Dipl.-Ing. Paul Erdmann und Dr.-Ing. Roman Wahlen, Regensdorf-Watt (Schweiz)

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Transkript:

Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 in Berlin Besondere Herausforderungen an den Tunnel- und Spezialtiefbau unter komplexen geotechnischen Randbedingungen Dipl.-Ing. Paul Erdmann und Dr.-Ing. Roman Wahlen, Regensdorf-Watt (Schweiz) Die bestehende U-Bahn-Linie U5 in Berlin endet im Bereich Berlin-Mitte bei der U-Bahn Station Alexanderplatz. Geplant und derzeit im Bau ist die Herstellung eines ca. 2,2 km langen Lückenschlusses der Trasse zwischen den bestehenden Tunnelanlagen am Berliner Roten Rathaus und der Station Brandenburger Tor. Baubeginn war im Frühjahr 2012. Im Schildvortriebsverfahren werden zwei parallele Tunnel mit einer Länge von jeweils ca. 1,6 km hergestellt. Die Unterfahrung der Uferwände der Spree, die Berücksichtigung des Neubaus des Berliner Schlosses und der Anschluss an die bestehende Station Brandenburger Tor stellen besondere Herausforderungen an Planung und Ausführung des Schildvortriebs dar. Für die fehlende Verbindung der U-Bahn- Linie U5 zwischen den Haltestellen Alexanderplatz und Brandenburger Tor ist der Lückenschluss geplant. Die bestehende U-Bahn-Linie U5 in Berlin endet derzeit am Bahnhof Alexanderplatz. Mit der neu geplanten Trasse des Lückenschluss ist vorgesehen, die bestehenden Tunnelanlagen am Berliner Roten Rathaus mit dem Bahnhof Brandenburger Tor zu verbinden. Im Zuge der Baumaßnahmen der Verkehrsanlagen im zentralen Bereich wurde bereits der Tunnelabschnitt (U-Bahnlinie U55) vom Hauptbahnhof bis zum Brandenburger Tor erstellt. Über die Verbindung der U55 mit der neu geplanten U5 erhält Berlin-Mitte Anschluss an den Hauptbahnhof. Das Projekt U5 in Berlin umfasst den Neubau von drei U-Bahnhöfen und einer verbindenden zweigleisigen Tunneltrasse, die im Schildvortrieb erstellt wird. Das Projekt ist in zwei Baulose unterteilt. Los 1 um - fasst die Gleiswechselanlage (GWA), den Bahnhof Museumsinsel (MUI), den Bahnhof Unter den Linden (UDL), den Anschluss an den Bahnhof Brandenburger Tor (BRT) sowie die diese Bahnhöfe verbindenden Tunnelanlagen. Das Los 2 beinhaltet den Neubau des Bahnhofes Berliner Rathaus sowie den Anschluss an den Bestandstunnel Richtung Alexanderplatz. Die Linienführung der Trasse sieht vor, die neue U-Bahn-Linie innerstädtisch in Tunneln von dem neu zu erstellenden Bahnhof Rotes Rathaus unter der Spree, unterhalb des zukünftigen Neuen Berliner Schlosses und dem Spreekanal entlang der Straße Unter den Linden zum Bahnhof Brandenburger Tor zu führen. Die Länge des Lückenschlusses beträgt ca. 2,2 km vom Anschluss an den Bestand östlich des zukünftigen Bahnhofs Rotes Rathaus bis zum Anschluss an den bestehenden Bahnhof Brandenburger Tor (Abb. 1). Es sind zwei parallele Tunnelröhren mit einer Länge von jeweils ca. 1,6 km geplant. Die Tunnel werden von einer Tunnelvortriebsmaschine mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust im sog. Schildvortriebsverfahren hergestellt. Hierbei haben die Unterfahrung der Uferwände der Spree und des Spreekanals, die Berücksichtigung des Neubaus des zukünftigen Neuen Berliner Schlosses und der Anschluss an den bestehenden Bahnhof Brandenburger Tor besonderen Einfluss auf die Planung und die