KONTROLLEN und SANKTIONEN IN DER SOZIALHILFE



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Transkript:

SKOS Praxishilfe KONTROLLEN und SANKTIONEN IN DER SOZIALHILFE Massnahmen zur Qualitätssicherung und Verhinderung von Sozialhilfemissbrauch 1. Einleitung Es ist Aufgabe der Sozialhilfeorgane dafür zu sorgen, dass diejenigen Personen finanziell unterstützt werden, die tatsächlich einen rechtlichen Anspruch auf Unterstützung haben. Aus diesem Grund kennt die Sozialhilfe ein System von Kontrollund Sanktionsinstrumenten. Dieses sorgt dafür, dass bei der Gewährung von Leistungen Fehler vermieden und die Wahrscheinlichkeit des Sozialhilfemissbrauchs möglichst gering ausfallen kann. Dabei stellt sich auch die Frage des Qualitätsmanagements. Festgestellte Missbrauchsfälle sind mit repressiven Massnahmen zu ahnden. Eine sorgfältige Qualitätssicherung hilft aber präventiv allfällige Missbräuche zu verhindern. Auch die Sozialhilfe ist - wie jedes Leistungs- oder Abgabesystem - von Täuschungen und Missbräuchen nicht gefeit. Das Thema Sozialhilfemissbrauch ist in der letzter Zeit in die Schlagzeilen geraten. Spektakuläre Einzelfälle und die Entwicklung der Sozialhilfefallzahlen lassen Raum für Mutmassungen und Vorwürfe an die Sozialhilfeorgane. Wie hoch die Missbrauchsquote in der Praxis in der Schweiz effektiv ist, dazu gibt es noch keine Studien. Nach Einschätzung der Sozialhilfebehörden dürfte der missbräuchliche Bezug von Sozialhilfeleistungen nur eine Minderheit von schätzungsweise rund 5% betreffen. In den folgenden Kapiteln werden die einzelnen Massnahmen vorgestellt. Viele davon werden bereits seit einiger Zeit von den professionellen Sozialdiensten umgesetzt. Entscheidend ist, dass für die Umsetzung der Kontrollmassnahmen die notwendigen personellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Bei einer zu hohen Fallbelastung sind nicht nur die präventiven Möglichkeiten der Sozialdienste wie monatliche Beratungsgespräche reduziert, sondern es können auch die Missbrauchstatbestände nicht mehr im erwünschten Ausmass festgestellt und geahndet werden.

2. Begriffsklärung Nicht alles was in der Bevölkerung als Sozialhilfemissbrauch bezeichnet wird, ist tatsächlich ein Fall von rechtswidrigem Leistungsbezug. In der Praxis bezeichnet man verschiedene Fälle als Missbrauch. Wichtig ist, dass je nach Art des missbräuchlichen Verhaltens, die rechtlichen Konsequenzen unterschiedlich ausfallen. Ein Leistungsentzug oder eine strafrechtliche Ahndung sind nicht in jedem Fall zulässig! 2.1 Erwirken von Leistungen durch falsche oder unvollständige Angaben zu den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen Die kantonalen Sozialhilfegesetze verpflichten die hilfesuchenden Personen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vollständig und wahrheitsgetreu Auskunft zu geben. Sie haben die zur Abklärung der Situation erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Änderungen der Verhältnisse sind unverzüglich mitzuteilen. Wenn eine hilfesuchende Person durch Tun (z.b. Lügen, Belege abändern) oder Unterlassen (d.h. Verschweigen oder Verheimlichen) eine Notsituation vorgetäuscht und folglich finanzielle Unterstützung erhält, stellt dies den klassischen Fall von Missbrauch dar (Erschleichen von Sozialhilfeleistungen). 2.2 Zweckwidrige Verwendung von Sozialhilfeleistungen Wenn eine unterstützte Person die erhaltene Unterstützungsleistung nicht entsprechend ihrem Zweck sondern zur Verwirklichung anderweitiger Interessen einsetzt und damit eine neuerliche Notlage provoziert, um erneut Sozialhilfeleistungen zu beanspruchen, spricht man in der Praxis auch von Missbrauch. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Sozialhilfeempfänger die Miete oder Krankenkassenprämien nicht bezahlt und stattdessen das Sozialhilfegeld für persönliche Kaufgelüste oder die Begleichung von Schulden bei Dritten verwendet. 2.3 Aufrechterhaltung der Notlage Sozialhilfeempfängerinnen und empfänger sind verpflichtet, selber aktiv zu werden und das ihnen Mögliche vorzukehren, um ihr Situation zu verbessern bzw. ihre Notlage zu beheben (Schadensminderungspflicht). Die Sozialhilfeorgane können zu diesem Zweck die wirtschaftliche Hilfe mit Auflagen und Weisungen verbinden (z.b. Arbeitsbemühungen, Umzug in eine günstigere Wohnung). Falls die verpflichtete Person sich diesen Auflagen widersetzt und damit ihrer Verpflichtung zur Verringerung oder gar Behebung der Notlage nicht nachkommt, kann man ebenfalls von einem missbräuchlichen Verhalten sprechen. Diese Definition ist relativ ungenau. Nicht jedes pflichtwidrige Verhalten stellt einen Sozialhilfemissbrauch dar. Auf der anderen Seite ist nicht klar, wann die Grenze zum eigentlichen Rechtsmissbrauch überschritten ist. Eine baldige Klarstellung durch die Rechtssprechung wäre erwünscht. 2

