Die evangelischen Kirchen lehnen die Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» ab.

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Transkript:

Die evangelischen Kirchen lehnen die Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» ab. 6 Argumente sek feps Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund

Das Minarett-Verbot löst keine Probleme. Es schafft neue. In der Schweiz leben rund 350 000 Muslime und Musliminnen. Einige praktizieren ihren Glauben in der Öffentlichkeit, andere im privaten Rahmen und wieder andere gar nicht. Verbietet die Schweiz den Bau von Minaretten, ändert sich nichts an ihrem persönlichen Glauben, aber viel an ihrem Vertrauen in die Mitbürger und an den Rechtsstaat, der die Religionsfreiheit schützt. Fundamentalistische Muslime sähen sich in ihren Vorurteilen bestätigt, liberalere Gläubige fühlten sich abgelehnt und diskriminiert. Die Bundesverfassung schützt mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit ausdrücklich die öffentliche Ausübung jedes Glaubens. u Eine Zustimmung zur Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» würde das Zusammenleben der Religionen belasten. Die evangelischen Kirchen sagen deshalb «Nein».

Vielfalt der Christen, Vielfalt der Muslime. Religionsgemeinschaften sind so vielfältig wie die Menschen, die darin ihren Glauben leben. In allen Religionen gibt es fundamentalistische Strömungen, aber in erster Linie eine auf friedliches Zusammenleben bedachte Mehrheit. Die evangelischen Kirchen ermutigen dazu, mit dieser Mehrheit das politische und religiöse Leben zu gestalten. Das Zusammenleben von Mehr- und Minderheiten ist seit eh und je Teil der Schweizer Kultur. Die Erfahrung damit macht sie stark. Evangelische und Katholiken leben heute trotz Differenzen friedlich miteinander. Noch vor 200 Jahren hatte die eine Konfession der andern den Bau von Kirchtürmen verboten. Diese Geschichte soll sich beim Bau von Minaretten nicht wiederholen. u Im Wissen um das solide Fundament der Schweizer Kultur der gelebten Vielfalt lehnen die evangelischen Kirchen die Minarett-Initiative ab.

Auf den Rechts staat ist Verlass. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in der Schweiz ist von gegenseitigem Respekt getragen. Der säkulare Staat hat seine Wurzeln in der christlich- abendländischen Tradition. Aber er verzichtet bewusst auf eine Orientierung an religiösen Massstäben. Seine Gesetze gelten für alle Bürgerinnen und Bürger, ungeachtet ihrer religiösen Überzeugung in gleicher Weise. Er schützt Minderheiten vor Gewalt und Diskriminierung. Und er weiss sich gegen Angriffe auf Demo kratie und Verfassung zu wehren. u Die evangelischen Kirchen respektieren den Staat, der sie seinerseits respektiert und schützt. Dieser Schutz ist auch den wachsenden islamischen Glaubensgemeinschaften garantiert. Deshalb lehnen die evangelischen Kirchen die Minarett-Initiative ab.

Türme sind nicht Verfassungssache. Kirchtürme werden in der Bibel so wenig erwähnt, wie Minarette im Koran. Aber sie sind wichtige städtebauliche und religiöse Orientierungspunkte. Das gilt auch für Minarette. Sie signalisieren: Hier wird Glauben gelebt und bezeugt. Wie alle Bauten sind auch Minarette bewilligungspflichtig. Die Bau- und Zonen- Ordnungen sorgen dafür, dass Türme aller Art nur im Rahmen der öffentlichen Ordnung erstellt werden. u Die evangelischen Kirchen lehnen baurechtliche Bestimmungen in der Bundesverfassung ab und sind gegen die Minarett-Initiative.

Religionsfreiheit soll weltweit gelten. Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit wird in vielen Regionen der Welt mit Füssen getreten. Darunter leiden religiöse Minderheiten unabhängig davon, welcher Glaubensgemeinschaft sie angehören. Die evangelischen Kirchen der Schweiz wehren sich entschieden gegen jede religiös motivierte Diskriminierung, wo sie auch geschieht. Dass Christinnen und Christen Opfer von Gewalt auch in islamischen Staaten werden, bestürzt die Kirchen. Doch es gibt keine Symmetrie des Unrechts: Vergeltungsdogmen «wie Du mir, so ich Dir» lehnen sie entschieden ab. Vergeltung steht im Widerspruch zum christlichen Versöhnungs- und Friedensauftrag. Er bildet das Fundament für den Dialog mit den Religionsgemeinschaften. u Die evangelischen Kirchen sprechen sich sowohl gegen die Verfolgung von Religionsgemeinschaften im Ausland als auch gegen die Diskriminierung von Minderheiten in der Schweiz aus. Sie vertrauen auf den Dialog, weil er den religiösen Frieden sichern hilft. Die Minarett-Initiative verunmöglicht diesen Dialog, deshalb ist sie untauglich.

Vertrauen auf den eigenen Glauben. Die Schweiz ist ein christlich geprägtes Land mit verschiedenen Kulturen, Konfessionen und Sprachen. Die neuen Wanderungsbewegungen haben diese Vielfalt stark vergrössert. Das ist eine grosse Herausforderungen für Einheimische wie für Einwanderer. Die Begegnung mit dem Fremden kann auf beiden Seiten Ängste hervorrufen und zu Konflikten führen. Aber Gesetze können Ängste nicht beseitigen. Der Weg, sie zu überwinden, ist eine Kultur der Begegnung und des Dialogs. Diese gründet auf dem selbstbewussten Leben des eigenen Glaubens. u Wer auf festem Grund steht, hat keine Angst, dem Fremden zu begegnen. Konflikte können benannt und respektvoll ausgetragen werden. Die evangelischen Kirchen vertrauen ihrer Glaubensgrundlage und lehnen die Minarett-Initiative ab.

Wir sprechen gerne mit Ihnen Wollen Sie mehr wissen über die Argumente der evangelischen Kirchen gegen die Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten»? Auf der Homepage www.sek.ch des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK-FEPS finden Sie das 32-seitige Argumentarium «Zwischen Glockenturm und Minarett» zum Herunterladen, 10 Fragen 10 Antworten zum Anklicken sowie diverse Artikel zum Thema. Bestellen Sie gratis die vorliegende Broschüre «Die evangelischen Kirchen lehnen die Minarett- Initiative ab» unter info@sek.ch oder unter der Telefon nummer +41 (0)31 370 25 25. sek feps Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund Sulgenauweg 26 Postfach CH-3000 Bern 23