Chronische Lymphatische Leukämie (CLL) Leitlinie

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Transkript:

Chronische Lymphatische Leukämie (CLL) Leitlinie Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen

Herausgeber DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.v. Alexanderplatz 1 10178 Berlin Geschäftsführender Vorsitzender: Prof. Dr. med. Mathias Freund Telefon: +49 (0)30 27 87 60 89-0 Telefax: +49 (0)30 27 87 60 89-18 info@dgho.de www.dgho.de Ansprechpartner Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann Medizinischer Leiter Quelle www.dgho-onkopedia.de Die Empfehlungen der DGHO für die Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen entbinden die verantwortliche Ärztin / den verantwortlichen Arzt nicht davon, notwendige Diagnostik, Indikationen, Kontraindikationen und Dosierungen im Einzelfall zu überprüfen! Die DGHO übernimmt für Empfehlungen keine Gewähr.

Inhaltsverzeichnis 1 Was ist das?... 2 1.1 Was ist eine CLL?... 2 1.1.1 Wie häufig ist die CLL?... 3 1.1.2 Wie entsteht die CLL?... 3 1.2 Gibt es Methoden der Vorbeugung und Früherkennung?... 4 2 Krankheitszeichen... 4 2.1 Welche Krankheitszeichen sind typisch?... 4 3 Untersuchungen... 4 3.1 Welche Untersuchungen sind erforderlich?... 5 3.1.1 Wann spricht man von einer CLL?... 5 3.1.2 Welche Untersuchungen sind erforderlich?... 5 3.1.3 Was bedeuten die verschiedenen Stadien?... 6 3.1.4 Könnte es eine andere Krankheit sein?... 7 4 Behandlung... 7 4.1 Wie wird behandelt? Wann wird behandelt?... 8 4.1.1 Welche Medikamente werden zuerst eingesetzt?... 9 4.1.2 Medikamente... 10 4.1.3 Welche Medikamente werden bei einem Rückfall eingesetzt?... 10 4.1.3.1 Nicht-Ansprechen / früher Rückfall... 11 4.1.3.2 später Rückfall... 11 4.1.4 Was ist eine Autoimmunkrankheit? Wie kann sie behandelt werden?... 11 4.1.5 Allogene Stammzelltransplantation... 12 4.1.6 Ist eine Hochdosistherapie mit eigenen Stammzellen sinnvoll?... 12 4.1.7 Welche unterstützenden Maßnahmen werden empfohlen?... 12 5 Kontrollen... 12 5.1 Welche Kontrollen sind erforderlich?... 13 6 Kurzfassung... 13 7 Weitere Infos... 13 8 Wer behandelt?... 13 8.1 Onkologische Zentren... 13 8.2 DGHO Mitgliederdatenbank... 14 8.3 Autoren der Leitlinie... 14 1

Chronische Lymphatische Leukämie (CLL) Stand : Januar 2012 1 Was ist das? 1.1 Was ist eine CLL? Die Chronische Lymphatische Leukämie (CLL) ist eine bösartige Erkrankung der B Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen. Die Einordnung der CLL ist etwas verwirrend. Der Name Chronische Lymphatische Leukämie ist alt. Er benutzt das Wort Leukämie - weißes Blut, weil bei den Patienten die weißen Blutkörperchen vermehrt sind. Die CLL entsteht im Immunsystem. Alle bösartigen Erkrankungen des Immunsystems werden heute als Lymphom bezeichnet. Entsprechend ist auch die Chronische Lymphatische Leukämie ein Lymphom. Die Weltgesundheitsorganisation WHO beschreibt die CLL als indolentes, schmerzloses Lymphom mit dem Verlauf einer Leukämie. Nach der WHO ist die CLL dabei immer eine Erkrankung der B Lymphozyten. Eine früher auch als CLL bezeichnete Leukämie der T Lymphozyten heißt heute T-Prolymphozytenleukämie (T-PLL). 2

