Evaluationsbericht Theodor-Heuss-Schule Marburg

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Transkript:

2010 2011 Evaluationsbericht Theodor-Heuss-Schule Marburg Der Klassenrat an der Theodor-Heuss-Schule Jahrgang 6 Verantwortliche Lehrkräfte (Maike Schlosser) (Teresa Bell) Schulleiterin (Elisabeth Fiedler)

Inhalt Kurzfassung 3 1. Beschreibung 4 1.1 Rahmenbedingungen und Ziele 4 1.2 Beschreiben der Aktivitäten bzw. der Unterrichtseinheit / des 5 Unterrichtsprojektes 1.3 Erfolgskriterien und Indikatoren 6 1.4 Evaluationsmethoden 7 1.5 Auswertung und Darstellung von Daten 7 1.5.1 Graphische Auswertung des Schülerfragebogens Teil 1 8 1.5.2 Tabellarische Auswertung des Schülerfragebogens Teil 2 9 1.5.3 Auswertung des Lehrerfragebogens 10 1.6 Interpretation der Daten 10 2. Reflexion 12 2.1 Was ist gut gelungen? 12 2.2 Welche Probleme sind aufgetreten? 13 2.3 Was ist überraschend? 14 3. Vorausblick 14 4. Literatur 17 Anhang 2

Kurzfassung Schule: Theodor-Heuss-Schule Marburg Schulform: Grund-, Haupt- und Realschule mit Förderstufe Jahrgang: 6 (3 Klassen) Titel des Vorhabens: Der Klassenrat an der Theodor-Heuss-Schule Zeitraum: Schuljahr 2010/11 Ziel: Etablierung des Klassenrats Rechtfertigung des Ziels / Bezug zum Europäischen Curriculum: Förderung des Demokratieverständnisses und des Klassenklimas durch regelmäßige Durchführung des Klassenrates; Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen Lehrer- und Schüleraktivität: wöchentliche Durchführung des Klassenrats Evaluationsfrage: Kann der Klassenrat das Klassenklima und das Demokratieverständnis fördern? Erfolgskriterien Anerkennung des Klassenrates Selbstständige Organisation und Durchführung des Klassenrates Klärung von Konflikten Besprechung von klassenrelevanten Themen Positive Gesprächskultur Positives Klassenklima Indikatoren positive Äußerungen der Schüler zu Klassenrat, Schüler schätzen den Klassenrat Zeitlich effektive und zielgerichtete Nutzung der Klassenratsstunde durch Schüler Schüler sind in der Lage Konflikte sozialverträglich zu klären Zeitlich effektive und zielgerichtete Nutzung der Klassenratsstunde Einhaltung der Gesprächsregeln Konflikte treten seltener auf Datenerhebung/Methoden: Protokollbuch Klassenrat (exemplarisch), Fragebögen für Schüler und Lehrer, Beobachtungsbögen für Lehrer Ergebnisse: Auf der Basis der ausgewerteten Fragebögen lässt sich feststellen, dass der Klassenrat allgemein eine hohe Akzeptanz sowohl auf Schüler- als auch Lehrerseite erfährt. Die Schüler sind weitestgehend in der Lage den Klassenrat selbstständig zu organisieren und durchzuführen. Konflikte können im Rahmen dessen weitestgehend geklärt werden. Dabei zeigt sich, dass sich die Anleitung zu einer positiven Gesprächskultur bewährt hat. Über die Klärung von Konflikten hinaus sollten jedoch vermehrt klassenrelevante Themen (z.b. Organisatorisches, Wünsche, offene Fragen) in die Klassenratsstunde einbezogen werden, um einerseits die Dramatisierung und Inszenierung von Streitigkeiten zu minimieren und andererseits dadurch eine breitere Beteiligung zu erreichen. 3

