Aus der Klinik für Anästhesiologie. im St. Josef-Hospital Bochum. - Universitätsklinik - der Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. med.

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Transkript:

Aus der Klinik für Anästhesiologie im St. Josef-Hospital Bochum - Universitätsklinik - der Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Heinz Laubenthal Clinical engineering: Evaluation des Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus auf einer operativen Intensivstation und in einer Probandenstudie Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Sedat Spiekermann aus Tarsus 2007

Dekan: Referent: Koreferent: Prof. Dr. med. G. Muhr Prof. Dr. med. H. Laubenthal Prof. Dr. med. C. Puchstein Tag der Mündlichen Prüfung: 29.05.2008

Abstract Spiekermann, Sedat Clinical engineering: Evaluation des Anästhesie-Arbeitsplatzsystems Zeus operativen Intensivstation und in einer Probandenstudie auf einer Problem: Anästhesierespiratoren (AR) müssen einerseits zeitnahe Konzentrationsänderungen des dem Patienten zugeführten Volatilen Anästhetikums (VA) und Sauerstoffs (O 2 ) gewährleisten, sollen dabei aber die Verbrauchswerte dieser Gase so niedrig wie möglich halten. Die Realisierung dieser beiden Forderungen ist bei den verfügbaren klassischen AR bislang nur näherungsweise gelungen. Methode: In der vorliegenden Arbeit wurde in der Phase des Clinical engineering ein Prototyp des AR Zeus (Dräger Medical, Lübeck) vor der Markteinführung 2004 evaluiert. Der AR wurde zunächst im Trockenversuch an einer Testlunge über 48 [h] getestet. Sodann wurden im Rahmen einer klinischen Studie an insgesamt 15 Intensivpatienten Sauerstoff- und Desfluranverbrauch ermittelt, sowie Anwenderfreundlichkeit und Zuverlässigkeit im Dauerbetrieb (Maximum: 72 [h]) evaluiert. Schließlich wurde in einer Studie an elf über Nasenmaske beatmeten, wachen Probanden der Beatmungskomfort von vier Beatmungsmodi (Continuous Positive Airway Pressure (CPAP), Pressure Support (PS), sowie druck- (PCV) und volumenkontrollierte (VCV) Beatmung) an sieben verschiedenen Respiratoren überprüft. Dabei wurden Zeus und zwei weitere Respiratoren, die den Beatmungsdruck mit Kompressoren erzeugen ( Blowers ), vier klassischen Intensivrespiratoren gegenübergestellt, die die Beatmung über die Öffnung von Druckluftventilen realisieren. Ergebnis: Es konnten zahlreiche, meist kleinere Mängel in Bezug auf Fehlermeldungen, Bedienkonzept und Messung sowie Überwachung unterschiedlicher Parameter identifiziert und diesbezüglich Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Im Rahmen der klinischen Studie zeigten insbesondere die spontanatmungsunterstützenden Beatmungsmodi eine hohe Zuverlässigkeit mit Aufrechterhaltung der Beatmungsdrücke sogar unter Extrembedingungen (große Leckagen, endotracheales Absaugen mit geschlossenen Absaugsystemen, Wechsel des Atemkalks). Die Probanden beurteilten die Modi CPAP und PS als wesentlich angenehmer als die maschinellen Modi. Auch wurde PCV als signifikant angenehmer beurteilt als VCV. Unter den Respiratoren schnitt die Gruppe der Blowers bei der Beurteilung der Exspiration signifikant besser ab als die klassischen Intensivrespiratoren. Diskussion: Mit dem untersuchten AR Zeus ist es möglich, Intensivpatienten zuverlässig und patientenadaptiert auch im Dauerbetrieb zu beatmen. Preis, Platzbedarf und Nicht-Zulassung als stand-alone-gerät stehen einem routinemäßigen Einsatz auf der Intensivstation jedoch noch im Weg. Durch ein automatisches Regelsystem wird eine target controlled anaesthesia (TCA) mit der exspiratorischen VA- und der inspiratorischen O 2 -Konzentration als Zielgröße realisiert. Zeus vereint so die Ökonomisierung der Narkosesteuerung mit kontinuierlich aktiven, von menschlichen Leistungs- und Konzentrationskurven unabhängigen Regelalgorithmen und verbessert somit die Qualitätssicherung. Der Komfort dieses AR wurde von wachen Probanden nicht schlechter beurteilt als der verfügbarer Intensivrespiratoren. Im Gruppenvergleich wurde den Blowers wie Zeus sogar eine signifikant angenehmere Exspiration bescheinigt. Dies dürfte in der freien Durchatembarkeit durch den Kompressor in jeder Phase des Atemzyklus begründet sein.

Meiner Familie in Dankbarkeit gewidmet. Meinem Bruder in Erinnerung gewidmet.

1 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis... 5 Tabellenverzeichnis... 7 Abkürzungsverzeichnis... 8 1. Einleitung... 10 1.1 Konzeptionelle Synopse... 10 1.2 Beatmungsformen... 10 1.2.1 Allgemeine Prinzipien... 10 1.2.2 Pressure Support Ventilation (PSV)... 12 1.2.3 Continuous Positive Airway Pressure (CPAP)... 13 1.2.4 Synchronous Intermittend Mandatory Ventilation (SIMV)... 13 1.2.5 Volume Controlled Ventilation (VCV)... 14 1.2.6 Pressure Controlled Ventilation (PCV)... 14 1.2.7 Biphasic Positive Airway Pressure (BiPAP)... 15 1.3 Das Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus... 16 1.3.1 Entwicklungsumgebung... 16 1.3.2 Entwicklungsziel... 16 1.3.3 Technischer Aufbau und Funktionsweise... 18 1.3.4 Bedienkonzept... 25 1.3.5 Gasdosierung... 26 1.3.6 Beatmungsmodi des Zeus... 29

2 1.3.6.1 Beatmungsmodus Manuell/Spontan... 29 1.3.6.2 Beatmungsmodi CPAP und Pressure Support... 30 1.3.6.3 Beatmungsmodi Druckkontrolliert und SIMV... 30 1.3.6.4 Beatmungsmodus Volumenkontrolliert... 32 1.3.6.5 Beatmungsmodus IPPV konstanter Flow... 33 1.4 Studienziele... 33 2. Material und Methodik... 34 2.1 Vorversuche... 34 2.2 Klinische Evaluation des Zeus... 34 2.3 Probandenstudie... 35 2.3.1 Studiendesign der Probandenstudie... 35 2.3.2 Datenerhebung... 41 2.3.3 Statistische Auswertung... 43 3. Ergebnisse... 44 3.1 Vorversuche... 44 3.1.1 Fehlermeldungen... 44 3.1.2 Atemkalkbehälter... 45 3.1.3 Bezeichnungen für die Beatmungsmodi... 45 3.2 Klinische Evaluation... 46 3.2.1 Bedienkonzept... 46 3.2.2 Messung und Überwachung von Parametern... 47

3 3.2.2.1 Tidalvolumen... 47 3.2.2.2 Atemfrequenz... 47 3.2.2.3 Flow... 47 3.2.3 Sauerstoff- und Desfluranverbrauch... 51 3.2.4 Kardiogene Oszillation... 53 3.2.5 Weitere allgemeine und mechanische Mängel... 54 3.3 Probandenstudie... 54 4. Diskussion... 59 4.1 Vorversuche... 60 4.1.1 Fehlermeldungen... 60 4.1.2 Bezeichnungen für die Beatmungsmodi... 61 4.2 Klinische Evaluation... 62 4.2.1 Bedienkonzept... 62 4.2.2 Messung und Überwachung von Parametern... 63 4.2.2.1 Tidalvolumen... 63 4.2.2.2 Atemfrequenz... 64 4.2.2.3 Flow... 64 4.2.3 Sauerstoff- und Desfluranverbrauch... 65 4.2.4 Kardiogene Oszillation... 66 4.2.5 Weitere allgemeine und mechanische Mängel... 67 4.3 Probandenstudie... 69