1.1.1 Wie häufig ist die CLL? Die CLL ist die häufigste leukämische Erkrankung in Mitteleuropa. In Deutschland erkranken jährlich etwa 2.250 Männer und 1.500 Frauen. Das mittlere Alter liegt für Männer bei 70, für Frauen bei 72 Jahren, siehe Abbildung 1. Abbildung 3: Neuerkrankungen an CLL in Deutschland (Quelle: Ulrich Gerdemann, Ron Pritzkuleit, Alexander Katalinic, Institut für Krebsepidemiologie e.v., Lübeck) Legende: Hochrechnung des Instituts für Krebsepidemiologie e.v., Lübeck für ICD10: C91.1 auf Basis der Neuerkrankungsdaten der Krebsregister Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Münster, Saarland (für ICD 9: 204.1) und Schleswig- Holstein in den Jahren 2007/8 (Bezugsbevölkerung 16 Millionen Einwohner), September 2011 1.1.2 Wie entsteht die CLL? Das Risiko für eine CLL wird durch unterschiedliche Faktoren erhöht. Sie können in die folgenden Gruppen eingeordnet werden: vererbt Personen mit einer ebenfalls betroffenen Angehörigen haben ein erhöhtes Risiko für eine CLL oder an anderes Lymphom erworben organische Lösungsmittel, z. B. Benzol Der CLL geht eine Phase voraus, in der sich klonale B Lymphozyten langsam vermehren, ohne dass der Patient dies spürt. Diese B Lymphozyten sehen wie Leukämiezellen aus und werden als Monoklonale B Lymphozytose (MBL) bezeichnet. Bei über 5 % aller über 60 jährigen Menschen ist eine Monoklonale B 3

Lymphozytose nachweisbar. Das Risiko des Übergangs in eine behandlungsbedürftige CLL beträgt etwa 1 % pro Jahr. 1.2 Gibt es Methoden der Vorbeugung und Früherkennung? Wirksame Methoden zur Vorbeugung gibt es nicht. Eine Früherkennung ist grundsätzlich möglich, siehe Monoklonale B Lymphozytose (MBL) haben. Da aber nur wenige MBL Patienten eine behandlungsbedürftige CLL entwickeln, ist der Wert einer Früherkennung nicht belegt. 2 Krankheitszeichen 2.1 Welche Krankheitszeichen sind typisch? Typisch für die CLL ist die Vermehrung von B Lymphozyten im Blut. Diese Veränderung wird häufig zufällig im Blutbild festgestellt. Bei Fortschreiten der Erkrankung treten vergrößerte Lymphknoten sowie Vergrößerung von Milz und Leber auf. Die weiteren Krankheitszeichen sind durch das Verhalten der bösartigen Zellen im Knochenmark zu erklären. CLL Zellen verdrängen die normalen Zellen im Knochenmark. Das führt zu Blutarmut (Anämie), zu einem erhöhten Infektionsrisiko und zu einer vermehrten Blutungsneigung. Eine Besonderheit der CLL sind Autoimmunphänomene. Das sind Reaktionen des Immunsystems gegen den eigenen Körper. Am häufigsten bei CLL Patienten führen diese Fehlreaktionen zu einer Zerstörung von roten Blutkörperchen (Hämolyse), aber auch von Blutplättchen oder anderen Zellen im Körper. Beschwerden können Gewichtsverlust, Fieber oder Nachtschweiß, die sogenannten B- Symptome, sein. 3 Untersuchungen 4