1. Beschreibung 1.1 Rahmenbedingungen und Ziele Die Theodor-Heuss-Schule (608 Schülerinnen und Schüler) umfasst die Jahrgänge 1-10 mit Grundschule, gemeinsamem Lernen von Haupt- und Realschülern in den Jahrgängen 5-8 sowie Haupt- und Realschule in den Jahrgängen 9 und 10. Der Klassenrat wurde im Schuljahr 2009/10 in den Klassen 5-10 eingeführt und findet seit diesem Zeitpunkt wöchentlich statt. Dieser ist so organisiert, dass dem jeweiligen Klassenlehrer eine Schulstunde pro Woche im Rotationsverfahren zur Durchführung des Klassenrats zur Verfügung steht (1. Woche Montag 1. Stunde; 2. Woche Montag 2. Stunde usw.). Zuvor wurde der Klassenrat durch zwei Klassen im Jahrgang 5 und 6 erprobt, welche diese im Rahmen des im Stundenplan fest verankerten Sozialen Lernens wöchentlich durchführten. Eine klasseninterne Evaluation ergab, dass sowohl die beteiligten Schüler als auch Lehrer von der regelmäßigen Durchführung des Klassenrates überzeugt waren, sodass schließlich in einer Gesamtkonferenz das Konzept des Klassenrates durch die erwähnten Schüler und Lehrer dem Kollegium präsentiert wurde. Daraufhin entschied sich ein Großteil der Lehrerschaft für die flächendeckende Einführung des Klassenrats im neuen Schuljahr. Diese wurde durch schriftliche Informationen (Anleitung und Kopiervorlagen) seitens der Schulleitung unterstützt. Der Klassenrat ist ein Zeitfenster, in dem die Klasse alle aktuellen Themen, die die Schule, die Klasse und/oder die Schüler/innen betreffen, in einer demokratischen und eigenverantwortlichen Form besprechen kann. Im Klassenrat sind Lehrer/innen und Schüler/innen gleichberechtigte Partner. Indem die Schüler/innen ihre Angelegenheiten mit Unterstützung des Lehrers/ der Lehrerin eigenverantwortlich regeln, können sie Selbst- und Sozialkompetenz entwickeln, demokratische Kommunikationsformen und Entscheidungsfindung praktisch üben und anwenden. So trägt der Klassenrat zur Entwicklung einer demokratischen Kultur in der Schule und zur Entwicklung demokratischer Kompetenzen bei (Daublebsky/Lauble 7: 2006). Diese Kompetenzbeschreibungen lassen sich ebenfalls im Europäischen Curriculum der Hessischen Europaschulen (Ausgabe 2010) in der Kommunikativen Kompetenz im Bereich der Politischen Bildung 4

wiederfinden. Schülerinnen und Schüler pflegen eine Gesprächskultur und bewältigen damit konstruktiv Konflikte. Sie kooperieren, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen (EC 58: 2010). Dies umfasst die politische Urteilsfähigkeit, politische Handlungsfähigkeit und methodische Fähigkeiten: Die Schülerinnen und Schüler können - die Bedeutung von Regeln und Meinungen anderer für das Miteinander erkennen, reflektieren und bewerten; - innerhalb eines Konflikts gegensätzliche Sichtweisen erkennen und einordnen; - den Vorteil von Kooperation und Kompromissen in bestimmten Situationen erkennen und sich ggf. dafür entscheiden. - Informationen, eigene und andere Interessen sowie Meinungen themenbezogen formulieren, begründen und andere Positionen wahrnehmen und tolerieren - Konflikte öffentlich machen, sich mündlich oder schriftlich dazu äußern - eine angemessene Lösung vorschlagen und eine allgemeine Regelung finden - Stärken einer Gruppe bzw. Gemeinschaft nutzen, Aufgaben für die Gemeinschaft übernehmen, Verantwortung tragen - Kommunikationsregeln finden, formulieren und anwenden - mithilfe von Empathiefähigkeit und Impulskontrolle konstruktive Konfliktstrategien anwenden - sich für eine Gruppe und/oder ein Gremium entscheiden und darin mitarbeiten (EC 58-59: 2010). 1.2 Beschreiben der Aktivitäten bzw. der Unterrichtseinheit / des Unterrichtsprojektes Die Schüler führen den Klassenrat einmal pro Woche im Beisein des jeweiligen Klassenlehrers durch. Alle Schüler sitzen dabei im Sitzkreis, da es diese Sozialform ermöglicht, gegenseitig Blickkontakt zu halten. Themenwünsche und Anträge werden im Vorfeld schriftlich fixiert und in einem eigens dafür vorgesehenen Briefkasten, der im Klassenraum fest verankert ist, deponiert. Jeder 5