4 5. Literaturnachweise... 74

5 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Frontalansicht Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus... 18 Abbildung 2: Schematischer Aufbau Gaslaufplan Zeus... 20 Abbildung 3: TurboVent mit Motor... 24 Abbildung 4: Farbkonzept am Beispiel des selektierten Parameters FLOW [L/min 1 ] in der Frischgasdosierung.... 25 Abbildung 5: CPAP-Maske mit angeschlossenem Befeuchtungsfilter und Schlauchverlängerung.... 36 Abbildung 6: Mit dem Rücken zum Respirator sitzender, konnektierter Proband beim Ausfüllen des Evaluationsbogens.... 36 Abbildung 7: Modell BiPAP Vision... 38 Abbildung 8: Modell Evita 2... 39 Abbildung 9: Modell Puritan Bennett 840... 40 Abbildung 10: Modell Puritan Bennett 7200... 40 Abbildung 11: Modell Veolar... 41 Abbildung 12: Differenz zwischen inspiratorischem und exspiratorischem Volumen. Die Atemschleife findet ihren Nullpunkt nicht und driftet spiralförmig nach unten... 48 Abbildung 13: Die Verwendung geschlossener Systeme zur Sekretabsaugung empfiehlt sich beim Einsatz volatiler Anästhetika und funktioniert ohne Abfall des Beatmungsdruckes.... 49

6 Abbildung 14: Durch die geschlossene Sekretabsaugung kommt es zum Auslösen des Flowtriggers und zum Verschwinden der CO 2 -Kurve... 49 Abbildung 15: Korrekt funktionierender Pressure Support unter laufender Absaugung.... 50 Abbildung 16: Nach Beendigung der einminütigen Absaugung erschienen die Alarmmeldungen Minutenvolumen tief und Tubus Leckage. Sie resultierten aus einem zu niedrig gemessenen Inspirationsflow und einem zu hoch gemessenen Exspirationsflow.... 51 Abbildung 17: Im Modus Autodosierung (FGF=uptake) wird der Sauerstoffverbrauch als eine sehr stark schwankende Größe dargestellt (schwarze Kurve)... 52 Abbildung 18: Kardiogene Oszillationen traten auf, wenn der Gasprobenschlauch zu nah am Y-Stück des Patienten angebracht war. Häufige Alarmmeldungen Insp. CO 2 hoch oder etco 2 tief waren daraufhin die Folge.... 53 Abbildung 19: Abschließende Beurteilung des Beatmungskomforts für die Inspiration (i8). Für den neuen Anästhesie-Respirator Zeus wurde zusätzlich zum Modus VC-SIMV ein druckgesteuerter Modus mit Volumengarantie eingestellt (Autoflow, orangefarbener Balken).... 57 Abbildung 20: Abschließende Beurteilung des Beatmungskomforts für die Exspiration (e8). Für den neuen Anästhesie-Respirator Zeus wurde zusätzlich zum Modus VC-SIMV ein druckgesteuerter Modus mit Volumengarantie eingestellt (Autoflow, orangefarbener Balken).... 57

7 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabellarischer Überblick der einzelnen Beatmungsformen... 11 Tabelle 2: Gegenüberstellung der Software-Versionen von Prototyp und Seriengerät... 29 Tabelle 3: Evaluationsbogen zum Beatmungskomfort... 42 Tabelle 4: Angabe von Mittelwert ± Standardabweichung für die Beurteilung des Beatmungskomforts während der Inspiration mit Wertungen von 1 bis 5.... 55 Tabelle 5: Angabe von Mittelwert ± Standardabweichung für die Beurteilung des Beatmungskomforts während der Exspiration mit Wertungen von 1 bis 5.... 55

8 Abkürzungsverzeichnis A = Öffnungsfläche AMV = Atemminutenvolumen AGSS = Anaesthetic Gas Scavenge System AF = Atemfrequenz APL = Adjustable Pressure Limit AR = Anästhesierespirator ARDS = Adult Respiratory Distress Syndrome BiPAP = Biphasic Positive Airway Pressure Blowers = Respiratoren, deren Luftstrom über eine Turbine erzeugt wird CO 2 = Kohlendioxid CPAP = Continuous Positive Airway Pressure DIVA = Direct Injection of Volatile Anaesthetics FG = Frischgas FGF = Frischgasflow FRC = funktionelle Residualkapazität HZV / CI = Herzzeitvolumen / Cardiac Index I:E = Inspirations-Exspirations-Verhältnis M = Masse M = Massenflow MAC = Minimale Alveoläre Konzentration, bei der bei 50 [%] der Patienten keine Abwehrbewegung auf einen äu ßeren Stimulus erkennbar ist M Des = Massenflow Desfluran N = Drehzahl

NTPD = Normal Temperature Pressure Dry O 2 = Sauerstoff ρ = Dichte p = Druck PCV = Pressure Controlled Ventilation PEEP = Positive End-Expiratory Pressure ΔP i = Beatmungswechseldruck P Insp = Inspirationsdruck P Max = Maximaldruck P Plateau = Plateaudruck PSV = Pressure Support Ventilation R S = spezifische Gaskonstante SIMV = Synchronous Intermittend Mandatory Ventilation STPD = Standard Temperature Pressure Dry T = Temperatur TCA = Target Controlled Anaesthesia T Insp = Inspirationszeit T Rampe = Druckanstiegssteilheit U = Umfangsgeschwindigkeit V = Volumenflow VA = Volatiles Anästhetikum Valves = Respiratoren, deren Luftstrom über Ventile er zeugt wird VCV = Volume Controlled Ventilation V/Q = Ventilations-/Perfusionsverhältnis V T = Tidalvolumen 9

10 1. Einleitung 1.1 Konzeptionelle Synopse Der klinische Studie Augmentierende Beatmungsformen unter inhalativer Sedierung mit Desfluran Einsatz des Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus für Patienten einer operativen Intensivstation umfasst drei Dissertationen. Die vorliegende Dissertation mit dem Titel Clinical engineering: Evaluation des Anästhesie-Arbeitsplatzsystems Zeus im Langzeiteinsatz auf einer operativen Intensivstation beschäftigt sich geräteorientiert mit der Evaluation der Anwenderfreundlichkeit, technischen und praktischen Vor- und Nachteilen sowie den Kosten- und Umweltaspekten des Zeus. Eine weitere Dissertation mit dem Titel Elektrophysiologisches Monitoring unter inhalativer Sedierung mit Desfluran untersucht die Korrelation der Parameter Bispektralindex, akustisch evozierte Potentiale und Narcotrend der entsprechenden Hypnosetiefemonitore mit den klinischen Scores Observer s Assesment of Alertness/Sedation (OAA/S) und Ramsay-Score. Gleichzeitig soll nach Hinweisen auf implizites Gedächtnis bei mit Desfluran sedierten Patienten gesucht werden. Die dritte Dissertation mit dem Titel Eigenatmung des Patienten unter inhalativer Sedierung mit Desfluran prüft die Möglichkeit Patienten einer operativen Intensivstation unter inhalativer Sedierung mit Desfluran spontan atmen zu lassen. Hierbei findet der Einfluß der Desflurankonzentration, der Opioiddosis und der Konzentration von Kohlendioxid (CO 2 ) im Blut der Patienten Berücksichtigung. 1.2 Beatmungsformen 1.2.1 Allgemeine Prinzipien Je effektiver die Spontanatmung des Patienten ist, umso weniger sollte der Respirator den Patienten mit seiner Beatmungsmechanik unterstützen, denn eine Relaxierung, bzw. eine hinreichend tiefe Sedierung führen mit

