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Transkript:

Mobbing Frühintervention lohnt sich Françoise D. Alsaker Universität Bern 31. Okt 2008 1

Typisch bei Mobbing > Direkte > Indirekte Keine Konfrontation Täterschaft unklar Umdeutungen möglich Unterschwellige Handlungen Nonverbale Handlungen Paraverbale Handlungen Relationale Aggression Gerüchte Ausgrenzen - Ignorieren Konfrontation Täterschaft unklar Körperliche Verbale Drohungen Erpressungen Gegen Eigentum Formen, die meist direkt auftreten, können auch indirekt verwendet werden. 31. Okt 2008 2

Zentrale Merkmale von Mobbing > Aggressives Verhalten, das viele Formen annehmen kann > Systematisch gegen eine Person gerichtet > Kommt wiederholt und über Zeit vor > Geprägt von Ungleichgewicht Mehrere gegen einen - Anführer haben Assistenten Das Opfer kann sich kaum wehren > Geschieht oft verdeckt (indirekte Anwendung) / im Versteck > Das Muster von Handlungen macht Mobbing aus > Es ist kein Konflikt, kein Kinderspiel, kein Dominanzkampf 31. Okt 2008 3

Prozentanteile der Kinder in den verschiedenen Rollen 60 Häufigkeit: mindestens 1x pro Woche (plagt oder wird geplagt) 55 50 45 40 Kindergarten 1997 Kindergarten 2004/2005 47 55 Schule CH/N 1994 35 30 36 25 20 15 10 5 0 6 Passive Opfer 8 Aggressive Opfer 12 Mobber Nicht beteiligt 7 Passive Opfer 3 Aggressive Opfer 5 Mobber Nicht beteiligt 31. Okt 2008 4

Was Prävention/Intervention erschwert > Schattenleben > Die Macht des Schweigens > Fragen zur Normativität > Unsicherheit bezüglich Ernsthaftigkeit > Die Beteiligung vieler Akteure 31. Okt 2008 5

Schattenbereich > Für Erwachsene schlecht erkennbar Geschieht im Versteck Eher vertuschte Formen > Abgrenzung kann schwierig sein: Konflikte Etwas harte Spiele und Kräftemessen Dominanz > Mobbing ist ein ganzes Muster von systematischen Handlungen über Zeit Die Einzelhandlungen sind nicht immer gravierend > Die klaren Beweise fehlen 31. Okt 2008 6

Die Macht des Schweigens > Nur ca 50% der jugendlichen Opfer von Mobbing reden mit Erwachsenen darüber > Im Kindergarten wissen die Eltern von Opfern sehr wenig über das Mobbinggeschehen > Opfer werden zum Schweigen gebracht > Opfer schämen sich über das Mobbing zu erzählen > Opfer fürchten falsche Reaktionen der Erwachsenen > Opfer wissen nicht, wie sie über das Geschehen erzählen sollen > Zeugen haben Angst vor Repressalien 31. Okt 2008 7

Schweigen -> Implikationen > Das Schweigen muss gebrochen werden Das Problem muss angesprochen werden Präventiv oder als Intervention Kommunikationskanäle müssen geschaffen werden > Schweigen brechen = Stellung beziehen > Mut zeigen 31. Okt 2008 8

Normativität - Ernsthaftigkeit > Was gehört zur normalen Entwicklung? Was ist entwicklungsfördernd? Was ist für die Entwicklung schädigend? > Wann ist eine negative Handlung als ernsthaft zu betrachten? > Mobbing: Einzelfall oder Teil einer Systematik 31. Okt 2008 9

Unsicherheit -> Implikationen Das Problem der Unsicherheit ist Präventionsrelevant > Wissenstransfer ist zentral Genaues Wissen über Mobbing Differenzierungen Indikatoren erkennen lernen Folgen von Mobbing verstehen > Früherkennen = Hinschauen lernen > Eigene Verantwortung erkennen > Sich eine klare Meinung bilden: Wertfrage 31. Okt 2008 10

Mobbing: Die Rollen Verstärker Zuschauer Passive Mitläufer Erwachsene Helfer Mobbende Passive Opfer / Aggressive Opfer (nach Olweus & Limber, 1999; Salmivalli et al., 1996) 31. Okt 2008 11

Hilflosigkeit der Akteure > Die Opfer können sich nur schwerlich selber wehren > Opfer sind in der Klasse wenig beliebt > Ihre Freunde sind auch nicht sehr einflussreich > Nur wenige Kinder haben den Mut zu intervenieren > Auch die Mobber und ihre Assistenten wissen kaum, wie sie auch ihrer Rolle wieder herauskommen sollen 31. Okt 2008 12

