STELLUNGNAHME

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Transkript:

27.05.2015 STELLUNGNAHME Faire Besteuerung ermöglichen und Existenz von Familienunternehmen in Nordrhein-Westfalen sichern Für eine zukunftsfeste und verfassungskonforme Ausgestaltung der Erbschaftsteuer Antrag der Fraktionen der FDP - Drucksache16/8134 - Vielen Dank für die Gelegenheit, zum Antrag der FDP-Fraktion Für eine zukunftsfeste und verfassungskonforme Ausgestaltung der Erbschaftsteuer Stellung nehmen zu können. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) ist die Privilegierung des Betriebsvermögens im Erbschaftsteuerrecht in der derzeitigen Form verfassungswidrig und spätestens bis zum 01.07.2016 neu zu fassen. Obwohl sich das Urteil nur mit der Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens befasst, bieten die Hinweise des Bundesverfassungsgerichtes einen Anlass, die Erbschafts- und Schenkungssteuer in Deutschland insgesamt einer Überprüfung zu unterziehen. I. Daten zur Erbschaftsteuer Das bundesweite Erbschaftsteueraufkommen hat sich in den letzten Jahren wenig verändert (in Mio. ). Die zweite Zeile weist den Anteil am Gesamtsteueraufkommen dieser Jahre aus. 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2.459 3.056 2.982 3.069 3.021 3.373 4.283 4.097 0,57 % 0,67 % 0,64 % 0,69 % 0,68 % 0,76 % 0,96 % 0,91 % 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 3.763 4.203 4.771 4.550 4.404 4.246 4.305 4.633 0,69 % 0,78 % 0,85 % 0,97 % 0,83 % 0,74 % 0,71% 0,74 %

Stellungnahme Erbschaftsteuer Seite 2 von 5 Bei der Wertung der Schwankungen ist zu berücksichtigen, dass die Erbschaftsteuer im Gegensatz zur Bezugsgröße Gesamtsteueraufkommen keinen konjunkturellen Schwankungen unterliegt. Das BVerfG weist in der Randziffer 41 des genannten Urteils auf statistische Auswertungen hin, nachdem sich der Steuerwert des durch Erbschaft oder Schenkung übertragenen Vermögens in den Jahren 2007 2012 mehr als verdoppelt hat (2007: 33,7 Mrd. ; 2008: 35,3 Mrd. ; 2009: 37,5, Mrd. ; 2010: 40,7 Mrd. ; 2001: 54 Mrd. ; 2012 74,2 Mrd..). Dabei wurden z.b in 2010 lediglich in 6 % der Sterbefälle Erbschaftsteuerveranlagungen durchgeführt. Die Beteiligung der Erbschaftsteuer am Gesamtsteueraufkommen Deutschlands bleibt, trotz erheblich steigender Vermögensübertragungen, in allen Jahren unter 1 %. II. Erbschaftsteuer im Verhältnis zur Vermögensteuer Als zum 01.01.1997 der Vollzug der Vermögensteuer in Deutschland ausgesetzt wurde, verwies der Gesetzgeber auf die Möglichkeit, die dadurch ausfallenden Steuereinnahmen (1996: 4.620 Mio. ) durch Änderungen im Bereich der übrigen Landessteuern, insbesondere bei der Grunderwerbsteuer und bei der Erbschaftsteuer, auszugleichen. Bei der Grunderwerbsteuer erfolgte sehr zügig eine grundlegende Reform, die zu einer deutlichen Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, zur Anhebung des Steuersatzes zunächst von 2 auf 3,5 % und der Besteuerung von Erwerbsvorgängen auch im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser führte. Die Erbschaftsteuer wurde erst 2008 grundlegend reformiert. Die bis dahin steigenden Steuereinnahmen sind nicht auf strukturelle Änderungen, sondern auf einen Anstieg steuerlich relevanter Vermögensübertragungen zurückzuführen. Im Rahmen des parlamentarischen Beratungsverfahrens für die Reform 2008 wurde darauf hingewiesen, dass sich das zu erzielende Steueraufkommen an den bisherigen Werten orientieren solle. Ausweislich der oben genannten Daten war das Gesetzgebungsverfahren insoweit erfolgreich. III. Erbschaftsteuer und Sozialstaatprinzip Dem Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 ist eine abweichende Meinung zur Begründung der Verfassungswidrigkeit angefügt. Darin heben die Richter die Bedeutung des Sozialstaatprinzips für die Beurteilung der Frage einer gerechten Erbschaftsteuer hervor. Es wird ausgeführt: Die Erbschaftsteuer ist ein Beitrag zur Herstellung sozialer Chancengleichheit, die sich in freier Ordnung nicht von selbst herstellt. (Randziffer 2). Die Erbschaftsteuer dient deshalb nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen, sondern ist zugleich ein Instrument des Sozialstaates, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst. Der für die Vermögensverteilung international herangezogene Gini-Koeffizient ist entsprechend von 0,62 im Jahr 1993 auf 0,78 im Jahr 2012 gestiegen, sodass Deutschland gegenwärtig innerhalb der Eurozone den höchsten Grad an Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens aufweist. (Randziffer 3).