11 zunehmender Beatmungsdauer zu gravierenden Beeinträchtigungen der Lungenfunktion. Bei beatmeten Patienten kommt es hierbei häufig zur Atelektasenbildung in den dorsalen Abschnitten der Lunge. Nach neueren Untersuchungen vermag selbst eine partielle Spontanatmung unter einer Respiratortherapie der Atelektasenbildung entgegen zu wirken (Putensen et al., 1999). Beatmungsformen lassen sich unterteilen in Beatmungsformen, die die Spontanatmung unterstützen, Beatmungsformen, die die Spontanatmung ersetzen und in Mischformen, die die Spontanatmung sowohl ersetzen als auch unterstützen können (siehe Tabelle 1). Tabelle 1: Tabellarischer Überblick der einzelnen Beatmungsformen Spontanatmung unterstützend Spontanatmung ersetzend Mischform PSV = Pressure Support Ventilation PCV = Pressure Controlled Ventilation BiPAP = Biphasic Positive Airway Pressure CPAP = Continuous Positive Airway Pressure VCV = Volume Controlled Ventilation SIMV = Synchronous Intermittend Mandatory Ventilation MMV = Mandatory Minute Ventilation Im Folgenden soll jedoch nur auf die Beatmungsformen eingegangen werden, die für die Evaluation des Anästhesie-Arbeitsplatzsystems Zeus von Relevanz sind.

12 1.2.2 Pressure Support Ventilation (PSV) Die Pressure-Support-Ventilation (PSV), die auch als Assisted Spontaneous Breathing bezeichnet wird, dient zur Druckunterstützung einer insuffizienten Spontanatmung. Die Atemfrequenz (AF) wird dabei vom Patienten vorgegeben, der Respirator reduziert durch die Druckunterstützung jedoch die vom spontan atmenden Patienten zu leistende Atemarbeit. Dabei wird jeder einzelne spontane Inspirationsversuch apparativ durch einen positiven Atemdruck unterstützt, bis die Inspirationsströmung auf 25 [%] des zuvor erreichten Maximalwertes abgesunken ist. Das Druckniveau sollte dabei so eingestellt werden, dass ein Tidalvolumen (V T ) von ca. 7 bis 8 [ml*kg -1 ] Körpergewicht erreicht wird, bei einer AF von 8-16 [min -1 ] (Fassoulaki et Eforakopoulou, 1989). Damit PSV vom Patienten optimal genutzt werden kann, muss zuvor am Respirator die Triggerschwelle entsprechend eingestellt werden. Bei geräteseitiger Einstellung eines Drucktriggers muss der Patient einen negativen Druck (Sog) in Höhe des eingestellten Wertes erzeugen, bevor der Respirator einen Inspirationsversuch erkennt und diesen unterstützt. Bei den moderneren Flowtriggern erkennt das Gerät den Inspirationsversuch an einer dem Wert nach einstellbaren Differenz der am In- und Exspirationsport der Respirators gemessenen Flüsse. Hierz ist es grundsätzlich erforderlich, dass während des gesamten Atemzyklus ein Basisflow am Y-Stück vorbeiströmt. In beiden Fällen sollte die Triggerlatenz, definiert als die Zeit, welche der Respirator benötigt, bis der Gasflow dem Patienten zur Verfügung steht, bei modernen Geräten weniger als 100 [msek] betragen (MacIntyre et al., 1991). Für das Weaning vom Respirator nach einer Langzeitbeatmung gibt es unterschiedliche Konzepte, wobei die Drückunterstützung entweder allmählich in kleinen Schritten um 2 bis 4 [mmhg] reduziert (Fabry et al., 1995) oder intermittierende Trainingsphasen mit deutlich reduzierter Druckunterstützung eingestellt werden.

13 1.2.3 Continuous Positive Airway Pressure (CPAP) Continuous Positive Airway Pressure (CPAP) bezeichnet den Aufbau eines positiven Atemwegsdruckes während des gesamten Atemzyklus beim spontan atmenden Patienten. Ursprünglich stammt das CPAP-Verfahren aus dem Bereich der pädiatrischen Intensivmedizin (Gregory et al., 1971). Die Hauptfunktion des CPAP liegt in der Aufrechterhaltung der funktionellen Residualkapazität (FRC) der Lunge. Neben einer verbesserten Lungenmechanik, bedingt durch eine Verschiebung der Atemmittellage in den steileren Teil des Druckvolumendiagramms, wird die Oxygenierung durch eine bessere Ventilation der basalen Lungenabschnitte und ein damit einhergehendes verbessertes Ventilations-/Perfusions- Verhältnis (V/Q- Verhältnis) entsprechend positiv beeinflusst (Brandl et al., 1986, Crimi et al., 1987). Durch die Erhöhung der Lungen-Compliance und die häufig zu beobachtende Reduzierung der Spontan-AF mit damit einhergehender Reduzierung der Totraumventilation kann die Atemarbeit entscheidend reduziert werden (Crew et al., 1975). 1.2.4 Synchronous Intermittend Mandatory Ventilation (SIMV) Hier vermag der Patient zwischen einer einstellbaren Anzahl von maschinellen Beatmungshüben spontan zu atmen. Dazu baut sich kurz vor dem Beginn einer SIMV-Periode ein Erwartungsfenster auf. Erfolgt während dieses Erwartungsfensters ein Inspirationsversuch des Patienten, wird ein maschineller Beatmungshub ausgelöst. Dieser wird also mit der Atmung des Patienten synchronisiert. Zum Auslösen eines synchronisierten Beatmungshubes wird eine Triggerfunktion verwendet wie unter 1.2.2 beschrieben. Ist zu Beginn der SIMV-Periode hingegen noch kein Inspirationsversuch des Patienten erfolgt, wird der nächste maschinelle Hub ausgelöst. Nach Beendigung des maschinellen Beatmungshubes bis zum Beginn des nächsten Erwartungsfensters lassen die meisten Respiratoren Spontanatmung des Patienten zu, welche zumeist durch PSV unterstützt wird.

