ANLAGE 2: EGB-TOOLKIT FÜR DIE KOORDINIERUNG DER TARIFVERHANDLUNGEN UND ARBEITSENTGELTE IM RAHMEN DER WIRTSCHAFTSPOLITISCHEN STEUERUNG DER EU



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ANLAGE 2: EGB-TOOLKIT FÜR DIE KOORDINIERUNG DER TARIFVERHANDLUNGEN UND ARBEITSENTGELTE IM RAHMEN DER WIRTSCHAFTSPOLITISCHEN STEUERUNG DER EU EINFÜHRUNG Die in diesem Dokument vorgestellten 5 Toolkits sind ein Vorschlag für eine Arbeitsmethode an den Tarifkoordinierungsausschuss. Die Entwicklung eines gewerkschaftlichen Toolkits zur Verbesserung der Koordinierung der Tarifverhandlungen in Europa bedarf in erster Linie eines Kapazitätenaufbaus. Eine gemeinsame Methode kann nur mit vereinten Kräften entwickelt werden, daher ist dieses Dokument als Work in progress zu betrachten. Es ist auch deshalb Work in progress, weil die 5 Toolkits, bis dato, nur die erste Priorität der im März 2012 angenommenen EGB-Entschließung Tarifverhandlungen: Prioritäten und Arbeitsprogramm des EGB (März 2012) und die in der EGB-Entschließung EGB-Koordinierung der Tarifverhandlungen und Arbeitsentgelte im Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU (Oktober 2013) gesetzten Schwerpunkte abdecken. Im Zuge des laufenden Projekts Tarifverhandlungen für Gleichheit wird in Zusammenarbeit mit dem EGB-Frauenausschuss ein spezielles Toolkit entwickelt, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle anzugehen. Die Toolkits 1 bis 3 zielen auf eine Stärkung der Position der Gewerkschaften im Rahmen des Europäischen Semesters ab. Die Toolkits 4 und 5 behandeln die sogenannte goldene Regel zur Abgeltung von Inflation und Produktivitätszuwachs. Die EGB-Entschließung behandelt auch defensive Abkommen, Öffnungsklauseln und Mindestlöhne. Diese Themen werden demnächst angegangen. Die Frage der transnationalen Verhandlungen wird in einem speziellen EGB-Projekt behandelt. Die korrekte Erhebung und Auswertung von Daten ist eine schwierige Aufgabe. Die Durchführung wird im Laufe der Zeit ggf. schrittweise angepasst. Der EGB hat zusammen mit den europäischen Gewerkschaftsverbänden und den nationalen Dachverbänden bereits verschiedene Methoden und Werkzeuge zur Unterstützung dieser Aktivität entwickelt. Nun gilt es, diese zu systematisieren und effizienter zu gestalten. Das Toolkit versteht sich als ein Instrument zur Unterstützung dieses Prozesses, unter anderem durch die Einrichtung einer interaktiven Webseite im Rahmen der allgemeinen Website des EGB (collective.etuc.org). Darüber hinaus wird es auch für die internen Schulungen zum Thema Tarifverhandlungen genutzt, die in Zusammenarbeit mit ETUI organisiert werden. Die von ETUI durchgeführten Datenerhebungen und Umfragen bilden die Grundlage für die Umsetzung des Toolkits. Die Koordinierungs- und Datenerhebungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Toolkit wahren in jedem Fall die Autonomie der nationalen und sektoralen Gewerkschaften und ihre Verhandlungsstrategien. Das Ziel einer solchen Aktion ist die Stärkung und Umsetzung der internen Koordinierung durch den EGB gemäß den in den oben genannten Entschließungen festgelegten Prioritäten.