Schüler hat das Recht ein Anliegen vorzubringen. Es gibt feste Ämter, die im Wechsel eingenommen werden, wie z.b. Moderator, Assistent, Fotograf, Protokollant, Zeitwächter, Vorleser sowie feste Gesprächs- und Verhaltensregeln, die auf einem wertschätzenden und freundlichen Umgang miteinander beruhen. Der Ablauf des Klassenrates ist ritualisiert, d.h. dass nach der Verteilung der Ämter das Protokoll der vergangenen Klassenratsstunde verlesen wird, sodass die zuvor getroffenen Vereinbarungen überprüft werden können und im Anschluss daran neue Themenwünsche und Anliegen vorgebracht werden können. Ergebnisse werden in einem Protokoll fixiert, welches die Grundlage für die kommende Klassenratsstunde als Einstieg bildet. 1.3 Erfolgskriterien und Indikatoren Im Rahmen dieser Evaluation steht die Frage Kann der Klassenrat das Klassenklima und das Demokratieverständnis fördern? im Vordergrund. Dies soll anhand der folgenden Erfolgskriterien untersucht werden. Die Schüler sind nach anfänglicher Anleitung in der Lage, den Klassenrat selbstständig zu organisieren und durchzuführen, d.h. dass sie z.b. die Ämter zu Beginn einer Klassenratsstunde verteilen, wobei auf einen regelmäßigen Wechsel Wert gelegt wird, um eine möglichst breite Beteiligung zu gewährleisten. Dies zeigt sich daran, dass die Schüler die Klassenratsstunde zeitlich effektiv nutzen (z.b. indem sie mit der Ämterverteilung bereits in der vorangehenden 5-Minuten-Pause beginnen und nach Eintreffen des Klassenlehrers unmittelbar mit dem Klassenrat begonnen werden kann) und die Schüler sich nicht an Organisatorischem länger als nötig aufhalten (z.b. Streitereien bei der Ämterverteilung). Ein weiterer Erfolg ist zu verzeichnen, wenn die Schüler den Klassenrat unter anderem zur Klärung von Konflikten nutzen. Dies lässt sich daran erkennen, dass die Schüler in der Lage sind Konflikte sozialverträglich anzusprechen und auszutragen sowie diese in einem gemeinsamen Ergebnis münden zu lassen (sowohl Konsens als auch Dissens). Dies gelingt, wenn sich die Schüler einer positiven Gesprächskultur bedienen, welche ein weiteres Erfolgskriterium darstellt. Eine solche lässt sich unter anderem an der Einhaltung der zuvor gemeinsam erarbeiteten Gesprächs- und Verhaltensregeln festmachen. Diese Regeln beinhalten unter anderem einen wertschätzenden Sprachgebrauch und Umgang 6

miteinander. Da der Klassenrat nicht auf die Klärung von Konflikten reduziert werden sollte, soll er darüber hinaus den Schülern auch Raum und Zeit bieten, um andere klassenrelevante Themen zu besprechen (z.b. Organisatorisches zur Klassenfahrt). Dies zeigt sich in der Nennung solcher Aspekte durch Schüler und damit verbunden einer zeitlich effektiven und zielgerichteten Nutzung der Stunde. 1.4 Evaluationsmethoden In einer Teamsitzung des Jahrgangs 6 entschieden sich die Klassenlehrer für die Evaluation mithilfe eines Fragebogens. Als Grundlage für die Entwicklung dieses Fragebogens diente eine Handreichung des BLK-Programms Demokratie lernen & leben des Landes Baden-Württemberg aus dem Jahr 2007 sowie der Abschlussbericht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Rahmen des Bundesprogramms Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie von 2008. Der daraus entstandene Fragebogen für die Schüler beinhaltet sowohl geschlossene als auch offene Fragen, während der Lehrer-Fragebogen ausschließlich geschlossene Fragen stellte (siehe Anhang). Mit dieser Art der Befragung wurde beabsichtigt, Meinungen zur Akzeptanz sowie zur Effektivität des Klassenrats durch teilnehmende Schüler und Lehrer zu erhalten. Die Ausgabe der Fragebögen erfolgte kurz vor den Osterferien (April 2011). Die Ergebnisse dieser punktuellen Befragung werden ergänzt durch die Protokolle der einzelnen Klassenratssitzungen. 1.5 Auswertung und Darstellung von Daten Im Rahmen der Evaluation wurde in der Klassenratsstunde an alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 6 der Fragebogen Klassenrat ausgegeben. Da an diesem Tag einzelne Schüler nicht anwesend waren, füllten diese den Bogen zu einem späteren Zeitpunkt aus. Alle 62 Schüler des Jahrgangs waren somit an der Umfrage beteiligt. Die Klassenlehrer füllten die für sie vorgesehenen Fragebögen parallel dazu aus, um einer Beeinflussung durch die Schülerantworten vorzubeugen. Im Folgenden sind die Ergebnisse graphisch bzw. tabellarisch dargestellt. 7