14 Bei SIMV ist die Dauer der maschinellen Beatmungshübe starr. Das bedeutet dass eine Exspiration des Patienten während des Maschinenhubs nicht möglich ist. Die Beatmungshübe können als druck- oder volumenkontrollierte Ventilation realisiert sein (s.u.). 1.2.5 Volume Controlled Ventilation (VCV) Bei der Volume Controlled Ventilation (VCV) wird das Atemminutenvolumen (AMV) über die eingestellte AF sowie das V T bestimmt. Die intrapulmonalen Druckverhältnisse richten sich nach Compliance und Resistance der Patientenlunge. Um eine pulmonale Schädigung durch einen zu hohen Spitzendruck (P Peak ) zu vermeiden, verfügen moderne Respiratoren über die Option zur Einstellung einer Alarmgrenze für den Maximaldruck (P Max ), wobei bei einer Überschreitung des maximal tolerierten Druckes durch den Respirator gewarnt und der Beatmungshub auf dem Niveau von P Max limitiert wird. 1.2.6 Pressure Controlled Ventilation (PCV) Bei der Pressure Controlled Ventilation (PCV), die auch als druckkontrollierte Beatmung bezeichnet wird, werden AF, der Inspirationsdruck (P Insp ), die Inspirationszeit (T Insp ) und zumeist die Druckanstiegssteilheit (T Rampe ) festgelegt. Inspirationsflow und V T folgen dabei unter der Maßgabe eines konstanten Druckes den vorherrschenden intrapulmonalen Verhältnissen. Daraus resultiert ein dezelerierender Flow mit einem hohen initialen Spitzenflow. Dies entspricht dem physiologischen Flowprofil der Spontanatmung weitaus mehr als das rechteckförmige Flowprofil der VCV (Al-Saady et Bennett, 1985). Bei der PCV wird der größte Teil des V T zu Beginn des maschinellen Beatmungshubes appliziert. Dadurch verbleibt mehr Zeit für intrapulmonale Gasumverteilungen und das Auffüllen langsamer Lungenkompartimente. Bei gleichen intrapulmonalen Verhältnissen entspricht P Insp dem Plateaudruck (P Plateau ) einer VCV und ist somit niedriger als der jeweilige P Peak.

15 Durch die sich daraus ergebende Verminderung der Druckamplitude können Scherkräfte reduziert werden (Burke et al., 1993, Hickling et al., 1990). Bei der PCV ist es unabdingbar, dass die Überwachung des V T am Respirator entsprechend eng eingestellt ist, da sich das AMV bei Änderung der Lungencompliance oder durch Gegenatmung des Patienten entscheidend verringern kann. Die höheren Atemwegsmitteldrücke der druckkontrollierten Beatmung können jedoch die Hämodynamik des Patienten und damit den Sauerstofftransport entsprechend beeinträchtigen (Abraham et Yoshihara, 1990). 1.2.7 Biphasic Positive Airway Pressure (BiPAP) Der Biphasic Positive Airway Pressure (BiPAP) bezeichnet eine erstmalig von Baum und Kollegen im Jahre 1989 in Deutschland vorgestellte Form der (Be-) Atmungshilfe (Baum et al., 1989). Entwicklungsgeschichtlich basiert das BiPAP- auf dem CPAP-Verfahren. Der Respirator wechselt dabei zwischen zwei einstellbaren Druckniveaus in einem einstellbaren Zeitrahmen, in welchem die Zeitspanne des unteren Druckniveaus (P tief ) und des oberen Druckniveaus (P hoch ) festgelegt wird (Becker et al., 1993, Hörmann et al., 1994). Prinzipiell stellt BiPAP eine druckkonstante Beatmungsform dar, welche eine Spontanatmung zu jedem Zeitpunkt ermöglicht. Durch stufenweises Angleichen des oberen Druckniveaus an das untere Druckniveau wird der spontan atmende Patient schonend auf die Extubation vorbereitet (Brochard et al., 1989). Die Vorteile des BiPAP liegen in der Möglichkeit des Patienten zu jedem Zeitpunkt der Beatmung Ein- bzw. Ausatmen zu können (Becker et al., 1993). Die Langzeitergebnisse dieser Methode demonstrierte Baum in seiner Publikation aus dem Jahre 1994 (Baum et al., 1994). Putensen und Kollegen zeigten den eindeutigen Vorteil von BiPAP bei Spontanatmung gegenüber der traditionellen PCV (Putensen et al., 1994).

16 1.3 Das Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus 1.3.1 Entwicklungsumgebung Zunächst soll die Entwicklungsumgebung des Anästhesie- Arbeitsplatzsystem Zeus, im Folgenden Zeus genannt, ausführlich dargestellt werden. Die Markteinführung des Zeus, ein Produkt der Firma Dräger Medical AG & Co. KGaA, war im Januar 2004. Dräger Medical ist einer der führenden Hersteller medizintechnischer Geräte. Als umsatzstärkster Teilkonzern der Drägerwerk AG bietet Dräger Medical Produkte, Dienstleistungen und integrierte Systemlösungen entlang der Patientenprozesskette in den Bereichen Notfallmedizin, OP/Anästhesie, Intensiv- und Perinatalmedizin sowie Home Care an. 1.3.2 Entwicklungsziel Die Narkoseführung mit volatilen Anästhetika (VA) ist gekennzeichnet durch die Erfordernisse, auf der einen Seite aus ökonomischen Gründen den VA-Verbrauch durch Minimierung des Frischgasflows (FGF) möglichst niedrig zu halten, auf der anderen Seite aber zur Wahrung der Patientenerfordernisse und sicherheit Änderungen der Gaskonzentrationen zeitnah anpassen zu müssen, was häufig durch eine Erhöhung des FGF realisiert wird. Eine langfristige Ökonomisierung des VA-Verbrauchs scheint nur dann möglich, wenn der FGF in Richtung eines low-flow minimiert wird, idealerweise in Form eines geschlossenen Beatmungssystems, in dem der FGF mit dem VA dem Verbrauch des Patienten entspricht (Eger et al., 2000). In der Regel verlangt eine Änderung der Gaszusammensetzung am Anästhesierespirator (AR) eine zeitnahe Änderung der inhalierten Gaskonzentrationen, was bei klassischen AR technisch betrachtet durch einen gesteigerten FGF realisiert wird, der wiederum einen Überschuss an VA mit gesteigertem Verbrauch nach sich zieht (Nel et al., 1997, De Baerdenaeker et al., 2003). Bei einem System, bei dem das VA unabhängig vom FGF direkt in das geschlossene Atmungssystem geleitet wird, erfolgt theoreti-

17 scherweise die schnellste Konzentrationsänderung. Indem man somit den Narkosegasflow und den FGF voneinander abkoppelt, kann man den Konflikt zwischen zeitnaher Änderung der Narkosegaskonzentration und minimalem Verbrauch entsprechend umgehen (Verkaaik et al., 1994). Gleichzeitig ließe sich in einem solchen geschlossenem Regelkreis die Implementierung einer Target Controlled Anaesthesia (TCA) realisieren, indem die gewünschte exspiratorische Konzentration des VA als Soll-Wert vorgegeben wird und eine kontinuierliche, automatisierte Feedbackkontrollierte Steuerung des Respirators diese Soll-Wert-Vorgabe gewährleistet. Eine Vielzahl von experimentellen Systemen sind in der aktuellen Literatur beschrieben, die die Kriterien Narkosegaskontrolle und bereitstellung beinhalten, indem sie eine geschlossene Regelkreistechnologie zusammen mit geschlossener Narkosegasapplikation anwenden (el-attar, 1991, White, 1985, Lowe et Ernst, 1981). Jedoch hat eine Vielzahl an technischen Problemen das Umsetzen dieser Ideen in die Praxis bisher weitgehend verwehrt (Hendrickx et al., 1997, Roffey et al., 1961, Ross et al., 1983). Als Ausnahme sei hier der AR PhysioFlex erwähnt. Dieses vollkommen geschlossen arbeitende System wurde von dem Entwicklerteam Van Dijk und Westerkamp in Zusammenarbeit mit der Klinik für Anästhesie der Universität Rotterdam (Leiter: Prof. Erdmann) Anfang der 90er Jahre entwickelt, zunächst von einer eigenen Firma Physio vermarktet, später von Dräger Medical aufgekauft, jedoch nicht weiterentwickelt und seit 2006 nicht mehr verkauft. Der AR PhysioFlex erreichte einen hohen Bekanntheitsgrad und wird oft zu Unrecht als Vorläufer des Zeus bezeichnet. PhysioFlex verfügt zwar ebenfalls über einen Blower, der jedoch nicht dazu dient, einen Beatmungsdruck aufzubauen. Der Blower im PhysioFlex arbeitet mit einer konstanten, niedrigen Drehzahl und sorgt dadurch für eine gute Durchmischung der Atemgase und stellt einen unidirektionalen Basisflow der Atemgase im Kreisteil ohne Rückschlagventile sicher. Der Atemwegsdruck wird jedoch mit Hilfe von Druckluft erzeugt, die vom Atemgasgemisch durch auslenkbare Membranen getrennt bleibt. Die volatilen Anästhetika Halothan, Isofluran