3.1 Welche Untersuchungen sind erforderlich? 3.1.1 Wann spricht man von einer CLL? Im Jahre 2008 hat der International Workshop on CLL (IWCLL) festgelegt, ab wann eine Chronische Lymphatische Leukämie vorliegt: Nachweis von mindestens 5000 klonalen B-Lymphozyten pro μl im Blut. Wenn klonale B Lymphozyten gefunden werden, aber unterhalb von 5000 / µl, kann die Diagnose Monoklonale B-Lymphozytose (ungewisser Signifikanz) ( MBL ) gestellt werden. Vorherrschen kleiner, morphologisch reif wirkender Lymphozyten im Blutausstrich Nachweis der Merkmale CD19, CD20, und CD23 und CD5 bei der Immunphänotypisierung auf den Leukämiezellen; typisch ist zusätzlich, dass die Merkmale CD20 und CD79b nur relativ schwach nachweisbar sind. Der Nachweis von klonalen B Lymphozyten wird durch die Doppelmarkierung von CD19/kappa oder CD19/lambda bewiesen. Beispiele der Untersuchungsergebnisse von CLL Patienten sind in der Wissensdatenbank CLL dargestellt, http://www.dgho-onkopedia.de/wissensdatenbank/ wissensdatenbank/chronische-lymphatische-leukaemie-cll. 3.1.2 Welche Untersuchungen sind erforderlich? Beim Verdacht auf eine CLL werden folgende Untersuchungen empfohlen, siehe Tabelle 1 und 2. Tabelle 1: Untersuchungen bei Verdacht auf CLL Untersuchung Anmerkungen Krankengeschichte Leistungsschwäche, B-Symptome, Infektneigung etc., Untersu-Vergrößerung von Lymphknoten, Milz und / oder Leber, körperliche chung frühere Blutbilder / Leukozytenwerte, Familiengeschichte Zeichen der Blutarmut oder Blutungszeichen Blutbild großes Blutbild mit Retikulozyten 5

Tabelle 1: Untersuchungen bei Verdacht auf CLL multiparametrische Immunphänotypisierung Expression von CD19 und CD23 Koexpression von CD5 schwache oder fehlende Expression von CD20, CD79b, FMC7 Monoklonalität von IgKappa oder IgLambda Blutuntersu-LDH, GPT, Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte, Harnsäure, Blutzucker, CRP weitere chungen Knochenmarkpunktion in der Regel nicht erforderlich Lymphknotenbiopsie nur bei Patienten, die keine erhöhten Leukozyten haben oder bei Verdacht bei Übergang in ein aggressives Lymphom (Richter Syndrom) Tabelle 2: Zusätzliche Untersuchungen vor Begin einer Therapie Untersuchung Genetik Anmerkungen del17p13, p53 Mutation weitere genetische Untersuchungen zur Abgrenzung gegenüber anderen indolenten Lymphomen weitere Blutunter-wensuchungen Behandlung geplant wird, z. besondere Krankheitszeichen auftreten oder eine B. Haptoglobin und Coombs-Test bei Verdacht auf Hämolyse, und vor Einleitung einer Therapie mit Fludarabin Nierenfunktion vor einer Therapie mit Fludarabin Immunglobuline bei Schwäche des Immunsystems CMV Status vor einer Therapie mit Alemtuzumab Ultraschall Bauch vergrößerte Lymphknoten? Viele weitere Laboruntersuchungenn wie Thymidinkinase, β 2-Mikroglobulin, Mutationsstatus der variablen Segmente der Immunglobulinschwerketten-Gene (IGHV), weitere genetische Veränderungen, CD38 oder ZAP70-Expression können bei CLL Patienten durchgeführt werden. Sie haben aber zurzeit keinen Einfluss auf die Behandlung und werden nur in klinischen Studien empfohlen. 3.1.3 Was bedeuten die verschiedenen Stadien? Der Verlauf einer CLL kann sehr unterschiedlich sein. Stadieneinteilungen helfen, den Krankheitsverlauf einheitlich zu erfassen. Weltweit werden vor allem die beiden Klassifikationen nach Binet und nach Rai verwandt. In Europa ist die Einteilung nach Binet gebräuchlicher, siehe Tabelle 3. 6