1.5.1 Graphische Auswertung des Schülerfragebogens Teil 1 (geschlossene Fragen) Mir gefällt der Klassenrat gut. ja 78% vielleicht 19% nein 3% Der Lehrer/die Lehrerin muss sich nur selten in den Klassenrat einklinken. ja 47% vielleicht 34% nein 19% Wenn Sachen im Klassenrat besprochen werden, ändert sich etwas. Wir reden nur über Konflikte. ja 20% ja 52% vielleicht 31% nein 49% vielleicht 23% nein 25% Wir halten uns an die Gesprächsregeln. Der Klassenrat hilft/unterstützt uns eine gute Klassengemeinschaft zu sein. ja 39% ja 49% vielleicht 39% nein 22% vielleicht 24% nein 27% 8

1.5.2 Tabellarische Auswertung des Schülerfragebogens Teil 2 1 (offene Fragen) Am Klassenrat gefällt mir, dass... o weil wir da über Probleme sprechen. o ich meinen Streit aufschreiben kann. o ich meinen Streit da klären kann. o der Lehrer nicht so viel zu sagen hat o wir dann keinen Unterricht haben und keine Hausaufgaben aufbekommen o wenn ich Moderator sein kann o wenn ich als Fotograf die Störer aufschreiben kann o Kinder sich aufhören zu streiten o manche Jungs ruhiger geworden sind o die Mädchen nicht alles machen können, was sie wollen o wir uns einigen können o ich traue mich Dinge, die mich stören, im Klassenrat zu sagen. Am Klassenrat gefällt mir nicht dass,... o wir uns manchmal streiten o manche immer alles sagen müssen und bestimmen wollen o die Sachen manchmal langweilig sind o wir immer über dieselben Sachen reden o manche kinder immer lachen o manchmal sachen gar nicht stimmen o sich die lehrer manchmal einmischen und dazwischen reden Meine weiteren Vorschläge für den Klassenrat sind, dass... o wir uns nicht immer streiten o wir mehr schöne sachen machen o wir uns auch echt immer dran halten Beschreibe ein schönes Erlebnis im Klassenrat: o wir haben in der Pause Musik gehört, die Jungs haben als den Stecker rausgezogen, weil die musik laut war, aber wir wollten ja auch was hören. Wir haben im Klassenrat darüber gemeckert und dann haben wir die Regel gefunden das wir die Musik nur bis zum Strich anmachen können und jetzt streiten wir uns nicht mehr dadrüber o als ich mal das Protokoll schreiben durfte und mich ans lehrerpult setzen durfte. 1 Hier sind Auszüge der Schülerantworten aufgeführt. 9

Beschreibe ein unangenehmes Erlebnis im Klassenrat: o als die anderen gesagt haben ich hab dem das Mäppchen weggenommen und das gar nicht stimmt. Das war voll fies. o als für mein Zettel keine Zeit war und ich dann bis nächste Mal warten musste. 1.5.3 Auswertung des Lehrerfragebogens (geschlossene Fragen) Ich halte den Klassenrat für ein sinnvolles Projekt. 3 / / Der Klassenrat in meiner Klasse findet einmal in der Woche 2 1 / statt. Durch den Klassenrat entfällt wichtige Unterrichtszeit. / 1 2 Der Klassenrat an unserer Schule ist ein Erfolg. 2 1 / Ich muss nur selten regulierend in den Klassenrat 3 / / eingreifen. Die Schüler sind durch den Klassenrat überfordert. 1 2 / Wenn Schüler Probleme im Klassenrat ansprechen, ändern / 1 2 die Betroffenen ihr Verhalten. Die Schüler konzentrieren sich vorwiegend auf Konflikte. 3 / / Die Schüler halten sich an die Gesprächsregeln. / 1 2 Das Klassenklima hat sich durch den Klassenrat verbessert. 3 / / Die Schüler erwerben durch den Klassenrat wichtige 3 / / Kompetenzen, wie z.b. Konfliktfähigkeit. Demokratie zu erfahren ist für die Schüler wichtig. 3 / / 1.6. Interpretation Zur Evaluation des Klassenrates konnten die Daten von 62 Schülern und die Beurteilungen von drei Lehrern herangezogen werden. Anerkennung des Klassenrates Die Akzeptanz des Projekts Klassenrates ist im Allgemeinen hoch. 78% der Schüler gefällt der Klassenrat gut. Als Gründe hierfür wurden unter anderem aufgeführt, dass die Schüler ihre Konflikte und Probleme thematisieren können. 10