18 oder Sevofluran werden direkt flüssig in das zirkulierende Atemgasgemisch injiziert. Ein Computeralgorithmus regelt dabei die endtidale Konzentration des VA über einen Istwert- Sollwert-Abgleich. Das Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus wurde entsprechend mit dem Ziel entwickelt, die technischen Nachteile, von denen aus der experimentellen Generation an geschlossenen Regelkreismaschinen berichtet wurde, zu umgehen und diese technisch zu lösen. Das System benutzt dabei einen neu entwickelten Kompressor und ein spezielles Servo-kontrolliertes Ventilsystem, um die verschiedensten Ventilationsmodi durchführen zu können. Sowohl die Narkosegas- als auch die Frischgaszufuhr sind dabei Feedback-kontrolliert, indem sie direkt in den Beatmungszyklus eingeleitet werden, wobei eine geschlossene Regelkreisventilation ermöglicht wird (Struys et al., 2005). 1.3.3 Technischer Aufbau und Funktionsweise Abbildung 1: Frontalansicht Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus

19 Zeus (Abbildung 1) hat ein Gesamtgewicht von 125 Kg und ist der Nomenklatur für Medizinprodukte nach eine Anästhesieeinheit (UMDNS- Code 10-134) der Klasse IIb gemäß MPG. Uns stand das Gerät nach über dreijähriger Entwicklungszeit und einem Investitionsvolumen im zweistelligen Millionen Bereich mit mehr als 30 Patenten zur Evaluation zu Verfügung. Der mechanischen Struktur nach ist Zeus ein klassisches Rückatmungssystem (zirkuläres System), das in seinem schematischen Aufbau in Abbildung 2 dargestellt ist.

20 Abbildung 2: Schematischer Aufbau Gaslaufplan Zeus 1 Rückschlagventil zur Narkosegasfortleitung (AGS) 10 Sicherheitsventil im Atemsystem 2 APL-Ventil 11 Drucksensor Inspiration 3 Flow-Ventil 12 Temperatursensor für das 4 Rückschlag-Ventil Exspiration Atemgas 5 Drucksensor Atemwegsdruck 13 Rückschlagventil Inspiration 6 Flowsensor Exspiration (Spiro- 14 Radialkompressor TurboVent TM Life ) 15 Absorber 7 Flowsensor im Y-Stück (Alveon ) 16 Zusatzluftventil 17 Atembeutel 8 Patientenlunge 9 Flowsensor Inspiration (Spiro- Life )

21 Bei Zeus handelt es sich um eine Anästhesieeinheit, deren Beatmungsdruck von einer Fluidenergiemaschine aufgebaut wird. Fluidenergiemaschinen sind Maschinen, die mechanische Arbeit mit Flüssigkeiten oder Gasen, also Fluiden austauschen. Die Fluidenergiemaschine überträgt dabei entweder mechanische Arbeit auf das Fluid (Kompressor) oder entzieht dem Fluid Energie, die dann als mechanische Arbeit abgegeben wird (Turbine). Kompressoren lassen sich ferner in Kolbenkompressoren und Turbokompressoren (=Kreiselkompressoren) einteilen. Bei Turbokompressoren kann die Strömung des Fluids parallel zur Achse (Axialkompressor) oder parallel zum Radius des Schaufelrades (Radialkompressor) erfolgen. Radialkompressoren nutzen zur Effizienzsteigerung im Gegensatz zu Axialkompressoren zusätzlich die Zentrifugalwirkung der radialen Strömung zur fluidmechanischen Energieumsetzung. Bei der für Zeus neu konzipierten Fluidenergiemaschine TurboVent handelt es sich seinem Funktionsprinzip nach um einen Radialkompressor (Abbildung 3). Er hat ein Gewicht von 3 [g] und besteht aus zwei integralen Komponenten, dem Laufrad und dem Diffusor. Als Diffusor wird eine bautechnische Veränderung des Durchflussquerschnittes in Fließrichtung des strömenden Fluids bezeichnet, die eine Verlangsamung der Fluidströmung und dadurch eine Verdichtung des Fluids bewirkt. Im Unterschallbereich wird diese Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit stets durch eine Vergrößerung des Durchflussquerschnittes erreicht. Die Vergrößerung des Durchflussquerschnittes ist im TurboVent durch Schaufeln, deren Abstände sich von der Nabe zum Umkreis hin vergrößern, realisiert (Abbildung 3). Der Diffusor trägt im Zeus auf diese Weise zum Aufbau des Beatmungsdruckes bei. TurboVent ist so in das Kreisteil integriert, dass er einen frischgasentkoppelten Kreisflow von mindestens 20 [L*min -1 ] aufrechterhält (Abbildung 2). Durch seine Bauart gewährleistet TurboVent trotz positiver Drücke freie Durchatembarkeit während des gesamten Atemzyklus und ist daher grundsätzlich für alle Beatmungsformen geeignet, die in der Intensivbeatmung gefordert werden. Angetrieben wird TurboVent von einem Elektromotor. Um den

22 Elektromotor vor eventuell auftretendem Schlingern durch Wirken von Zentripetalkräften und damit vor vorzeitigem Verschleiß zu schützen, ist die Drehachse unterbrochen durch ein Zwischenstück aus Filz und hierin steckenden Nadeln, über die das Drehmoment auf die restliche Achse übertragen wird. Eine durch ein magnetisches Feld an ihrem Ort gehaltene Flüssigkeit, ein sogenanntes Ferrofluid, dichtet den Motorraum vom Atemgasgemisch ab und fungiert als flüssige, und daher verschleißfreie und reibungsarme Dichtung. Der zum Antrieb des TurboVent genutzte Elektromotor ist gleichstromgetrieben. Der Vorteil des gleichstromgetriebenen Elektromotors im Unterschied zum wechselstromgetriebenen Antrieb liegt darin, dass die Drehzahl des Gleichstrom-Elektromotors sich direkt proportional zur Höhe der angelegten Spannung verhält, wohingegen die Drehzahl eines Wechselstrom-Elektromotors von der Stromfrequenz und der Anzahl der Magnetpole abhängt. Die Drehzahlmodulation eines Wechselstrommotors gestaltet sich daher ungleich komplizierter, was zu verzögerten Ansprechzeiten des Motors führt. Das geringe Gewicht des TurboVent und sein gleichstromgetriebener Antrieb vereinen so gleich mehrere Vorteile auf sich. Zum einen kann aufgrund des geringen Gewichtes die Drehzahl N Werte bis zu 50.000 [U*min -1 ] annehmen und damit Beatmungsdrücke bis zu 50 [mbar] und einen Inspirationsflow von bis zu 180 [L*min -1 ] ± 10 [%] erzeugen. Zum anderen reagiert der Elektromotor aufgrund des Gleichstromes innerhalb weniger Millisekunden auf eine Änderung der angelegten Spannung. Der Beatmungsdruck verhält sich hierbei direkt proportional zur elektronisch modulierten Umfangsgeschwindigkeit U (U = 2π * N * r ) des TurboVent. Zusammen mit einem Flow-Ventil, welches als variables Strömungshindernis in das Kreisteil integriert ist, unterteilt TurboVent das Kreisteil in zwei Teilsysteme (Abbildung 2). Der Beatmungsdruck wird dabei nur im patientenseitigen Teilsystem zwischen TurboVent und Flow-Ventil wirksam. Das patientenabgewandte Teilsystem befindet sich auf einem niedrigeren Druckniveau. Hier befindet sich ein 3-Liter- Handbeatmungsbeutel, der gleichzeitig als Reservoir dient. Er wird von einem Drucksensor überwacht, der entsprechend des im