3. Massnahmen und Kontrollinstrumente Um das rechtskonforme Ausrichten von Sozialhilfeleistungen zu gewährleisten, wenden die Sozialbehörden in der Praxis verschiedene Massnahmen an, die nachfolgende aufgezählt werden. Die Gemeinden haben unter Abwägung von Kosten und Nutzen zu entscheiden, welche Instrumente zur Qualitätssicherung und Kontrolle systematisch umgesetzt werden sollen. Im Einzelfall wird sich deren Einsatz nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip richten: 3.1 Bei der Neuaufnahme eines Falles Transparente Information: Die hilfesuchenden Personen werden mündlich und schriftlich über ihre Rechte und Pflichten informiert. Die Informationsbroschüre ist in den gängigen Sprachen der Klient/innen vorhanden und kann abgegeben werden. Standardisierte Abläufe zur Ermittlung der Bedürftigkeit: Die sorgfältige Erstabklärung wird durch standardisierte Abfrage der Einkommens- und Vermögensverhältnisse erleichtert (unter anderem müssen die Kontoauszüge der letzten Monate, die letzte Steuerrechnung, der Mietvertrag sowie gegebenenfalls Informationen zu Lebensversicherungen, Besitz von Liegenschaften und Motorfahrzeugen vorliegen). Diese gründliche Prüfung umfasst alle für die Bedürftigkeit relevanten Faktoren und schliesst routinemässige Abfragen der Datenbanken von Steuerverwaltung, Einwohnerdiensten, Ausgleichskasse Sozialversicherung (bezüglich AHV/IV/EO-Beiträge) und Motorfahrzeugkontrolle ein. Unterstützungsvereinbarung: Die Sozialdienste handeln mit den unterstützten Personen individuelle Vereinbarungen mit klaren, verbindlichen und überprüfbaren Zielen aus. Diese umschreiben die konkreten Leistungen des Klienten zur Zielerreichung. Die Klienten unterschreiben eine Einkommens- und Vermögensdeklaration als integrierten Bestandteil der Unterstützungsvereinbarung. Gegenseitige Kontrolle der Sozialarbeiter/innen: Das Vier-Augen-Prinzip garantiert eine gleich bleibende hohe Qualität der Fallaufnahmen. 3.2 Bei laufenden Fällen Standards der Fallführung: Qualitätsstandards beinhalten Kontrollen in der ordentlichen Fallführung. Regelmässige Besprechungen: Regelmässige Gespräche der KlientInnen auf dem Sozialdienst helfen Fehlbezüge verhindern. Das Gesprächsintervall richtet sich nach dem Bedürfnis des Fallverlaufs. Aktualisierung der Unterlagen zur Überprüfung der Bedürftigkeit: Sämtliche Unterlagen wie Bankkontoauszüge, Mietverträge und Krankenkassenpolicen, die der Sozialhilfe zur Verfügung stehen, sollten periodisch aktualisiert werden. Diese Unterlagen können im Rahmen der Besprechungen verlangt werden. Bei Verdacht auf nicht angegebenes Einkommen empfiehlt sich eine Anfrage bei der Ausgleichkasse bezüglich AHV/IV/EO-Beiträge. 3

