Übungsfall Nr. 8. Rechtslage?

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Transkript:

Aufbau- und Vertiefungskurs Vertragsrecht Prof. Dr. Florian Jacoby Übungsfall Nr. 8 M hatte von V eine Wohnung gemietet. V hatte dabei auf die Verwendung eines Formularvertrags gedrängt, der unter anderem folgende Klauseln enthält: 8 Instandhaltung der Mieträume Der Mieter ist insbesondere verpflichtet, auf seine Kosten die Schönheitsreparaturen (Innenanstrich auch Heizkörper und Rohre sowie Tapezierung) in den Mieträumen, wenn erforderlich, mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge fachmännisch auszuführen. Die Zeitabfolge beträgt bei Küche, Bad und Toilette 3 Jahre, bei allen übrigen Räumen 5 Jahre. 20 Beendigung der Mietzeit Die Mieträume sind bei Beendigung des Mietverhältnisses sauber und ohne Rücksicht auf den für Schönheitsreparaturen in 8 vereinbarten Zeitablauf in fachmännisch renoviertem Zustand zurückzugeben. Mit Schreiben vom 23. November 1999 kündigte V wegen Eigenbedarfs zum 31. Mai 2000. Zur Begründung gab V an, er benötige die Wohnung für seine Schwiegermutter. M widersprach der Kündigung. In dem anschließenden Räumungsprozess wurde M durch Urteil vom 5. April 2001 zur Herausgabe der Wohnung verurteilt. Ihr wurde jedoch eine Räumungsfrist bis zum 31. Juli 2001 gewährt. Am 25. Juni 2001 verstarb die Schwiegermutter von V. Ende September 2001 räumte M die Wohnung. Schönheitsreparaturen führte M nicht aus. Erst später erfuhr M von dem Tod der Schwiegermutter von V und dem dadurch bedingten Wegfall des Eigenbedarfs. V und M nehmen sich gegenseitig in Anspruch. M meint, V sei verpflichtet gewesen, ihr den Wegfall des Eigenbedarfs mitzuteilen. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, sei er ihr zum Ersatz des durch die Räumung der Wohnung entstandenen Schadens verpflichtet. Dieser bestehe in den Aufwendungen für den Umzug und für die Anmietung von Lagerflächen sowie für die höhere Miete für die neue Wohnung. Insgesamt belaufe sich ihr Schaden auf 15.000. V hat von M die Ausführung der Schönheitsreparaturen verlangt. M habe über fünf Jahre in der Wohnung gelebt, ohne jemals Schönheitsreparaturen vorzunehmen. M hat die Renovierung abgelehnt. Sie werde nach dem unerwünschten Auszug auf keinen Fall auch noch die Wohnung auf Vordermann bringen. Daraufhin hat V die Wohnung herrichten lassen und verlangt nun von M die Kosten in Höhe von 5.000. Rechtslage?

-2- Fragen zur Lernkontrolle und Vertiefung: 1. Welchen grundrechtlichen Schutz genießt das Besitzrecht des Mieters? 2. Gibt es auch im Zivilrecht Bestimmungen, die den Mieter als berechtigten Besitzer in gleicher Weise schützen wie einen Eigentümer? 3. Können befristete Mietverträge gekündigt werden? 4. Wodurch unterscheiden sich die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung von Wohnraum einerseits durch den Vermieter und andererseits durch den Mieter? 5. In welchen Schritten sind AGB-Klauseln zu prüfen? 6. In welcher Reihenfolge ist bei der Inhaltskontrolle zu prüfen? 7. Wen trifft nach dem Gesetz die Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen? 8. Wann stellt sich eine Klausel, durch die die Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt wird, insbesondere als unangemessene Benachteiligung des Mieters dar? 9. Was muss der Vermieter tun, bevor er die vom Mieter unrenoviert verlassene Wohnung renoviert, damit er seine Kosten vom Mieter ersetzt verlangt?