Tabelle 3: Stadieneinteilung nach Binet StadiumDefinition Medianes Überleben A Hämoglobin > 10 g / dl Thrombozyten > 100.000 / µl < 3 betroffene Regionen 2 (LK 1, Leber oder Milz) > 10 Jahre B Hämoglobin > 10 g / dl Thrombozyten > 100.000 / µl > 3 betroffene Regionen 2 (LK 1, Leber oder Milz) 5 Jahre C Hämoglobin < 10 g / dl Thrombozyten < 100.000 / µl 2-3 Jahre 3.1.4 Könnte es eine andere Krankheit sein? Ähnliche Krankheitszeichen oder Befunde finden sich bei folgenden Diagnosen: monoklonale B Lymphozytose Vermehrung von Lymphozyten bei Virus-Infekten oder Autoimmunerkrankungen andere Lymphome (follikuläres Lymphom siehe Leitlinie Follikuläres Lymphom, lymphoplasmozytisches Lymphom, Marginalzonenlymphom siehe Leitlinie Marginalzonenlymphom, Mantelzelllymphom siehe Leitlinie Mantelzelllymphom, B-Prolymphozyten-Leukämie (B-PLL)). Haarzell-Leukämie, siehe Leitlinie Haarzell-Leukämie 4 Behandlung http://www.powerpoint-aktuell.de/uploads/tx_pplarchive/02_2011_kbb_05.png 7

4.1 Wie wird behandelt? Wann wird behandelt? Die CLL kann mit Chemotherapie und mit Antikörpern gut behandelt, aber nicht geheilt werden. Bei jedem Patienten ist abzuwiegen, ob und wann eine Behandlung sinnvoll ist. Patienten im Stadium Binet C werden kurzfristig. Patienten im Stadium A oder B werden nur behandelt, wenn weitere Krankheitszeichen oder auffällige Veränderungen der Laborwerte vorliegen, siehe Tabelle 4. Tabelle 4: Anhaltspunkte für die Einleitung einer Behandlung im Stadium Binet A oder B Auftreten/Verschlechterung einer Blutarmut oder eines Mangels an Thrombozyten massive Vergrößerung der Milz massive Vergrößerung von Lymphknoten schnelle Verdopplung der Lymphozyten im Blut Autoimmunphänomene körperliche Beschwerden ungewollter Gewichtsverlust über 10 % in 6 Monaten Fieber unklarer Ursache für mehr als 2 Wochen Nachtschweiß über mehr als einen Monat ohne Nachweis einer Infektion schwerwiegende Fatigue Die Heilung einer CLL ist nur durch die Transplantation mit Stammzellen von einem Familienangehörigen oder einem Fremdspender möglich. 8

4.1.1 Welche Medikamente werden zuerst eingesetzt? Erfreulicherweise sind viele Medikamente bei der CLL wirksam. Bei der Auswahl der Medikamente werden vor allem der allgemeine Zustand des Patienten, andere Erkrankungen, Besonderheiten der CLL und die Nierenfunktion berücksichtigt. Die Beurteilung des allgemeinen Zustands erfolgt mit standardisierten Fragebögen, z. B. CIRS. Bei fitten Patienten wird der Arzt eher eine intensive Behandlung mit Kombination mehrerer Medikamente, bei gebrechlichen Patienten eher eine wenig belastende Behandlung vorschlagen. Wenn immer möglich, soll die Therapie im Rahmen klinischer Studien erfolgen. Empfehlungen für die erste Behandlung sind in Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 7: Empfehlungen für die erste Behandlung Legende: A - Alemtuzumab, allo SZT - allogene Stammzelltransplantation, B - Bendamustin, BSC - unterstützende Behandlung, C - Cyclophosphamid, Clb - Chlorambucil, CR - vollständige Rückbildung, d - verminderte Dosis, D - Dexamethason, F - Fludarabin, P - Prednison, PD - Fortschreiten der Krankheit, PR - teilweise Rückbildung, R - Rituximab, SD - stabile Erkrankung; In Deutschland hat sich in den letzten Jahren die Kombination aus Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab (FCR) als Standard durchgesetzt. Sie ist geeignet für fitte Patienten mit normaler Nierenfunktion. Eine Alternative kann Bendamustin sein, oft in Kombination mit Rituximab eingesetzt. Allerdings liegen für diese Kombination bisher keine Ergebnisse von Studien vor, die Bendamustin mit FCR vergleicht. Für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder andere schweren Erkrankungen stehen Chorambucil und Bendamustin zur Verfügung. Im direkten Vergleich dieser beiden Medikamenten werden mit Bendamustin höhere Ansprechraten und eine längere Zeit bis zum Fortschreiten der CLL erreicht. Chlo- 9