Auch alle befragten Lehrkräfte halten den Klassenrat für eine sinnvolle Einrichtung, die von zwei Dritteln regelmäßig (einmal wöchentlich) durchgeführt wird. Dass hierbei eine Stunde Fachunterricht pro Woche durch den Klassenrat ersetzt wird, wird von den befragten Lehrkräften nur wenig problematisch gesehen. Selbstständige Organisation und Durchführung des Klassenrates durch die Schüler Annähernd die Hälfte der befragten Schüler (47%) gibt an, dass der Klassenrat von den Schülern zum jetzigen Zeitpunkt weitestgehend selbstständig organisiert und durchgeführt werden kann. So gaben mehrere Schüler an, dass das Ausüben verschiedener Ämter (z.b. Moderator) sie bei der selbstständigen Durchführung unterstütze und ihnen Freude bereite (siehe Schüleräußerungen). Dies deckt sich mit den Aussagen der Lehrkräfte, welche alle angegeben, dass sie nur selten regulierend in den Klassenrat eingreifen müssen. Diese Zurückhaltung wird von den Schülern positiv bewertet (siehe Schüleräußerungen). In diesen Situationen zeigt sich jedoch, dass Schüler phasenweise überfordert sind und einer Unterstützung von außen bedürfen. Diese Unterstützung wird von einem Teil der Schüler ebenfalls indirekt eingefordert, um einen möglichst sozialverträglichen Ablauf zu gewährleisten und eine breite Beteiligung zu ermöglichen (siehe Schüleräußerungen). Besprechung klassenrelevanter Themen 52% der Schüler sind der Meinung, dass im Klassenrat ausschließlich die Thematisierung von Konflikten im Vordergrund steht (siehe auch Schüleräußerungen). Dem gegenüber stehen 25%, die die Besprechung anderer klassenrelevanter Themen im Klassenrat erlebt haben will. Auch dieses Ergebnis deckt sich mit den Lehrerbeobachtungen sowie den Ergebnissen aus dem Protokollheft der Klassenratssitzungen und den Lehrerfragebogen, auf welchen alle befragten Lehrer angaben, dass sich der Klassenrat vorwiegend auf die Thematisierung von Konflikten beschränkt. Klärung von Konflikten Obwohl mehr als die Hälfte der Schüler und alle Lehrer angaben, dass die Besprechung von Konflikten den größten Raum im Klassenrat einnehme, sind hingegen 80% der Schüler der Meinung, dass sich eine Verhaltensänderung nach 11