Prüfung der Zielsetzungen: Die Sozialberatung kontrolliert und überprüft die Bemühungen der KlientInnen zur Behebung der Notlage. Sofern Pflichtverletzungen festgestellt werden, wird der Klient verwarnt und gegebenenfalls sanktioniert (vgl. hinten). Testarbeitsplätze: Zur Abklärung von Mitwirkungswillen und Arbeitsfähigkeit oder bei Verdacht auf Schwarzarbeit erfolgt eine Zuweisung in ein Beschäftigungsprogramm (Testarbeitsplatz). Vertrauensärztliche Abklärungen: Ein Vertrauensarzt kann in besonderen Fällen zusätzliche Abklärungen betreffend der Arbeitsfähigkeit der Klient/innen vornehmen. Im Zusammenhang mit der Errichtung regionalärztlicher Dienste durch die IV-Stellen kann geprüft werden, diese auch für Sozialhilfefälle dienstbar zu machen. Als Ergänzung zum bestehenden Vertrauensarzt, der als Allgemeinpraktiker wirkt, können diese Dienste vertiefte medizinische Abklärungen vornehmen. Wechsel der zuständigen Beratungsperson: Zur Vermeidung von Betriebsblindheit werden Dossiers, die länger als 2-3 Jahre beim gleichen Sozialarbeiter bzw. der gleichen Sozialarbeiterin sind, ausgewechselt. Periodische Dossierkontrollen: Die Dossiers werden periodisch durch die vorgesetzte Stelle, die Finanzkontrolle, bzw. die politische Aufsichtsbehörde stichprobenweise geprüft. Externe Fallkontrollen bzw. Fallrevision: In Ergänzung zu den internen Kontrollen können besonders qualifizierte externe Spezialisten die Dossiers gemäss genau umschriebenen Vorgaben überprüfen. Bei der Fallrevision wird der gesamte Fallverlauf ab Eintritt in die Sozialhilfe bis zur Ablösung durchleuchtet. Als Nachteil der Fallrevision ist der Umstand zu werten, dass kein direkter Klientenkontakt besteht. Datenaustausch fördern: Der vielerorts im Aufbau befindliche Datenmarkt ergibt neue Möglichkeiten zur Plausibilisierung und Kontrolle der Fallführung. Längerfristig werden viele IT-Fachanwendungen der Verwaltung von allen Teilnehmenden genutzt werden können (z.b. Abgleichung der Daten mit Einwohnerdienste, Steuerverwaltung, Motorfahrzeugkontrolle, Grundbuchamt). Die Verwendung dieser Daten müssen vom Datenschutz abgesichert sein. Es sind die unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen in den Kantonen zu beachten! Hausbesuche: In besonderen Fällen sollen Hausbesuche die Feststellungen zum Sachverhalt ergänzen. Vor Ort kann u.a. direkt geprüft werden, wer in einer Wohnung wohnt. Personen, die diese Hausbesuche durchführen, haben keine Polizeifunktion und müssen nicht nur das notwendige Fingerspitzengefühl besitzen, sondern auch entsprechend geschult sein. Die Privatsphäre ist auf jeden Fall zu respektieren. In der Praxis sind die Klienten sowohl in Merkblättern als auch in Beratungsgesprächen darauf aufmerksam zu machen, dass Hausbesuche möglich sind. Meldungen Dritter: Hinweise auf mögliche Missbräuche, die Drittpersonen von sich aus dem Sozialdienst melden, hat der Sozialdienst mit Sorgfalt nachzugehen. Er teilt der Drittperson mit, dass generell alle Hinweise sorgfältig geprüft, jedoch keine Auskünfte über deren Ergebnisse erteilt werden. 4

