Paarberatung bei Häuslicher Gewalt ein Tabu?! Fachtagung Uster

Ähnliche Dokumente
Hessisches Ministerium der Justiz, für Integration und Europa Landeskoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt

Chancen und Grenzen der Paarberatung bei häuslicher Gewalt ein Blick in die Praxis

PRÄVENTION DURCH TÄTERARBEIT!

Paargespräche bei häuslicher Gewalt. Erfahrungen im ersten Projektjahr

Täterarbeit bei häuslicher Gewalt: Ziele, Standards, Vorgehensweise

Täterarbeit und Opferschutz Hannover Arbeit mit Tätern - Sicht der Frauenunterstützungseinrichtungen

Bekämpfung häuslicher Gewalt als interdisziplinäre Aufgabe

Standards der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit (BAG TäHG)

1. Oberbayerische Kinderschutzkonferenz Rosenheim

Täterarbeit bei häuslicher Gewalt: Ziele, Standards, Vorgehensweise

Proaktive Beratung. - Herausforderung an Frauenhäuser?! Michaele Gabel, November 2008

Elternberatung im Münchener Modell bei Häuslicher Gewalt

Täterarbeit und Opferschutz Tagung in Hannover

ProMann. Beratungsstelle gegen Männergewalt. Beratung von Tätern

Landesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Schleswig-Holstein

Münchner Modell für Fälle häuslicher Gewalt

Häusliche Gewalt. Häusliche Gewalt erkennen und handeln Informationen

Gewalt in der Familie wer muss helfen? Marina Sorgo, MA

Beratung bei häuslicher Gewalt und Wohnungsverweis. Ingrid Schröder M.A.

Entwicklungen Erfahrungen Erkenntnisse

Hilfe und/oder Strafe bei häuslicher Gewalt? Täterarbeit aus Sicht der Staatsanwaltschaft

VIDEO-HOME-TRAINING UND MULTIFAMILIENTHERAPIE ZWEI STARKE PARTNER?

Medienmitteilung zu den neuen Zahlen und Statistiken (2015) des Vereins mannebüro züri

PSYCHOLOGISCHE BERATUNG

Kinderschutz bei häuslicher Gewalt in Frankfurt am Main

Der Verein als sicherer Ort für Kinder und Jugendliche

Standards Opferschutzorientierte Täterarbeit Angenommen bei der BAG-OTA Sitzung am in Salzburg

ReferentInnen Gerhard Hafner & Monique Hoyer. Wenn Papa Mama schlägt

Weiterbildung für Approbierte PP/KJP. Zusatzbezeichnung Systemische Therapie. Baustein. Theorie

FACHTAG 5. NOVEMBER 2013 PFLEGEKINDER UND TRAUMA IM KONTEXT BEGLEITETER UMGANGSKONTAKTE.

2. Selbstbild und Rolle klar(e) Haltung zeigen Zusammenarbeit mit Eltern Problemverhalten in Fähigkeiten verwandeln 8

Aufbau der Systematik

Schulsozialarbeit an der Albert- Einstein- Schule. Konzeptionelle Überlegungen

Sicherheit durch ein zeitnahes Angebot an Täter/innen

Handlungsempfehlungen bei sexueller Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Berlin und deren praktische Umsetzung

Flexibles Trainings- und Beratungsangebot für aggressive und gewalttätige Jugendliche und Erwachsene

Organisatorische Herausforderungen an ein Jugendamt Kinderschutz bei häuslicher Gewalt

Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen Interventionskette bei häuslicher Gewalt. - bei polizeilicher Erstintervention (angezeigte Fälle) -

Bis Vormundschaftsbehörde auf Gemeindeebene Geltendes Recht war aus den Jahren 1907 / Revision, Entscheid des Nationalrates