Toolkits 1 3: EGB-KOORDINIERUNG DER TARIFVERHANDLUNGEN UND ARBEITSENTGELTE IM RAHMEN DER WIRTSCHAFTSPOLITISCHEN STEUERUNG DER EU Die neue wirtschaftspolitische Steuerung basiert auf Mehrebenenpolitik und einem multilateralen System der Überwachung, in dem nationale und europäische Politiken eng miteinander verflochten sind. Lohnentwicklungen und Tarifverhandlungsreformen werden im Rahmen des Europäischen Semesters überwacht und sind oft Gegenstand politischer Empfehlungen. Die, bislang vorliegenden, länderspezifischen Empfehlungen bilden die Grundlage für Reformen des Arbeitsrechts und der Arbeitsbeziehungen, die zu einer Verschlechterung der Rechte und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer geführt haben. Die aktuelle Strategie für eine Dezentralisierung der Tarifverhandlungen hatte eine Deregulierung der Tarifverhandlungssysteme zur Folge. Die Internationale Arbeitsorganisation wird diese Deregulierung und Einmischung in die Tarifverhandlungen im Zusammenhang mit der von der EU verordneten Sparpolitik natürlich weiter anprangern. Diese Politik ist keine Lösung, hat keinerlei positive Auswirkungen und drängt einige Mitgliedstaaten sogar dazu, bestimmte grundlegende IAO-Übereinkommen zu verletzen. Sie nehmen dabei in Kauf, ihre Bevölkerung in Gefahr zu bringen. Wenn die allgemeine Präferenz für Arbeitsentgelte als Mechanismus für die Anpassung nach unten anhält, bedeutet dies, dass auch die daraus resultierenden NRP und länderspezifischen Empfehlungen weiterhin Lohnzurückhaltung und Lohnkürzungen fördern und die Tarifverhandlungssysteme angreifen werden, auch wenn es keine Grundlage gibt, die dies rechtfertigt. Entscheidungen über die Modalitäten der Organisation von Tarifverhandlungen und Lohnfindung sind eine nationale Kompetenz, die unter die Autonomie und Souveränität der Sozialpartner fällt. Die Tarifverhandlungssysteme sind abhängig von den nationalen Arbeitsbeziehungen und Gepflogenheiten unterschiedlich. Artikel 153 Absatz 5 des Vertrags legt fest, dass die EU für Arbeitsentgeltfragen nicht zuständig ist. Dies muss von den EU-Institutionen und nationalen Regierungen strikt beachtet werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Einfluss der Gewerkschaften im Rahmen des Europäischen Semesters zu stärken. Die meisten nationalen Regierungen binden die Sozialpartner in die Ausarbeitung ihrer nationalen Reformprogramme leider nicht ein. Sie sind auch oft ausgeschlossen, wenn die NRP in länderspezifische Empfehlungen umgewandelt werden. 2012 konnten nur die schwedische, finnische und italienische Regierung, auf Antrag der Sozialpartner, Änderungen ihrer länderspezifischen Empfehlungen in Bezug auf Tarifverhandlungs- und Lohnfindungsmechanismen erreichen. Wenn dies auf eine allgemeine Schwäche der Gewerkschaften im Rahmen des Europäischen Semesters hinweist, zeigen diese beiden Fälle, dass es möglich ist, die Stimme der Gewerkschaften zu stärken. In seinen Schlussfolgerungen des Gipfels von Dezember 2012 erklärte sich der Europäische Rat bereit, die Rolle der Sozialpartner im Rahmen der neuen wirtschaftspolitischen Steuerung auszubauen, und stieß eine Debatte darüber an, wie die Sozialpartner in das Europäische Semester eingebunden werden könnten. Dies ist ein langwieriger und komplizierter Prozess. Die europäischen Gewerkschaften müssen ihren Einfluss im Rahmen des Europäischen Semesters jetzt erhöhen. Die länderspezifischen Empfehlungen für das Jahr 2013 konzentrieren sich erneut auf nationale Tarifverhandlungs- und Lohnfindungssysteme, und der EGB darf seine Mitgliedsorganisationen beim Kampf gegen weitere staatliche Interventionen und Reformen nicht alleine

lassen. Der EGB lehnte die neuen dreigliedrigen Formate auf EU-Ebene für die Überwachung der Lohnentwicklungs- und Tarifverhandlungsaktivitäten, wie die EMCO-Maßnahme vom 1. Februar 2013, ab. Gleichzeitig betont der EGB die Notwendigkeit einer neu gestalteten und verstärkten internen Koordinierung, um die Einmischung der EU in die Autonomie der Sozialpartner zu bekämpfen und auf Maßnahmen des Europäischen Semesters im Zusammenhang mit Lohnentwicklungen zu reagieren. Die neue Tarifkoordinierung des EGB im Hinblick auf die wirtschaftspolitische Steuerung muss autonom und leicht anwendbar sein. Sie sollte darauf abzielen, der Stimme der Gewerkschaften in einem solchen Prozess mehr Gewicht zu verleihen, und gleichzeitig Einmischungen in die Tarifverhandlungs- und Lohnfindungssysteme vonseiten der EU- und nationalen Institutionen verhindern und/oder bekämpfen. Dieses Ziel könnte durch eine Verbesserung der Kapazitäten der Gewerkschaften, konsultiert zu werden und zeitnah auf Entscheidungen im Rahmen des Europäischen Semesters zu reagieren, erreicht werden. Die EGB-Koordinierung sollte dazu beitragen, die Position der EGB-Mitgliedsorganisationen zu verbessern, um so die Tarifverhandlungssysteme zu verteidigen und ihre Verhandlungsmacht zu stärken. Die Sozialpartner auf nationaler Ebene müssen, unter voller Wahrung ihrer Autonomie, bei allen Entscheidungsschritten der Regierung bezüglich der NRP und länderspezifischen Empfehlungen eingebunden sein, insbesondere wenn es um Arbeitsentgelte und Tarifverhandlungen geht. Der EGB muss diese Forderung an die europäischen Institutionen stellen. Der EGB wird seine Methode, Daten, Informationen und Bewertungen von seinen Mitgliedsorganisationen zu sammeln, verbessern und besser koordinieren, um einen jährlichen Bericht über Arbeitsentgelte und Tarifverhandlungen auf EU-Ebene zu erstellen und in der Lage zu sein, in koordinierter Weise auf die von der Europäischen Kommission im Rahmen der länderspezifischen Empfehlungen verfolgten allgemeinen Strategien zu reagieren. Diese Zwei-Ebenen -Methode der Koordinierung sieht einen strukturierteren und kontinuierlichen Austausch von Informationen vor, um dann gemeinsame Strategien festzulegen. Vergleiche zur Messung der quantitativen und qualitativen Auswirkungen der Koordinierungsmaßnahmen sind ebenfalls vorgesehen. Die Beobachtung von Trends, die für die Tarifverhandlungen und Lohnentwicklung (egal ob auf nationaler, sektoraler, betrieblicher, grenzüberschreitender oder transnationaler Ebene) relevant sind, und die Analyse weiterer Einflussfaktoren der Lohn- und Kaufkraftentwicklung wie zum Beispiel die Bruttoarbeitskosten, Steuerbelastung, geschlechtsspezifische Lohndiskriminierung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit, ökonomische Abhängigkeitsquote usw. fallen ebenfalls darunter. Spezifische Maßnahmen könnten für den EGB geplant werden, um eine Mitgliedsorganisation auf Anfrage gezielt zu unterstützen. Dies könnte der Fall sein, wenn eine Mitgliedsorganisation Angriffe vonseiten der nationalen Regierung auf Tarifverhandlungen und/oder Arbeitsentgelte abwehrt, ungeachtet dessen, ob es sich dabei um die Umsetzung der Empfehlungen der EU-Institutionen im Rahmen des Europäischen Semesters handelt oder nicht.