Ausführung des Schildvortriebs. Es werden drei neue Bahnhöfe in offener Bauweise sowie in Deckelbauweise hergestellt. Der Bahnhof Rotes Rathaus wird in Deckelbauweise in unmittelbarer Nähe zum Berliner Roten Rathaus gebaut. Der Bahnhof beinhaltet den Anschluss an die sich im Betrieb befindenden Tunnelanlagen (Abstellanlagen) der bereits bestehenden Strecke der U5. Im weiteren Verlauf des Bahnhofs ist eine Gleiswechselanlage in offener Bauweise und bereichsweise in Deckelbauweise geplant. Hier beginnt die Schildfahrt. Der Bahnhof Museumsinsel wird im Be - reich des Spreekanals liegen. Die Planung sieht vor, den Bahnsteigbereich des Bahnhofs von den beiden Bahnhofsschächten aus im Schutze einer Bodenvereisung in Bergmännischer Bauweise herzustellen. Abb. 1: Übersicht der Linienführung vom Bahnhof Rotes Rathaus (rechts) zum Brandenburger Tor (links) 2 www.baumaschine.de/tunnelbau + Gründungen BauPortal 6 7/2014

Im Bahnhof Unter den Linden kreuzen sich die bestehende U-Bahnlinie U6 und die neue U5. Für die Konstruktion des Kreuzungsbauwerkes müssen die bestehenden Tunnel unterirdisch abgerissen und zur Realisierung der Umsteigebeziehungen neu erstellt werden. Geologie Berlin Mitte wird durch das ost-westlich verlaufende Berliner Urstromtal geprägt. Es entstand als Teil des Warschau-Berliner Urstromtals am Ende der letzten Eiszeit und ist durch mächtige Sand- und Kiesablagerungen gekennzeichnet, die als Grundwasserspeicher dienen. Lokal werden die Sande von organisch durchsetzten Sanden oder Torf und Mudde mit teilweise großen Mächtigkeiten überlagert. Insbesondere im Bereich zwischen der Spree und dem Spreekanal können oberhalb der Sande anstehende Schichten, bestehend aus Faulschlamm sowie organisch durchsetzten Sanden und Schluffen, bis in den Ausbruchquerschnittbereich des Schildvortriebs hineinreichen. Für die Herstellung der Bahnhöfe ist es im Bereich des Bahnhofs Museumsinsel erforderlich, die Gründung des Bauwerks bis in die unter den Sanden anzutreffenden Mergelschichten abzuteufen. Die Ergebnisse der Erkundungen weisen ein wahrscheinliches Antreffen von großen Steinen und Blöcken während der Herstellung der Schlitzwände und während des Schildvortriebs auf. Die sandigen Böden wurden aufgrund ihres Quarzgehaltes als stark abrasiv angesprochen. Der Grundwasserspiegel liegt im Mittel ca. 3 m unter der Geländeoberfläche. Die mächtigen Tal- und Schmelzwassersande bilden im untersuchten Gebiet und dessen Umgebung einen zusammenhängenden ergiebigen Grundwasserleiter. Schildvortrieb mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust Die Tunnel werden im Schildvortrieb mit einer flüssigkeitsgestützten Ortsbrust aufgefahren. Die Tunnelvortriebe beginnen im Startschacht in der Gleiswechselanlage und enden vor dem Bahnhof Brandenburger Tor. Der Innendurchmesser der Tunnelröhren beträgt 5,70 m. Die Tunnelröhren werden mit Stahlbetontübbings ausgekleidet. Es ist ein Blocktübbingring mit einer Dicke von 35 cm vorgesehen. Die Ringbreite wird konisch ausgeführt und beträgt im Mittel 1.500 mm (Abb. 2). Die Dichtung der Tübbingfugen erfolgt mittels eines in einer Nut eingebetteten geschlossenen Elastomerrahmens. Die Dichtung ist auf einen max. Wasserdruck von 3 bar zu bemessen. In den Tübbings ist ein Bohrraster vorgesehen, das es ermöglicht, den