Was wirkt in der Unterstützung der Gewalt miterlebenden Kinder? Kooperations- und Vernetzungsstrukturen

symptomatikorientiertepsychologische psychologische

Vom Umgang mit einem Verdacht Haltungs- und Handlungsempfehlungen für die Praxis

Gliederung meines Beitrags

Die Landeskoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt in Hessen

Aktuelle Forschungsergebnisse

Prävalenz, Motive und Konsequenzen der Gewalt von Frauen in Partnerschaften Zürcher Daten im Kontext internationaler Forschungsergebnisse

Lehrgang LIBIDA-SEXUALBEGLEITUNG

Traumatisierung durch Gewalt

Pädagog(inn)en im Ganztag Lernsettings Selbstwirksamkeit Handeln. LI: Vorname Name

Schutz von Frauen vor Gewalt in Unterkünften. Auftaktveranstaltung des Dialogforums 10. Mai 2016

Das Kooperationsgremium Für Lippe gegen häusliche Gewalt ein Beispiel für interdisziplinäre Zusammenarbeit bei Intervention und Prävention

Professionalität in der Ganztagsschule

Leben im Frauenhaus. Mag. a Mag. a (FH) Ruth Hauser. Verein wendepunkt Frauenhaus Wr. Neustadt

H a g e n e r L e i t f a d e n f ü r U m g a n g s r e c h t s v e r f a h r e n. (Hagener Modell)

Kann er sich noch ändern?

Praxis für Beratung. Gib mir die Hand und entdecke mit mir die Welt. Ihrem Wohlergehen verpflichtet

Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit Schleswig-Holstein Haus des Sports, Kiel

BAP, Postfach 61, 3902 Brig-Glis 077/

Diskussionspapier der Frauenhauskoordinierung e.v. zur Täterarbeit bei Häuslicher Gewalt

Kinderschutz bei häuslicher Gewalt Grundlagen für die Interdisziplinäre Zusammenarbeit

BERATUNG FÜR FRAUEN UND MÄDCHEN. Sachbericht 2012

Kindes- und Erwachsenenschutz bei häuslicher Gewalt. Handlungsansätze und Herausforderungen. Perspektive Menschenrechte

Das hätte ich lieber nicht gehört... vom Umgang mit der Belastung in der Psychotherapie

Qualifizierung zur Kinderschutzfachkraft nach 8 a SGB VIII: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung Insoweit erfahrene Fachkraft

Gegen Gewalt an Frauen und sexuelle Belästigung

Betriebliche Suchtprävention & Gesundheitsförderung

Standards Opferschutzorientierte Täterarbeit Angenommen bei der BAG-OTA Sitzung am in Salzburg

Koordinationsgruppe Jugendgewalt des Kantons Zürich

Die Rolle der Polizei im Kontext häuslicher Gewalt. PD Rainer Becker

Daten zur Landesarbeitsgemeinschaft Teilnehmende: Fachstellen aus NRW, die spezifische ambulante Beratungsangebote für sexualisiert gewalttätige g Jun

Kinderrechte und Kinderschutz Gesetz und Praxis

Qualifizierung zur Kinderschutzfachkraft nach 8 a SGB VIII: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung Insoweit erfahrene Fachkraft

Projekt Entwicklung eines Konzeptes für ein Clearing- und Beratungszentrum für Familien, die von häuslicher Gewalt betroffen sind

Organisatorische Aspekte der ASD-Arbeit bei Kindeswohlgefährdung

Familienpatenschaften im Netzwerk Familienpaten Baden-Württemberg , Wiesbaden

TOA in Deutschland: Einblicke in die Praxis der Mediation in Strafsachen. Christoph Willms

Norbert Geis Mitglied des Deutschen Bundestages

Inhalt. Vorwort der Herausgeberinnen Martha Weingartner Einleitung...13

Leitlinien gelingender sexueller Selbstbestimmung in Wohneinrichtungen der Eingliederungshilfe

Häusliche Gewalt. Definition Gewalt/häusliche Gewalt Formen der Gewalt Indikatoren der Gewalt Auswirkungen der Gewalt