TOOLKIT 1: EGB-SEMESTER METHODIK Der Prozess zur Koordinierung der Aktivitäten des EGB und seiner Mitgliedsorganisationen, um an der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU mitzuwirken, nennt sich das EGB-Semester. Die Website http://collective.etuc.org mit Zugangsbeschränkung wurde zu diesem Zweck eingerichtet. Die Mitglieder des Tarifkoordinierungsausschusses erhalten die Zugangsdaten. Das EGB-Semester gliedert sich in zwei Phasen: In der ersten Phase (blau) wird die Strategie für eine gemeinsame Reaktion des EGB und seiner Mitgliedsorganisationen auf den Jahreswachstumsbericht (JWB) und andere Dokumente entwickelt, die das strategische Szenario für das Europäische Semester bilden. WAS? Bis spätestens 15. Dezember legen die nationalen Dachverbände und europäischen Gewerkschaftsverbände (EGV) ihre Kommentare zu den möglichen Auswirkungen des JWB und der damit verbundenen Dokumente auf die Tarifverhandlungen und Lohnpolitik in ihrem jeweiligen Land vor. Die nationalen Dachverbände und EGV sorgen für die Einbindung der Branchengewerkschaften auf nationaler Ebene. Bis 30. Januar legt der EGB seinen allgemeinen Bericht (der mit der jährlichen allgemeinen Stellungnahme des EGB zum JWB koordiniert und vom Tarifkoordinierungsausschuss im Einklang mit den Positionen und Beschlüssen der Mitgliedsorganisationen in den verschiedenen Ländern und Sektoren gebilligt werden muss) zu den Punkten des JWB vor, die Löhne und Gehälter bzw. Tarifverhandlungen betreffen.

WIE? Die Dokumente werden auf der Website collective.etuc.org veröffentlicht. Jedes Land postet seine Kommentare auf der jeweiligen Länderseite. Die Kommentare dürfen nicht länger als 1500 Zeichen sein. Die EGV posten ihre Kommentare unter dem für sie eingerichteten Link. Die EGB-Dokumente werden unter dem Namen Bericht über Arbeitsentgelte und Tarifverhandlungen, JAHR in der Rubrik EU gepostet. ------------------------ In der zweiten Phase (grün) wird die Strategie für die Reaktion und Einflussnahme auf die Arbeitsentgelte und Tarifverhandlungen betreffenden länderspezifischen Empfehlungen festgelegt. WAS? Innerhalb von 7 Tagen nach der Veröffentlichung der länderspezifischen Empfehlungen legen die nationalen Dachverbände und EGV ihre diesbezüglichen Kommentare im Hinblick auf ihr jeweiliges Land bzw. ihre jeweiligen Sektoren vor. Innerhalb von 15 Tagen nach der Veröffentlichung der länderspezifischen Empfehlungen legt der EGB unter dem Titel Forderungen des EGB in Bezug auf die länderspezifischen Empfehlungen, JAHR seinen allgemeinen Bericht vor (der mit der jährlichen allgemeinen Stellungnahme des EGB zum JWB koordiniert und vom Tarifkoordinierungsausschuss im Einklang mit den Positionen und Beschlüssen der Mitgliedsorganisationen in den verschiedenen Ländern und Sektoren gebilligt werden muss). WIE? Die Kommentare werden auf der Website collective.etuc.org veröffentlicht. Jedes Land postet seine Kommentare auf der jeweiligen Länderseite. Die Kommentare dürfen nicht länger als 1500 Zeichen sein. Die EGV posten ihre Kommentare unter dem für sie eingerichteten Link. Der Bericht des EGB wird in der Rubrik EU gepostet. Zwei Punkte bleiben offen: Die umzusetzende Strategie sollte mit den folgenden, von den zuständigen EGB-Gremien zu klärenden Fragen abgestimmt werden: Ort und Zeitpunkt des Austausches zwischen dem EGB und den EU-Institutionen. Sie werden auf Grundlage der EGB-Berichte und im Rahmen der umfassenderen Strategie zur Einbindung von Gewerkschaften in den Prozess der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU festgelegt. Die Durchschlagskraft der EGB-Maßnahmen hängt auch von der internen Unterstützung und der Öffentlichkeitswirkung der beiden, am Ende der ersten und zweiten Phase vorgelegten EGB-Berichte ab.