dieser Thematisierung nicht oder nur selten einstelle. Auch dieses Ergebnis deckt sich mit der Einstellung der Lehrer. Dem Protokollbuch des Klassenrats und den Schüleräußerungen ist ebenfalls zu entnehmen, dass ähnlich gelagerte bzw. dieselben Konflikte einen großen Raum im Klassenrat einnehmen. Positive Gesprächskultur Bei diesem Kriterium geben 78% der Schüler an, dass die Gesprächsregeln weitestgehend beachtet werden (siehe auch Schüleräußerungen), wohingegen zwei Drittel der Lehrer dies gegenteilig beobachten. Hier zeigt sich die bisher größte Diskrepanz zwischen Schüler- und Lehrereinschätzung. Positives Klassenklima Fast die Hälfte der Schüler glaubt, dass der Klassenrat sie dabei unterstützt eine gute Klassengemeinschaft zu werden (siehe auch Schüleräußerungen). Mit dieser Einschätzung gehen die Lehrer konform, da sie unter anderem der Meinung sind, dass die Schüler im Rahmen des Klassenrates wichtige Kompetenzen erwerben, die sie zu einem sozialverträglichen Miteinander anleiten und unterstützen. 2. Reflexion 2.1 Was ist gut gelungen? Der Klassenrat wird von der Schulgemeinde insgesamt positiv gesehen und als sinnvolle Ergänzung im Schulalltag gewertet. Die organisatorische Umsetzung des Klassenrates in allen Klassen kann als gelungen bezeichnet werden, da sich das System bewährt hat, die Klassenratsstunde im Wochenverlauf durch den Stundenplan rotieren zu lassen (z.b. 1. Woche Montag 1. Std., 2. Woche Montag 2.Std. usw.) und dadurch die reguläre Stundentafel durch diese vermeintlich zusätzliche Stunde nicht betroffen ist. Diese Regelung führte dazu, dass die zuvor geäußerte Kritik am Klassenrat seitens der Klassenlehrer, welche eine Stunde ihres regulären Unterrichts dafür aufbringen mussten, entkräftet werden konnte. Zwar verursachte diese rotierende Regelung einen hohen Aufwand für die Erstellung des Vertretungsplanes, allerdings ist dieser Mehraufwand zugunsten des Klassenrates akzeptiert. Die schrittweise Einführung, regelmäßige Durchführung sowie die Erarbeitung und Festlegung bestimmter Rituale hat dazu geführt, dass die Schüler des befragten Jahrganges den Klassenrat mittlerweile weitgehend selbstständig organisieren 12

und durchführen können und nur selten auf Hilfe und Unterstützung des Klassenlehrers angewiesen sind. Ein weiterer positiver Aspekt zeigt sich darin, dass sich die Schüler trauen, Konflikte im Klassenrat anzusprechen und diese im Verlauf einer gemeinsamen Gesprächsrunde, zumindest kurzfristig, klären können, sodass die Fähigkeit emotionales Befinden zu artikulieren gefördert wird. Der Klassenrat trägt demnach zur Entwicklung einer demokratischen Kultur und zur Entwicklung demokratischer Kompetenzen bei, indem die Schüler ihre Angelegenheiten mit Unterstützung des Lehrers eigenverantwortlich regeln, sodass sie Selbst- und Sozialkompetenz entwickeln, demokratische Kommunikationsformen und Entscheidungsfindung üben und praktisch anwenden. Darüber hinaus ist der Klassenrat auch eine institutionalisierte Form, um zwischenmenschliche und emotionale Probleme zu besprechen und zu lösen, was sich wiederum positiv auf das Klassenklima sowie das Schulklima auswirkt. 2.2 Welche Probleme sind aufgetreten? Die Umfrage hat ergeben, dass ein Großteil der Klassenratsstunde sich mit der Behandlung von Konflikten befasst was einerseits wünschenswert ist, um diese zu besprechen, zu klären und zu einem Abschluss zu bringen. Dies führte andererseits jedoch dazu, dass Konflikte teilweise dramatisiert und inszeniert wurden, um (in den Augen einiger Schüler) eine möglichst ereignisreiche Stunde zu gestalten und die dafür vorgesehene Unterrichtsstunde voll auszuschöpfen, sodass weitere klassenrelevante Themen, wie z.b. die Gestaltung der Klassenfahrt, nur ansatzweise besprochen werden konnten 2. Es kann geschehen, dass die Behandlung von Konflikten im Klassenrat im Laufe der Zeit einen immer größeren Raum einnimmt, bis zum Schluss keine anderen Themen mehr behandelt werden. Das kann häufig daran liegen, dass nicht klar ist, dass der Klassenrat ein Forum für ein breit gefächertes Themenspektrum sein kann. Es kann aber auch sein, dass weder Lehrer/innen noch Schüler/innen wissen, wie man Konfliktlösungen erarbeitet, welche möglichen Strategien es gibt. Ist dies der 2 Hierbei handelt es sich um eine (subjektive) Einschätzung der Lehrkräfte, welche sich aus den ausgewerteten Beobachtungsbogen ergab. 13