-3- Lösungshinweise (Fall gebildet nach BGH NJW 2006, 220; 2004, 2586; 2003, 2234; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 18.4.2006 1 BvR 31/06; BGH, Urt. v. 5.4.2006 VIII ZR 178/05): A. Anspruch der M gegen V Es könnte M gegen V ein Anspruch auf Schadensersatz aus 280 Abs. 1 BGB daraus erwachsen sein, dass V ihr den Wegfall des Eigenbedarfs nicht mitgeteilt und die Wiederbegründung des Mietvertrags nicht angeboten hat. Dieser Anspruch setzt die Pflicht des V voraus, M auch nach Ablauf der Kündigungsfrist noch auf den Wegfall des Eigenbedarfs aufmerksam zu machen. I. Meinungsstand Wie lange nach einer Eigenbedarfskündigung ( 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) die Pflicht besteht, den Vertragspartner auf den Wegfall des Eigenbedarfs aufmerksam zu machen, ist umstritten. 1. Die eine Ansicht vertritt, den Vermieter könne nur so lange eine Aufklärungspflicht treffen, wie der Mietvertrag noch andauert (MünchKommBGB-Häublein, 4. Aufl., 573 Rn. 74). Nur dann könne der Mieter wegen des Wegfalls des Kündigungsgrundes die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Falle der Kündigungsgrund nach Beendigung des Mietverhältnisses weg, habe das keine rechtlichen Auswirkungen. Der Mietvertrag zwischen V und M endete aufgrund der Eigenbedarfskündigung des V zum 31. Mai 2000. Der Eigenbedarf des V ist indessen mit dem Tod der Schwiegermutter erst im Juni 2001 weggefallen. Also bestand nach dieser Ansicht keine Pflicht des V, die M auf den Wegfall des Eigenbedarfs aufmerksam zu machen. 2. Eine Gegenauffassung hält hingegen den Wegfall des Eigenbedarfs so lange für beachtlich, wie ein Räumungsurteil gegen den Mieter noch nicht rechtskräftig oder eine dem Mieter gesetzte Räumungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Da die der M eingeräumte Räumungsfrist erst Ende Juli 2001 ablief, hätte V den Wegfall des Kündigungsgrundes im Juni mitteilen müssen. 3. Eine dritte Meinung erklärt den Zeitpunkt für maßgeblich, in dem der Mieter tatsächlich auszieht. Bis zu diesem Zeitpunkt könne der Mieter noch Fortsetzung des Mietverhältnisses

-4- verlangen, wenn der Kündigungsgrund weggefallen ist. Da M erst im September 2001 aus der Wohnung auszog, wäre auch nach dieser Ansicht V zur Mitteilung verpflichtet gewesen, dass der Kündigungsgrund weggefallen ist. II. Stellungnahme Da die unterschiedlichen Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnisse kommen, ist eine Stellungnahme erforderlich. Ausgangspunkt dieser Stellungnahme muss die Regelung in 573 BGB sein. Diese Bestimmung enthält keine ausdrückliche Regelung, wie lange der Kündigungsgrund vorliegen muss. 573 Abs. 3 S. 2 BGB verhält sich nur zu der umgekehrten Situation, dass Gründe nachträglich entstehen. Bei der daher erforderlichen Auslegung ist zu berücksichtigen, dass durch 573 BGB Rechte der Beteiligten in Ausgleich zu bringen sind, die beide unter dem besonderen Schutz von Art. 14 GG stehen. Angesichts der bedeutenden Rechtsposition auch des Mieters hat der Vermieter sein Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs so schonend wie möglich auszuüben. Er muss daher dem Mieter eine Ersatzwohnung anbieten, falls er darüber verfügt. Eine ganz bedeutende Zäsur bedeutet allerdings die Beendigung des Mietverhältnisses mit Ablauf der Kündigungsfrist (BGH NJW 2006, 220). Ungeachtet des tatsächlichen Umstands, ob der Mieter die Wohnung räumt, entfällt zu diesem Zeitpunkt das Recht des Mieters zum Besitz der Wohnung. Die in die Interessenabwägung einzustellende Rechtsposition des Mieters wird dadurch erheblich geschwächt. Ab diesem Zeitpunkt verhält sich der in der Wohnung verbleibende Mieter vertragsuntreu. Eine Pflicht des Vermieters ließe sich nunmehr auch nicht mehr als vertragliche, sondern nur als nachvertragliche Pflicht erklären. Inhalt der Pflicht wäre nicht nur die Fortsetzung des zwar schon gekündigten, aber noch nicht beendeten Mietvertrags, sondern die Wiederbegründung eines bereits beendeten Mietvertrags. Angesichts dessen ist der ersten Ansicht zu folgen. Auf den Wegfall des Kündigungsgrunds hat der Vermieter nur bis zur Beendigung des Mietverhältnisses hinzuweisen. Daher traf V keine Mitteilungspflicht. III. Ergebnis Ein Anspruch von M gegen V besteht nicht.