Hilflose Akteure -> Implikationen > Das ganze System ist impliziert > Das System muss sich ändern > Alle = Kinder & Erwachsene müssen zusammen das System ändern, das sie bilden. > Alle müssen miteinander reden > Empathie entwickeln > Verantwortung wahrnehmen > Neue Normen und Interaktionsformen entwickeln 31. Okt 2008 13

Schlussfolgerungen aus den letzten eigenen Studien Mobbing gehört bereits im Kindergarten zum Alltag Wir finden die gleichen Rollen / Akteure wie in der Schule Negative psychosoziale Konsequenzen zeigen sich bereits im Kindergarten Prävention muss im Kindergarten starten Marianne Kauer 31. Okt 2008 14

Prävention von Mobbing Das Berner Programm gegen Gewalt in Kindergarten und Schule: Be-Prox Françoise D. Alsaker & Stefan Valkanover Universität Bern > Systemisch orientiertes Programm > Evidenzbasiert: Forschungserkenntnisse 31. Okt 2008 15

Be-Prox - Das Konzept Ausbildungskonzept Umsetzung = ICH KANN Inhaltliche Prinzipien Lehrperson = Mediator Handlungsfähigkeit Zusammenarbeit Offenheit 31. Okt 2008 16

Be-Prox - Präventionsgrundsteine Ausbildungskonzept Umset zung Inhalt liche Prinzipien 31. Okt 2008 Nr. 1 - Respekt für einander Akzeptanz für individuelle Unterschiede Zivil Courage - Alle sind verantwortlich Freude am Kontakt miteinander fördern Ressourcen wahrnehmen Offene Kommunikation: keine Schuld - dafür Verantwortung 17

Be-Prox in der Praxis Ausbildungskonzept Hinschauen lernen Inhaltliche Prinzipien => Früh Erkennen Umsetzung = ICH KANN Darüber sprechen Stellung beziehen Anpacken / handeln Verhaltensvertrag Zivil Courage Körper Freude / Lob Elternkontakt 31. Okt 2008 => Eis brechen / Gewalt beim Namen nennen => Wo stehe ich? Was will ich? => Eingreifen / Grenzen setzen => zusammen mit den Kindern/Jugendlichen => Verantwortung von allen / Helfen lernen => Kraft spüren / trennen von Aggression => Positive Aktivitäten zusammen => Kontakt bevor es Probleme gibt 18

(1a) Information zu Mobbing / Prävention (2) Diskussion (3) Aufgabe (4) Vorbereitung (5) Umsetzung in der Zeit zwischen den Treffen (6) Diskussion der Erfahrungen (1b) Neue Informationen... 31. Okt 2008 19

Kombinierter Ansatz Wissenstransfer Nachhaltigkeit Kindergarten/Schule Elternhaus System im Zentrum Erwachsene als Teil der Gruppe Arbeit mit allen Kindern -Zivil Courage -Problemlösen Handlungsfähigkeit Werte Normen Partizipation Lebensperspektive 31. Okt 2008 20

Wirkungen -Verhalten der Kinder -Einstellungen der Lehrpersonen

Verhalten in der Gruppe Kinderbefragung: OPFER-NENNUNGEN 70 60 PrŠvention Kontrollgruppe 50 40 30 20 10 Pretest Posttest 31. Okt 2008 22

Einstellungen zu Mobbing Einstellungen zum Problem Mobbing PrŠventionsgruppe Kontrollgruppe 5 4.5 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 PrŠtest Posttest PrŠtest Posttest PrŠtest Posttest Gewisse Kinder sind zum Opfersein bestimmt Mobbing geschieht im Verstecken Mobbing ist ernst zu nehmen 31. Okt 2008 23

Einstellungen der Lehrpersonen Einstellungen gegenÿber Einbezug der Eltern 5 4.5 PrŠventionsgruppe Kontrollgruppe 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 PrŠtest Posttest PrŠtest Posttest PrŠtest Posttest Wichtig am selben Strick zu ziehen Sinnvoll mit den Eltern zu reden Nehme bei Problemen Kontakt auf mit Eltern 31. Okt 2008 24

Die Kandersteger Deklaration gegen Mobbing 22 Forscher aus der ganzen Welt formulierten und unterzeichneten am 10. Juni 2007 folgende Deklaration: www.kanderstegdeclaration.org

Mobbing unter Kindern und Jugendlichen > http://www.praevention-alsaker.unibe.ch/ > praevention.alsaker@psy.unibe.ch Alsaker Gruppe für Prävention Institut für Psychologie Universität Bern Muesmattstrasse 45 CH-3000 Bern 9 31. Okt 2008 26