Zusammenarbeit der freien und gemeinnützigen Träger sozialer Dienste in Österreich mit Organisationen aus den EU-Beitrittstaaten

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Transkript:

Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik Hochschulfondsgebäude 2. Stock Altenbergerstraße 69 A 4040 Linz Mag. a Bettina Leibetseder bettina.leibetseder@jku.at Tel. 0043-732-2468-7167 Fax. 0043-732-2468-7172 www.gespol.jku.at Zusammenarbeit der freien und gemeinnützigen Träger sozialer Dienste in Österreich mit Organisationen aus den EU-Beitrittstaaten Im Mai dieses Jahres treten vier Nachbarländer Österreichs, nämlich Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien, der Europäischen Union bei. Es wäre anzunehmen, dass sich die österreichischen freien und gemeinnützigen Anbieter von sozialen Diensten auf diese Veränderung einstellen und intensive Kontakte mit den Organisationen dieser Länder aufgenommen haben. Leider entspricht dies nicht den Tatsachen. Noch kaum eine der größeren Wohlfahrtsorganisationen (Volkshilfe, Hilfswerk, Caritas, Diakonie und Rotes Kreuz) kann ein Konzept vorweisen oder hat gar einen Schritt in diese Richtung getan. Ebenso gab es bis jetzt keine Forschung in diesem Bereich. Deshalb wurde anhand von einem persönlichen und neun telefonischen ExptertInneninterviews, die keineswegs die Verbindungen der Wohlfahrtsorganisationen vollständig darstellen können, eine erste Übersicht der bestehenden und geplanten Zusammenarbeit mit diesen Staaten gestaltet. Grundsätzlich kann der Wissensstand der Wohlfahrtsverbände als sehr gering bezeichnet werden. Zudem dominiert in Österreich ein sehr negatives Bild über die bevorstehende EU-Erweiterung, insbesondere gegenüber Tschechien aufgrund der Ressentiments auf beiden Seiten (Stichwort hierzu: Unterdrückung im Habsburger-Reich und die Gräueltaten während der Okkupation durch das NS-Regime sowie Temelín und die Beneš-Dekrete). Auch die Einschränkung des freien Personenverkehrs (der erschwerte Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich durch Personen aus den Beitrittsstaaten) verschlechtert das Klima. Im Folgenden werden die größeren Wohlfahrtsorganisationen und deren gegenwärtige Kontakte zu freien, gemeinnützigen Einrichtungen in den Beitrittsstaaten untersucht. 1

Caritas Die Caritas Österreich hat grundsätzlich Kontakte zu all den Ländern. Nach 1989 unterstützte sie die dortigen kirchlichen Einrichtungen beim Aufbau der karitativen Einrichtungen finanziell und mit Wissen. Während der Hochwasserkatastrophe 1997 wurde in Tschechien Hilfe geleistet. In Ungarn sind AnsprechpartnerInnen bekannt, aber es gibt keine institutionalisierte Zusammenarbeit. Mit Tschechien und der Slowakei herrscht ein regelmäßiger Austausch und es bestehen Arbeitsgruppen zu Fragen der Minderheitenrechte (Roma). Der Leiter der Caritas Kärnten, Viktor Omelko, war bei der Entstehung der slowenischen Caritas beteiligt, aber heute gibt es keine institutionellen Beziehungen mehr und die slowenische Caritas a- giert selbstständig. In Zusammenhang mit der EU-Erweiterung wird auf die Stellungnahme der Caritas Europa verwiesen. 1 Volkshilfe Die EU-Erweiterung soll auch im sozialen Bereich zu Zusammenarbeit führen. Dies ist auch ein Leitsatz der Volkshilfe, der leider in der Realität nicht umgesetzt wurde bzw. werden konnte. Für diese Organisation besteht die Schwierigkeit, dass es keine passenden Pendants in den Beitrittsländern gibt. Intensivere Kontakte gibt es nur zu einer ungarischen Organisation, die im Bereich der Menschenrechtsverletzungen tätig ist. Rumänien und die Ukraine sind Schwerpunktländer, diese werden aber nicht so bald der EU beitreten. In den anderen Ländern handelt es sich um kleinere Organisationen, die beim Aufbau unterstützt werden. Der Zugang gestaltet sich schwer, es gibt aber Überlegungen, Netzwerke zu bilden. 2 Die Volkshilfe versuchte schon kurz nach 1989 in Tschechien Organisationen zu gründen, was aber aus mehreren Gründen scheiterte. Einerseits war es noch zu früh für solche Wohlfahrtsorganisationen. Es gab noch kaum private Unternehmen und somit auch kein Zugang zu PrivatspenderInnen, auch die tschechische sozialdemokratische Partei hatte kaum Geld und die österreichische öffentliche Hand hatte kein Interesse an der Mitfinanzierung. Andererseits hatten die Menschen dort noch nicht genügend Erfahrung mit selbstständigem und verantwortungsvollem Arbeiten gesammelt. 3 1 Vgl. http://www.caritas-europa.org/module/filelib/caritasallemand-final.pdf, Quelle: telefonische Interviews mit Friedrich Altenburg und Viktor Omelko (Der Erhebungszeitraum der telefonischen Interviews und des persönlichen Gesprächs erstreckte sich vom 24. November bis 10. Dezember 2003.) 2 Telefonisches Interview mit Vitali Bodnar 3 Gespräch mit Josef Weidenholzer und telefonisches Interview mit Andreas Schneider (österreichische Vertretung in Prag) 2