Ringspalt nachzuinjizieren. Die Tunnelröhren werden nacheinander aufgefahren. Es ist vorgesehen, zuerst die Tunnelröhre für Gleis 1, danach die Röhre für Gleis 2 vorzutreiben. Die Anfahrt der Schildvortriebsmaschine erfolgt im Startschacht im Bereich der Gleiswechselanlage (Abb. 3). Die Herstellung der Baugrube für den Startschacht und die Gleiswechselanlage erfolgt mittels Schlitzwandbauweise. Die im Zuge des Schildvortriebs zu durchörternde Baugrubenwand wird im Bereich der Schilddurchfahrt mit Glasfaserbewehrung hergestellt. Für die Anfahrt ist ein redundantes Dichtungssystem, bestehend aus Anfahrtopf mit Lippendichtungen, aufblasbarer Notdichtung sowie aus einem erdseitig vor der Schlitzwand hergestellten Düsenstrahl-Körper (DSV-Körper), vorgesehen. Die Vortriebe erfolgen nach Herstellung der Baugrubenumschließungen für die Bahnhofsbauwerke und vor dem Lenzen und Aushub der Baugruben. Innerhalb der Baugruben ist der Stützdruck aufgrund des in den Baugruben vorhandenen kleineren beaufschlagbaren Bodenvolumens für den Vortrieb zu reduzieren. Aus diesem Grund ist der in den Baugruben vorhandene Wasserdruck mittels der für den Lenzvorgang vorgesehenen Brunnen an den aufzubringenden erforderlichen Stütz druck anzugleichen. Besondere Herausforderungen des Schildvortriebs Der Schildvortrieb unterfährt die Spree, den Bereich des ehemaligen Palastes der Republik, auf dessen Gründung teilweise das zukünftige Berliner Schloss (Humboldtforum) errichtet wird, den Spreekanal, das Bertelsmann-Gebäude, den Lindentunnel, das Reiterstandbild Friedrich des Großen sowie den S-Bahntunnel der Nord-Süd- Bahn im Bereich Unter den Linden. Nachfolgend wird auf die Spreeunterfahrung und die Unterfahrung des Humboldtforums näher eingegangen. Weiterhin werden die in diesem Los herzustellenden Bahnhöfe Museumsinsel und Unter den Linden sowie der Anschluss an den bestehenden Bahnhof Brandenburger Tor betrachtet. Mit dem Vortrieb des Tunnels für Gleis 1 wurde im Juni 2013 begonnen. Unterfahrung der Spree Die Unterfahrung der Spree stellt aufgrund der Geologie und des Abstands zur Gewässersohle von ca. 6 m besondere Anforderungen an den Schildvortrieb. Der Schildvortrieb stößt unter den gegebenen Randbedingungen ohne zusätzliche Maßnahmen an die Grenze der Machbarkeit. Abb. 2: Regelquerschnitt Abb. 3: TBM während des Einrichtens im Startschacht BauPortal 6 7/2014 www.baumaschine.de/tunnelbau + Gründungen 3

Um die Sicherheit zu erhöhen und ein Aufbrechen des Bodens zu verhindern sollte die Gewässersohle unter Berücksichtigung der Aufrechterhaltung des Schiffsverkehrs ursprünglich entweder mit Stahlplatten oder Schwerbetonwürfeln ballastiert werden. In der Ausführung wurde eine Alternative zu den vorgesehenen Ballastierungen der Fluss-/Kanalsohle ausgearbeitet. Dieser Alternativvorschlag sieht vor, die durch die Ballastierung rechnerisch nachweisbaren Sicherheiten gegen Ausbläser und Aufbrechen des Bodens durch den Einsatz einer Stützflüssigkeit höherer Dichte zu erreichen und die sog. High-Density- Suspension-Method (HDSM) anzuwenden. Zum Nachweis der Gleichwertigkeit und Wirksamkeit der Methode im anstehenden Boden wurde ein in-situ-testfeld vorgesehen, in dem verschiedene Suspensionsdichten im Zusammenspiel mit Vortriebsmaschine und Boden vor Ort getestet wurden. Hierzu