4. Konsequenzen und Sanktionen bei Missbrauch Jeder Missbrauchsfall ist offen zu legen und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Das kantonale Sozialhilferecht kennt verschiedene repressive Sanktionen. Dabei ist das korrekte formelle Verfahren zu wählen sowie das Verhältnismässigkeitsprinzip zu wahren, insbesondere darf das Grundrecht auf Existenzsicherung (Art. 12 BV) nicht tangiert werden. 4.1 Kürzung der Sozialhilfeleistung Bei Pflichtverletzungen wie Nichteinhalten von Weisungen des Sozialdienstes, ist dieser berechtigt, die Sozialhilfeleistungen zu kürzen. Die kantonalen Sozialhilfegesetze regeln Voraussetzungen, Umfang und Verfahren (vgl. SKOS A.8.2, A.8.3). 4.2 Einstellung der Sozialhilfe Die Aufrechterhaltung der Notlage kann auch zu einer Einstellung bzw. Teileinstellung der Unterstützungsleistungen führen. Voraussetzung ist, dass die unterstützte Person sich selbst helfen kann (Subsidiaritätsprinzip). Das ist dann der Fall, wenn sie sich weigert, eine ihr zumutbare und konkret zur Verfügung stehende Arbeitsstelle anzunehmen oder einen ihr zustehenden und bezifferbaren Leistungsanspruch geltend zu machen (z.b. Leistungen der ALV, EL). Allerdings darf eine derart einschneidende Massnahme nur unter engen Voraussetzungen verfügt werden (vgl. SKOS A.8.5) 4.3 Rückerstattung der Sozialhilfe Anspruch und Bemessung von Unterstützungsleistungen gehen vor einer konkreten Situation der unterstützten Person aus. Verletzt eine unterstützte Person ihre Informationspflicht, in dem sie falsche Angaben macht oder veränderte Verhältnisse nicht meldet und führt dies zu einem unrechtmässigen Bezug von Leistungen, muss sie die zu Unrecht bezogenen Leistungen zurückerstatten. Eine Rückerstattung ist auch in den Fällen angebracht, wenn Sozialhilfeleistungen zweckwidrig verwendet, dadurch eine Notlage provoziert und eine Doppelzahlung der Sozialhilfe notwendig wurde. 4.4 Nichteintreten Unvollständige Angaben und Unterlagen können zur Folge haben, dass der Sozialdienst das Unterstützungsgesuch nicht prüfen kann. Wenn eine betroffene Person sich weigert, die zur Bedarfsbemessung notwendigen Angaben und Dokumente beizubringen, wird auf das Sozialhilfegesuch nicht eingetreten. Bei laufender Unterstützung wird die Sozialhilfe eingestellt (vgl. SKOS A.8.4). 4.5 Strafrechtliche Verfolgung Erwirken bzw. betrügerischer Bezug von Leistungen muss zwingend zu einer Anklage führen und kann strafrechtliche Sanktionen zur Folge haben (vgl. Betrug Art. 146 StGB und spezielle Strafbestimmungen in den kantonalen Sozialhilfegesetzen). 5

4.6 Methodische Massnahmen: Änderung des Auszahlungsmodus In Missbrauchsfällen oder bei begründetem Verdacht auf missbräuchliches Verhalten sind zudem die folgenden methodischen Massnahmen angebracht: Änderung des Auszahlungsmodus (wöchentlich oder gar täglich anstatt monatlich) Anstatt Barauszahlungen direkte Einzahlung von Miete und Krankenkasse, Aushändigen von Gutscheinen, Kostengutsprache für Passantenheim bzw. Notschlafstelle. 4.7 Verzicht auf Verdeckte Ermittlung bzw. Sozialinspektoren In verschiedenen Kantonen stellten sich die Sozialbehörden die Frage, ob in komplexen Fällen der Sachverhalt mit aussergewöhnlichen Methoden zu erheben sei und für verdeckte Ermittlungen eine Privatdetektei beauftragen werden soll. Die SKOS lehnt diese Massnahme ab. Der Sozialdienst soll sich nicht im polizeilichen Bereich bewegen. Falls starke Verdachtsmomente auf einen Missbrauch vorliegen, ist die polizeiliche Fahndung einzuschalten. 4.8 Strafanzeige gegen Arbeitgeber wegen Schwarzarbeit Ist der Arbeitgeber seinen rechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist es konsequent, dass der Sozialdienst eine entsprechende Strafanzeige bzw. Strafmitteilung einreicht. 5. Schlussbemerkungen Die SKOS vertritt die Haltung, dass Sozialhilfemissbrauch kein Tabuthema sein darf. Missbräuchliches Verhalten muss konsequent mit den zur Verfügung stehenden methodischen und rechtlichen Mitteln verfolgt werden. Die SKOS verspricht sich von dieser konsequenten Haltung auch eine präventive Wirkung und einen wirksamen Schutz derjenigen Klientinnen und Klienten, die nicht betrügen, vor Stigmatisierung und Diskreditierung. Wie die vorstehende Darstellung zeigt, bestehen eine Reihe von Kontroll- und Sanktionsmassnahmen. Sofern diese mit der genügenden Anzahl von qualifiziertem Fachpersonal umgesetzt werden, kann dem Sozialhilfemissbrauch wirksam begegnet werden. 6