Fall, werden die Konflikte nicht gelöst, sondern müssen immer wieder neu aufgenommen werden (Daublebsky/Lauble 36: 2007). Trotz der zeitintensiven Auseinandersetzung mit Konflikten zeigt die Umfrage, dass sich Verhaltensänderungen meist nur kurzfristig einstellten. Dieses Phänomen ist in allen drei Klassen zu beobachten, da die Schüler zum Teil trotz wiederholten Fehlverhaltens dieses nur durch oberflächliche Gesten zu lösen versuchen. 2.3 Was ist überraschend? Wie bereits erwähnt, zeigt sich die größte Diskrepanz zwischen Schüler- und Lehrerantworten im Bereich der Einhaltung der Gesprächsregeln. So gehen die Schüler weitestgehend davon aus, dass sie sich derer bedienen, wohingegen die Lehrer hier einen großen Entwicklungsbedarf sehen. Dies könnte sowohl darin begründet sein, dass die befragten Lehrer den Umgang der Schüler untereinander als wenig wertschätzend und z.t. nicht sozialverträglich wahrnehmen und dahingehend eine höhere Erwartungshaltung an den Tag legen, als auch, dass die Schüler noch nicht ausreichend in der Lage sind, ihren Sprachgebrauch entsprechend zu reflektieren. Eine positive Überraschung für die Lehrer bestand darin, dass jeder einzelne Schüler sich ernsthaft mit den Fragen auseinandergesetzte und diese offen und ausführlich beantwortete, sodass tatsächlich alle 62 Fragebögen verwertbar waren. Dies lässt sich im Nachhinein ebenfalls als Erfolgsindikator für dieses Projekt werten, da hiermit sichtbar wurde, dass den Schülern der Klassenrat ein wichtiges Anliegen ist, über welches sie gewinnbringend schriftlich reflektiert haben. 3. Vorausblick Aus den zuvor ausgewerteten Fragebögen der teilnehmenden Schüler und Lehrer sowie den Erfahrungen und Beobachtungen lassen sich zum einen unmittelbar Konsequenzen für die weitere Arbeit ableiten. Durch die intensive gedankliche Auseinandersetzung mit dem Thema ergeben sich darüber hinaus noch weitere Ideen, um den Klassenrat weiter zu festigen. 14

Der Evaluationsprozess legt offen, dass die bisherige Organisationsform (wöchentliches Rotationsverfahren) sowie die Art der ritualisierten Durchführung als durchaus gelungen bezeichnet und demnach so beibehalten werden kann. Dies zeigt, dass der Klassenrat bereits zum jetzigen Zeitpunkt, zumindest in der Jahrgangsstufe 6, fest installiert und allgemein akzeptiert ist und unbedingt in dieser Form beibehalten werden sollte. Allerdings gibt es wesentliche Punkte, an denen künftig gearbeitet werden sollte, da diese noch Entwicklungsbedarf aufweisen, welche im nachfolgenden Punkt erläutert werden. Rückblickend lässt sich festhalten, dass der Klassenrat ein von den Bedürfnissen der jeweiligen Lerngruppe abhängiges und dadurch dynamisches Instrument zur Förderung des Klassenklimas darstellt. Diese Dynamik widerspricht jedoch nicht der zuvor beschriebenen festen Rahmen- und Organisationsbedingungen, welche den Schülern eine Orientierung bieten und ihnen dabei helfen, das nötige Selbstvertrauen zu entwickeln, um für sie relevante Angelegenheiten offen zu thematisieren und diskutieren. Die im Folgenden erarbeiteten Vorschläge zur Optimierung des Klassenrates ergeben sich aus der direkten Auswertung der gesammelten Daten der Jahrgangsstufe 6. Zum einen sollte mit den Schülern gemeinsam ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, eine breitere Themenvielfalt in der Klassenratssitzung zu zulassen und zu nutzen, sodass die Behandlung von Konflikten nicht ausschließlich im Vordergrund steht. Dies könnte verhindern, dass künftig Konflikte dramatisiert und inszeniert werden bzw. dass ein und derselbe Konflikt erheblichen Raum in aufeinanderfolgenden Klassenratsstunden einnimmt. In Schulen, die systematisch mit Streitschlichterprogrammen arbeiten, scheint diese Gefahr geringer zu sein. Auch dort kommt es jedoch vor, dass die Inhalte dieses Trainings den Lehrern/innen nicht bekannt sind und deshalb die Erkenntnisse, die die Kinder gewonnen hatten, von den Lehrer/innen nicht genutzt werden können. Überall dort, wo das Thema Konfliktmanagement von den Erwachsenen bewusst bearbeitet wird, können sie durch ihr Vorbild in der Klasse und im Klassenrat Kindern und Jugendlichen helfen, für Auseinandersetzungen die richtige Form zu finden (Daublebsky/Lauble 36: 2007). Eine Fortbildung zum diesem Thema wäre daher wünschenswert und zu unterstützen. 15