23 Beatmungsbeutel am Ende der Exspiration gemessenen Wertes, dessen Referenzintervall zwischen 1 bis 4 [mbar] liegt, die Frischgaszufuhr regelt. Das Gesamtvolumen des Atemsystems, das den Natronkalkkanister mit einschließt, beträgt 2 [L] (gemessenes Volumen ohne Ambu-Beutel- Volumen). Die Compliance des Ventilationssystems beträgt 0,2 [ml*kpa -1 ] (gemessener Wert ohne Atemschlauchvolumen). Über die Öffnungsfläche A des Flow-Ventils wird der Abfluss von Atemgas aus dem patientenseitigen Teilsystem und damit die Höhe des Kreisflows [L*min -1 ] geregelt. Ein höherer Abfluss bedingt aufgrund der beschriebenen Bauart des TurboVent einen höheren Zufluss durch den Radialkompressor hindurch und zwar ohne Modulation seiner Drehzahl N. Aufgrund der fehlenden Notwendigkeit einer Drehzahlmodulation gelingt die Zuflussregelung nicht nur ohne nennenswerte Druckveränderung im patientenseitigen Teilsystem, sondern unmittelbar. Das so konzipierte Kreissystem kann daher als Näherung an einen idealen Regelkreis beschrieben werden. Vor dem Hintergrund des bisher gesagten kann ein Beatmungszyklus wie folgt beschrieben werden (Abbildung 2). Ein konstanter Basisflow, der 20 [L*min -1 ] zu keinem Zeitpunkt unterschreitet, sorgt für eine homogene Durchmischung der Atemgase. Für die Applikation eines Atemhubes wird die Drehzahl N des TurboVent erhöht. Der Handbeatmungsbeutel leert sich, der Patient wird beatmet. Auch jetzt wird der erwähnte Basisflow aufrecht erhalten und strömt über den Exspirationsschenkel durch das Flow-Ventil. Während der Exspiration wird die Drehzahl N des TurboVent reduziert, sie ist dann proportional zum eingestellten PEEP. Die Ausatemluft plus Basisflow strömen durch den Exspirationsschenkel über das Flow-Ventil ab, dessen Öffnungsfläche A der Flowzunahme entsprechend reguliert wird und der Handbeatmungsbeutel füllt sich wieder. Genaue Informationen bezüglich des Flows erhält der Steuerprozessor des Zeus über 3 verschiedene Flowsensoren, die sich im Inspirationsschenkel (SpiroLife ), im Exspirationsschenkel (SpiroLife ) und in unmittelbarer Nähe zum Patiententubus (Alveon ) befinden. Drucksensoren im In- und Exspirationsschenkel sowie ein Temperatursensor geben weitere Informationen über das Atemgas und

24 dienen dem Steuerprozessor zur Berechnung des Massenflows M und zur Steuerung digitaler Magnetventile, wie in Kapitel 1.3.5 Gasdosierung näher erläutert. Die Messeinheit für die direkte Injektion von volatilen Anästhetika ( Direct Injection of Volatile Anaesthetics (DIVA)) misst dabei automatisch den Anteil an Narkosegas und Frischgaszufluss. 1 2 3 4 5 Motor Abbildung 3: TurboVent mit Motor 1. Radialkompressor TurboVent 2. Achse 3. Filz 4. Antriebsachse 5. bürstenloser Gleichstrommotor

25 1.3.4 Bedienkonzept Alle hier gemachten Aussagen beziehen sich, soweit nicht anders beschrieben, auf den von Dräger für die Phase des Clinical engineering zur Verfügung gestellten Zeus mit der Software-Version 1.n. Das Bedienkonzept des Zeus ist als intuitiv nutzbares Interaktionssystem angelegt. Sowohl der passive Informationszugriff als auch die aktive Funktionssteuerung erfolgen hierbei zentral über 8 am rechten Monitorrand befindliche Hard Keys und einen hintergrundbeleuchteten 15 TFT-Bildschirm mit einer Auflösung von 1024x768 Pixel. Dessen fensterorientierter Aufbau liefert einen Informationsüberblick über alle relevanten Parameter, Hilfefunktionen, Diagnose- und Trenddaten, die Anästhesie-Steuerung sowie die optional verfügbare Steuerung von Infusionspumpen. Gleichzeitig erlaubt der Bildschirm dank seiner Berührungssensitivität die aktive Steuerung sämtlicher Funktionen und unterstützt den Benutzer durch die Verwendung eines modusabhängigen Farbkonzepts (Abbildung 4). Selektierbare Elemente sind grün hinterlegt und werden durch Antippen aufgerufen, wobei die Farbe des selektierten Elements dann von Grün nach Gelb wechselt. Abbildung 4: Farbkonzept am Beispiel des selektierten Parameters FLOW [L/min 1 ] in der Frischgasdosierung.

26 Die Veränderung des jeweiligen Parameters kann dann durch Drehen des Dreh-Drück-Schalters vorgenommen und muss zur Aktivierung durch Drücken des Dreh-Drück-Schalters bestätigt werden, was vom System mit dem Farbwechsel des selektierten Elements von Gelb nach Grün quittiert wird. Inaktive Elemente erscheinen dabei hellgrün, aktive Elemente dagegen dunkelgrün. Nicht bedienbare Elemente werden grau dargestellt. Die 8 Hard Keys erlauben den schnellen Zugriff auf fest hinterlegte Funktionen unabhängig von der aktuellen Bedienebene des Bildschirms. Zur leichteren Orientierung sind im Folgenden die von Dräger im Zeus implementierten Ausdrücke und Abkürzungen besonders hervorgehoben. 1.3.5 Gasdosierung Der FGF bezeichnet das Volumen an Frischgas in Litern, das der Anästhesieeinheit pro Minute zugeführt wird. Das Frischgas (FG) setzt sich aus Sauerstoff und dem Trägergas (AIR, N 2 O) zusammen, dem im weiteren Verlauf und unabhängig vom FG das VA zugeführt wird. Durch den Kreisflow im Atemsystem findet eine homogene Durchmischung der Gase statt. Das Anästhesie-Arbeitsplatzsystem Zeus ist multifunktional bezüglich der Dosierungsmodi für volatile Anästhetika und Frischgas und unterscheidet zwei grundlegend verschiedene VA- und FG-Dosierungsmodi: den Modus Frischgasdosierung und den Modus Autodosierung. Im Modus Frischgasdosierung werden entsprechend klassicher Anästhesieeinheiten die Frischgaskonzentrationen des Sauerstoffs FGas O 2 [%] und des volatilen Anästhetikums als auch FGF manuell eingestellt, wobei der Nutzen klassischer Rotameter emuliert wird, ohne dass dabei ein automatisiertes System aktiv ist. Im Modus Frischgasdosierung kann FGF bis auf Minimal Flow (0,5 [L*min -1 ]) reduziert werden, er entspricht in seiner Funktionsweise dann klassischen Respiratoren mit entsprechenden Kapazitäten für Minimal Flow. Die eingestellte VA-Konzentration wird dabei der Konzentration eines spezifischen Verdampfers gleichgesetzt.