-5- B. Anspruch von V gegen M Ein Anspruch auf Ersatz der Renovierungskosten könnte sich aus 280 Abs. 1, 280 Abs. 3, 281 BGB ergeben, wenn die Nichtvornahme der Renovierung durch M die Nichterfüllung einer vertraglichen Pflicht darstellt. Problematisch ist, ob M die Pflicht zur Vornahme der Renovierungsarbeiten traf. Nach 535 Abs. 1 S. 2 Fall 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Dazu gehört auch die Vornahme von Schönheitsreparaturen. Zu prüfen ist, ob V und M abweichend von dieser gesetzlichen Regelung im Mietvertrag die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen der M auferlegt haben. Diese Pflicht könnte entweder aus 20 des Mietvertrags oder aus dessen 8 folgen. I. Regelung in 20 des Mietvertrags 20 des Mietvertrags verpflichtet M, bei Auszug die Wohnung in fachmännisch renoviertem Zustand zu übergeben. Die Renovierungspflicht folgt also aus dieser Klausel, sofern die Klausel wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist. 1. Da es sich bei dem von V und M abgeschlossenen Formularvertrag nach 305 Abs. 1 BGB um vom V gestellte vorformulierte Vertragsbedingungen handelt, ist die AGB-Kontrolle nach 305 ff. BGB eröffnet. Da V und M den Formularvertrag zum Abschluss des Vertrags verwendet haben, ist in lebensnaher Auslegung davon auszugehen, dass die Klauseln entsprechend nach 305 Abs. 2 BGB in den Vertrag einbezogen wurden. 2. Die Regelung in 20 des Vertrags wäre aber nach 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie die M unangemessen benachteiligte. a) Zu erwägen ist, ob sich eine unangemessene Benachteiligung der Klausel in 20 des Vertrags wie bei jeder anderen Schönheitsreparaturklausel schon aus 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB deswegen ergibt, weil die Klausel von der gesetzlichen Instandhaltungspflicht des Vermieters in 535 Abs. 1 S. 2 Fall 2 BGB abweicht. Zu bedenken ist aber zweierlei. Zum einen bedeuten die Instandhaltungspflichten, die von einer Schönheitsreparaturklausel erfasst sind, nur einen kleinen Bereich der Instandhaltungspflichten. Zum anderen würde ein Festhalten an der gesetzlichen Verteilung der Pflicht zur Schönheitsreparatur sich auf die Höhe der Miete auswirken. Der Vermieter würde versuchen, seine Aufwendungen über eine höhere Miete

-6- dem Mieter aufzubürden. Daher wird zu Recht eine Schönheitsreparaturklausel nicht stets für eine unangemessene Benachteiligung gehalten (BGHZ 92, 363, 367; 101, 253, 261). b) Eine unangemessene Benachteiligung könnte 20 des Mietvertrags aber deswegen darstellen, weil diese Klausel eine Endrenovierungspflicht unabhängig vom Zustand der Wohnung und vorher durchgeführten Schönheitsreparaturen anordnet. Da die Schönheitsreparaturklausel von der gesetzlichen Regelung abweicht, unterliegt ihr Inhalt nach 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB besonderer Prüfung. Insbesondere stellt es eine unangemessene Benachteiligung dar, wenn der Mieter aufgrund der Klausel zu Schönheitsreparaturen verpflichtet wird, die angesichts der Abnutzung der Wohnung noch nicht erforderlich sind. Die Unangemessenheit einer entsprechenden Klausel ergibt sich zum einen daraus, dass dem Mieter so mehr auferlegt würde, als der Vermieter nach 535 Abs. 1 S. 2 BGB an Renovierung vorzunehmen hätte. Gleichzeitig ist zum anderen ein Interesse des Vermieters, den Mieter zur Renovierung einer Wohnung zu verpflichten, obwohl ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht besteht, nicht schützenswert. Für die Entscheidung, ob die Klausel eine solche Gefahr in sich birgt, den Mieter zu unnötigen Schönheitsreparaturen zu verpflichten, kommt es freilich nicht darauf an, ob im konkret in Rede stehenden Streitfall eine Renovierung erforderlich ist. Zu einer unangemessenen Benachteiligung führt eine Klausel schon dann, wenn sie abstrakt die Gefahr begründet, dass der Mieter zu einer nicht erforderlichen Renovierung verpflichtet ist. Die Endrenovierungsklausel in 20 des von V und M geschlossenen Vertrags begründet die Endrenovierungsverpflichtung völlig unabhängig von Zustand der Wohnung und der letzten Renovierung. So ist es möglich, dass M nach 20 des Mietvertrags zur Renovierung verpflichtet wäre, obwohl sie erst ein halbes Jahr zuvor die Wohnung renoviert hat und selbige in hervorragendem Zustand ist. Daher stellt diese Klausel eine unangemessene Benachteiligung der M dar (vgl. BGH NJW 2003, 2234, 2235). Die Klausel ist folglich nach 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. 3. Da die Klausel in 20 des Mietvertrags unwirksam ist, folgt aus ihr keine Renovierungspflicht der M.