rambucil bleibt ein geeignetes Medikament für Patienten, die durch Begleiterkrankungen beeinträchtigt sind. Die Kombination von Chlorambucil oder Bendamustin mit Rituximab erhöht die Ansprechraten. Ergebnisse großer vergleichender Studien stehen allerdings aus. Die Behandlung mit Fludarabin allein wird nicht empfohlen. Auch bei Patienten mit belastenden Begleiterkrankungen kann die die Behandlung mit Fludarabin erhebliche Nebenwirkungen haben, führt aber im Vergleich zu Chlorambucil nicht zu besseren Ergebnissen. Die Empfehlungen für Chemotherapie oder Immuntherapie stützen sich auf die Ergebnisse großer Studien. In diesen Studien wurden bestimmte Dosierungen der Behandlung vorgegeben. Bei älteren oder durch andere Erkrankungen belasteten Patienten kann eine niedrigere Dosierung sinnvoll sein. Diese Anpassung der Dosierung kann bereits bei der ersten Behandlung erfolgen, häufiger ist sie im Verlauf der Behandlung erforderlich. Viele CLL Patienten haben Veränderungen im Erbgut der Leukämiezellen. In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass diese Veränderungen einen großen Einfluss auf den Verlauf der Leukämie und auf das Ansprechen auf die Behandlung haben. Viele von diesen Erkenntnissen werden noch untersucht und haben keinen Einfluss auf die Betreuung der Patienten. Ausnahmen sind die Veränderung Deletion 17p13 und Mutation des p53 Gen. Sie werden bei 5-10 % der CLL Patienten gefunden. Patienten mit einer Deletion 17p13 bzw. einer p53 Mutation Patienten sprechen schlechter auf die übliche Chemo- und Immuntherapie an, haben frühe Rückfälle und eine kürzere Überlebenszeit. Es wird empfohlen, diese Patienten mit alternativen Ansätzen zu behandeln, z. B. dem monoklonalen Antikörper Alemtuzumab gefolgt von einer allogenen Stammzelltransplantation. Wenn immer möglich, sollten diese Patienten im Rahmen von Studien behandelt werden. 4.1.2 Medikamente Informationen über die Zulassung der verschiedenen Medikamente in Deutschland, Österreich und der Schweiz finden sich unter Onkopedia Chronische Lymphatische Leukämie Zulassungsstatus. 4.1.3 Welche Medikamente werden bei einem Rückfall eingesetzt? Auch bei einem Rückfall ist die CLL gut behandelbar. Die Wahl der Behandlung hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören das Alter des Patienten, andere Erkrankungen und die Art der ersten Behandlung. Von besonderer Bedeutung ist die Zeit von der ersten Behandlung bis zu einem Rückfall. Danach lassen sich Patienten in beiden folgenden Gruppen einteilen. 10