Anita Marfurt, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Bundesamt für Justiz, Fachbereich Internationales Strafrecht. 22. November 2013

Instrumentalisierungsthese

Standards der Beratungs- und Interventionsstellen in Hessen 1. Einführung 1.1 Definition Häusliche Gewalt 1.2 Zielgruppen

Gemeinsame Empfehlung zur Verbesserung der ressortübergreifenden Kooperation beim Kinderschutz in Thüringen

Evaluation Pro Aktives Arbeiten 2011

Kindeswohl im Blick?! Treff Sozialarbeit Stuttgart 29. Oktober 2015

Fachtagung #unantastbar

Gewalt in Paarbeziehungen -

I N F O R M A T I O N

Die Sicht betroffener Frauen auf die institutionelle Intervention bei häuslicher Gewalt

Leitlinien für eine gelungene Prävention Prof. Dr. Udo Rudolph Professur Allgemeine und Biopsychologie, TU Chemnitz

Partnergewalt Gefahren und Risiken für Kinder

Dirk Jakobi PfunzKerle Tübingen. Fachtagung Jugend gemeinsam aktiv Frankfurt am Main

H a g e n e r L e i t f a d e n f ü r U m g a n g s r e c h t s v e r f a h r e n. (Hagener Modell)

Forum 3: Und wer glaubt mir?

MULTIFAMILIENTHERAPIE IN DER JUGENDHILFE AM BEISPIEL DES ALBERT SCHWEITZER KINDERDORF HESSEN E.V. RÜDIGER JÄHRLING/CHRISTIAN SCHARFE

Transkript:

Paarberatung bei Häuslicher Gewalt ein Tabu?! Fachtagung 29.10. 2015 Uster Margrit Brückner: Paarberatung bei Häuslicher Gewalt ein Tabu? Entwicklungen und Erkenntnisse im Bundesland Hessen

Gliederung 1. Einführung: verschiedene Logiken von Hilfeinstanzen + Liebesbeziehungen 2. Unterschiedliche Gewaltformen + Paardynamiken 3. Ansätze zu Paarberatungen in Deutschland 4. Standards für Kooperationsmodelle in Hessen

1. Einführung: verschiedene Logiken von Hilfeinstanzen + Liebesbeziehungen! Ambivalenz vieler Frauen gegenüber Hilfeangeboten,! lineare professionelle Logiken (wenn dann), spiralförmige Beziehungslogiken (einerseits andererseits).

2. unterschiedliche Gewaltformen + Paardynamiken unterschiedliche Gewaltformen:! leichtere Übergriffe ( situational couple violence ),! schwerere Gewalt ( intimate terrrorism ),! Gewalt als Notwehr ( violent resistance ),! gegenseitiges Kontrollverhalten ( mutual violent control ).

2. unterschiedliche Gewaltformen + Paardynamiken verschiedene Gewaltdynamiken:! Lebensbedrohliche ambivalente Bindung,! Weniger verstrickte Formen: - Rasche Trennung, - Neue Chance, - fortgeschrittener Trennungsprozess.

3. Ansätze zu Paarberatungen in Deutschland Hauptargumente contra Paarberatung:! Mögliche Gefährdung des Opfers,! Relativierung der Täterverantwortung,! Verstärkung der Beziehungsasymmetrie. Hauptargumente pro Paarberatung:! Verringerte Gewalt - Konfliktbearbeitung,! Entscheidung für oder gegen Beziehung,! Maßnahme des Kinderschutzes.

3. Ansätze zu Paarberatungen in Deutschland Neuestes Konzept Jetzt mal Anders - ohne Gewalt klarkommen : lösungsfokussierte Paarberatung bei situativer Gewalt. http://www.berlin.de/lb/lkbgg/ publikationen/berliner-forumgewaltpraevention/2015/artikel. 247803.php

4. Standards für Kooperationsmodelle in Hessen

4. Standards für Kooperationsmodelle in Hessen 2006: Landeskoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt :! 1 Leiterin + Sekretärin (Teilzeit),! Fachbeirat: Justiz-, Sozial-, Innenministerium, Behörden + Gleichstellung, Wohlfahrtsverbände, LAGs Frauen- + Männerarbeit,! Aufgabe: Vorschläge z.b. Standards, Fortbildungen, Tagungen.