-7- II. Regelung in 8 des Mietvertrags Eine Renovierungspflicht könnte sich aber aus 8 des Mietvertrags ergeben, wenn nicht auch diese Bestimmung nach 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist. Eine unangemessene Benachteiligung nach 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB könnte diese Klausel deswegen enthalten, weil sie eine Vornahme von Reparaturen in festgelegten Fristen vorsieht, ohne Ausnahmen zuzulassen. Ob ein starrer Fristenplan stets eine unangemessene Benachteiligung des Mieters bedeutet, ist zwar umstritten (BGH NJW 2004, 2586, 2587). Problem solcher Klauseln ist aber ebenfalls, dass sie eine Renovierungspflicht zu einem bestimmten Zeitpunkt anordnen, ohne auf den Zustand der Wohnung abzustellen. Gerade eine solche Renovierungspflicht benachteiligt den Mieter unangemessen. Daher sind richtiger Ansicht nach Klauseln unwirksam, die eine Renovierung in starren Fristen verlangen (BGH, Urt. v. 5.4.2006 VIII ZR 178/05, Rn. 11). Daraus folgt keinesfalls, dass die Verwendung von Fristenplänen in Klauseln umfassend ausgeschlossen ist. Es muss aber zum Ausdruck kommen, dass die Fristen nur die Regel angeben. Liegt tatsächlich nach Ablauf der Frist noch kein Renovierungsbedürfnis vor, kann sich der Mieter dann auf eine Ausnahme berufen. Die Klausel in 8 des Vertrags verpflichtet M zu renovieren, wenn es erforderlich ist, jedenfalls aber in den festgelegten Fristen. Es handelt sich also um einen starren Fristenplan. Eine unangemessene Benachteiligung könnte daher nur ausscheiden, wenn die Fristen so bestimmt wären, dass nach dem Zeitablauf eine Renovierungsbedürftigkeit mit Sicherheit gegeben ist. So liegt es aber bei den angegebenen Fristen nicht. An der Renovierungsbedürftigkeit kann es fehlen, wenn der Mieter die Wohnung oder einzelne Räume wenig nutzt, etwa im Falle einer längeren Abwesenheit, oder wenn er die Räume mit besonders langlebigen Tapeten oder Farben ausgestattet hat. Folglich ist auch die Klausel in 8 des Vertrags nach 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. III. Ergebnis Da M gegenüber V nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet war, besteht auch kein Anspruch von V gegen M auf Ersatz der Renovierungskosten aus 280 Abs. 1, 280 Abs. 3, 281 BGB.

-8- Die Fachhandwerksklausel (s. BGH, NJW 2010, 2877) Weiter könnte die Klausel 8 des Mietvertrags wegen Verwendung der Formulierung fachmännisch unwirksam sein. Die Verpflichtung, Reparaturen nur durch einen Fachmann ausführen zu lassen (oder kurz: fachmännisch ) nennt man Fachhandwerksklausel. Die Klausel ist unangemessen benachteiligend isv 307 Abs. 1 BGB, weil und sofern sie dem Mieter die Möglichkeit nimmt, die Reparaturen kostengünstig in Eigenleistung zu erbringen. Der BGH hat dazu folgenden Leitsatz formuliert: Eine in Formularmietverträgen über Wohnraum enthaltene Klausel, wonach es dem Mieter obliegt, die Schönheitsreparaturen "ausführen zu lassen", benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deshalb unwirksam, wenn sie bei kundenfeindlichster Auslegung dem Mieter dadurch die Möglichkeit der kostensparenden Eigenleistung nimmt, dass sie als Fachhandwerkerklausel verstanden werden kann.