4.1.3.1 Nicht-Ansprechen / früher Rückfall Patienten, die auf die derzeitigen Standardbehandlungen nicht ansprechen oder nach kurzer einen Rückfall (kürzer als 2 Jahre) erleiden, sind eine besondere Gruppe. Sie haben eine schlechte Prognose. Zugelassen für die Behandlung dieser Patienten ist der monoklonale Antikörper Alemtuzumab. Alemtuzumab richtet sich gegen CD52. Diese Struktur findet sich auf allen Lymphozyten. Die Hauptnebenwirkungen von Alemtuzumab sind Infektionen, besonders gefürchtet sind CMV Infektionen. Beim Einsatz von Alemtuzumab sind vorbeugende Maßnahmen gegen Infektionen erforderlich. Der monoklonale anti-cd20 Antikörper Ofatumumab ist für Patienten zugelassen, die auf eine Behandlung mit Fludarabin nicht angesprochen haben oder für die Behandlung mit diesem Medikament nicht geeignet sind. Eine ganze Reihe neuer Medikamente werden in Studien untersucht. Dazu gehören Lenalidomid, Flavopiridol, ABT263, CAL101, PCI32765 u. a.. 4.1.3.2 später Rückfall Wenn ein Patient auf die erste Behandlung gut angesprochen hat und mindestens 1-2 Jahre nach der ersten Behandlung vergangen sind, ist die Wiederverwendung der derselben Medikamente gerechtfertigt. Wenn Rituximab dazu gegeben wird, ist mit einer Steigerung der Wirksamkeit zu rechnen. Neben intensiven Fludarabin-haltigen Kombinationstherapien, wie z.b. der Kombinationstherapie Fludarabin / Cyclophosphamid / Rituximab, stehen auch Bendamustin / Rituximab oder der Antikörper Alemtuzumab in der Rezidivtherapie zur Verfügung. 4.1.4 Was ist eine Autoimmunkrankheit? Wie kann sie behandelt werden? Eine Besonderheit der CLL ist das Auftreten von Autoimmunphänomenen. Diese Reaktionen des Immunsystems gegen den eigenen Körper treffen besonders häufig die roten Blutkörperchen (Autoimmunhämolytische Anämie (AIHA)) und die Blutplättchen (Immunthrombozytopenie (ITP)). Im Labor können die schädlichen Antikörper, die der Körper gebildet hat, näher untersucht werden. Nach Infekten treten diese Autoimmunkrankheiten gehäuft und besonders auf (hämolytische Krise). Eine seltene Komplikation ist die vollständige Unterdrückung der Bildung von roten Blutkörperchen ( Pure Red Cell Aplasia (PRCA)). Autoimmunphänomene wie AIHA oder ITP können das einzige Krankheitszeichen bei CLL Patienten sein. Bei diesen Patienten ist eine Behandlung mit Kortikosteroiden ausreichend. Wenn Patienten auf Kortikosteroide nicht ansprechen, kommen kann mit Medikamentenkombination behandelt werden. Eine Einzelbehandlung mit Fludarabin oder Cladribin kann die Autoimmunkrankheiten verschlechtern. 11

4.1.5 Allogene Stammzelltransplantation Bei Patienten, die auf eine übliche Behandlung nicht ansprechen (siehe Kapitel 5.3.1), kommt eine allogene Stammzelltransplantation in Frage. Voraussetzung ist, dass der Patient fit ist. Ebenfalls ist eine allogene Stammzelltransplantation sinnvoll bei jüngeren Patienten mit Deletion 17p13 bzw. p53 Mutation. Bei diesen Patienten sollte die gesamte Behandlung in enger Zusammenarbeit mit einem Transplantationszentrum erfolgen. Wichtig für die Prognose von Patienten im Rückfall ist, dass sie auf eine erneute Chemo- und Immuntherapie ansprechen. 4.1.6 Ist eine Hochdosistherapie mit eigenen Stammzellen sinnvoll? Die Hochdosistherapie mit autologer Transplantation führt zu einer Erhöhung der Remissionsraten im Vergleich zu einer Standardchemotherapie, nicht aber zu einer Verbesserung der Überlebensraten, siehe Studienergebnisse Chronische Lymphatische Leukämie. Vergleiche mit einer Immunchemotherapie fehlen. Die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation kann außerhalb von Studien derzeit nicht empfohlen werden. 4.1.7 Welche unterstützenden Maßnahmen werden empfohlen? Bei vielen CLL Patienten treten im Krankheitsverlauf gehäuft Infektionen auf. Diese sind u. a. durch eine Abnahme der Immunglobuline, aber auch durch die Chemo- und Immuntherapie verstärkt. Besonders zu achten ist auf wiederkehrende Infektionen wie chronische Bronchitis. Die vorbeugende Gabe von Immunglobulinen vermindert das Risiko für schwere Infektionen, hat aber keine Einfluss auf die Lebenserwartung der Patienten. Sie kann durchgeführt werden bei Patienten mit deutlich verminderten Immunglobulinen und vermehrten, schweren Infekten. CLL Patienten wird empfohlen, die altersentsprechenden Impfungen durchzuführen zu lassen, z. B. gegen Influenza oder Pneumokokken. Reiseimpfungen sollten nur nach Rücksprache mit dem betreuenden Facharzt erfolgen, da u.a. Lebendimpfstoffe den Patienten gefährden könnten. 5 Kontrollen 12