27 Um den Modus Autodosierung besser verstehen zu können, sollen zunächst die ihm zugrunde liegenden Regelkreise und deren Parameter eingeführt werden. Sowohl die FG- als auch die VA-Dosierung erfolgen beim Zeus über digitale Magnetventile als Massenflowdosierung. Die Magnetventile sind bistabil, sie behalten bei einem Stromausfall ihre Position bei. Alle Massenflowdosierer sind auf Standardbedingung Normal Temperature and Pressure, Dry (NTPD: T=298,15 [K], p=101325 [J/m 3 ], ph 2 O=0) normiert. Der Einstellwert des FGF ist hingegen auf Normalbedingung Standard Temperature and Pressure, Dry (STPD: T=273,15 [K], p=101325 [J/m 3 ], ph 2 O=0 [Pa]) normiert, um einen direkten Bezug zum Gasverbrauch und zum Patientenbedarf herzustellen. Die Dosierung über den Massenflow M hat gegenüber der Dosierung über den Volumenflow V den Vorteil, dass sie unabhängig von Druck p, absoluter Temperatur T und relativer Feuchte im System und somit unabhängig der Dichte ρ erfolgt. Veränderte Umgebungsbedingungen machen sich in der Zusammensetzung des Gasgemisches daher nicht bemerkbar, denn alle Magnetventile passen ihre Massenflowdosierung gleichsinnig an. Hierzu werden mittels entsprechender Sensoren (Abbildung 3) bei hinterlegter spezifischer Gaskonstante RS die Parameter T, p und V gemessen und mittels der thermischen Zustandsgleichung für ideale Gase M p V = RS T M berechnet. Zur Absicherung der Massenflowdosierung wird ein unabhängig arbeitender Gasanalysator im Inspirationsteil verwandt, der im Bedarfsfall die entsprechenden Regelkreise abschaltet. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Modus Autodosierung wie folgt beschreiben: Im Modus Autodosierung werden im Rahmen einer Target Controlled Anaesthesia (TCA) die gewünschte exspiratorische VA-Konzentration Ex DES [%], die inspiratorische Sauerstoffkonzentration Fi O 2 [%], FGF und die maximale inspiratorische VA-Konzentration maxinsp DES [%] als Soll- Werte definiert und durch absaugende Konzentrationsmessung am Y- Stück mit den Ist-Werten verglichen. Die Ist-Werte werden zum einen für das Gasmonitoring benötigt, zum anderen berechnet der Steuerprozessor

28 aus den Ist-Werten und den Soll-Wert-Vorgaben mittels Regelalgorithmen Stellwerte, die an die digitalen Magnetventile der VA- und FG-Dosierung geleitet werden. Der Regelalgorithmus für Ex DES [%] sieht hierbei vor, dass der Massenflow des Desfluran M Des unter Berücksichtigung von maxinsp DES [%] erhöht wird für den Fall, dass der Ist-Wert kleiner ist als der Soll-Wert. Auf diese Weise wird sicher gestellt, dass mindestens 90 [%] T 90 ( -Zeit) des Soll-Wertes nach spätestens 120 [sek] erreicht werden. Für den Fall, dass der Ist-Wert Ex DES [%] den Soll-Wert um mehr als 15 [%] übersteigt, wird Des gestoppt und FGF erhöht. Es gilt die gleiche T -Zeit. Der Regelalgorithmus für FGas O 2 [%] ist entsprechend konzipiert, die T 90 M 90 -Zeit beträgt hingegen 60 [sek] und ein FGas O 2 [%] von 21 [%] wird zu keinem Zeitpunkt unterschritten. Da die Magnetventile für jedes einzelne Gas den Flow entsprechend regeln können, können die einzelnen Gase unabhängig voneinander in das Atemsystem eingebracht werden, wobei der eingestellte Soll-Wert FGF zu keinem Zeitpunkt unterschritten wird. Ein Trägergas für das volatile Anästhetikum ist hierbei nicht erforderlich. Vielmehr erfolgt die elektronische Dosierung des volatilen Anästhetikums direkt in das Atemsystem (DIVA= Direct Injection of Volatile Anaesthetics), indem aus einem Reservoir mittels eines Vordruckes und eines digitalen Taktventils volatiles Anästhetikum durch ein Umluftinjektionsventil in eine Verdampferkammer eingespritzt wird. In der Verdampferkammer wird das Anästhetikum bei einer Temperatur von 80 [C] verdampft und durch eine geheizte Leitung als Sattdampf dem Atemsystem zugeführt. Je nach gewähltem Dosierungsmodus leitet das System den Sattdampf entweder direkt in das Atmungssystem ein (Modus Autodosierung) oder aber der Sattdampf wird zuerst mit Frischgas vermischt (Modus Frischgasdosierung), um ein klassisches System mit Flowmesser und Verdampfer emulieren zu können Wird FGF auf Werte kleiner 0,5 [L*min -1 ] reduziert, erscheint der Begriff uptake anstelle des numerischen Wertes im entsprechenden Drehregler. Das System arbeitet hierbei geschlossen und nur der verbrauchte Sauerstoff sowie etwaige Verluste über Leckagen werden substituiert.

29 1.3.6 Beatmungsmodi des Zeus Im Folgenden werden die einzelnen Beatmungsmodi und ihre Regelkreise erläutert. Da sich die Bezeichnungen der Beatmungsmodi zwischen der uns zur Verfügung gestellten Software-Version 1.n. des Prototyps und der zur Markteinführung aktuellen Software-Version 2.02. der Seriengeräte unterscheiden, folgt zunächst eine tabellarische Gegenüberstellung (Tabelle 2). Tabelle 2: Gegenüberstellung der Software-Versionen von Prototyp und Seriengerät Version 1.n. Version 2.02. Man. Man. Spont. Spont. CPAP PSupp. Druck- Kontrolliert Volmenkontrolliert IPPV Konst. Flow CPAP PressSupp Pressure Mode Volume Mode Auto flow Constant flow 1.3.6.1 Beatmungsmodus Manuell/Spontan Die manuelle Beatmung des Patienten erfolgt über den Handbeatmungsbeutel. Die Einstellung des maximalen Atemwegsdrucks erfolgt hierbei manuell am Adjustable Pressure Limit (APL) - Ventil durch Drehen des Ventilkopfes. Eine Einstellung zwischen den Rasterungen des Ventilkopfes ist ebenfalls möglich. Zur schnellen Druckentlastung wird der Ventilkopf angehoben und das Ventil geöffnet. Zum schnellen Füllen des Atembeutels und des Atemsystems mit Sauerstoff unter Umgehung der VA- Dosierung kann die Funktion O 2 -Flush durch Drücken des O 2 -Knopfes angewählt werden.

