Spreizfuß mit Hallux valgus Möglichkeiten und Grenzen der modernen Fußchirurgie OÄ Dr. Katja Scharmann OA Dr. Bernhard Huber Orthopädische Fachklinik Schwarzach
Vor- und Mittelfuß im Röntgenbild 26 Knochen bilden den Fuß des Menschen. Eine Vielzahl von Muskeln, Sehnen und Bändern stabilisieren das knöcherne Skelett und ermöglichen uns den aufrechten Gang. Aufgrund des perfekten Zusammenspiels all dieser Strukturen können wir stundenlang schmerzfrei gehen und laufen. Wird dieses Zusammenspiel jedoch in irgendeiner Weise gestört, macht sich der Fuß schmerzhaft bemerkbar.
Besonders Frauen klagen häufig über eine zunehmend schmerzhafte Fehlstellung der Zehen im Sinne einer Ballenzehe (Hallux valgus) oder auch Krallen- oder Hammerzehe. Ursachen sind: Eine Schwäche der Fußmuskulatur durch fehlende Beanspruchung / fehlendes Training Veranlagung Ungünstiges Schuhwerk Nachgeben des v. a. bei Frauen weicheren Bindegewebes
Spreizfuß mit beginnendem Hallux valgus Die Fehlstellung der Großzehe nimmt, durch die hohe Belastung des Vorfußes und den veränderten Sehnenzug, mit der Zeit zu. Einlagen oder auch Hallux-valgus-Schienen können diesen Prozess nicht aufhalten. Da das Gelenk zunehmend aus der Spur gerät, entstehen Knorpelschäden im Sinne eines vorzeitigen Gelenkverschleißes. Schmerzen im Bereich des Großzehengrundgelenkes, des Ballens aber auch der Fußsohle des Vorfußes sind die Folge.
Spreizfuß mit fortgeschrittenem Hallux valgus und Hammer- bzw. Krallenzehen Später entwickeln sich durch die Bedrängung der Kleinzehen durch die Großzehe zusätzliche Fehlstellungen (Krallenzehen) mit Überlastung der 2.- 4. Mittelfußknochen. Diese Überbeanspruchung führt zu Schmerzen, Hautschwielen der Fußsohle und in schweren Fällen auch zum Überlastungsbruch dieser Knochen.
Ähnliche Fehlstellungen entstehen auch bei entzündlichen Erkrankungen, wie z. B. einer chronischen Polyarthritis, die zur Zerstörung von Bändern und Gelenken führt.
Die Behandlung beginnt meist mit einer Einlagenversorgung bzw. einer Schuhzurichtung. Unter Umständen führt bereits diese Maßnahme zu einer Schmerzlinderung. Fehlstellungen lassen sich hierdurch aber nicht korrigieren und nehmen im Laufe der Zeit zu. Um Folgeschäden zu vermeiden, ist häufig eine operative Therapie sinnvoll.
Operationstechnik bei leichter bis mittlerer Fehlstellung Chevron-Osteotomie Bei leichter bis mittlerer Hallux valgus Fehlstellung wird der knöcherne Ballen entfernt, der 1. Mittelfußknochen nahe der Großzehe durchtrennt und in korrigierter Position z.b. mittels Schraube fixiert. Somit übernimmt der Großzeh wieder mehr Belastung, die übrigen Mittelfußknochen werden entlastet und die Fehlstellung ist korrigiert. Dieses Verfahren ist auch beim Kleinzehenballen möglich.
Chevron-Osteotomie
Operationstechnik bei schwerer Fehlstellung Der 1. Mittelfußknochen wird fern der Großzehe durchtrennt und nach Korrektur mittels Schrauben oder Platte fixiert. Der knöcherne Ballen wird entfernt. Zusätzlich werden verkürzte Bänder und Sehnen gelöst und gelockertes Gewebe gerafft, Fehlstellungen der Kleinzehen werden ebenfalls behoben. Auch hier führt die Korrektur der Fehlstellung wieder zu einer harmonischen Belastung des Vorfußes. Dieses Verfahren ist allerdings etwas aufwändiger als die Chevron-Osteotomie (s.vorn).
Operationstechnik bei schwerster Fehlstellung Bei ausgeprägtem Hallux valgus und fortgeschrittenem Gelenkverschleiß ist mitunter nur noch eine endgültige Fixierung des Großzehengrundgelenkes in korrigierter Position möglich. Fehlstellungen der Kleinzehen werden auch hier bei Bedarf mitversorgt.
Die Therapie von Folgeschäden bei langjähriger Fehlstellung Durch die Fehlstellung der Großzehe entwickelt sich häufig ein Verschleiß des Großzehengrundgelenkes (gelb). Mitunter entsteht auch eine chronische Überlastung des 2. Mittelfußknochens, bis hin zum Knochenbruch (blau), häufig mit Verschleiß des angrenzenden Mittelfußgelenkes (rot). Zunehmende Schmerzen im Bereich Großzehengrundgelenkes und des Fußrückens bei jeglicher Belastung des Fußes sind die Folge.
Operative Therapie von Folgeschäden bei Spreizfuß mit Hallux valgus Durch Stabilisierung der Mittelfußgelenke in korrigierter Position wird in diesen Fällen eine Korrektur der Fehlstellungen, eine Harmonisierung der Lastverteilung im Bereich des Vorfußes und eine deutliche Schmerzberuhigung bis hin zur Beschwerdefreiheit erreicht. Im Gegensatz zu den vorgenannten Operationen handelt es sich hierbei um relativ große Operationen mit entsprechend aufwändiger Nachbehandlung und längerem stationärem Aufenthalt.
Nachbehandlung nach Operationen am Vorfuß Der operierte Knochen sollte zunächst entlastet werden. In der Regel wird hierzu ein spezieller Verbandsschuh verordnet, der in der Regel 6 Wochen getragen werden muss. In Einzelfällen kann eine Gipsnachbehandlung im Gipsschuh oder auch im Unterschenkelgehgips erforderlich sein. Ist der Knochen verheilt, kann normales Schuhwerk getragen werden, wobei mindestens 3 Monate nach der Operation mit einer Schwellneigung des Fußes gerechnet werden muss. Nach Korrektur eines Hallux valgus sollte 3-6 Monate auf modisches Schuhwerk verzichtet werden, um eine stabile Narbenbildung zu ermöglichen und einer erneuten Fehlstellung vorzubeugen.
Zusammenfassung: Eine Instabilität im Bereich des Vorfußes führt im Laufe der Zeit sehr häufig zum Verschleiß der hierdurch überlasteten Fußgelenke. Um die Belastung der Fußgelenke zu reduzieren und Belastungsspitzen zu vermeiden sollte in diesem Fall mindestens eine Bettung des Fußes im Sinne einer Einlagenversorgung erfolgen. Unabhängig davon empfiehlt es sich aber auch, über eine frühzeitige operative Versorgung von Fehlstellungen im Bereich des Vorfußes nachzudenken, um Folgeschäden zu vermeiden und somit einem Verschleiß der angrenzenden Gelenke vorzubeugen. Es gilt Spätschäden zu verhindern.