TOOLKIT 2: BESTANDSAUFNAHME NATIONALER PRAKTIKEN Im Rahmen der EGB-Strategie wird eine Bestandsaufnahme der Strategien der Mitgliedsorganisationen zur Mitwirkung am Europäischen Semester durchgeführt. (In der nachfolgenden Tabelle sind bereits unvollständige Beispiele von der 2013 in Florenz abgehaltenen Sommeruniversität zum Thema Tarifverhandlungen eingetragen.) Land 1 Land 2 Land 3 Land 4 Land 5 Land 6 Land 28 Strategie Beteiligte Akteure Wirksamkeit Das EGB-Semester setzt voraus, dass Gewerkschaften auf nationaler Ebene in die Diskussion der nationalen Reformprogramme und auf nationaler und europäischer Ebene in die Ausarbeitung der länderspezifischen Empfehlungen eingebunden sind. In welcher Form diese Einbindung dann tatsächlich erfolgt, hängt von den nationalen Gepflogenheiten (unilaterale Gewerkschaftspositionen, bilateraler Austausch, Dreiergremien usw.) ab. Wichtig ist, dass sich die Gewerkschaftspositionen auf angemessene und rechtzeitige Informationen von den nationalen Regierungen stützen können. Der EGB wird die nationalen Praktiken beobachten, um: - die Wirksamkeit der Einbeziehung der Gewerkschaften auf nationaler Ebene zu überprüfen; - die Forderungen der nationalen Mitgliedsorganisationen an die nationalen Regierungen oder die Europäische Kommission nach Verfahren, Veranstaltungen und Gremien für eine aktive Mitwirkung am Europäischen Semester zu unterstützen; - Praktiken auszutauschen und die besten zu verbreiten; Toolkit 2 wird jedes Jahr im Rahmen der Frühjahrssitzung des Tarifkoordinierungsausschusses aktualisiert und online gestellt. Für die Inhalte fallen sind die nationalen Dachverbände zuständig.

TOOLKIT 3: BAROMETER ZUR LAGE DER GEWERKSCHAFTSRECHTE IN EUROPA Die EGB-Strategie fordert auch nachdrücklich die Wiederherstellung der Grundrechte in Europa. (Die nachfolgende Tabelle enthält Beispiele auf Grundlage aktueller Entwicklungen der Jahre 2012/2013.) Land 1 Land 2 Land 3 Land 4 Land 5 Lage: Tarifverhandlungen Aktuelle Entwicklungen Aktuelle Entwicklungen Aktuelle Entwicklungen Aktuelle Entwicklungen Aktuelle Entwicklungen Sozialer Dialog Arbeitsrechtliche Vorschriften Warnungen Achtung der EU- Charta Die EGB-Strategie hinsichtlich Tarifverhandlungen und Arbeitsgelten fordert auch nachdrücklich die Wiederherstellung der grundlegenden Arbeitnehmerrechte in Europa, insbesondere im Hinblick auf Tarifrechte und Lohnfindungssysteme. Die Behörden beschlossen unter dem großen Druck, die Beseitigung der makroökonomischen Ungleichgewichte zu beschleunigen sowie eine Einschränkung der Autonomie der Sozialpartner, um diese daran zu hindern, Bestimmungen (im Wege von Tarifverträgen) wiedereinzuführen, die die Behörden (durch Arbeitsrechtsreformen) endgültig streichen wollen. Dies impliziert zwei Arten von Problemen: Zum einen muss die EU-Strategie zur Koordinierung von Tarifverträgen die volle Wahrung der EU-Grundrechte gewährleisten und auf die Wiederherstellung der Tarifautonomie in allen EU-Ländern abzielen. Zum anderen lösen die Arbeitsmarktreformen in Europa eine Abwärtsspirale bei den Arbeitsbedingungen aus. Es besteht die Gefahr, dass ein Sozialdumpingwettbewerb die Hauptbeweggründe von Tarifverhandlungen, Solidarität und Gleichheit, aushohlen könnte. Das Barometer deckt drei für die Entwicklung ausgewogener Tarifrunden maßgebliche Bereiche ab: - die Tarifverhandlungsstruktur (dieser Teil bezieht sich auf Veränderungen in der ausgewogenen Entwicklung von Tarifverhandlungen zur Festlegung von Arbeitsbedingungen: Berücksichtigt werden Änderungen in Bezug auf die Tarifverhandlungsebenen, die Legitimität der Tarifverhandlungsakteure, die Organisation von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände usw.); - den sozialen Dialog (dieser Teil bezieht sich auf die Fähigkeit der Sozialpartner, in bilateralen oder dreigliedrigen Gremien Makropolitik zu betreiben, Arbeitsmarktfragen zu behandeln, und andere Arten von Verhandlungen, die keinen direkten Einfluss auf die Arbeitsbedingungen haben); - das Arbeitsrecht (dieser Teil bezieht sich auf Änderungen in der Gesetzgebung, die die Fähigkeit der Gewerkschaften beeinflussen, ihre Tarifverhandlungsaufgaben auszuüben, insbesondere in Bezug auf