wurde zwischen Startschacht und Spree ein etwa 50 m langes Testfeld eingerichtet. Zum Einsatz im Bereich der Unterfahrung der Spree und des Spreekanals kam eine Stützflüssigkeit mit einer Dichte von 1,3 1,4 g/cm 3. Die Vortriebsmaschine und die Separierung mussten für die Herstellung, das Handling und die Aufbereitung der Suspension erhöhter Dichte umfangreich modifiziert werden. Der Schildvortrieb unterhalb der Spree und des Spreekanals verliefen störungsfrei und die gemessenen Setzungen an der Oberfläche lagen durchschnittlich unter 1 cm. Abb. 4: Ziehen der Spundwandprofile Am westlichen Spreeufer ragt eine Spundwand, die als Teil der Baugrubensicherung im Zuge der Herstellung des Palastes der Republik im Boden belassen wurde, in den Querschnitt des Schildvortriebs hinein. Die Spundwand wurde ca. im Jahr 1970 erstellt. Der im Vortriebsquerschnitt liegende Teil der Spundwand sollte in einer temporären Baugrube in der Spree unter Einsatz von Tauchern im Pilgerschrittverfahren zurückgebaut werden. Die Funktion der Spundwand als Uferwand einer Bundeswasserstrasse musste erhalten bleiben. In der Ausführung wurde auf die Herstellung der Baugrube verzichtet und das Ziehen der Spundwandbohlen vorgesehen. Es ist gelungen, die 40 Jahre alten und in den Schlössern verschweißten Spundwandprofile einzeln soweit wie notwendig aus dem Tunnelquerschnitt zu ziehen und zu kürzen. Der Schildvortrieb konnte somit hindernisfrei durchgeführt werden. Unterquerung des zukünftigen Berliner Schlosses Als der Palast der Republik abgerissen wurde, musste die massive Fundamentplatte im Boden bleiben. Sie hätte nur im Zusammenhang mit einer erheblichen, heute aber nicht mehr zulässigen Grundwasserabsenkung zurückgebaut werden können. Die Bodenplatte wird demzufolge in den Neubau des Berliner Schlosses integriert. Der Bau des neuen Berliner Schlosses startete im März 2012 mit der Vergabe des Bauloses Baugrube neues Berliner Schloss. Die Bauarbeiten werden gleichzeitig mit den Tunnelvortriebsarbeiten ausgeführt. Das heißt, dass sowohl die Bodenplatte als auch die Baugrube von der Schildmaschine unterquert werden. Dieses hat verschiedene Abhängigkeiten beider Projekte untereinander zur Folge, die vor allem den Schildvortrieb in Bezug auf die in kurzer Folge unterschiedlichen Stützdruckverhältnisse und die aufeinander abzustimmenden Bauablaufpläne beider Baumaßnahmen beeinflussen. Im Bereich des neuen Berliner Schlosses wurde während der Tunnelvortriebsarbeiten eine historische Pfahlgründung entdeckt. Es handelt sich um die Überreste der Gründung eines ehemaligen nahezu 100 m hohen Münzturms. Die Pfähle sind teilweise 400 Jahre alt. Sie haben eine Länge von ca. 11 m und einen Durchmesser von ca. 30 cm. Der Abstand der Pfähle untereinander beträgt ca. 40 cm (Abb. 5). Im Bereich der Schilddurchfahrt wurden die Pfähle vollständig gezogen. Bahnhof Museumsinsel Der Bahnhof Museumsinsel beginnt am östlichen Spreekanalufer und endet im Bereich der Kommandantur (Abb. 6). Das Bauwerk besteht aus zwei Schächten an den Enden des Bahnhofs mit den zugehörigen Zugängen und Verteilerebenen sowie den dazwischen liegenden Bahnsteigröhren. Die Schächte werden in Deckelbauweise mit einer maximalen Tiefe bis zu 43 m hergestellt. Die Sohlsicherung der Baugruben erfolgt mittels tiefliegender DSV-Sohlen und darüber liegenden Aussteifungsrosten. Bevor der maschinelle Tunnelvortrieb den Bahnhofsbereich erreicht, werden die Verbauwände der späteren Baugruben für die Schächte in Schlitzwand-Bauweise er - stellt. Die zu durchörternden Baugruben- Abb. 5: Berliner Schloss, 400 Jahre alte Gründung 4 www.baumaschine.de/tunnelbau + Gründungen BauPortal 6 7/2014