Stellungnahme Erbschaftsteuer Seite 3 von 5 Die Erbschaftsteuer bestimmt und beschränkt im Blick hierauf den Inhalt des in Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Erbrechts. Sie wirkt damit der Gefahr entgegen, dass durch eine zunehmende Ungleichverteilung von Mitteln die Chancen auf gesellschaftliche wie politische Teilhabe auseinanderdriften und sich so letztlich Einfluss und Macht zunehmend unabhängig von individueller Leistung verfestigen und an die Herkunft gebunden sind. Mit diesem Zweck ist die Erbschaftsteuer ein Instrument, mit dem der Staat ungleichen Lebenschancen entgegenwirkt. (Randziffer 4). Die Ausführungen weisen auf den Charakter der Erbschaftsteuer als Substanzsteuer und als Element des sozialen Ausgleichs hin. In der bisherigen Ausprägung ist das Steueraufkommen der Erbschaftsteuer aber derart gering, dass diese sozialstaatliche Funktion nicht ausgefüllt wird. Dies wird auch an den starken Veränderungen des genannten Gini-Koeffizienten deutlich. Bei einer funktionierenden sozialstaatlichen Ausgleichsfunktion der Substanzsteuern hätte es nicht zu einem derartigen Anstieg kommen dürfen. IV. Erbschaftsteueraufkommen unzureichend Die DSTG NRW hält die bisherige Struktur und das damit verbundene Steueraufkommen der Erbschaftsteuer für unzureichend. Zum einen wurde das Ziel, einen Aufkommensausgleich innerhalb der Substanzsteuern nach Aussetzung der Vermögensteuer ab 1997 zu erzielen, verfehlt. Das Gesamtaufkommen der Erbschaftsteuer in 2013 (4.633 Mio. ) entsprach lediglich dem Aufkommen der Vermögensteuer im letzten Jahre der Vermögensteuerfestsetzung 1996 (4.620 Mio. ). Ein Ersatz der Vermögensteuer innerhalb der Substanzsteuern erfolgte somit nach 1997 nicht. Nachrichtlich wird darauf hingewiesen, dass das Erbschaftsteueraufkommen in 1996 2.073 Mio. betrug. Zum anderen wird die Erbschaftsteuer in ihrer derzeitigen Struktur der sozialstaatlichen Ausgleichsfunktion nicht gerecht. Trotz steigender entgeltloser Vermögensübertragungen hat sich das Erbschaftsteueraufkommen seit 2007 nicht wesentlich verändert. Hingegen hat sich das Gesamtsteueraufkommen in dieser Zeit von 538.243 Mio. auf 619.708 Mio. in 2013 und damit um 15,1 % erhöht. Während sich Verbrauchs- und Ertragssteuern dem gestiegenen Finanzbedarf der öffentlichen Hand anpassen, ist dies bei den Substanzsteuern nicht der Fall. Ob diese Entwicklung ihre Ursache in der Struktur der Vermögensübergänge oder in der Gestaltbarkeit der Erbschaftsteuer hat, vermag die DSTG nicht zu beurteilen. Auffallend ist, dass ausweislich der Bundestagsdrucksache 18/1516 vom 22.5.2014 der Freibetragsanteil/Verschonungsabschlag nach 13 a ErbStG von 2.177 Mio. in 2010 bis 2012 auf 24.412 Mio. angestiegen ist. V. Geplante Neuregelung / Verwaltungsvollzug problematisch Die von der Bundesregierung geplante Neuregelung der Erbschaftsteuer wird von der DSTG NRW unter Aufkommensaspekten kritisch gesehen. Da sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17.12.2014 ausschließlich mit der Besteuerung des Unternehmensvermögens befasst hat, zeichnet sich ab, dass auch nur in diesem Bereich Gesetzesänderungen vorgenommen werden sollen. Ob und in welchem Umfang mit diesen Änderungen die sozialstaatliche Ausgleichsfunktion der Erbschaftsteuer erreicht wird, ist bisher nicht zu sagen.

