben aus Sicht des DGB jedoch sehr kleinteilige Maßnahmen, eine tatsächliche strukturelle Verbesserung bei der Vermittlung und Förderung von behinderten Arbeitslosen durch flächendeckend spezielle Vermittler und eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung findet nicht statt. Seite 6

G. Was bleibt zu tun? Forderungen des DGB Ziel der Bundesregierung sollte es sein, die dauerhaft überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen abzubauen. Dafür müssen wieder ausreichende Mittel für die Förderung von arbeitslosen schwerbehinderter Menschen im Hartz IV System bereitgestellt werden. Neben einer gezielten Förderung arbeitsloser schwerbehinderter Menschen ist es wichtig, die Bereitschaft der Unternehmen zu erhöhen, Menschen mit Behinderung einzustellen. Hier wurde von Seiten der Bundesregierung in den letzten Jahren viel informiert und aufgeklärt. Die Sensibilisierung der Unternehmen ist eine wichtige Maßnahme, deshalb hat sich der DGB auch an verschiedenen Informationskampagnen für Unternehmen beteiligt. Allerdings müssen die Unternehmen zusätzlich stärker als bislang dazu angehalten werden, ihre Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Menschen ernst zu nehmen. Zu diesem Zweck sollten die Beiträge zur Ausgleichsabgabe zumindest für die Unternehmen deutlich angehoben werden, welche die Beschäftigungsquote gar nicht bzw. nur unzureichend erfüllen. Es gibt ca. 39.000 Unternehmen (26%), die keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Der DGB schlägt deshalb vor: Bei einer Beschäftigungsquote von 3 bis weniger als 5 Prozent wird die Ausgleichsabgabe pro fehlendem Arbeitsplatz/Monat zukünftig von 125 Euro auf 250 Euro angehoben. Bei einer Beschäftigungsquote von 2 Prozent bis weniger als 3 Prozent wird die Ausgleichsabgabe pro fehlendem Arbeitsplatz/Monat zukünftig von 220 Euro auf 500 Euro angehoben. Bei einer Beschäftigungsquote von weniger als 2 Prozent wird die Ausgleichsabgabe pro fehlendem Arbeitsplatz/Monat zukünftig von 320 Euro auf 750 Euro angehoben. Seite 7

Impressum Herausgeber: DGB Bundesvorstand Abteilung Arbeitsmarktpolitik Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin Telefon: 030-24060 729 www.dgb.de Mail: ais@dgb.de verantwortlich: Annelie Buntenbach Kontakt: Johannes Jakob, Silvia Helbig Stand: Dezember 2016 Sie können die DGB-Publikation Arbeitsmarkt aktuell und andere DGB-Informationen zur Arbeitsmarktpolitik druckfrisch per Mail bekommen. Arbeitsmarkt aktuell erscheint mit Analysen und Statistiken ca. 8 bis 10 Mal im Jahr und wird im PDF-Format verschickt. Es ist notwendig, dass Sie sich einmalig in die Verteilerliste eintragen. Folgen Sie diesem Link: http://www.dgb.de/service/newsletter (Bitte Arbeitsmarkt aktuell - Newsletter Arbeitsmarktpolitik mit einem Häkchen markieren). Zum Abbestellen von Arbeitsmarkt aktuell benutzen Sie bitte folgenden Link: https://www.dgb.de/service/newsletter?unsubscribe=dgb.bv.arbeitsmarktpolitk Seite 8