Bahnhof Unter den Linden Der im Grundriss T-förmige Kreuzungsbahnhof liegt in Ost-West-Richtung unter der Straße Unter den Linden und in Nord- Süd-Richtung unter der Friedrichstraße. Abb. 6: Lageplan Bahnhof Museumsinsel Abb. 8: Beispiel Ergebnis der thermischen Berechnung wände werden für die Durchörterung mit Schildvortriebsmaschine im Bereich des Ausbruchquerschnitts mit GFK-Bewehrung ausgeführt. Vor den Baugrubenwänden werden erdseitig DSV-Körper hergestellt, um eine definierte Abdichtung des Ringspaltes zwischen Tübbing und Schlitzwand mit Ringspaltmörtel erzielen zu können. Die Bahnsteighalle liegt im Bereich des Spreekanals und wird im Schutze eines Frostkörpers in bergmännischer Bauweise hergestellt. Die minimale Überdeckung zwischen Frostkörper und Spreekanalsohle beträgt ca. 4,50 m. Der Frostkörper wird mittels maximal 105 m langer horizontaler gesteuerter Bohrungen hergestellt. Aufgrund der Bahnhofsgeometrie ist es erforderlich, die Bohrungen in ihrer ge - samten Länge von einer Seite auszuführen. Die planmäßige statische Dicke des Frostkörpers beträgt 2 m (Abb. 7 und 8). Die Bahnsteighalle wird in einem dreizelligen Querschnitt, bestehend aus einem Mittel- und zwei Seitenstollen, ausgebrochen. Der Bauablauf sieht vor, zunächst den Mittelstollen und dann zeitlich versetzt die Seitenstollen im bergmännischen Kalottenvortrieb mit unmittelbarem Sohlschluss aufzufahren. Der Ausbruch erfolgt mit einer Fräse. Die Stollen werden mit Spritzbeton gesichert. Der Vortrieb der Seitenstollen erfolgt im Zuge einer Querschnittsaufweitung im Bereich der Tübbingröhren. Hierzu sind die Tübbingröhren in Teilflächen abzubrechen und der Ausbruch ist zu sichern. Der Einbau der be - wehrten Innenschale im Mittelstollen er - folgt bevor die Querschnittsaufweitung in den Seitenstollen beginnt. Den Vortrieben in den Seitenstollen nachfolgend werden die bewehrten Innenschalen in den Seitenstollen hergestellt und mit der Innenschale des Mittelstollens kraftschlüssig verbunden. Die Dicke der Innenschalen variiert und beträgt mind. 45 cm (Abb. 9). Abb. 7: Frostkörper Bahnhof Museumsinsel Abb. 9: Ausbruchfolge der Teilflächen im Bereich Bahnhof Museumsinsel BauPortal 6 7/2014 www.baumaschine.de/tunnelbau + Gründungen 5

Im Bahnhofsbereich Unter den Linden kreuzen sich zukünftig die bestehende Linie U6 und die neue Linie U5 (Abb. 10). Der Bahnhof Unter den Linden wird in verschiedene Baufelder unterteilt erstellt. Für die Herstellung des neuen Kreuzungsbahnhofs mit einer Umsteigebeziehung zwischen der bestehenden U6 und der neuen U5 wird ein Teilstück der U6 neu errichtet. Hierzu ist es notwendig, die U6 für den Zeitraum von ca. einem Jahr außer Betrieb zu nehmen. Das neue Teilstück der U6 wird ebenfalls im Schutze einer Schlitzwandbaugrube errichtet. Da die U6 im späteren Betrieb von der U5 unterfahren wird, ist die Konstruktion des neuen U6- Tunnels als Brücke ausgebildet. Der Anschluss an den Be stand