Hilfswerk Für das Hilfswerk ist die EU-Erweiterung kein Thema, da es sehr lange Übergangsfristen gibt. Zudem bezeichnet sich das Hilfswerk als 'rein österreichischer' Verein und betreibt keine internationalen Außenstellen und pflegt keinen direkten Kontakt. Das Hilfswerk ist in keinem internationalen Netzwerk eingebunden, wobei das Österreichische Hilfswerk Entwicklungshilfe etwa beim Wiederaufbau in Bosnien-Herzegowina leistet. 4 Obwohl der Präsident der Organisation Abgeordneter zum Europäischen Parlament ist, hat das Hilfswerk keine europäische Ausrichtung. Diakonie Die Eurodiaconia, wo auch die Diakonien der Beitrittsstaaten schon jahrzehntelang Mitglied sind, stellt für die österreichische Diakonie das Bindeglied zu den neuen Beitrittsstaaten und den dort tätigen diakonischen Organisationen dar. Zumeist laufen die Kontakte über die europäische Vereinigung, deren Generalsekretär ein Österreicher ist bzw. in Arbeitsgruppen (wie der social policy group) von Eurodiaconia. Vereinzelt gibt es Projekte mit Organisationen der Beitrittsländer und Kontakte zwischen verschiedenen Einrichtungen. Grundsätzlich handelt es sich aber kaum um institutionalisierte Zusammenarbeit, wie etwa beim evangelischen Diakoniewerk Gallneukirchen, die zumeist aus MitarbeiterInnen-Kontakten bzw. aus Verbindungen der Leitung zu diakonischen Einrichtungen in Tschechien und Ungarn entstanden. Durch solche Kontakte entstanden etwa bei den Ausbildungsstätten des Diakoniewerkes Austauschprogramme für Praktikumplätze und SchülerInneninitativen zur Unterstützung kleinerer Projekte. 5 Rotes Kreuz Das Rote Kreuz Österreich ist in das Netzwerk der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften eingebettet und pflegt eine intensive Zusammenarbeit mit verschiedenen anderen nationalen Rot-Kreuz-Gesellschaften. Im Frühjahr letzten Jahres wurde gemeinsam mit den Rot-Kreuz-Organisationen in Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien ein Projekt zur verstärkten Zusammenarbeit gestartet. In einem Workshop wurden die Ziele in den Schwerpunktbereichen Gesundheits- und Sozialdienste, Freiwilligkeit, Jugend, Katastrophen und Erste-Hilfe vereinbart, die in direkt verwertbaren Projekten umgesetzt werden soll und einen Fokus auf Lernprozesse und Wis- 4 Telefonisches Interview mit Walter Marschitz 5 Telefonische Interviews mit Waltraut Kovacic und Verena Schöpf 3