das Koalitionsrecht, den Schutz der Arbeitnehmervertreter, die Repräsentativitätskriterien, Einschränkungen im Hinblick auf Kollektivmaßnahmen usw.). Das Toolkit wird einmal jährlich auf der Herbstsitzung des Tarifkoordinierungsausschusses aktualisiert. Das Barometer dient auch als Grundlage für eine Anmerkung über die Achtung der Tarifverhandlungsrechte im EGB-Bericht über Arbeitsentgelte und Tarifverhandlungen, JAHR.

Toolkits 4 5: GOLDENE EGB-REGEL FÜR HÖHERE ARBEITSENTGELTE Die wirtschaftspolitische Steuerung wird auch weiterhin die Lohnentwicklung in Europa bestimmen. Nachdem die Wirtschaftskrise (hoffentlich) überwunden ist, werden die Behörden die Autonomie der Sozialpartner im Rahmen der Planung der makroökonomischen Politik vermutlich wieder stärker achten. Sie werden jedoch sicherlich nicht davon abrücken, die Sozialpartner aufzufordern, neue Verantwortlichkeiten im Rahmen der gemeinsamen sozioökonomischen Analyse zu übernehmen. In diesem Szenario ist das Miteinander mehr ein Zwang, der die Behörden dazu veranlassen soll, einen Dialog mit den Gewerkschaften aufzunehmen. Das ganze makroökonomische Szenario ist eine Referenz, aber kein verbindlicher Rahmen. Die makroökonomische Steuerung versucht, komplexe Variablen wie Hebel einer komplizierten Maschine zu betätigen. Ein Beispiel für diesen Prozess ist das Scoreboard. Die Politiker können jedoch nicht nach Belieben über die Sozialpartner verfügen, auch wenn die Lohnfindung einer der Hebel ist, den die politischen Entscheidungsträger gerne nutzen wollen. Wir sind uns alle bewusst, dass sich die Prioritäten der Tarifverhandlungsakteure entsprechend der spezifischen sozio-ökonomischen Situation des Landes, in dem die Verhandlungsrunde stattfindet, ändern. Ein Vergleich zwischen den verschiedenen Ländern ist daher mehr dazu angetan, die Stellung dieser Länder im Konjunkturzyklus widerzuspiegeln. Im Prinzip sind die zwei bei der Lohnbildung berücksichtigten makroökonomischen Variablen die Inflations- und die Produktivitätsentwicklung. Solche Variablen müssen in jedem Fall flexibel sein und entsprechend der jeweiligen wirtschaftlichen Situation der Länder angepasst werden und gleichzeitig sicherstellen, dass die Reallohnentwicklung in allen Ländern im positiven Bereich oder zumindest nicht negativ bleibt. In Ländern mit guter Konjunkturlage und relativ geringer Arbeitslosigkeit sollte die Lohnentwicklung höher ausfallen als in den anderen. Eine europäische Koordinierung der Tarifverhandlungen erfordert eine einheitliche Bewertung der Tarifergebnisse. Das Problem ist die richtige Balance zwischen der erforderlichen Vereinfachung (EU- Ebene) und der Möglichkeit, spezifische Merkmale zu integrieren, die für das Verständnis der Haltung der Sozialpartner (nationale Ebene) notwendig sind. Die Toolkits 4 und 5 vergleichen Inflationsentwicklungen und Reallohnsteigerungen und tragen der gewerkschaftlichen Sicht dieser Trends Rechnung. WARUM? Für eine koordinierte Strategie auf europäischer Ebene bedarf es Analyseinstrumenten, um die Lohnentwicklung besser einschätzen zu können. Sie soll den Austausch zwischen den EGB- Mitgliedsorganisationen verbessern und dazu beitragen, politische Botschaften und ggf. gemeinsame Methoden und Positionen auszumachen. Dadurch sollte ein fruchtbarerer Austausch auf EU-Ebene ermöglicht werden, wobei die Autonomie der nationalen Organisationen bei der Einrichtung von Verhandlungsplattformen als Tarifverhandlungsakteure uneingeschränkt gewahrt bleiben muss. Außerdem sollen die nationalen Gewerkschaften in ihren Verhandlungspositionen, Praktiken und Rechten unterstützt und die Gewerkschaften in Europa gestärkt werden, um lohn- und tarifpolitischen Interventionen der EU entgegenzutreten. WIE? Dieser jährliche Zyklus beruht auf Lohnentwicklungsprognosen, der Ermittlung aktueller Lohntrends und einer Folgenabschätzung. Achtung: Zwischen den Vorhersagen und der Veröffentlichung der