30 Zur Spontanatmung kann das System dauerhaft druckentlastet werden, indem das APL-Ventil nach links gedreht und dadurch angehoben wird. Bei zusätzlicher Voreinstellung eines PEEP ist der Modus Spontan mit dem Modus CPAP identisch. 1.3.6.2 Beatmungsmodi CPAP und Pressure Support Technisch wird der CPAP im Zeus durch den kontinuierlichen Basisflow vom mindestens 20 [L*min -1 ] als Flow-by-CPAP realisiert. Dieses System hat gegenüber dem Demand-Flow-CPAP den Vorteil, die Atemarbeit des Patienten nicht zu erhöhen, da die Aktivierung eines Triggerventils entfällt. Vielmehr bleibt der Druck im Kreisteil aufgrund der freien Durchatembarkeit des TurboVent auch bei forcierter Inspiration weitgehend konstant, was auf Grund der Bauart des TurboVent ohne aufwändige elektronische Steuerung realisiert werden kann. Bei der Exspiration registriert der Steuerprozessor über die Messdifferenz der in- und exspiratorischen Flowsensoren eine Zunahme des exspiratorischen Flows und moduliert der Flowzunahme entsprechend die Öffnungsfläche des Flow-Ventils. Eine Spontanatmung kann dabei durch Pressure Support (PS) unterstützt werden. Hierzu wird die Druckanstiegszeit zwischen 0 bis 2 [sek], der maximale Inspirationsdruck (P Insp ), die Triggervariable Flow und der gewünschte Pressure Support relativ zum PEEP-Niveau eingestellt. Pressure Support startet, wenn der Inspirationsflow den eingestellten Wert des Flowtriggers erreicht, spätestens aber, wenn das inspirierte Volumen 25 [ml] übersteigt (12 [ml] bei pädiatrischer Beatmung). Pressure Support wird beendet, wenn der Inspirationsflow auf 25 [%] des initialen Peak- Flows abfällt, spätestens jedoch nach 4 [sek] (1,5 [sek] bei pädiatrischer Beatmung). Stellt der Faktor Zeit drei Mal hintereinander die Terminierungsvariable dar, weist Zeus auf ein eventuell undichtes Beatmungssystem hin. 1.3.6.3 Beatmungsmodi Druckkontrolliert und SIMV Bei der druckkontrollierten Beatmung fungiert P Insp als die von Zeus beeinflusste und über Regelalgorithmen konstant gehaltene Kontrollvariable.

31 Zugleich sind P Insp die Inspirationsphase limitierende Begrenzungsvariable und die Inspirationszeit die Inspirationsphase terminierende Zyklusvariable. Kontrollvariable und Begrenzungsvariable sind demnach identisch. Da beim Zeus eine freie Durchatembarkeit während des gesamten Atemzyklus gegeben ist, kann die druckkontrollierte Beatmung des Zeus auch als zeitgesteuerter Wechsel zwischen zwei Druckniveaus beschrieben werden, wobei das obere Druckniveau vom eingestellten Inspirationsdruck und das untere Druckniveau vom eingestellten PEEP abhängt. Um die Wechsel von einem Druckniveau zum anderen entsprechend anzupassen, lässt sich sowohl die druckkontrollierte als auch die volumenkontrollierte Beatmung durch SIMV (synchronized intermittend mandatory ventilation) mit der Spontanatmung des Patienten synchronisieren. Hierbei unterscheidet Zeus zwischen zwei unterschiedlichen Zeitfenstern, innerhalb derer eine Synchronisierung mit der spontanen Inspiration und Exspiration des Patienten stattfindet. Das erste Zeitfenster liegt vor Beginn des nächsten mandatorischen Atemhubs und dient der Synchronisierung mit der spontanen Inspiration des Patienten. Die Dauer dieses Zeitfensters, im Folgenden inspiratorisches Trigger-Fenster genannt, beträgt 25 [%] der eingestellten Inspirationszeit, maximal jedoch 5 [sek]. Beträgt die Inspirationszeit beispielsweise 1,8 [sek], beginnt das inspiratorische Trigger-Fenster 0,45 [sek] vor dem nächsten mandatorischen Atemhub und endet mit Beginn desselben. Innerhalb dieses inspiratorischen Trigger-Fensters appliziert Zeus, dem Modus Pressure Support analog, einen Atemhub, sobald der vorgegebene Flowtrigger erreicht wird. Da ein getriggerter Atemhub die Dauer zwischen zwei Inspirationen um die Zeit Δ T verkürzt und so die effektive AF erhöhen würde, verzögert Zeus den nächsten mandatorischen Atemhub um die Zeit Δ T. AF bleibt somit konstant. Das zweite Trigger-Fenster dient der Synchronisierung mit der spontanen Exspiration des Patienten. Die Dauer dieses expiratorischen Trigger- Fensters errechnet sich analog der Dauer des inspiratorischen Triggerfensters am Ende des Atemhubes. In unserem Beispiel beginnt das exspiratorische Trigger-Fenster demnach 0,45 [sek] vor dem Ende des Atemhubes und endet mit diesem.

32 1.3.6.4 Beatmungsmodus Volumenkontrolliert Bei der volumenkontrollierten Beatmung ist das eingestellte V T die Kontrollvariable. Im Gegensatz zur druckkontrollierten Beatmung ist die Kontrollvariable in diesem Beatmungsmodus beim Zeus jedoch nicht mit der Begrenzungsvariablen identisch. Vielmehr stellt auch in der volumenkontrollierten Beatmung der Inspirationsdruck, analog der druckkontrollierten Beatmung, die Begrenzungsvariable dar. Dazu wird der Inspirationsdruck unter Berücksichtigung der aktuellen Lungenparameter Resistance, Compliance und dem eingestellten V T errechnet und entsprechend schrittweise angeglichen. Zur Berechnung des Inspirationsdruckes dient folgender Algorithmus: Im Starthub wird ein Inspirationsdruck von 5 [mbar] appliziert und anhand des gemessenen V T ein neuer Zieldruck errechnet. Daraufhin wird der Inspirationsdruck auf 75 [%] des errechneten Zieldrucks, maximal jedoch auf 15 [mbar] über PEEP-Niveau, eingestellt. Die folgenden Beatmungshübe entsprechen dann zu 100 [%] dem errechneten Inspirationsdruck. Weitere Modulationen von P Insp erfolgen schrittweise im jeweils folgenden Beatmungshub und sind auf ± 3 [mbar] und durch den eingestellten P max begrenzt. Mit Hilfe dieses Algorithmus wird sichergestellt, dass der applizierte P Insp den kleinsten Wert annimmt, der notwendig ist, um das eingestellte V T unter Berücksichtigung der aktuellen Resistance und Compliance zu garantieren. Resistance und Compliance werden, wie auch in allen anderen Beatmungsmodi des Zeus, über eine multiple lineare Regression bestimmt. Druck, Volumen und Volumenflow stellen dabei die unabhängigen Variablen dar, Resistance und Compliance die abhängigen Variablen. Resistance und Compliance werden von Zeus auch graphisch in Form einer Atemschleife aufbereitet, deren Veränderung über die Zeit sich durch Speichern und Übereinanderlegen visuell leicht erfassen lässt. Wegen der Spontanatmung des Patienten und etwaigen Änderungen der Lungenparameter kann das jeweils applizierte V T vom voreingestellten Wert abweichen, über die Zeit arithmetisiert nähern sich beide Werte jedoch aneinander an. Da es sich bei der volumenkontrollierten Beatmung um einen druckbegrenzten Modus handelt, entsprechen Druck- und Flow-