Stellungnahme Erbschaftsteuer Seite 4 von 5 Die DSTG NRW sieht die geplante Neuregelung der Erbschaftsteuer aber auch aus Gründen des Verwaltungsvollzuges kritisch und fordert die Bundesregierung auf, mit klaren Vorgaben Gestaltungsspielräume und absehbar notwendige rechtliche Klärungen so klein wie möglich zu halten. Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass die bisherige Verschonungsregelung unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig war. Insbesondere fordert das Gericht eine Prüfung, ob die Erwerber größeren Betriebsvermögens überhaupt einer Verschonung bedürfen (Bedürftigkeitsprüfung). Die Eckpunkte sehen für die Verschonung eine Freigrenze des Betriebsvermögens von 20 Mio. vor. Darunter soll die Verschonung erfolgen, darüber ist für den gesamten Erwerbsvorgang eine Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen. Die geplanten Regelungen stellen den Verwaltungsvollzug vor erhebliche Probleme. Die Finanzverwaltung muss zunächst die Höhe des für Zwecke der Anwendung der Verschonungsregelung begünstigten Vermögens ermitteln. In vielen Fällen dürfte bereits die Frage, ob ein Wirtschaftsgut bzw. die entsprechenden betrieblichen Schulden zu mehr als 50 % dem Hauptzweck des Unternehmens dienen, gestaltbar und damit strittig sein. Das gilt auch für die Frage, ob und in welchem Umfang ein Wirtschaftsgut überhaupt dem Hauptzweck oder, losgelöst vom Betrieb, der Vermögensverwaltung dient. Die Anwendung einer Freigrenze, oberhalb derer eine Bedürftigkeitsprüfung zur Frage der Steuerzahlung erfolgt, ist in hohem Maße gestaltungs- und konfliktanfällig. Unabhängig von der Frage, ab welchem Betrag eine entsprechende Prüfung erforderlich ist, wird das Ziel der Erwerber regelmäßig der Verbleib unterhalb dieser Grenze sein. Die ins Auge gefasste Bedürftigkeitsprüfung stellt eine besondere Herausforderung für den Verwaltungsvollzug dar. Eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung bei Erwerbern, die ein Betriebsvermögen von mehr als 20 Mio. übernehmen, stößt an tatsächliche Grenzen. Der Erwerber soll nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld sofort aus sonstigem Vermögen, bereits vorhandenem Betriebsvermögen oder aus mit der Erbschaft/Schenkung zugleich übergegangenen Privatvermögen zu begleichen. Zumutbar soll der Einsatz von 50 % dieses verfügbaren Vermögens sein. Reichen die verfügbaren Mittel, auch unter Ausnutzung der Möglichkeit einer Stundung, soweit noch Vermögensgegenstände liquidiert werden müssen, nicht aus, wird der Restbetrag erlassen. Die Regelung verlangt einen tiefen Einblick in die gesamte Vermögensstruktur des Erwerbers, die zudem, insbesondere im Falle der Schenkung, extremen Gestaltungsmöglichkeiten unterliegt. Zusätzlich verlangt die Regelung eine Liquiditätsprüfung des Erwerbers durch die Finanzverwaltung unter frühzeitiger Abwägung, ob eine Stundung das Problem löst oder nicht. Der denkbare vollständige Verzicht auf die Erhebung der Erbschaftsteuer wird erneut die gerichtlich zu klärende Frage aufwerfen, ob mit diesem Verfahren die Gleichheit der Besteuerung verletzt wird. Darüber hinaus ergeben sich eine Vielzahl von tatsächlichen oder rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bis hin zu der Frage, wann die Zahlung der Steuer zumutbar ist und wann nicht oder nicht mehr. Für die Verwaltung wird eine aufwendige Prüfung erforderlich um letztlich festzustellen, dass keine Steuer erhoben wird. Die DSTG NRW fordert den Landtag auf, die genannten Überlegungen über die Landesregierung in den bundesweiten Gesetzgebungsprozess einzubringen.

Stellungnahme Erbschaftsteuer Seite 5 von 5 Das gilt ganz besonders für die Fragen des Vollzugs der Besteuerung. Die jetzt geplanten Maßnahmen sind bürokratisch aufwendig, streitanfällig und für die Finanzverwaltung nur mit zusätzlichem Aufwand umzusetzen. Derzeit wird die Erbschaft- und Schenkungssteuer in NRW mit 215 Stellen festgesetzt. Bei Umsetzung der geplanten Verschonungsregelung mit Ausnahmen, Sonderregelungen, Stundungen und Fristenkontrollen bis hin zur Prüfung der Haltensfristen, einschließlich aller Sonder- und Störfälle, wird diese Stellenausstattung in NRW nicht ausreichen. Manfred Lehmann Vorsitzender