sensaustausch legen. Die nationalen ProjektpartnerInnen verpflichten sich zur gemeinsamen Weiterentwicklung. Die Teilnahme ist allen PartnerInnen offen, allerdings für keinen verpflichtend. Somit machen also die PartnerInnen nur in jenen Bereichen mit, wo sie auch einen direkten Nutzen für sich selbst ableiten können. Für diesen Fall "verpflichten" sie sich jedoch zur gemeinsamen Weiterentwicklung ihrer Idee bzw. ihrer Zielsetzung. Damit wird auch vermieden, dass den Organisationen ein zusätzlicher Aufwand entsteht. Von der ersten Planungsphase an stand Partizipation im Vordergrund. Es wurde beim Design der Zusammenarbeit darauf Wert gelegt, dass die PartnerInnen die Projekte gemeinsam entwickeln und sich damit identifizieren können. Somit werden in dieser transnationalen Projektarbeit vor allem nationale Herausforderungen behandelt, die sich in mehreren Partnerländern stellen. Ebenso wurde eine klassische Geber-Nehmer-Situation vermieden und es dominiert eine Gleichwertigkeit zwischen den Organisationen, die für alle PartnerInnen eine Win-Win- Komponente beinhaltet. Im Rahmen der EU-Erweiterung und durch die bereits bestehenden Möglichkeiten der Antragstellung zur Förderung von Projektideen durch die EU ist auch geplant, längerfristigere und umfassendere Vorhaben gemeinsam zu erarbeiten und einzureichen. 6 Resümee Zusammenfassend muss leider festgestellt werden, dass nur ein einziges Best-Practice- Beispiel gefunden wurde. Das Rote Kreuz hat mit seinem Projekt eine sehr gute Ausgangsposition für die EU-Erweiterung im Mai dieses Jahres eingenommen und eine gleichberechtigte Partnerschaft aufgebaut. Die Caritas und die Diakonie vertrauen jeweils auf das europäische Netzwerk, in dem sie eingebunden sind, und haben nur eingeschränkten Kontakt zu Organisationen in den Beitrittsstaaten. Aufgrund der negativen Erfahrungen und ungeeigneten Partnerorganisationen in den Beitrittsstaaten ist es für die Volkshilfe schwer, eine strategische Zusammenarbeit aufzubauen. Auch das europäische Netzwerk der Volkshilfe, Solidar, hat erst eine einzige Organisation in den EU-Beitrittstaaten aufgenommen. Das Hilfswerk hat kein Interesse an institutioneller Zusammenarbeit mit Organisationen in den Staaten, die am 1. Mai 2004 in die EU beitreten werden. Aufgrund dieser ersten Erhebung lassen sich folgende Faktoren für eine institutionalisierte und intensive Zusammenarbeit feststellen: 6 Telefonische Interviews mit Werner Kerschbaum und Johannes Guger 4

Tabelle 1: Rahmenbedingungen für eine gute Zusammenarbeit positiv Interesse an einer Zusammenarbeit Europäisches Netzwerk vorhanden Gleicher Hintergrund Richtiger Zeitpunkt negativ keine Zielsetzung in diesem Bereich Kein Netzwerk in den Beitrittsländern Keine geeigneten PartnerInnen Geber-Nehmer-Situation Win-Win-Situation Grundsätzlich muss eine Organisation Interesse an Partnerschaften haben. Ein europäisches Netzwerk ist dabei äußerst hilfreich, es schließen sich dabei meistens Organisationen mit dem gleichen (etwa religiösen oder ideologischen) Hintergrund zusammen. Ebenso ist der richtige Zeitpunkt notwendig. War zu Beginn also Anfang der 90er Jahre vor allem eine Geber-Nehmer-Situation vorhanden, ist jetzt aufgrund der besseren wirtschaftlichen und institutionellen Situation der Organisationen in den Beitrittsstaaten eine gleichwertigere Partnerschaft in den Vordergrund gerückt. Diese verspricht eher eine lange und dauerhafte Kooperation. Negativ wirkt sich auf jeden Fall das Nichtvorhandensein einer Zielsetzung in diesem Bereich aus. Auch ein fehlendes Netzwerk, das Organisationen in den Beitrittsländern mit einschließt, verursacht Schwierigkeiten beim Aufbau einer Kooperation. Aufgrund der geringen Größe sozialer NGOs in den Beitrittsstaaten gestaltet es sich insbesondere für die Volkshilfe, einen österreichischen, überregionalen Dachverband, schwierig, eine institutionalisierte Zusammenarbeit aufzubauen. Eine reine Geber-Nehmer-Situation und somit ein Abhängigkeitsverhältnis führt nicht zu einer gleichberechtigten Partnerschaft. 5