erfolgt im Schutze von abdichtenden DSV-Körpern. Die außenliegende Dichtung des Bestands tunnels ist hierbei für den An - schluss an die Abdichtung des neuen U6- Tunnels freizulegen und instand zu setzen. Der Bahnhof wird in Deckelbauweise errichtet. Im östlichen Teil wird für den Bau der Zugänge zur Bahnhofsebene eine offene Baugrube benötigt. Analog zum Bahnhof Museumsinsel besteht der Baugrubenverbau aus Schlitzwänden mit einer Tiefe von bis zu 35 m sowie einer tiefliegenden Dichtsohle. Die Konstruktion des Bahnhofs sieht vor, Decken herzustellen, die über eine Länge von bis zu 40 m fugenlos zu betonieren sind. Dies stellt besondere Anforderungen an die Herstellung und Verarbeitung des Betons. Die Schildvortriebsmaschine durchfährt den Bahnhof nach der Herstellung der Baugrubenumschließungen und der Herstellung des neu erstellten Teilstücks der U6. Die Baugruben sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgehoben und ge - lenzt. Zur gesicherten Abdichtung der Fugen werden auf der Außenseite der Schlitzwände DSV-Säulen erstellt und die Fuge zwischen Schlitzwand und Tübbingring wird nachinjiziert. Auf Gleis 2 hat die Schildvortriebsmaschine einen Bereich zu durchörtern, in dem zuvor Anker und Verpresskörper aus ehemals erstellten Baugruben benachbarter Gebäude zu bergen sind. Die Anker und Verpresskörper werden überbohrt und die Ankerteile dem Schildvortrieb vorlaufend geborgen. Anfahrt Bahnhof Brandenburger Tor Die Tunnelröhren schließen an die östliche Baugrubenwand des östlichen Bahnhofschachtes (Bauwerk 129) des Bahnhofs Brandenburger Tor an. Der Bahnhof wurde als bewehrtes Stahlbetonbauwerk im Schutze eines bewehrten Schlitzwandverbaus (Baugrubenverbau d = 1,20 m) er - stellt. In der östlichen Stirnwand des Bauwerkes 129 wurden bereits Fugenbänder verwahrt eingebaut. Die Fugenbänder und ein Übergangsblock ermöglichen den wasserdichten Anschluss der Tunnelinnenschale an die bestehende Stirnwand. Hierzu wird die für die Einfahrt der Schildvortriebsmaschine vorgesehene unbewehrte Schlitzwand mit einer Dicke von 1,50 m durch einen DSV-Körper mit einer Länge von ca. 10 m ergänzt (Abb. 11). Die Schildvortriebsmaschine fährt in den DSV-Körper und die unbewehrte Schlitzwand soweit hinein, bis ein sicheres Abdichten der Vortriebsmaschine möglich ist. Rund um den Schildmantel ist nun nacheinander unter Druckluft der Spalt im Schneidenraum und der Schildmantel sowie atmosphärisch der Spalt zwischen Schildschwanz und letztem Tübbingring abzudichten. Bevor die Druckluftbeaufschlagung abgesenkt wird, muss von der Geländeoberfläche aus ein Frostkörper erstellt werden, der es ermöglicht, die wasserführende Fuge zwischen Stirnwand und bewehrter Schlitzwand, die herstellungsbedingten Längsfugen zwischen den Schlitzwandlamellen sowie die Fuge zwischen bewehrter und unbewehrter Schlitzwand abzudichten. Hierzu werden Gefrierund Temperaturmessbohrungen in zwei hintereinanderliegenden Reihen in der bewehrten Schlitzwand als Kernbohrungen abgeteuft. Das Aufgefrieren soll mit Sole erfolgen. Erst wenn alle Fugen dicht sind, kann mit dem Rückbau der Schildvortriebsmaschine begonnen werden. Abb. 10: Bahnhof Unter den Linden, Längsschnitt U6, Querschnitt U5 Abb. 11: Anfahrt Bahnhof Brandenburger Tor, Längsschnitt, Querschnitt Kreuzungsbereich 6 www.baumaschine.de/tunnelbau + Gründungen BauPortal 6 7/2014