5.1 Welche Kontrollen sind erforderlich? Die Nachsorge asymptomatischer Patienten sollte eine Blutbilduntersuchung in einem Zeitabstand von ca. 3-6 Monaten neben einer klinischen Untersuchung von Lymphknoten, Leber und Milz einschließen. Dabei sollte auf das Auftreten von Autoimmun-Zytopenien (AIHA, ITP) und Infektionen geachtet werden. Des Weiteren sollten schnelle Lymphknotenvergrößerungen, B-Symptome und/oder eine Erhöhung der LDH Anlass geben, neben einem Rezidiv der CLL auch eine Transformation in ein hochmalignes Lymphom (Richter Syndrom) aus zu schließen. 6 Kurzfassung Die Kurzfassung kann als Druckversion hier aufgerufen werden: Kurzfassung CLL 7 Weitere Infos Kompetenznetzwerk Maligne Lymphome www.kompetenznetz-leukaemie.de Deutsche Leukämie - und Lymphom - Hilfe e. V. www.leukaemie-hilfe.de Deutsche CLL Studiengruppe www.dcllsg.de 8 Wer behandelt? 8.1 Onkologische Zentren Liste zertifizierter Onkologischer Zentren: http://www.onkologie-zertifizierung.de/ 13

8.2 DGHO Mitgliederdatenbank DGHO Ärzteverzeichnis: http://www.dgho.de/aerzte/ 8.3 Autoren der Leitlinie Prof. Dr. Clemens-M. Wendtner Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Palliativmedizin, Infektiologie und Tropenmedizin Klinikum Schwabing Kölner Platz 1 80804 München Tel.: 089-3068-2228 clemens.wendtner@klinikum-muenchen.de Prof. Dr. Peter Dreger Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Innere Medizin V Im Neuenheimer Feld 410 69120 Heidelberg Tel.: 06221-56-8008 peter.dreger@med.uni-heidelberg.de Dr. Michael Gregor Leitender Arzt Hämatologische Abteilung Departement Medizin Luzerner Kantonsspital CH-6000 Luzern 16 Tel.: 0041-41 - 205 53 13 michael.gregor@ksl.ch Prof. Dr. Richard Greil III. Medizinische Universitätsklinik Salzburg mit Hämatologie, internistische Onkologie, Hämostaseologie, Infektiologie und Rheumatologie Onkologisches Zentrum Labor für Immunologische und Molekulare Krebsforschung Müllner Hauptstrasse 48 A-5020 Salzburg Tel: 0043-66 - 24482 2879 r.greil@salk.at 14

Prof. Dr. Wolfgang Ulrich Knauf Onkologie-Zentrum Bethanien Im Prüfling 17-19 60389 Frankfurt Tel.: 069-45-1080 wolfgang.knauf@telemed.de PD Dr. Johannes Schetelig Abteilung Innere Medizin Hämatologie/Onkologie Medizinische Klinik und Poliklinik I Knochenmarktransplantation, MK1-IST (66c) Fetscherstr. 74 01307 Dresden Tel.: 0351-4584190 johannes.schetelig@uniklinikum-dresden.de Prof. Dr. Michael Steurer Universitätsklinik für Innere Medizin V Hämatologie und Onkologie Anichstr. 35 A-6020 Innsbruck Tel.: 0043-512 - 504-81386 Michael.Steurer@i-med.ac.at Prof. Dr. Stephan Stilgenbauer Universitätsklinikum Ulm Abteilung Innere Medizin III Hämatologie, Onkologie, Rheumatologie und Infektionskrankheiten Robert-Koch-Str. 8 89081 Ulm Tel.: 0731-5002-4742 oder -4410 stephan.stilgenbauer@uniklinik-ulm.de Disclaimer: richtet sich an Patienten, Angehörige und alle Interessierten. Es basiert auf den aktuellen Leitlinien der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. für Ärzte, zusammengefasst in. Diese werden in Kooperation mit der OeGHO Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, der SGMO Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie und der SGH+SSH Schweizerische Gesellschaft für Hämatologie, erstellt. Fachbegriffe und Medikamente sind in einem getrennten Verzeichnis erklärt. 15