tatsächlichen Performance der Arbeitsentgelte liegen 16 Monate. Dies erklärt Überschneidungen in Bezug auf die Überwachung von Lohnentwicklungen der einzelnen Jahre (siehe Abbildung unten). Abbildung 1: Schritte der Überwachung von Lohnentwicklungen aufeinanderfolgender Jahre. Vorhersage für das Jahr 2015 + Taskforce Tarifkoordinierungsausschuss diskutiert Ergebnisse des Jahres 2013 des Jahres 2012 Okt. Sept. Aug. Nov. Dez. JAHR 2014 Jan. Feb. März April Tarifkoordinierungs-ausschuss diskutiert Vorhersagen für 2014 Tatsächliche Entwicklungen im Jahr 2013 + Taskforce Juli Mai Sommeruniversität Tarifverhandlungen Juni Vorhersage für das Jahr 2016 + Taskforce Tarifkoordinierungsausschuss diskutiert Ergebnisse des Jahres 2014 des Jahres 2012 Okt. Sept. Aug. Nov. Dez. JAHR 2015 Jan. Feb. März April Tarifkoordinierungsausschuss diskutiert Vorhersagen für 2015 Tatsächliche Entwicklungen im Jahr 2014 + Taskforce Sommeruniversität Tarifverhandlungen Juli Juni Mai Die im Jahr T0 (2013) ausgearbeitete Vorhersage für ein vordefiniertes Jahr T1 (2014) wird anhand von Statistiken, die im darauffolgenden Jahr T2 (2015) verfügbar sind, mit den tatsächlichen Ergebnissen verglichen. Im Jahr T0 (2013) vergleicht der Tarifkoordinierungsausschuss die lohnpolitischen Entwicklungen in den einzelnen Ländern, und im Jahr T1 (2014) wird der Zielwert mit der tatsächlichen Performance der Arbeitsentgelte verglichen, die dann im Folgejahr T2 (2015) verfügbar ist.

Ein Vergleichssystem sollte die Ermittlung der Differenz zwischen den erwarteten und den tatsächlichen Ergebnissen einer Gewerkschaftsstrategie ermöglichen. Es sollte Folgendes umfassen: - einen europäischen Vergleich; - nationale Vergleiche; - Gewerkschaftsziele, die sich nach einem für jeden Staat/Sektor vorgegebenen Szenario orientieren; - Performance-Indikatoren. Europäische und nationale Vergleichsdaten sind leicht verfügbar, da sie von den nationalen statistischen Ämtern bereitgestellt werden. Der Mehrwert besteht in der Bereitstellung eines Parameters, der die lohnpolitischen Erwartungen der Gewerkschaften (Gewerkschaftsziel) darstellt. Im ersten Jahr der Umsetzung des Toolkits werden Daten der letzten drei Jahre gesammelt, um eine einheitliche Grundlage für das Vergleichssystem zu haben und damit die Lohndynamik und Veränderungen infolge wirtschaftlicher Entwicklungen nach der Krise erfasst werden können.

TOOLKIT 4: VERGLEICH DER LOHNENTWICKLUNG ANHAND DER KAUFKRAFT DER ARBEITSENTGELTE (JAHR T0/JAHR T1) EU-Vergleich: Harmonisierter Verbraucherpreisindex, HVPI (Vorhersage für das Jahr T1) Nationaler Vergleich: HVPI für das jeweilige Land, angepasst entsprechend den nationalen Vorschriften (importierte Inflation, wirtschaftliche Schocks) (Vorhersage für das Jahr T1) Gewerkschaftsziel: optimale Lohnerhöhung gemäß dem Szenario für den jeweiligen Staat/Sektor (Vorhersage für das Jahr T1) Ergebnis: tatsächliche Arbeitsentgelt-Performance des Staates/Sektors im Jahr T1. Wenn das Ergebnis vom Zielwert abweicht, legt das Land bzw. der Sektor die Gründe dar. SIMULATION: In der folgenden Tabelle sind EU- und nationale Vergleichs-/Zielwerte für das Jahr T0 enthalten. Anm.: Die Zahlen basieren auf einer Simulation und entsprechen daher nicht unbedingt der tatsächlichen Entwicklung. Schritt 1: Im Jahr T0 erstellt der Tarifkoordinierungsausschuss eine Vorhersage für das Jahr T1. Schätzung 2013 DE IT FR ES PT GR Eurozone HVPI (Eurostat) 2 2 2 2 2 2 Nationaler Inflationsindex (Eurostat) 1,9 2,1 1,4 2,6 1,4 0,1 Gewerkschaftsziel (virtuell) 3 2,1 1,5 1,5 1,5 1 Nominallohn- und Inflationsentwicklung