Anliegen und Ziele! Gewaltfreiheit in der Paarbeziehung + der Trennung,! Opferschutz für Partner + Kinder.

Kooperationsebenen + -einrichtungen Runde Tische: In allen Runden Tischen gegen Häusliche Gewalt sollen lokale Frauen- + Männerberatungsstellen mitwirken.

Kooperationsebenen + -einrichtungen Frauen- und Männerberatungsstellen: Beide Institutionen sollen sich über die jeweiligen Angebote und Arbeitsweisen sowie über aktuelle Themen regelmäßig austauschen.

Aufgaben der Männerberatung Ziel: Beendigung von Gewalt durch:! Konfrontation mit Tat + Tatfolgen,! Verantwortungsübernahme für Gewalt,! Notfallplanung,! Entwicklung von Opferempathie,! Selbstwertproblematik, Entwicklung von Ich-Stärke,! Konfliktmechanismen,! alternative Handlungsstrategien,! Kontaktaufnahme zur betroffenen Frau + Information über Beratungsangebote,! Kontaktaufnahme zur Fraueneinrichtung.

Aufgaben Frauenberatung Ziel: Beendigung von Gewalt/ Lösungswege aus Gewaltbeziehung durch:! Pro-aktive Beratung,! Krisenintervention,! Abklärung der Gefährdungssituation + Sicherheitsplan,! Information über rechtliche Möglichkeiten,! Trennungsberatung,! Empowerment,! Aufklärung über Beratungsangebote für Männer,! Kindeswohl.

fallbezogene Kooperation Soziale Einzelfallhilfe! Gegenseitige Information der Klientin/des Klienten über die Angebote der Frauenrespektive der Männerberatung,! Männerberatung: Gegebenenfalls Kontaktaufnahme mit der (Ex-)Partnerin zur Information über die Täterarbeit und die Möglichkeit der Frauenberatung,! Frauenberatung: Information der Frauen über das Angebot der Männerberatung.

fallbezogene Kooperation Paarberatung: 1. Grundhaltung der BeraterInnen! Eindeutige Positionierung gegen Gewalt,! Neutralität gegenüber der Gestaltung/ Entwicklung der Paarbeziehung,! Ergebnisoffene Haltung. 2. Voraussetzungen für eine Paarberatung! Der Mann übernimmt die Verantwortung für seine Gewalttaten,! Frau und Mann sollten vor + während der Paarberatung getrennt durch Frauenbzw. Männerberatungsstelle beraten werden (Einzeln oder Gruppe).

fallbezogene Kooperation Setting der Paarberatung:! Die Beratung erfolgt durch eine Frauenberaterin + einen Männerberater! Zeit, Ort, Frequenz richtet sich nach dem jeweiligen Fall + wird in Absprache mit dem Paar durch die BeraterInnen festgelegt.

fallbezogene Kooperation Inhalte der Paarberatung:! Auftragsklärung! Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechterrolle! Reflexion der Paardynamik, damit Eskalationskreise unterbrochen werden können! Erarbeitung von gewaltfreien Konfliktlösungsmöglichkeiten! Elternverantwortung sofern Kinder vorhanden sind.

fallbezogene Kooperation Professionalität der BeraterInnen! Ausbildung in Beratung oder Therapie! Erfahrung in der Frauen-/ Männerberatung bei Häuslicher Gewalt! Interkulturelle Kompetenz! Bereitschaft zu gemeinsamer Supervision.

fallbezogene Kooperation Fachaustausch! Vor- und Nachbereitung der Paarberatung und! über Fälle in der sozialen Einzelfallhilfe.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!