Ein künftiges Vorhaben sollte darüber hinaus die regelmäßig stattfindende gemeinsame Reflexion der Klassenratsstunde sein, wodurch bestimmte Problematiken sowie Fortschritte des Klassenrats (bezogen auf die jeweilige Lerngruppe) erkannt und thematisiert werden können. Dies könnte unter anderem bei der Einhaltung der Gesprächsregeln hilfreich sein, da gemeinsam mit den Schülern der allgemeine Sprachgebrauch auf einer Meta-Ebene betrachtet werden kann. Darüber hinaus bietet die Reflexion den Schülern eine Möglichkeit ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge aktiv mit einzubringen und die Klassenratsstunde somit immer weiter auszugestalten. Um die hier erarbeitete Vielfalt an Erkenntnissen und Verbesserungsvorschlägen zu bündeln und der Lehrerschaft der Theodor-Heuss-Schule zugänglich zu machen, wäre es sinnvoll eine Materialmappe zum Thema Klassenrat zu erstellen. Diese sollte zum einen eine konkrete Anleitung zur Organisation und Durchführung des Klassenrats an der Theodor-Heuss-Schule beinhalten, um neue Kollegen mit der schuleigenen Struktur vertraut zu machen. Darüber hinaus sollten aber auch erprobte Materialien zur Durchführung, Reflexion und Evaluation darin enthalten sein, um eine zeitsparende und effiziente Vor- und Nachbereitung der Klassenratsstunden zu gewährleisten. Somit könnte die Akzeptanz des Klassenrates sowohl auf Schüler- als auch auf Lehrerseite weiter gefördert werden und seine Etablierung als Mittel zur Förderung des Klassen- und Schulklimas sowie des Demokratieverständnisses weiter gesteigert werden. 16

Literatur Blum, Eva; Blum, Hans-Joachim. Der Klassenrat: Ziele, Vorteile, Organisation. Mühlheim an der Ruhr 2006. Böttcher, Wolfgang. Evaluation der lokalen Einzelprojekte der Stadt Münster im Rahmen des Bundesprogramms Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie. Münster 2008 Daublebsky, Benita; Lauble, Silvia. Eine Handreichung für die Praxis. Der Klassenrat als Mittel demokratischer Schulentwicklung. Berlin 2007 Friedrichs, Birte. Praxisbuch Klassenrat: Gemeinschaft fördern, Konflikte lösen. Weinheim 2009 Gesellschaft für europäische Bildungsprojekte e.v. (Hrsg.): Europäisches Curriculum der Hessischen Europaschulen. Weilburg 2010 17

Mir gefällt der Klassenrat gut. Der Lehrer muss sich nur selten in den Klassenrat einklinken. Wenn Sachen im Klassenrat besprochen werden, ändert sich etwas. Wir reden nur über Konflikte. Wir halten uns an die Gesprächsregeln. Der Klassenrat hilft uns eine gute Klassengemeinschaft zu sein. Am Klassenrat gefällt mir, dass Am Klassenrat gefällt mir nicht, dass Meine weiteren Vorschläge für den Klassenrat sind, dass Beschreibe ein schönes Erlebnis im Klassenrat: Beschreibe ein unangenehmes Erlebnis im Klassenrat:

Ich halte den Klassenrat für ein sinnvolles Projekt. Die Schüler sind durch den Klassenrat überfordert. Durch den Klassenrat entfällt wichtige Unterrichtszeit. Demokratie zu erfahren ist für die Schüler wichtig. Das Klassenklima hat sich durch den Klassenrat verbessert. Die Schüler erwerben durch den Klassenrat wichtige Kompetenzen, wie z.b. Konfliktfähigkeit. Der Klassenrat an unserer Schule ist ein Erfolg. Der Klassenrat in meiner Klasse findet einmal in der Woche statt. Wenn Schüler Probleme im Klassenrat ansprechen, ändern die Betroffenen ihr Verhalten.

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