In Schritt 1 sollen die Prognosen für die Nominallohnentwicklung überwacht werden. Die Gewerkschaftsforderungen auf nationaler oder sektoraler Ebene werden dabei den von den lokalen Regierungen des jeweiligen Landes bekannt gegebenen offiziellen Inflationsindizes gegenübergestellt. Schritt 1 ist ein Beispiel dafür, wie nationale EGB-Mitglieder ihre Sichtweise einer optimalen Lohnentwicklung (Gewerkschaftsziel) am amtlichen Inflationsindex ausrichten. Die Bestimmung des Inflationsindex auf nationaler Ebene war schon immer eine Ermessens- oder politische Frage. Es ist wichtig, dass die Performance der Arbeitsentgelte anhand der gewerkschaftlichen Einschätzung der Kaufkraft der Löhne und Gehälter gemessen wird. Die nationalen Dachverbände berufen sich auf diese Regel, um einen gewerkschaftlichen Optimalwert für Lohnerhöhungen auf nationaler Ebene zur Erhaltung der Kaufkraft der privaten Haushalte auszugeben. Im Laufe dieses Prozesses in Schritt 1 wird die Tabelle ausgefüllt. Kommentare werden hinzugefügt und vor Jahresende veröffentlicht. In Schritt 2 wird die erwartete mit der tatsächlichen Performance der Nominallöhne in Jahr 2 verglichen (das folgende Beispiel basiert auf der tatsächlichen Performance im Jahr 2012). Schritt 2 setzt voraus, dass die tatsächliche Performance der Arbeitsentgelte und die Preisindizes bekannt sind. Sie werden von den nationalen statistischen Ämtern oder Eurostat voraussichtlich im April/Mai des Folgejahres veröffentlicht. Daten zur Lohn- und Inflationsentwicklung für 2012 stehen beispielsweise im April 2013 zur Verfügung. Der folgenden Tabelle sind der amtliche HVPI des Jahres 2012 und die Entwicklung der Nominallöhne zu entnehmen. Es gibt viele andere Quellen, die die Nominal- und Reallohnentwicklung in Kombination mit einer Reihe anderer wirtschaftlicher Faktoren erklären. Dabei soll die tatsächliche Lohnentwicklung mit den lohnpolitischen Erwartungen der Gewerkschaften verglichen werden. In der Zeile Gewerkschaftsziel stehen die von den Gewerkschaften zu Jahresbeginn geforderten/erwarteten Lohnerhöhungen (im Beispiel, Anfang 2012). Natürlich müssen zusätzlich zu Schritt 1 und 2 noch weitere Analysen durchgeführt werden, um einem so komplexen Phänomen gerecht zu werden. Sie sollen vielmehr eine eingehendere Debatte im Tarifkoordinierungsausschuss anstoßen und als Grundlage für gemeinsame Schlussfolgerungen dienen. Jahr 2012 DE IT FR PT AT BE Tatsächliche Inflationsrate 2,1 3,3 2,2 2,8 2,6 2,6 Tatsächliche Lohnerhöhungen 2,3 1,4 1,9 4 3 3 Gewerkschaftsziele (Beispiele) 3 2,1 1,5 1,5 3 1,8

Länder mit positiver Lohnentwicklung Actual inflation rate Actual wage increases Trade union targets (examples) 4 DE FIN 3 2 IT 1 NL 0 FR BE PT AT Wenn die blaue Linie weiter vom Mittelpunkt entfernt ist als die rote, bedeutet das, dass die Kaufkraft der Löhne zurückgegangen ist (in unserer Simulation ist dies in IT, FR, NL und FIN der Fall). Die Arbeitsentgelte sind in PT, AT und BE wahrscheinlich real gestiegen. In Deutschland sind die Nominallöhne im Einklang mit der Inflationsrate. Der gewerkschaftliche Optimalwert ist vertrauenswürdiger als der von der Regierung bekannt gegebene offizielle Inflationsindex. Wenn die graue Linie weiter vom Mittelpunkt entfernt ist als die rote, so lag die Lohnerhöhung unter den Erwartungen der Gewerkschaft (in diesen Ländern wie z. B. in NL, DE, FIN und IT ist ein Rückgang oder eine Stagnation der Reallöhne wahrscheinlicher). Optimal ist es, wenn die blaue Linie innerhalb der roten bleibt. In diesem Fall werden Reallohnsteigerungen verzeichnet, es kann jedoch nicht beurteilt werden, ob eine solche Erhöhung das zweite Kriterium, Produktivität, erfüllt. Das ist die Aufgabe des nächsten Toolkits.