Der Rückbau und die Bergung der Schildvortriebsmaschine sind aus betrieblichen und sicherheitstechnischen Gründen vom Bahnhof aus nicht möglich. Der Durchschlag der Tunnelröhren in den Bahnhof hinein kann daher erst nach Rückbau der Schildvortriebsmaschine erfolgen. Die Schildvortriebsmaschine wird nach Ankunft am Bahnhof Brandenburger Tor rückgebaut und zum Startschacht zurücktransportiert. Der Schildmantel verbleibt im Boden. Nach erneuter Montage der Schildvortriebsmaschine kann die Röhre für Gleis 2 aufgefahren werden. Die Schildvortriebsmaschine wird abschließend erneut demontiert und zum Startschacht zurücktransportiert. Analog zur ersten Röhre bleibt der Schildmantel auch in der Röhre von Gleis 2 im Boden. Der Restvortrieb zur Durchörterung der Schlitzwand und der Konstruktionswand erfolgt händisch im Schutze des Frostkörpers. Hierbei ist der Frostkörper durch ein Verlegen der Gefrierrohre an den Ausbruchrand während des Vortriebs aufrecht zu erhalten. Die in der Stirnwand verwahrten Fugenbänder werden freigelegt, aktiviert und in den Übergangsblock der Tunnelinnenschale einbetoniert. Zusammenfassung Beim Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 handelt es sich um ein technisch an spruchs volles Bauprojekt. Die Lage der gewählten Gradiente resultiert aus den planerischen Zwangspunkten, wie z.b. der Unterfahrung der Spree und des Spreekanals sowie der angrenzenden Bebauung. Die anzusetzenden Grundwasserstände und die hieraus resultierenden erforderlichen Abmessungen der einzelnen Bauteile machen einen Einsatz der gewählten Bauverfahren bis in den bisher bekannten Grenzbereich erforderlich. Dies trifft für die Teufe der erforderlichen Bohrungen zur Herstellung der tiefliegenden DSV-Sohlen genauso zu wie für die Länge der gesteuerten Gefrierbohrungen für den Frostkörper im Bereich des Bahnhofs Museumsinsel. Im Bereich der Schildfahrt konnten durch innovative Lösungen Alternativen gefunden werden, die die Beherrschung des Schildvortriebs im Grenzbereich erleichtern. Dabei wurde das der Planung zu grunde liegende Sicherheitsniveau in Be zug auf die möglichen geotechnischen Versagensmechanismen nicht geändert und aufrecht erhalten. Die Herstellung der Bahnhöfe ist so weit fortgeschritten, dass die Bahnhöfe Museumsinsel und Unter den Linden für die Schilddurchfahrt bereits nahezu fertig vorbereitet sind. Der Vortrieb befindet sich auf Gleis 1. InnoTrans 2014 23. 26. SEPTEMBER BERLIN Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik Innovative Komponenten Fahrzeuge Systeme innotrans.de THE FUTURE OF MOBILITY Literatur Erdmann, P., Brenner, T., Schmeiser, J., Weizenegger, M. 2011. Design Aspects of the Underground Line U5 in Berlin, Closing the Gap between the Stations Alexanderplatz and Brandenburger Tor. In: Forschung + Praxis, U-Verkehr und unterirdisches Bauen, Vorträge zur STUVA-Tagung 2011. Gütersloh: Bauverlag BV GmbH Breitsprecher, G., Seegers, J. und Hass, H. 2012. Zum Weiterbau der U-Bahnlinie U5 in Berlin-Mitte. In: Bautechnik 89 (2012, Heft 9, Ernst & Sohn Verlag GmbH und Co KG www.bvg.de. 2013. Homepage of BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) Autoren: Dipl.-Ing. Paul Erdmann und Dr.-Ing. Roman Wahlen, Amberg Engineering AG BauPortal 6 7/2014