Länder mit negativer Lohnentwicklung Actual inflation rate Actual wage increases Trade union targets (examples) 4 2 0-2 -4-6 -8-10 ES IRL GR Länder mit negativer Lohnentwicklung werden in einem eigenen Diagramm zusammengefasst, um die visuelle Darstellung der Länder mit positiver (> 0) Entwicklung nicht zu beeinträchtigen.

TOOLKIT 5: VERGLEICH DER REALLOHNZUWÄCHSE ARBEITSPRODUKTIVITÄT Zu überprüfen Die Produktivität ist schwer zu bestimmen. Sie ist ein verlässlicher Zielwert für Tarifverhandlungen, wenn sie aggregiert auf nationaler Ebene für die gesamte Wirtschaft oder für eine einzelne Branche (z. B. die Industrie) erfasst wird. Wie in Anhang 1 erläutert erfolgt die Vermögensverteilung in nur wenigen Ländern auf Grundlage von Gesamtproduktivitätsindizes. In der Regel haben solche Länder stark ausgebildete nationale Branchentarifverhandlungssysteme. EUROSTAT veröffentlicht vierteljährliche Daten zur Arbeitsproduktivität. Auch Informationen über die Produktivität pro Arbeitsstunde sind verfügbar. Im Tarifkoordinierungsausschuss können jedoch zuverlässigere Datenquellen für die Arbeitsproduktivität und Lohnentwicklung diskutiert/vorgeschlagen werden. Wenn die Tarifverhandlungen auf Unternehmensebene (oder entsprechend betriebsnah) durchgeführt werden, sind Lohnerhöhungen an arbeitsbezogene oder betriebswirtschaftliche Leistungsindikatoren gebunden. Solche Indikatoren sind keine reinen Produktivitätsindikatoren. Dezentrale Vereinbarungen in Italien sind ein Beispiel für gut strukturierte Tarifverhandlungssysteme, wo auf betrieblicher oder territorialer Ebene Lohnerhöhungen über dem Inflationsindex ausgehandelt werden. Diese Frage muss im Tarifkoordinierungsausschuss und auf der Sommeruniversität zum Thema Tarifverhandlungen umfassender erörtert werden, um eine Arbeitsmethode zu entwickeln, die den Bedürfnissen aller EGB-Mitgliedsorganisationen besser gerecht wird. Das EGB-Toolkit sollte Lohnerhöhungen ausreizen können, die das volle Potenzial einer Volkswirtschaft ausschöpfen. Es wird vorgeschlagen, Entwicklungen zu beobachten, die in direktem Zusammenhang mit einem gerechten Arbeitsentgelt im Einklang mit Kaufkraft- und Produktivitätsentwicklungen stehen. Zu überwachende Entwicklungen sind: - Verhältnis der BIP-Anteile von Arbeits- und Kapitaleinkommen - Vermögen der privaten Haushalte - Ungleichverteilungskoeffizient: Gini-Index

PRAKTISCHE AUSWIRKUNGEN DES TOOLKITS AUF DIE SITZUNGEN DES EGB- TARIFKOORDINIERUNGSAUSSCHUSSES, DIE TASKFORCE UND DIE SOMMERUNIVERSITÄT ZUM THEMA TARIFVERHANDLUNGEN Die Umsetzung des Toolkits wird ein ständiger Tagesordnungspunkt der Sitzungen des Tarifkoordinierungsausschusses. Der Tarifkoordinierungsausschuss tritt zweimal pro Jahr, im Herbst und im Frühjahr, zusammen. Tagesordnungspunkte der Frühjahrssitzung: - Aktualisierung der Bestandsaufnahme nationaler Praktiken im Hinblick auf die Mitwirkung von Gewerkschaften am Europäischen Semester auf nationaler Ebene - Vorhersagen über die Lohnentwicklung für das laufende Jahr - Analyse des JWB und Erwartungen in Bezug auf NRP/länderspezifische Empfehlungen und Beschäftigungspakete Tagesordnungspunkte der Herbstsitzung: - Aktualisierung des Barometers zur Lage der Gewerkschaftsrechte in Europa - Analyse und gemeinsame Schlussfolgerungen zur Lohnentwicklung des Vorjahres - Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen auf nationaler Ebene Die Taskforce wird ihre Aufgaben wie gehabt weiter wahrnehmen, um eine Kontinuität der Arbeit des Tarifkoordinierungsausschusses zwischen den beiden Jahressitzungen zu gewährleisten. Sie wird 2 bis 4 Mal zusammentreffen: am Tag vor der Sitzung des Tarifkoordinierungsausschusses (nur bei Bedarf) sowie im Dezember und im April. Die Treffen im Dezember/April sollen dazu beitragen, eine Erstbewertung der Lohnentwicklung entsprechend den in Abbildung 1 (Seite 11) dargelegten Überwachungsschritten vorzunehmen. Die Sommeruniversität Tarifverhandlungen wird weiter jährlich abgehalten. Der Ausschuss kann in diesem Rahmen eine eingehendere Analyse zu jedes Jahr neu festgelegten spezifischen Themen durchführen.